Kopie einer Johann Georg Stauffer Gitarre (1804)

Hier zeigen die Laien, was sie trotz linker Hände drauf haben!
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RB
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Beitrag von RB »

Wenn Du diese Gitarre ordentlich fertig bekommst und sie auch noch - vielleicht nach einer gewissen Entwicklungszeit - gut klingt, hast Du etwas ziemlich Einzigartiges. Wenn man darauf die Literatur aus der Zeit der "Gitarromania" spielt, müßte es so klingen, wie es damals klang, als dieser Typ in verschiedenen Variationen häufig in Gebrauch war.

Wenn die Gitarre gelingt, müßte im Grunde ein "Coffin case" her, um die Sache abzurunden.
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Joachim
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Beitrag von Joachim »

Liebes Forum, es folgt der achte Tag.

In der Zwischenzeit hatten wir Besuch von Christian (chrisb), der seinen Eigenbau mitbrachte, den wir beeindruckt observierten.
Eine sehr interessante Konstruktion, ich bin gespannt, wie diese Gitarre klingt.

Vielen Dank auch noch einmal an Christian, von dem ich ja den Tipp mit Hermann Gräfe hatte.
Schon jetzt, wo das Endergebnis noch nicht klar ist ( :wink: ), kann ich einen Kurs bei Hermann Gräfe nur empfehlen. Hermann ist extrem motivierend, verbreitet eine hervorragende Stimmung in der Werkstatt, ist kreativ, lässt einen auch viel selber machen ist aber immer zur Stelle wenn etwas anbrennt. Seine Frau Gudrun ist eine hervorragende Köchin, die mit kritischen Blick die Ergebnisse der Werkstatt beäugt und durchaus Stellen findet, die es gibt zu bemängeln.

Aber kommen wir zu den Tagesarbeiten:

Der Halsfuß passt wie die "Faust aufs Auge"

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Man beachte den Holzdübel im Oberblock, der einen Teil der Lasten aufnimmt.

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Auf ein Stegfutter, wie wir es benutzen hat Hr. Stauffer seinerzeit verzichtet. Da aber ein Steckerlsteg eingesetzt wird, halten wir neuzeitlichen Warmduscher es doch für sicherer eines aus Ahorn einzusetzen damit sich die Saitenperlen nicht durch die weiche Fichte arbeiten und an dieser Stelle Risse entstehen.

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Man achte auf das Vorsatzholz im Innern, wird es nach dem Verleimen durch das Schallloch passen?

Parallel wurde das Griffbrett mit einer Schablone an der kleinen Kreissäge gesägt. (Mensur 61 cm). Die genauen Bundabstände können in der Fachliteratur erfragt werden :-)

Bild.

Der Kasten ist verleimt. Vor dem Verleimen ist es sinnvoll natürlich den Halsfuß aber auch den Kopfansatz zu schnitzen. Der Rest vom Hals bleibt zunächst stehen, da man damit Fläche zum Ansetzen der Zwingen beim Verleimen des Korpusses und für das Verleimen des Griffbretts behält.

Bild

und die überstehenden Ränder können weg gefräst werden:

Bild

Bild

Wäre die Gitarre ein Haus würde man jetzt wohl ein Richtfest feiern. "Hoffentlich verliere ich nie die Begeisterung für den Moment wenn die Gitarre entsteht", waren Hermanns Worte. Ich bin mir sicher, die Begeisterung bleibt...

Fortsetzung folgt...
Gruss
Joachim :guitar1:

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Joachim
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Beitrag von Joachim »

@Reinhard:

Ein Koffer ist auf jeden Fall angedacht. In Breitenfeld im Vogtland gibt es jemanden, der so etwas anfertigt. Vielleicht baue ich den auch selber ;-)
Gruss
Joachim :guitar1:

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Joachim
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Beitrag von Joachim »

und fertig ist die Gitarre

:shock:

Bild

:D

Vielleicht hätte man doch etwa auf die Astlöcher im Halsholz achten sollen :roll:
Zuletzt geändert von Joachim am Mi Mär 09, 2011 10:38 am, insgesamt 1-mal geändert.
Gruss
Joachim :guitar1:

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Joachim
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Beitrag von Joachim »

Ich hoffe Ihr habt keinen Schreck gekriegt ;-)

Jetzt geht es ernsthaft mit dem neuten Tag weiter...

Wie Ihr sicher gesehen habt, ist das Griffbrett in die Decke eingelassen. Jetzt kommen also die Operationen am offenen Herzen. Mit dem Dremel (liegt auf dem Tisch) werden die Vertiefungen gefräst. Es ist sehr von Vorteil, wenn man für diese Arbeiten zu zweit ist, auch um Denjenigen, der den Dremel bedient zu beruhigen und während der Arbeit aufmunternde Worte zu sprechen.
Die Vertiefungen für die Einlagen werden vorgefräst und dann per Hand geschnitzt.

Bild

Die Nuten für Boden- und Deckenrand sind vorher an der Oberfräse gefertigt und auf dem Foto hier ist auch der Bodenrand schon eingeleimt. Hierzu sind Fahrradschläuche ein wunderbares Werkzeug um den Druck aufzubringen.

