"gewellte" bundstäbchen bei einer westerngitarre?

Alles über akustische Gitarren für Stahlsaiten

Moderator: RB

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Herigo
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Beitrag von Herigo »

Ewert hat geschrieben:das heisst also, dass sie auch auf einen bestimmten satz/eine bestimmte saitenstärke abgestimmt werden?

...also kann man nicht nur andere tunings vergessen, sondern muss sich auch ein für allemal für eine einzige saitenstärke entscheiden? denn sie haben ja einen unterschiedlichen "zug".
nach allem was ich bisher zum thema stimmung und kompensation in zusammenhang mit gitarre gelesen, gehört und selbst erfahren habe, ist das so.

bei der e-gitarre ist es doch normal bei fabrikats- und/oder stärkenwechsel die oktavreinheit neu einzustellen.

außerdem stimmen selbst diese wellenlinien nicht, sie bleiben in der temperierten stimmung. wie jafko (glaube ich) wo anders schrieb, ist ein b als terz einer g-dur leiter etwas anderes als die siebte stufe der c-dur tonleiter. dazu kommt noch die probleme mit der enharmonischen verwechselung F# ist nicht gleich Gb, C# nicht gleich Db usw.

dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Enharmonische_Verwechslung
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Ewert
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Beitrag von Ewert »

ich habe die enharmonische verwechslung nie so richtig verstanden:
wieso ist ein "c#" etwas anderes, als ein "des"?
...das ist doch die grundaussage, oder?
ich meine - auf dem griffbrett ist es doch genau das gleiche. magst du mir das bitte erklären?
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jafko
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Beitrag von jafko »

Ich hab mal ein Aufsatz über das Thema geschrieben. Hier einige Auszüge.

...Mit jedem natürlich erzeugten Ton klingt seine Obertonreihe mehr oder weniger stark ausgeprägt mit. Der 8. bis 15. Teilton bildet dabei die Grundlage unserer heute gebräuchlichen siebenstufigen, diatonischen Tonleiter. (Diatonisch bedeutet, wir haben Halbtonschritte und Ganztonschritte in der Tonleiter.)
Das Problem dabei ist nun, dass die Intervalle zwischen den einzelnen Teiltönen der Obertonreihe kontinuierlich kleiner werden...

...Über Jahrhunderte hinweg konnten Musiker immer nur in der Tonart spielen, in der ihr Instrument gestimmt war, oder für die es gebaut war. Wollte man in einer anderen Tonart spielen, musste man neu stimmen, oder ein anderes Instrument nehmen. (Es gibt nicht umsonst zB. Bb-, Eb-, C-, und A-Klarinetten)...

...Im laufe der Jahrhunderte gab es viele Versuche Stimmungen zu finden, die Tonartwechsel zulassen ohne umstimmen zu müssen. Erst 1691 entwickelte der Organist und Musiktheoretiker Andreas Werckmeister die heute gebräuchliche „Wohltemperierte Stimmung“ (lat: temperare = mischen, ordnen).
J.S.Bach komponierte in dieser Stimmung eine Sammlung Präludien und Fugen in Dur und Moll von jedem Halbtonschritt aus. Damit bewies er, dass es möglich ist auf einem Instrument mit wohltemperierter Stimmung, alle Tonarten gleichberechtigt zu nutzen.
Unter den Musikern der damaligen Zeit setzte sich diese Stimmung schnell durch.
Gleichzeitig entwickelte sich das Dur und Moll System, wie wir es heute kennen.
Auch der Begriff „Enharmonische Verwechslung“ wurde geboren. Vor der Einführung der wohltemperierten Stimmung war zum Beispiel ein Fis keineswegs der gleiche Ton wie ein Ges!
Aber auch heute noch ist überall dort wo es um genaue Intonation geht, die Naturtonreihe mit ihren Unstimmigkeiten ein Thema. Die Grundfrequenzen die wir spielen, mögen wohltemperiert sein, aber deren Obertonreihen sind es nicht. Der Physik können wir eben doch nicht ganz entkommen...
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Ewert
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Beitrag von Ewert »

vielen dank!:) jetzt verstehe ich es.
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cnc
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Beitrag von cnc »

Zuletzt geändert von cnc am Mo Dez 10, 2012 6:49 pm, insgesamt 1-mal geändert.
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Ewert
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Beitrag von Ewert »

das wäre zumindest logisch, denke ich - aber da sollen die cracks mal drauf antworten...


edit: ich habe wohl, ohne es zu wissen, meine gitarren immer "well tempered" gestimmt. ich fange immer mit dem stimmen über flageolet töne an und danach "bessere" ich die gesamte stimmung nach gehör so nach, dass es in allen akkorden möglichst angenehm passt.
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wuwei
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Beitrag von wuwei »

Hallo zusammen!

