Text auswendig lernen

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Hanjo

Text auswendig lernen

Beitrag von Hanjo »

Am Rande eines anderen Threads ging es darum, ob man statt der Blattsammlungen die Texte nicht besser auswendig lernen sollte.

Wenn ich so beiläufig während des Spielens, Strophe für Strophe versuche das hinzubekommen, sind die Fortschritte zäh. Häufig füge ich dann Fragmente aus verschiedenen Strophen zusammen.

Ist es besser, den Text wie früher ein Gedicht, erst einmal ohne Musik zu lernen?

Einfach bei den Stücken von der Konserve mitzusingen fällt leichter, aber macht das endgültige auswendig lernen auch nicht leichter. Wer weiss wie es am besten geht?
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Pappenheim
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Beitrag von Pappenheim »

Servus,

meiner Erfahrung nach, und vorausgesetzt du coverst: Such dir auf Youtube oder woauchimmer ein Original, spiel mit dem Original mit und sing mit. So lange, bis der Text sitzt.

Bei mir geht das trotzdem nicht, wir haben an die 200 Lieder Repertoire. Bin ja nicht Einstein.
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ulf
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Beitrag von ulf »

Meine Methode:

1. Die Einsicht, daß ein Notenständer mit Blättern unschön aussieht und den Kontakt zum Publikum bremst.
2. Immer wieder üben, ganz locker ein Lied nach dem andern. Da kommt dann immer wieder ein kleines Stückchen auswendig dazu. So lerne ich auch türkische und russische Texte.
3. Wenn man eine unüberwindbare Blockade gegen Auswendiglernen hat oder einfach nicht das Talent, dann mit gutem Gewissen Blätter benutzen und sich nicht mehr quälen. :wink:
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Pappenheim
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Beitrag von Pappenheim »

ulf hat geschrieben:1. Die Einsicht, daß ein Notenständer mit Blättern unschön aussieht und den Kontakt zum Publikum bremst.
Das muss ich doch ein wenig relativieren. Wenn man den Notenständer niedrig und flach hinstellt, auch ein wenig seitlich versetzt, stört der garnicht mehr, ist für das Publikum kaum mehr wahrnehmbar. Dass man nicht dauernd draufstarren sollte, ist wohl auch klar, er soll ja mehr oder weniger ein "Schummelzettel" zur Not sein.

Klar, wenn man das Ding voll vor der Nase hat, auch noch steil gestellt, und dauernd reinschaut, das geht garnicht.
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OldPicker
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Beitrag von OldPicker »

Ich hatte immer ein Problem mit Texten. Das fing schon mit Gedichten in der Schule an. Ob das am Inhalt der Texte lag? Egal ob nun Erlkönig oder John Maynard - es war immer eine Müh und Last, und in so manchem Lehrerkalender steht: Hat nicht gelernt - obwohl ich mir redlich Mühe gegeben habe.

Später konzentrierte ich mich auf Melodie und Begleitung. Das lag vielleicht auch daran, dass mir ein guter Freund sagte, ich könne eh nicht singen.

Heute tue ich mich noch immer schwer. Das liegt wohl daran, weil ich es nie richtig gelernt habe Texte zu lernen. Wenn es sein muss, dann funktioniert es bei mir nur durch learning by doing. Also Lied und Begleitung immer wieder abspulen. Schwierig ist es, wenn ich die zweite oder dritte Stimme habe, die oftmals nicht durchgängig den Text mitsingt. Fragmente sind, zumindest für mich, noch schwerer zu lernen als ganze Texte.

Manche Lieder lerne ich schnell (was man so "schnell" nennt), manche prägen sich nur zäh bei mir ein. Wirklich hinderlich und kontraproduktiv finde ich Spickzettel auf einer Schneeschaufel bei Auftritten. Man ist doch immer wieder dabei (auch, wenn man den Text kann), sich vom Publikum abzuwenden, um auf dem Textblatt abzulesen. Ich zumindest versuche es, solches zu vermeiden.

Also; Lied und Begleitung zusammen. Bis es sitzt. So mache ich das.


(PS: Mein Freund John ist da ein absolutes Genie. Der hört den Text nur zwei oder drei Mal, dann hat er ihn. Der Junge zieht unzählige Texte so aus dem Hut. Irre.)
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"I usually play songs in two chords, C and G, and every once in a while I throw in an F, just to impress the girls."
(Woody Guthrie)
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mbern
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Re: Text auswendig lernen

Beitrag von mbern »

Hanjo hat geschrieben:
Ist es besser, den Text wie früher ein Gedicht, erst einmal ohne Musik zu lernen?
Bei mir ist es so, dass ich als Schüler und auch später, immer dann, wenn ich etwas auswendig lernen musste, dazu mir bekannte Musikstücke gehört habe.
Liedertexte lerne ich daher auch immer mit Musik dazu.