Nachdem die Vertiefungen schön verputzt sind

Bild

und

Bild

kann das Griffbrett aufgeleimt werden an dem die Verzierungen schalllochseitig schon geleimt sind:

Bild

Viel mehr habe ich an dem Tag nicht mehr geschafft, ich musste zunächst meinen Blutdruck wieder beruhigen... :wink:


Fortsetzung folgt
Gruss
Joachim :guitar1:

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H-bone
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Beitrag von H-bone »

Gib's zu... während des Schnitzens hast du nicht geatmet... :lol:

Toller Bericht, tolle Arbeit !!!
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Joachim
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Beitrag von Joachim »

ich gebe es zu :-)
Gruss
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Joachim
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Beitrag von Joachim »

Es folgt Tag 10!

Das Griffbrett und die Verzierungen sind aufgeleimt.
Überall sind Leimreste, die es jetzt zu verputzen gilt. Keine so schöne Arbeit, aber die Gitarre wird schöner dabei und das motiviert ungemein:

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Ihr seht, ich musste immer mal wieder eine Pause machen zum Fotografieren.
In der Zwischenzeit habe ich einen Steg aus Birnenholz geschnitzt, der wie im nächsten Foto zu sehen mit der Decke verleimt wird.

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Das wird immer mehr zur Gitarre. Muss es aber auch, denn morgen soll die Glocke werden.
In den Abendstunden werden noch die Bünde eingeschlagen und eingeleimt.
Zwischen diesen Bilder stehen Stunden des Putzens mit der Ziehklinge, ich bin mir nicht mehr sicher ob es mein Lieblingswerkzeug ist ;-) Zwischendrin immer umdrehen, das Ding wird wirklich heiß und das kann Blasen an den Daumen geben...

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Bild

Der Bunddraht ist sehr dünn, fast wie bei einer Mandoline. Zum Glück hilft mir hier Hermann. Jetzt hängt die Besielbarkeit von der nächsten halben Stunde ab. Wie sich aber später herausstellt hat alles geklappt und die Bünde können sich über Nacht an ihren Wirt die Gitarre gewöhnen...

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Bild
Gruss
Joachim :guitar1:

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chrisb
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Beitrag von chrisb »

In der Zwischenzeit hatten wir Besuch von Christian (chrisb), der seinen Eigenbau mitbrachte, den wir beeindruckt observierten.
Eine sehr interessante Konstruktion, ich bin gespannt, wie diese Gitarre klingt.
Vielen Dank auch noch einmal an Christian, von dem ich ja den Tipp mit Hermann Gräfe hatte.
ja, das war ein schöner besuch bei euch in der werkstatt!
hab die geschlossene schachtel quasi nackig ohne ränder, steg und griffbrett gesehen.
umso gespannter bin ich auf deine nächsten bilder.
und von wegen "zwei linke hände". du hast wirklich prima gearbeitet!

vielleicht sehen wir uns mal wieder, z.b. wenn du den balou in frangen abholst. dann könnten wir unsere eigenbauten kurz tauschen :guitar1:
chrisb
WolfF
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Beitrag von WolfF »

Was für eine schöne Arbeit!!! Etwas in der Art möchte ich auch noch machen, ehe ich ins Grab sinke :shock: Wolfgang
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Joachim
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Beitrag von Joachim »

So liebes Forum, dann kommen wir jetzt zum 11. Tag :D


Zu Beginn des Tages, an dem ich auch noch verschlafen hatte, stand das Abrichten der Bünde. Ich hatte mir das schlimmer vorgestellt...

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Sattel und Stegeinlage gefeilt und die Saiten können rauf. Das Original besitzt am Steg einen Bunddraht, wir haben uns zwecks besserer Einstellbarkeit für Knochen entschieden. Stauffer selbst hat auch oft Ebenholz verwendet...
Toll das ich von Johannes Tappert einen Nachbau der Mechaniken erwerben konnte, die sind wirklich klasse!

Bild.

Nun, anbei ein paar Ansichten, so ist sie geworden:

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Es folgen mehrere Fotos zum Vergleich zwischen Original und Kopie.
Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich bei Hermann für seine große Hilfe und Geduld bedanken und bei Gudrun für die liebe Umsorgung und Betreuung. Ich habe mich sehr gut aufgehoben gefühlt. :D :D :D

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Bild.

Was noch fehlt ist das Lackieren bzw. Wachsen. Hier werde ich mich an das Original halten. Ich muss es bald machen sonst verdreckt die Gitarre ...
Gruss
Joachim :guitar1:

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Manati
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Beitrag von Manati »

Vielen Dank für diesen wunderbaren Baubericht. Es macht großen Spaß, ihn zu lesen und die tollen Fotos dazu zu betrachten.

Ein tolles Projekt, eine solche antike Gitarre nachzubauen!
"Real stupidity beats artificial intelligence every time."
Terry Pratchett, 1948 - 2015
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stephan
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Beitrag von stephan »

Manati hat geschrieben:Es macht großen Spaß, ihn zu lesen und die tollen Fotos dazu zu betrachten.
Genauso ist es!
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chrisb
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Beitrag von chrisb »

einfach KLASSE!
und kopf und hals bleiben "natur" bzw. gewachst, oder? nicht schwarz wie das original.
hast du dein label innen drin?
chrisb
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Joachim
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Beitrag von Joachim »

Hallo Christian,

nee mache den Hals doch schwarz und halte mich an das Original....
Gruss
Joachim :guitar1:

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