Nur noch mit FIngerkuppen, ganz ohne Nägel - realistisch?

Alles, was mit dem Spielen des Instruments zu tun hat

Moderator: RB

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Cocobolo
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Beitrag von Cocobolo »

@Yens

Alex Kabasser, ein reiner Finger- und Daumenkuppenspieler:

http://www.alexkabasser.com


Die Hörproben bei "Music" zeigen die enorme Bandbreite seiner Spielweise.


LG coco bolo
Ulrich Peperle
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Beitrag von Ulrich Peperle »

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Pappenheim
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Beitrag von Pappenheim »

Ulrich Peperle hat geschrieben:Man sollte sich grundsätzlich davor hüten, aus den eigenen Defiziten ein allgemeingültiges Diktum zu konstruieren.
Was für ein schöner Satz. Es kommt zwar nicht immer sympathisch rüber, was der Peperle so schreibt, aber er hat zweifellos mehr Ahnung von der Materie als viele andere hier.
kelly

Wirres Zeug

Beitrag von kelly »

Pappenheim hat geschrieben:
Ulrich Peperle hat geschrieben:Man sollte sich grundsätzlich davor hüten, aus den eigenen Defiziten ein allgemeingültiges Diktum zu konstruieren.
Was für ein schöner Satz. Es kommt zwar nicht immer sympathisch rüber, was der Peperle so schreibt, aber er hat zweifellos mehr Ahnung von der Materie als viele andere hier.
Vielleicht vom Nasenbohren.

Ein Finger mit den größten Kraftreserven ist bei allen Primaten und auch bei Menschen der Mittelfinger - in dieser Reihenfolge nach dem Daumen, der jedoch dank der Oppositionsstellung nicht zu vergleichen mit anderen ist.

Ein Finger mit der größten Funktionunabhängigkeit ist (trotz der Schwäche bei Bendings in Tieflagen) der Zeigefinger, gefolgt vom Kleinfinger. Der beiden mittleren sind hier unterordnet. Wer es nicht glaubt sollte mal versuchen einige Minuten ohne Zeigefinger zu funktionieren.

Ich verabschiede mich mit http://de.wikipedia.org/wiki/Klenkes behaupte aber nicht, dass der Kleinfinger ein Zentrum des Universums ist.

kelly
tonidastier

Beitrag von tonidastier »

Der Zeigefinger ist mit Sicherheit der stärkste Finger.

Kennt ihr z.B. den Sport Fingerhakeln?
Mit welchem Finger wird da gezogen? Mit dem Zeigefinger, weil er mit
Abstand der stärkste ist.
Wenn ich eine Hantel hebe kann ich eine viel schwere heben mit Daumen und Zeigefinger als mit Daumen und Mittelfinger.

Wenn man irgendwelche Licks spielt versucht man ja auch wenn möglich den Zeigefinger so viel wie es geht einzusetzen.

Ansonsten ist es ja schön, dass Leute wie Jerry Reed sich das Fingerstylen
selbst beigebracht haben, und deshalb eine eigene Technik haben, aber
es gibt bei jedem Instrument und in jeder Sportart so etwas wie eine anerkannte Technik ohne die man nie zu den besten gehören wird, egal wie Talentiert man ist.

Wer glaubt bitte ernstahft, dass ein Hinterhof Tennis Talent aus den 50er Jahren mit slebsterlernter Technik gegen einen heutigen Top ausgebildeten Spieler wie Nadal auch nur den Hauch einer Chance hätte.
Er kann vielleicht ein paar schöne Bälle spielen aber das wars.
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tired-joe
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Beitrag von tired-joe »

Hi Toni,
tonidastier hat geschrieben: Wer glaubt bitte ernstahft, dass ein Hinterhof Tennis Talent aus den 50er Jahren mit slebsterlernter Technik gegen einen heutigen Top ausgebildeten Spieler wie Nadal auch nur den Hauch einer Chance hätte.
Er kann vielleicht ein paar schöne Bälle spielen aber das wars.
Musik ist kein Sport, auch wenn manche, so wie du, es so sehen (schneller = besser).