Ich glaube, es ist wie immer, wenn man etwas Neues beginnt: Der Anfang ist schwer. Ich könnte mir vorstellen, dass du für die ersten Texte sehr lange brauchst. Später fängst du irgendwann mit dem ersten Wort eines Textes an und dir fällt überhaupt nichts Anderes dazu ein, als das nächste Wort und das nächste...
Ich habe als Kind angefangen Texte zu lernen, weil ich zu eitel war, meine Brille zu tragen. Mir blieb also keine andere Wahl, als diese Kunst zu perfektionieren.

So ist es bei mir, aber jeder Mensch ist anders...

Übrigens, weil du von "früher" schreibst - da habe ich mich einfach geweigert, Gedichte auswendig zu lernen, bis auf einmal, für meine Englischlehrerin, deren Wohlwollen mir sehr wichtig war :) Und das Gedicht kann ich natürlich heute noch. Es ist eben immer auch eine Frage der Motivation.
wuchris
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Beitrag von wuchris »

Ich finde den Begriff "auswendig" etwas unglücklich für Texte von Liedern.
Ich stelle mir dabei immer vor, mich vor ein Schriftstück zu setzen und das so lange zu büffeln, bis ich es einfach runterattern kann.

Bei Texten hilft m.E. nur, nach einger Zeit, den Text einfach wegzulassen und sich so durchzuboxen. Das schwerste sind die ersten Wörter der einzelnen Strophen. Wenn man - ich zumindest - die hat, kommt der Rest von allein.
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RB
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Beitrag von RB »

Viele Texte erzählen eine Geschichte, einen chronologischen Ablauf. Den kann man sich vorstellen, wie einen Film im Fernsehen. Dann weiß man doch, was in der kommenden Strophe erzählt wird und lo and behold da ist auch schon der Text. Das mache ich bei fast allen Liedern so.

Allerdings gibt es eigentümliche Unterschiede, die man schwer erklären kann. Den Boxer konnte ich einfach nach einer recht kurzen weile. Cats in the Cradle hatte eine "Bruchstelle", weil eine Zeile in der dritten Strophe mir oft nicht einfallen wollte, so daß ich mir mit allerlei improvisierten Workarounds geholfen habe. Das geht inzwischen. Mit dem eher einfachen und kurzen "Paradise" tue ich mich schwer, desgleichen mit dem eher einfachen und kurzen "Golden Brown". Aber diejenigen Texte, die keinen chronologischen Ablauf schildern und die "schwegängig" sind, befinden sich eindeutig in der absoluten Minderzahl.

Manchmal treten auch aus Nachlässigkeit kleine Verwechselungen ein, die den Sinn des Liedes entstellen können. Beispiel Big Spike Hammer:

Da gibt es Zeilen wie: The woman that I love, I try to keep her happy
und
That hamme that I swing for a dollar and a half a day

Wenn man dann singt

The hammer that I swing, I try to keep .... him happy

oder

The woman that I love for a dollar and a half a day

wirft das ein ganz anderes Licht auf das Leben des Eisenbahnbauers.
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Liederbolt
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Beitrag von Liederbolt »

Sehr effektiv:

- den Song in einzelne, überschaubare Phrasen aufteilen
- eine Phrase mit Begleitung abspielen und auswendig wiederholen - bei Hakern nochmal gucken
- so weiter, bis alle Phrasen für sich gehen
- Phrase 1 und 2 zusammen, 3 und 4 zusammen - dann beide Doppelphrasen zusammen... usw.
- wirkt auch dem Phänomen entgegen, dass bei Aussetzern oft alles von vorne gespielt werden muss, um wieder reinzukommen - man kann bei Beginn der Phrasen einsteigen
- Text, Melodie und Rhythmus als Einheit sehen - nicht trennen
- auch gut für zwischendurch, in der Bahn oder so: den Text/die Phrasen nur gedanklich singen/wiederholen. Auch hier erst "spicken", dann auswendig...

Musste mal in der Ausbildung ein Lied (Kinderlied, 3 Strophen) auswendig zur Gitarre vortragen, hatte aber nix vorbereitet. Habe so am Vorabend alles "blitzgelernt" - hat funktioniert! Ist vor Allem auch eine Sache der Konzentration.
"Mit Harrfen und Lauten schönen Metzen hofieren, solches nimmt ein böses Ende"
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Gast

Beitrag von Gast »

Wenn ich mir ein neues (fremdes) Lied erarbeite, dann höre ich das Stück zunächst viele Male um mich in die Stimmung einzufühlen.
Dann schreibe ich mit der Hand den Text nur vom Hören auf ein Blatt echtes Papier (so eines, wo man nicht klicken und wischen kann).
Danach versuche ich die Gitarrenparts herauszuhören, und kontrolliere dies durch ständiges Nachspielen der entsprechenden Stellen.
Wenn ich das habe, geht es nur um das Singen. Ich höre mir das Lied an und singe mit, achte auf die Melodie, Pausen, Atmung etc.
Schlussendlich kombiniere ich den Gesang und das Gitarrenspiel.
Das kann mitunter sehr lange dauern, aber ich habe das Lied zu 98% auswendig in den Fingern und im Kopf.
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scifi
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Beitrag von scifi »

