rum315 hat geschrieben:wuwei hat geschrieben:...Würde man übrigens (im Sinne der obigen Definition von 'rum315') die alten Country-Blues-Picker wie z.B. John Hurt nicht als Fingerstyler zählen(?), müßte man in ihm (Joe Pass) wohl den ersten Fingerstyler überhaupt sehen...
Ich bin mir ja ziemlich sicher, dass ich nicht richtig liege...
Hallo Ralph,
ich wollte keineswegs zum Ausdruck bringen, daß ich Deinen Gedanken grundsätzlich für falsch halte - eigentlich ganz im Gegenteil, vor allem, weil ja zumindest in der aktuellen Fingerstyle-Szene der Ehrgeiz eindeutig dahin geht, eine komplette Band mittels einer einzigen Gitarre zu imitieren. Er scheint mir nur die Begriffe überzustrapazieren, da nicht nur die alten Country-Blues-Picker als Fingerstyler rausfallen würden, sondern auch solche Heroen wie Leo Kottke oder Bert Jansch, sobald sie nur ihren Mund aufmachen.
Deshalb halte ich die hier allgemein vertretene Meinung, Fingerstyle = Zupfen (in diesem Sinne ist der Begriff übrigens auch unter Bassisten gebräuchlich, also einfach als Unterscheidung zum Plektrumspiel) am plausibelsten.
docsteve hat geschrieben:Mir täte es weh, Julian Bream und Mississippi John Hurt in dieselbe Schublade zu stecken, bloß weil beide mit den Fingern spielen.
Trotz meiner großen Begeisterung für MJH sprichst Du mir da aus der Seele! Und obwohl hier schon einiges zur Abgrenzung von Klassik und Fingerstyle genannt wurde, scheinen mMn noch wichtige Aspekte zu fehlen, als da wären:
Das Selbstverständnis eines Komponisten, also ob er sich und seine Werke in einer Tradition sieht, und wenn ja, in welcher, da das für eine gelungene Interpretation maßgeblich ist (bzw. sein kann). Was auch schon zum nächsten Punkt überleitet, denn während es in der Klassik einen weithin anerkannten Interpretationskanon gibt (wobei das Gelingen oder auch Mißlingen einer Interpretation immer an dessen Erfüllung, möglicherweise auch an die
bewußte Abkehr von ihm
, geknüpft ist), kann davon im Fingerstyle kaum die Rede sein (erlaubt ist, was gefällt). Und last but not least ein Punkt, den Ulrich Peperle immer wieder anspricht, nämlich die körperliche Komponente (der Bewegungsvorgang, der einen wesentlichen Anteil am klingenden Ergebnis hat und sich oft weder aus der Notation, noch aus einem etwaigen Fingersatz erschließen läßt) im Fingerstyle, was es so in der Klassik (wo die korrekte Interpretation ausschließlich durch das mentale Erfassen des musikalischen Gedankens gewährleistet ist) gar nicht gibt.
borndorg hat geschrieben:Was den "persönlichen" Stil von Bluesgitarristen betrifft, so haben Blind Boy Fuller, Curly Weaver, John Jackson, Pink Anderson und, und, und alle diese Dreifingertechnik verwendet...
Das läßt sich nach meinem Verständnis in erster Linie darauf zurückführen, daß man im Blues regelmäßig mit 3er-Rhythmen zu tun hat (6/8, 12/8), bzw. mit ternärer Phrasierung, die sich nunmal mit drei Fingern (resp. Daumen + zwei Finger) wesentlich "punchiger" und grooviger spielen läßt, als mit vier Fingern. Da wäre der vierte Finger nur im Weg, weil er bei jeder Dreiergruppe zu einer anderen Fingerfolge führt!
Herzlichen Gruß, Uwe