Bin zwar kein "crack", aber "Wohltemperierte Stimmung" ist ein Reizwort, das seine Wirkung bei mir selten verfehlt. Mein Nickname wird also bereits beim ersten Post einer harten Probe unterzogen. :wink:
jafko hat geschrieben:Erst 1691 entwickelte der Organist und Musiktheoretiker Andreas Werckmeister die heute gebräuchliche „Wohltemperierte Stimmung“
Der arme Werckmeister kann sich ja nun nicht mehr wehren, aber die bei uns gebräuchliche "gleichschwebend temperierte Stimmung" ist alles andere als "wohltemperiert", welcher Begriff eben den Versuch eines Ausgleichs zwischen Wohlklang (frei von Schwebungen!) und erstrebter Stimmungsflexibilität zum Ausdruck bringen soll. Die gleichschwebend temperierte Stimmung wurde also nicht von Werckmeister entwickelt, und andersherum werden Werckmeisterstimmungen (deren es mehrere gibt) heutzutage allenfalls von Originalklangensembles verwendet. Auf einem nach heutiger Manier ge-(ver-)stimmten Klavier wäre dem J.S. Bach wohl nichts mehr eingefallen.

Grundsätzlich läßt sich sagen, daß die gleichschwebend temperierte Stimmung eine Art Prokrustesbett für musikalische Töne darstellt, weil jede Oktave willkürlich in 12 gleichgroße Tonschritte unterteilt wird (per Definition in Halbtonschritte zu jeweils 100 Cent = 1200 Cent pro Oktave), und die naturgegebenen Intervalle so verbogen werden, daß sie hinein passen. Bei dieser Methode bleiben (von Prim und Oktave abgesehen) nur Quinten und Quarten akzeptabel in Stimmung (Abweichung jeweils 2 Cent, bei maximal möglicher Abweichung von 50 Cent). Für die anderen Intervalle schaut's aber schlecht bis sehr schlecht aus.

Und für unsere Ohren auch, denn wir hören nicht "temperiert", sondern natürlich! Das bedeutet: das Ohr ist beim Hören von Musik in temperierter Stimmung ständig damit beschäftigt herauszufinden, welches Intervall denn eigentlich gerade gemeint ist. Ein durchschnittlich (un-)geschultes Ohr kommt durch dieses erzwungene "Zurechthören" ziemlich schnell an seine Leistungsgrenze, sodaß keine Zeit mehr bleibt, die musikalische Struktur komplexerer Werke in ihrer Gesamtheit aufzunehmen und zu verarbeiten - man findet die Musik also abstoßend, oder hält sich gar für unmusikalisch, weil man nicht versteht, was sich da "abspielt". Hoch lebe der C-Dur-Dreiklang!

Die Notwendigkeit zur Entwicklung eines von den Naturtönen abweichenden Stimmsystems entstand übrigens erst durch das Aufkommen der Tasteninstrumente. Die früher gebräuchlichen bundierten Saiteninstrumente (Lauten und Gamben) waren ja, dank flexibler Bünde, umstimmbar, und Blasinstrumente gab und gibt es, wie jafko bereits schrieb, in verschiedenen Stimmungen.

Die besondere Schwierigkeit eine Gitarre "korrekt" temperiert zu bundieren (und zu stimmen), hängt mit dem Terzabstand zwischen der g- und der h-Saite zusammen, da die große Terz in unserem temperierten System sehr falsch liegt (über 25% der max. mögl. Abw.). Bei bundierten Bässen beispielsweise, die auch als 6-saiter nur in Quarten gestimmt werden, taucht das Problem deshalb so nicht auf.

Um eine Gitarre zu temperieren, und dabei sowohl freie Saitenwahl, als auch verschiedene Stimmungen zu ermöglichen, reichen die "einfach gewellten" Bünde nicht aus. Es müßte jedes Bundstäbchen aus 6 Einzelteilen bestehen (ähnlich den Saitenreitern von E-Gitarren), die unabhängig voneinander verschiebbar sind. Sowas ist schon vor mehreren Jahrzehnten von einem deutschen Gitarrenbauer entwickelt und gebaut worden (leider fällt mir dessen Name nicht mehr ein).

