Lap Steel, Weissenborn, Resonator, Resophone, Dobro

Der Admin hat ein Herz für Blueser. Aber man kann doch auch Bluegrass damit machen, oder ?

Moderator: RB

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schorsch-adel
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Lap Steel, Weissenborn, Resonator, Resophone, Dobro

Beitrag von schorsch-adel »

Ich trau mich endlich: wo werden die Unterschiede zwischen diesen Instrumenten erklärt ?

Ich habe selbst in den sogenannten Fachzeitschriften, wie "Gitarre & Bass" den Eindruck, dass man da Kraut und Rüben durcheinanderhaut.
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bluesballads
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Lap Steel, Weissenborn, Resonator, Resophone, Dobro

Beitrag von bluesballads »

Hallo Holger!
Eigentlich müsste ich mich jetzt schon mit diversen Links ausgerüstet haben, um Dir vollständig zu antworten. Ich versuche erst einmal, die von Dir genannten Begriffe zu sortieren und zu erweitern, denn einiges ist quasi doppelt, anderes fehlt.
Ich fange mal mit dem an, womit ich weniger Ahnung habe (da ich nicht lap style spiele, also berichtigt mich, falls etwas nicht stimmt).

A. Die Unterscheidung nach der Spielweise: Lap style versus normales Gitarrenspiel:
Man kann eine Gitarre normal vor der Brust (geht bei den E-Gitarristen bis zu den Weichteilen) oder aber Lap Steel spielen (gibt es nicht auch den Begriff Lap style?). Das kann jede Art von Gitarre sein, Nylon, Western, Resonator... Allerdings: eine Squareneck (eckiger Hals zum aufs Knie liegen, wie z.B. eine Weissenborn) spielen nur Masos vor der Brust - die ist speziell fürs Knie gedacht (lap style). Viele lap style Gitarren haben einen viel höheren Sattel, so dass man sie nicht normal greifen kann, sondern nur mit einem Steelbar sliden. Einige Squarenecks haben nicht einmal Bünde, nur helle Einlagen statt der Bünde (Striche in Höhe der Bundschlitze).
Man kann JEDE Gitarre auch auf die Knie legen und so spielen (wenn man es denn kann, ich nicht...), Weissenborns oder Squareneck-Resos sind hier allerdings etwas bequemer.

B. Die Unterscheidung nach dem Instrument:
1. Nylonstring
2. normale Westerngitarre (kann man natürlich wieder unterteilen...)
3. Resonatorgitarren:
- Die Dobro hat einen zur Decke hin geöffneten Cone, auf dem eine Spiderbridge liegt; sie klingt eher süßlich mit schönem Sustain. Das Problem: Irgendwelche Simpelheimer sind in den 70ern auf die Idee gekommen, zu jeder Resonatorgitarre Dobro zu sagen (vieleicht meinten sie ja "guten Tag", das heißt Dobro glaube ich auch).
- National Resonatorgitarren hatten zuerst 3 kleine Cones, das sind die Tricones. Dann kamen aus Kostengründen die Singlecones mit nur einem großen Cone. Beiden gleich ist, dass der Cone mit der Öffnung in den Korpus ziegt. Die Tricones klingen noch süßlicher als die Dobros und haben NOCH MEHR Sustain - wenn sie gut sind... Singlecones haben meist einen recht harschen Ton mit mehr Attack statt Sustain.
Und dann gibt es noch gut gebaute Singlecones, die haben weichere Höhen und schönes Sustain - man wollte 1930 ja keine Blecheimer produzieren, sondern gutklingende laute Gitarren: gute Singlecones klingen schaffen das und haben gleichzeitig einen schönen Resonatoranteil. Davon gibt es aber wenige: gut erhaltene Vintage-Nationals oder auch die Resonatorgitarren von Gottfried Gfrerer, Wien. National Resophonic Guitars bauen schöne Gitarren, entscheidende Details weichen bei deren Singlecones aber zu stark von den Originalen ab. Sie klingen aber trotzdem schon sehr gut, besonders seit sie weicheres Material für die Cones verwenden!
National und Dobro bauten vor dem 2. Weltkrieg sowohl Squareneckresos (lap style) wie auch Roundneckresos (normal vor der Brust).
- Es gibt mittlererweile ettliche Hersteller von Resonatorgitarren, da kommt auch der Begriff Resophonic und andere Arten vor. Meint aber alles: ist mit RESONATOR, d.h. Cone.
4. Die Weissenborns sind Holzgitarren mit leichter Birnenform (schlanker als Helmut Ohwiewohl), die einen hohlen, eckigen Hals haben, und auf deren Bauweise John Dopyera zurückgriff, als er sich an das Design der ersten Squareneckhälse für National machte.
5. Es gibt natürlich noch mehr Typen von Gitarren...

