Herzlichen Dank für Dein feedback, lieber Bluesopa. Tur mir leid, wenn meine Ausführungen in Deinen Ohren einseitig und negativ klingen; sie sind diesbezüglich wohl etwas unglücklich formuliert. Auf jeden Fall war es nicht auf Dich bezogen; Deine Art, wie Du mit Büchern umgehst, wie Du lernst und Musik spielst, ist, so wie Du das beschreibst, vorbildlich und sehr erfreulich!
Wenn ich ein Stück 1:1 nachspiele, so kommt mir dafür spontan erstmal der Begriff des „reinen Kopierens“ in den Sinn, doch das ist nicht negativ gemeint. Man kann dabei sehr viel lernen; und das Publikum wird oft sogar glücklicher, weil es sich eine möglichst originalgetreue und somit vertraute Interpretation wünscht. In gewissen Musik-Kulturen ist das bekanntlich sogar der Standard (bei Klassischer Musik z.B.). Es bleibt zwar noch immer Spielraum (Artikulation, Phrasierung usw.), aber die Noten sind gegeben, und besonders eifrige Zuhörer sitzen sogar mit dem Notenblatt im Konzertsaal ...
Das muss man nicht kritisieren, es sind einfach kulturell geprägte Eigenschaften. Aus pädagogischer Sicht kann so was aber zu Problemen führen. Die perfektionistische Angst ist nicht aus der Luft gegriffen; es gibt z.B. in Klassik-Kreisen viele Musiker, die unter psychischen (und psychosomatischen) Problemen leiden, weil der Stress enorm ist. Nicht nur dort, auch im Jazz ist der Leistungsdruck (bei Berufsschulen zumindest) sehr hoch. Okay, wer Klassik oder Jazz spielen möchte, muss das eben aushalten, kann man entgegnen.
Der Folk-, Blues- oder Rockmusiker geht das alles viel entspannter an – sollte man meinen. Nach meiner Erfahrung eben nicht immer. Daran sind paradoxerweise nicht zuletzt auch die Lehrbuchautoren schuld; jene Leute, die irgend ein damals in den 60er-Jahren im Drogenrausch gejammtes Gitarren-Solo – ich formuliere das jetzt bewusst überspitzt ... – penibel genau aufschreiben und der Nachwelt als Original verkaufen. Der Perfektionismus entsteht in der Tat erst durch das schriftliche Festhalten. Bei den früheren Pionieren passierte so was nicht, die lernten nur durch Zuhören und Zuschauen. Und jene Musik-Kulturen, die den Folk-, Blues und Rock entscheidend prägten (die afrikanischen z.B.), zeichnen sich traditionell ohnehin genau dadurch aus, dass sie nicht schriftlich festgehalten und vermittelt werden.
So, nun sind wir aber in einer Epoche, wo das alles nicht mehr gilt. Und Lehrbücher sind ja auch ein grosser Segen; man soll davon ruhig profitieren und diese Entwicklung positiv betrachten. Als Autor neige ich nur einfach dazu, beide Welten so gut es geht irgendwie verbinden zu wollen. Ich möchte dem Leser vermitteln, dass das Geschriebene nur dazu dient, der Musik auf die Schliche zu kommen – und nicht, um sie „einzufrieren“.
Aber letztlich bin ich dabei natürlich auch entscheidend von meinem eigenen Lerntyp beeinflusst. Weil ich selber es kaum schaffe, mich genau an eine schriftliche Vorlage zu halten, möchte ich diese Eigenschaft natürlich als positiv verkaufen und meinen Leser/innen vermitteln, dass die freie Interpretation erstrebenswert ist. Man möge es mir verzeihen ...
Vielleicht schaff ich's aber tatsächlich mal, ein reines Spielbuch zu verfassen; mit lauter bekannten (vollständigen) Stücken und Melodien, z.B. für die Slide-Gitarre aufbereitet. Bei der Tenorgitarre fehlt mir die Erfahrung. Aber auch das kann noch werden. Mal sehen. Vielen Dank auf jeden Fall für Eure Inputs!
Ich grüsse Euch alle herzlich:
Richard Koechli
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Wenn es gelingt, auch nur für einen Moment in der Musik und nicht im eigenen Ego zu sein, dann entsteht Magie. Es ist eine hauchdünne Linie, und das Ego kann sich von dieser Magie nicht ernähren (denn sie kommt nicht von dieser Welt) ...