Allerdings fragt sich, was der ganze Aufwand bringt. Die Gitarre ist dann zwar temperiert, klingt aber ebenso falsch wie jetzt - nur anders falsch.

Herzliche Grüße,

Uwe
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jafko
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Beitrag von jafko »

Ok,
so genau wollte ich gar nicht werden. Fest steht, dass Werkmeister unter dem Sammelbegriff "wohltemperierte Stimmungen" ab 1681 eine Reihe von Stimmungen auf Tasteninstrumenten vorstellte, welche die mitteltönigen Stimmungen so erweiterten, dass die Tonarten des gesamten Quintenzirkels spielbar wurden. Bisher unmögliche Transpositionen und enharmonische Verwechslungen wurden damit ermöglicht.
Charakteristisch für wohltemperierte Stimmungen ist, dass alle wichtigen Intervalle nur soweit von der reinen Stimmung abweichen, wie es das Ohr gut toleriert.
Die Bezeichnung "wohltemperiert" ist also eine Art Oberbegriff und wird nicht ganz richtig, aber durchaus gängig für die heutige gleichstufige Stimmung verwendet. Man sagt ja auch meistens "Schraubenzieher" und nicht " Schraubendreher".

Aber auch in der gleichschwebenden Temperatur wird die Oktave nicht "willkürlich" in 12 gleich große Tonschritte unterteilt. (Die Unterteilung in 100cent/Halbtonschritt hat erst Ende des 19.Jh. stattgefunden.)
Sondern das Pytagoräische Komma (12 übereinander gestapelte Quinten müssten eigentlich 7 Oktaven entsprechen. Tun sie aber nicht! Die Differenz ist das Pytthagoräische Komma.) wird gleichmäßig auf die 12 Quintschritte verteilt, so dass die einzelne Quinte (fast) rein bleibt. (+2 Cent ist nicht viel.) Daraus resultiert auch dass die Töne die in den Oktaven entstehen mit zunehmendem Abstand eine größere Reibung haben.

Inwieweit der Klang der Naturtonreihe, der Werkmeister3 Stimmung, und der gleichstufigen Stimmung als "richig" empfunden werden kann jeder mit den Links unten ausprobieren.

Die Naturtonreihe:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/d ... berton.mid

Kadenzen in Werkmeister3 Stimmung:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/d ... immung.ogg

Kadenzen in gleichstufiger Stimmung.
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/d ... stufig.ogg

Ich bitte um Rückmeldungen welcher Klangeindruck sich "richtig" oder "falsch" anhört"

Im Übrigen sind solche Diskussionen zwar musiktheoretisch und musikhistorisch interessant, aber für uns Gitarristen fruchtlos.
Wir können lediglich den alten Musikerwitz bestätigt finden: Der Gitarrist stimmt immer - die Gitarre nie!
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RB
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Beitrag von RB »

Das Prinzip ist jedenfalls einfach: Nimm die Oktave als alleiniges natürliches Intervall und unterteile sie in 12 gleich große Schritte. Nun ist es so, daß ich beim Hören klassischer Musik mit und ohne Tasten keineswegs ein Grausen empfinde und auch die h-Saite läßt sich bei allen Gitarren, die ich besitze in eine Kompromißlage bringen, in der alle gegriffenen Formen akzeptabel klingen. So sehr problematisch sehe (bzw. höre) ich die Sache nicht.
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jafko
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Beitrag von jafko »

RB hat geschrieben:So sehr problematisch sehe (bzw. höre) ich die Sache nicht.
Eben. Deswegen werde ich auch weiterhin meine graden Bundstäbchen behalten. 8)
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ralphus
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Beitrag von ralphus »

Hallo,

wenn ich die Diskussion hier mitlese, bekomme ich immer mehr den Eindruck, dass ich von nix eine Ahnung habe - ich finde es trotzdem interessant. Solange Ihr Euch nicht angiftet - im Sinne von ; "ICH habe recht!" weiterhin viel Spaß beim Austausch von Argumenten. ;-)
Viele Grüße

ralphus
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jafko
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Beitrag von jafko »

ralphus hat geschrieben: ...wenn ich die Diskussion hier mitlese, bekomme ich immer mehr den Eindruck, dass ich von nix eine Ahnung habe ...
Tröste dich, sowas muss man nicht wissen um ein guter Gitarrist zu sein...
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wuwei
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Beitrag von wuwei »

Hallo,

@jafko: Würde mir leid tun, wenn Du meinen Beitrag als persönlichen Angriff mißverstehst. War in keiner Weise so gemeint! Habe mich bei dieser Steilvorlage einfach der alten Stierkämpferweisheit erinnert: "Immer dicht am Stier kämpfen!" :wink:

Die Klippen des SWI-Syndroms werden wir dabei hoffentlich zu umschiffen wissen.