Das wärs für erste, wenn Du mehr wissen möchtest, google einfach mal mit den Oberbegriffen herum, von Bob Brozman und anderen gibt es sonst auch ein wenig Literatur - zu wenig, wie ich finde...

Gruß,
Markus.
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VB
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Beitrag von VB »

Während des Schreibens hab ich den Beitrag von Markus gelesen, ich lass meinen trotzdem stehen..(hab schon so viel getippt...:)


Ist eigentlich gar nicht so schwer.

Lap Steel bezeichnet die Art von Gitarren (erstmal egal welche), die man auf dem Schoß liegend und mit erhöhter Saitenlage mit einem "Steel" also einem "Stück Metall" spielt. Normalerweise kann man eine reine Lap Steel Gitarre auch nicht wie eine "normale" Gitarre spielen. Die Standardstimmung kommt hier nur sehr selten zum Einsatz, die offenen Stimmungen dafür umso mehr. (Open G und D, C6,etc.. gibt da seeehr viele)

Weissenborn bezeichnet eine nach Hermann Weissenborn Anfang der 20er Jahre gebaute Akustikgitarre mit hohlem! Hals, welche auf dem Schoß liegend gespielt wird und für die damals gerade aufblühende "Hawaii"-Musik benutzt wurde. Bis dato wurden einfach bei "normalen" Gitarren die Saitenlage erhöht. Zusätzlich brachte der hohle Hals auch etwas mehr Lautstärke und mehr Susain. Wird hier nochmal besser erklärt...

Resonator-Gitarren bezeichnet Gitarren, bei denen die Schallerzeugung von der herkömmlicher Gitarren unterscheidet. Während bei Western/Klassikgitarren die Saitenschwingung auf die Decke übertragen wird, wird eben diese bei den Resonator-Gitarren auf einen größeren (Single Cone) bzw. auf 3 kleinere Resonatoren (Tricone) übertragen. Diese "Cones" bestehen aus sehr dünnem Aluminium und sprechen dadurch natürlich viel leichter auf die Siatenschwingungen an als die vergleichbar "dicke" Holzdecke von Westerngitarren. Daurch gibts natürlich auch wesentlich mehr Lautstärke, was ja im Sinne des Erfinders (John Dopyera) lag. Er suchte damals für meist Jazz- und swing-Musiker nach einer Möglichkeit, die Gitarre lautstärkentechnisch zu "verstärken" und entwickelte so quasi die Zwischenstufe zwischen akustisch unverstärkt und elektrisch verstärkt. Die Tricone war seine ursprüngliche Erfindung, dann kam die Weltwirtschaftskrise und die billigere Single-Cone wurde entwickelt um auch den nun viel schmaleren Geldbeutel zu bedienen. Nach Streitigkeiten mit seinem Partner entwickelte J.Dopyera aufgrund patentrechtlicher Schwiereigkeiten dann in einer neuen Firma ("Do"pyera "Bro"thers = DOBRO )das Spider-Cone-System.

Siehe auch hier:

http://www.acousticfingerstyle.com/Reso ... lained.htm

http://nationalguitars.com/admin/history.html

Sonst hat der Markus ja auch schon vieles erklärt.

Da könnte man noch seitenweise weiterschreiben....

Gruß
Volker
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schorsch-adel
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Beitrag von schorsch-adel »

vielen Dank an euch beide für diese sehr ausführlichen Erläuterungen. Vielleicht bin ich deshalb so begriffsstutzig, weil sich bei mir in Jahrzehnten eine möglicherweise falsche Systematik eingenistet hat. Die geht so:

National Steel Guitar = Blech, Hals läßt sich sliden und greifen = Blues = Son House, Bukka White etc.

Dobro = Holz, Hals läßt sich nicht greifen, nur mit Bar sliden = Country/Bluegrass = Mike Auldridge, Jerry Douglas etc.

Und den Weißenborn hielt ich für eine Spezialform des Dobro (ohne Cone).

Alles falsch ? Ist Dobro nur ein Fabrikat, keine Gattung ?

Und wenn ich euch jetzt richtig verstanden habe ist Resonatorgitarre der Oberbegriff für alle "Gitarren" mit Cone statt Schalloch, egal ob aus Metall oder Holz, oder ?