Ein gewisses Level an Technik ist sicher notwendig, aber Technik in der Musik ist nur Mittel zum Zweck. Das technsiche Vermoegen, gemessen z.B. in gespielten Toene/sec, einer Elizabeth Cotten oder eines John Fahey mag begrenzt sein, aber das ist absolut unwichtig, denn sie wissen, wie man genau die fuer sie wichtigen Toene an der richtigen Stelle spielt. Das ist auch eine Kunst. Dies zu lernen ist aber, meiner Erfahrung nach, schwerer, als auf dem Griffbrett hoch und runter zu rassen, mit oder ohne Fingernaegel, mit weichem oder hartem Plektrum.

Joe
---
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FabianJ
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Beitrag von FabianJ »

Beim Fingerhakeln wird in der Regel der Mitgelfinger genommen, weil er der stärkste Ginger ist nach dem Daumen.. Erst informieren dann klugscheissern... ;)

Quellen:
http://de.m.wikipedia.org/wiki/Fingerhakeln
http://de.m.wikipedia.org/wiki/Mittelfinger
Get to work
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Liederbolt
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Beitrag von Liederbolt »

Das subjektive Kraftgefühl ergibt sich aus der Dominanz des Anschlagfingers. Hatte früher (vor meiner Dystonie) auf der Gitarre den Wechselschlag vornehmlich mit ZM gespielt - also die "schwere" Note mit dem Zeiger. Als ich dann zur Laute wechselte wurde dies renaissancig mit dem Daumen/Zeiger gemacht: DZ. Der Zeiger als schwächerer Finger spielte stets die "leichte" Note. Ein Schwer-leicht-Anschlagsmuster ist typisch für Renaissancemusik. Mit Zunahme der Baßsaiten auf der Laute im 17. Jhd. spielte der Daumen diese meist alleine - der Wechselschlag wurde nun im Diskant mit MZ gespielt.

Erst später als auf der Gitarre auch der kleine Finger nicht mehr aufgestützt wurde, und das Klangideal eher gleichmäßig starke Wechselschläge forderte, spielte öfters der Zeiger die erste Note - war aber individuell. Meist wurde ob der höheren Geschwindigkeit einfach abgewechselt - der Anschlagsfinger war nicht der Betonung zugeordnet.

Bei meinem Wechsel fühlte sich der Zeiger zunächst gewohnheitsmäßig stärker an, was sich aber sehr schnell umdrehte - nun kann ich mir den Zeiger für die schwere Note kaum mehr vorstellen...
"Mit Harrfen und Lauten schönen Metzen hofieren, solches nimmt ein böses Ende"
Reformator Johann Mathesius 1560
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tele
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Beitrag von tele »

Versuche mal, mit dem Zeigefinger der linken Hand ein vernünftiges Bending in tiefen Lagen auszuführen - das wird (im Gegensatz zum Bending mit Mittel- oder Ringfinger) kläglich scheitern
Über die nötigen Fachkenntnisse dieses klägliche Scheitern anatomisch zu begründen verfüge ich leider nicht, aber über soviel Bendingerfahrung, dass ich weiß , dass bei einem Ringfinger-Bend

a)der Zeige-und Mittelfinger meistens mithelfen. Ganz auf sich alleine gestellt würde der Spieler mit der Nummer 3 da genauso kläglich scheitern wie seine Mannschaftskameraden auf den Positionen 1 und 2

b)aufgrund von a) mehr Bendingpraxis und Selbstvertrauen im Ringfinger (oder dessen Besitzer) stecken.

c)In der ersten Lage der Moll-Pentatonik dem Ringfinger die dankbare Aufgabe zukommt von der Quart zur Quint zu ziehen, wobei ein nicht vollständiges Ausführen dieses Ganztonschrittes zur bluesigen b5 führt, also immer noch ganz annehmbar klingt, und somit ebenfalls zur"Bending confidence" des Ringfingers beiträgt.