Mein Frau (Sängerin) meint, dass sie sich immer die Geschichte vorstellt und nicht die Kette der Worte um ein Lied zu lernen. So schaffst sie ein Repertoire von vielen hundert Stücken in rund 10 Sprachen meist auf Abruf über Jahre bereitzuhalten. Sie ist da aber extrem trainiert seit ihrer Kindheit.
(Und sobald ein Stück keiner für sie vorstellbaren Geschichte folgt klappt die Sache auch nicht mehr auf diese Art)
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Manati
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Beitrag von Manati »

Hab mir nie Gedanken drüber gemacht, das geht bei mir ratzfatz.

Wenn ich einen Song 10mal gesungen habe, kann ich ihn normalerweise auswendig. Aber vermutlich hilft da die umfangreiche Chorpraxis.

Neulich hat sich im Chor jemand zum Geburtstag einen Song gewünscht, den wir vor fast vier Jahren im Konzert gesungen haben. Ich hatte die Noten nicht mit und habe mir gedacht, ok, probier ich's einfach so. Und siehe da, das Lied saß noch immer auswendig.
"Real stupidity beats artificial intelligence every time."
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Freelance
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Beitrag von Freelance »

Ich denke, das das ganz individuel unterschiedlich ist. Jeder muß seinen Weg finden. Auch ich tue mich sehr schwer Texte auswendig zu lernen. Das kann auch am Alter liegen. Wenn man jung ist lernt es sich besser. Aber man kann sich selber helfen. Den unschönen Notenständer habe ich zum Beispiel gegen ein kleines, schmales iPad ersetzt. Das fällt kaum auf und ich habe immer alle Texte vor Ort. Sollte mal was fehlen, dann kann ich sogar auf meinen Server zurückgreifen und holen was fehlt.
Neue Texte höre ich mir immer erst viele Male im Original an, dann fange ich an sie zu spielen und nach und nach binde ich sie dann in meine Textsammlung ein. Die Vorschreiber haben recht. Je regelmäßiger und je öfter die Texte durchgespielt werden, desto mehr Text bleibt im Kopf hängen. Da braucht man nichts auswendig lernen....das passiert von ganz allein.
Aber, obwohl ich weiß, das ich viele, viele Stücke auswendig kann, traue ich mich nicht das iPad mal auszuschalten. Das ist dann der nächste Schritt zur Glückseeligkeit.
Grüße, Peter
Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt (A.E.)
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Gitarrenspieler
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Beitrag von Gitarrenspieler »

Ach, der "Boxer" war auch bei mir der einfachste Text den ich gelernt hab. Ich glaube der war nach kurzer Zeit einfach da. Mogle aber manchmal auch (Verse vertauscht), so lange es nicht lalalalal wird geht das immer. Hab aber auch lieber zur Sicherheit den Text da liegen… seitlich wie der Walter schon schreibt.
Gruß Wolfgang Hemd aus der Hose macht noch keinen Varoufakis
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landmesser
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Beitrag von landmesser »

Moin,

ich kann Pappenheimer nur zusstimmen. Meine Textzettel sind gleichzeitig mein Programm, das oberste Blatt wird nach hinten gesteckt.

Prinzipiell kann ich alle Texte auswendig, aber Hänger gibt es immer wieder. Dann wird eine Strophe instrumental gespielt und weiter gehts.

Ein großer, hoher Notenständer geht für mich nicht. Ich habe diesen hier:
http://www.thomann.de/de/km_1152_noten_ ... halter.htm
Der wird am Mikroständer angeschraubt, ungefähr in Hüfthöhe, noch weit unter dem Bierhalter. Sparrt auch Platz auf dem Boden.

Viele Grüße
landmesser


Pappenheim hat geschrieben:
ulf hat geschrieben:1. Die Einsicht, daß ein Notenständer mit Blättern unschön aussieht und den Kontakt zum Publikum bremst.
Das muss ich doch ein wenig relativieren. Wenn man den Notenständer niedrig und flach hinstellt, auch ein wenig seitlich versetzt, stört der garnicht mehr, ist für das Publikum kaum mehr wahrnehmbar. Dass man nicht dauernd draufstarren sollte, ist wohl auch klar, er soll ja mehr oder weniger ein "Schummelzettel" zur Not sein.

Klar, wenn man das Ding voll vor der Nase hat, auch noch steil gestellt, und dauernd reinschaut, das geht garnicht.
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