Markus
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VB
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Beitrag von VB »

Dobro= Fabrikat, mittlerweile ist der Name von Gibson aufgekauft und geschützt worden, wird als Squareneck-Variante häufig im Bluegrass eingesetzt. Gibts aber auch in der Nicht-Lap-Steel-Version.

Die Weißenborn gabs wie gesagt schon lange vor Entstehung der Dobro-Marke, ist aber keine Spezialform.

Der Begriff "Steel Guitar" bezeichnet eigentlich eine Gitarre, die mit einem "Steelbar" gespielt wird, also in der Lap-Style-Variante auf dem Schoß liegend. Würde also für eine regulär gespielte National nicht zutreffen. Aber hier werden manchmal einige Begriffe in einen Topf geworfen...

Und ja, alle Gitarren, bei denen ein odere mehrere Cones den Schall erzeugen (egal ob nun regulär oder im Lap Style) nennt man Resonatorgitarren...

Alle Klarheiten beseitigt..? :wink:

Gruß
Volker
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bluesballads
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Dobro

Beitrag von bluesballads »

Und nun ich mal als zweiter':D'

Die alten Nationals waren wirklich in der Mehrzahl aus Messing, German Silver oder Blech. Aber nicht nur die ersten Prototypen der Triolian (ganz wenige), sondern auch ein eine Handvoll Seriengitarren (Trovador, Estralita, Havana) waren aus Kostengründen aus Holz. Richtig gut klangen davon aber nur die ersten Triolians und die Trovadors - und davon auch nicht alle gleich gut... Von daher war die Assoziation von National mit Blech gar nicht sooo abwegig. Aber: es gab eben auch ein paar Ausnahmen, und die Nachfolger von National (National Resophonic Guitars) bauen recht viele Holzresos.
Dobro dagegen begann kurz nach der Depression - John Dopyera war ja aus seiner ersten Firma ausgestiegen, und zog das Dobro-Patent aus dem Hut, um als Konkurrenz weiter machen zu können. Da war nicht viel Geld locker bei den Musikern, auch musste man erst einmal gegen National anstinken, also begann man mit Holzdobros. Erst später kamen Dobros aus Messing dazu. Also lagst Du auch hier nicht ganz falsch, Dobros sind selten aus Blech/Messing, aber als Unterscheidungskriterium taugt das nicht viel...

National und Dobro sind letztlich nur 2 Markennamen, und richtig heiter wird es Anfang der 30er, da sie damals fusionierten. Und danach ging es mit neuen Namen erst so richtig los...

Wichtig bei Resos ist, ob es eine mit Spiderbridge, eine Biscuit-Singlecone oder eine Tricone ist. Das Korpusmaterial spielt dann auch eine Rolle, aber eine sekundäre - wenn der Gitarrenbauer sein Handwerk versteht.
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Beitrag von schorsch-adel »

hab eure beiträge ausgedruckt und in mein privatlexikon eingeheftet. Danke !
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Johnny
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Beitrag von Johnny »

Um die Kiste noch zu verschärfen:
Fiddle Edge

Aus der Not herraus hat der John sich dann überlegt, dass das schweissen und löten zu teuer sei und hat bei einer Konservenfabrik anheuern lassen, wo die Instrumente an boden, Zarge und Decke umgebörtelt worden sind.

WOW:
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Johnny
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Beitrag von Johnny »

schorsch-adel hat geschrieben:
Und wenn ich euch jetzt richtig verstanden habe ist Resonatorgitarre der Oberbegriff für alle "Gitarren" mit Cone statt Schalloch, egal ob aus Metall oder Holz, oder ?

Markus
Eine Reso hat immer ein Schallloch. Zwar in anderer Form a la f oder Raute, aber es ist da.
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schorsch-adel
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Beitrag von schorsch-adel »

Fiddle Edge
ich finde deine Preise echt fair, Johnny. Pack mir doch mal gleich von jeder eine ein.
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Johnny
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Beitrag von Johnny »

schorsch-adel hat geschrieben:
Fiddle Edge
ich finde deine Preise echt fair, Johnny. Pack mir doch mal gleich von jeder eine ein.
Also mal ehrlich:
ich finde sie sooo schön ( auch wegen der gravierten muster, die nun einfach mal anders sind als der rest, den man so kennt ), dass ich es traurig finde, dass es sie heute nbur noch so wenig gibt.

tja, die preise waren früher einfach anders, da konnte man sich auch noch 20 cent betrinken. ;-)
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