Jerry Donahue war sich dieser Tatsachen wohl bewusst und hat den Zeigefinger von Anfang an in den Bendingprozess mit eingebunden. Und das in eher tiefen Lagen.(bei 1:10)
http://www.youtube.com/watch?v=zwikgppk3MI

Oder Michael Hawley *

Fazit:Übung macht den Meisterbender, unabhängig davon, welchen Finger er dafür einsetzt :shock:
Der Zeigefinger ist meiner Meinung nach der Wichtigste, Ich verstehe nicht wie man ohne ihn spielen kann.
Richard Thompson versteht das auch nicht. Deshalb darf sein starker Zeigefinger die verantwortungsvolle Aufgabe übernehmen, zusammen mit dem Daumen ein Plektrum kraftvoll festzuhalten, während Mittel- und Ringfinger eine schlappe Melodie zupfen müssen.
http://www.youtube.com/watch?v=HApy-Xoix-g

Wohl auch so ein 50er-Jahre Hinterhoftalent, das keine Chance mehr gegen heutige Top ausgebildete Spieler hätte. :?:

Nein, aber mal ganz im Ernst, du hast natürlich insofern recht, als weniger ausgebildete Spieler instinktiv Daumen, Mittel-und Ringfinger zu Zupfaufgaben heranziehen und den Ringfinger eher außen vor lassen.
Das war in der Klassik nicht anders bevor Tarrega ein strenges Technik-Regime einführte um inherente Schwächen menschlicher Anatomik glattzubügeln.
Zu Zeiten Sors und Carcassis wurde der Ringfinger auch eher sporadisch eingesetzt.
Man kann die Etüde Carcassi Op 60/7 natürlich im quasi-Tremolo Fingersatz D-R-M-Z-spielen, um damit den Ringfinger zu trainieren, musikalisch überzeugendere Ergebnisse erzeugt man wohl mit D-Z-M-Z, also unter Aussparung des Ringfingers.
http://www.classicalguitardelcamp.com/v ... 13&t=80935

Oder, um wieder auf den Boden der Stahlsaiten zurückzukehren: Bluegrass-Banjo Spieler zupfen durchweg mit D,Z,M.
Einzige Ausnahme:Jerry Garcia, und das auch nur weil ihm sein Bruder in seiner Jugend den Mittelfinger abgehackt hat.

*Wem Donahue zu lange dauerthttp://www.youtube.com/watch?v=h840ARnGkpY
Zuletzt geändert von tele am Mo Sep 22, 2014 5:52 am, insgesamt 3-mal geändert.
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string
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Beitrag von string »

"Es kommt zwar nicht immer sympathisch rüber, was der Peperle so schreibt, aber er hat zweifellos mehr Ahnung von der Materie als viele andere hier."


"Einen mit Weisheit gesalbten soll man nicht loben,
sonst trieft er" (unbekanntes Zitat) :wink:
________________________________
"Das Wesentliche im Umgang miteinander ist nicht der Gleichklang,
sondern der Zusammenklang".
Ernst Ferstl
startom
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Beitrag von startom »

Die Fingernägel kommen mir im Alltag eh nur in die Quere, wenn sie etwas länger sind. Somit schneide ich sie regelmässig. Dadurch ergiebt sich: Ich spiele fast ausschliesslich mit den Fingerkuppen.

Das klingt zwar nicht ganz so brillant wie ein Nägel-/Pickpicker (Pickpicker...wie geil), aber mit der Uebung kommt auch die Dynamik.

Was ich aber noch loswerden wollte: Hier versteckt sich der Ulrich Peperle also. Ich fand seine Kommentare schon anno dazumal bei Ernestos Gitarrenforum extrem wertvoll, sowie gitarrentechnisch wie auch als reine Prosa.
Weiter so, Ulrich, der Lyriker der Gitarristen.
Gruss aus der Schweiz
Tom
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JazzDude
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Beitrag von JazzDude »

tele hat geschrieben:Richard Thompson versteht das auch nicht. Deshalb darf sein starker Zeigefinger die verantwortungsvolle Aufgabe übernehmen, zusammen mit dem Daumen ein Plektrum kraftvoll festzuhalten, während Mittel- und Ringfinger eine schlappe Melodie zupfen müssen.
http://www.youtube.com/watch?v=HApy-Xoix-g
Ah, RT mal ohne Kappe!
“Beeswing” ist eines meiner absoluten all-time-Faves. Überhaupt das ganze Album (Mirror Blue), ein Füllhorn großartiger Songs und tollen Gitarrenspiels, akustisch wie elektrisch.

Hier ist mal ein Beeswing-Cover, das ich mindestens genauso gut finde wie das Original: http://youtu.be/aePp93pq8Pw
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tele
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Beitrag von tele »

Für die meisten "klassischen" Anschlagsmuster ist z.B. der Ringfinger nicht nur unerläßlich, sondern sogar musikalischer Führungsfinger.
Wenn's aber hochgeschwindigkeitsmäßig ernst wird, verlassen sich auch gut durchtrainierte Klassiker lieber auf D-Z-M-Z
http://www.youtube.com/watch?v=DQa6I2ZRCO8
Oder gibt es jemanden, der El Abejorro mit D-M-R-M spielt :?:

Oder die Flamenco-Kollegen, deren Ringfinger durch diverse Rasgueadi und Tremoli ja eigentlich zur Genüge geschult sein dürften, spielen schnelle Picadi ausschließlich mit Z-M-Z-M-Z-M-Z-M....
kein R weit und breit :wink:
http://www.youtube.com/watch?v=qkl6hlQB8bA

Aber wenn's bei Omi's Geburtstag die spanische Romanze sein soll, dann ist R natürlich federführend.
http://www.youtube.com/watch?v=NIOiW56Mgg0
(Ist ja schließlich die Steelstringabteilung hier :wink: )
Ulrich Peperle
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Beitrag von Ulrich Peperle »

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Zuletzt geändert von Ulrich Peperle am Sa Apr 09, 2016 11:32 am, insgesamt 1-mal geändert.
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tele
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Beitrag von tele »

Merke: Bei einer ausgewogen und professionell trainierten Pianisten- oder Gitarristenhand gibt es keinen "schwachen" und darum "seltener eingesetzten" Finger!
Diese Aussage wollte ich mit meinen Beispielen relativieren. Natürlich gibt es immer Ausnahmen, aber in der Regel wird eine Tonleiter im Wechselschlag mit m und i gespielt und ein dreistimmiges Arpeggio mit p,i,m, sei es jetzt durch die professionell tranierte Gitarristenhand oder die des Hobby-Bluegrassbanjopickers.
Der Ringfinger wird in der Regel dann eingesetzt, wenn es sich musikalisch nicht vermeiden lässt, z.B. bei vierstimmigen Arpeggios.
Wenn wirklich alle Finger gleich "stark" wären könnte man El abejorro ebenso gut mit p-m-a-m spielen, wie man Asturias z.B im Wechsel Daumen-Ringfinger spielen könnte. Aber selbst bei Ana Vidovic hängt a unbeteiligt über dem Schallloch
http://www.youtube.com/watch?v=Z76sbERzpnY
Bei deiner Kenntnis wird dir jetzt garantiert wieder ein Gegenbeispiel einfallen, warum nicht einfach einräumen:

BEI PROFESSIONELL TRAINIERTEN GITARRISTENHÄNDEN SIND UNTERSCHIEDE ZWISCHEN DEN EINZELNEN FINGERN ZWAR REDUZIERT ABER NICHT VÖLLIG ENTFERNT

Sonst könnte jeder Klassikgitarrist die Tonleitern zu Beginn von Villa-Lobos' Etude 7 mit m-a oder i-a spielen, oder die Triolen in Iberts Entr'acte mit p-a-m oder p-a-i, ganz nach der jeweiligen Laune.
Zitat:
die Flamenco-Kollegen (...) spielen schnelle Picadi ausschließlich mit Z-M-Z-M-Z-M-Z-M....
kein R weit und breit

Was ist z.B. mit Victor Monge "Serranito"?
NB: (Einz.) picado ->(Mehrz.) picados.
Ich meinte "die Mehrzahl der Flamenco-Gitarristen spielen Picado unter Ausschluss des Ringfingers" nicht "ausschließlich alle Flamenco-Gitarristen".
Die Nennung eines Freaks als Gegenbeispiel widerlegt nicht meine generelle Behauptung.

Den pseudoitalienischen Plural habe ich kreiert, um die Gitarre aus den Klauen iberischer Kraftmeier zu befreien und ins Mutterland der Musik zurückzuführen. :wink:
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