Mit dem Verweis auf den Quintenzirkel, als Grundlage der gleichstufigen Temperierung, gibst Du das entscheidende Stichwort. Die von mir behauptete Willkürlichkeit ergibt sich ja eben daraus. Denn woraus ergäbe sich sonst ein vernünftiger Grund, die Oktave ausgerechnet in 12 (gleichgroße) Tonschritte zu unterteilen?

Wir kennen genug Kulturen, in denen die Oktave in mehr, oder auch weniger, Töne unterteilt wird. Und dabei werden oft Intervalle benutzt, die innerhalb der gleichstufigen Temperierung nicht adäquat realisierbar sind. Gleichzeitig sind diese Intervalle aber so idiomatisch, daß deren erklingen auch wenig geübte Hörer sofort erkennen läßt, wo die gehörte Musik ihren Ursprung hat. (Im vorderen Orient z.B. der 11. Teilton der Obertonreihe. Bei Bezugston C ist das ein Fis, eine übermäßige Quart, die klanglich von dem temperierten Tritonus himmelweit entfernt ist. Sie wird von jedem halbwegs brauchbaren Oudspieler absolut sauber intoniert. Ähnlich verhält es sich mit dem 14. Teilton der Obertonreihe, der kleinen Septime, die im Blues konstituierend ist. Sie ist auf der Gitarre nur durch Bending zu erreichen, da die temperierte kleine Septime auch sehr falsch liegt. Das war vermutlich überhaupt der Ausgangspunkt für diese Spieltechnik.)

@rb: Meine Kritik an der gleichstufigen Temperierung beklagt auch nicht so sehr den mangelnden Wohlklang der Instrumente (als moderner Stadtnomade ist man schließlich einiges an Lärm gewöhnt), sondern die musikalische Verarmung, die dieses Stimmsystem mit sich bringt. Besonders bedenklich scheint mir, daß diese Verarmung den wenigsten Musikern bewußt ist. Aber es ist grad so, als gäbe es nur noch 12 Farbtöpfe, aus denen sich von nun an alle Maler zu bedienen hätten. Die unzähligen Farben, die sich damit nicht mischen lassen, gibt's halt dann einfach nicht mehr.

Herzliche Grüße,

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Herigo
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Beitrag von Herigo »

hallo wuwei, ich finde deine bisherigen beiträge eine wunderbare ergänzung zu jafkos beiträgen und habe die gar nicht so als contra gelesen.

die vorgetragenen sachverhalte kenne ich nur vom hörensagen. da fehlen mir noch sämtliche fundierte kenntnisse.

wo kann ich das mit diesen obertonreihen nachlesen (ok ich google schon:-)?

interessant scheint aber doch der aspekt des "mikro tunings" (und timings) zu sein, der eben auch sehr maßgeblich an der erkennbarkeit eines gitarristen beteiligt ist. santana ist jemanden den man an zwei aufeinanderfolgenden tönen erkennen kann, er muss nicht mal eine melodie spielen. miles davis war so jemand und viele bläser sind das auch.

musik ist immer auch klang (meiner meinung und auch meinem gefühl nach). Hm…das musik verarmt, ja doch, empfinde ich irgendwie ähnlich.

Ich stehe dem ausdruck „amtlich“ für klang, spieltechnik, etc… sehr skeptisch gegenüber.

Man sollte auch als anfänger den klang das gefühl, das herz der musik nicht vergessen… sonst lernt man steno und schreibmaschine nach diktat. Das ist in perfektion eine sehr hohe Anforderung, aber was man schreibt ist doch eigentlich nicht das was man selbst denkt oder fühlt.

hat auch mit kritischer distanz zu regeln, regulierungen, einschränkungen, gesetzmäßigkeiten und lehren zu tun…ungeachtet dessen wie wichtig und vorallem auch erleichternd ein festgelegter konsens für das zusammen musizieren ist.
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wuwei
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Beitrag von wuwei »

Hallo Herigo,

über die Obertonreihe hast Du sicher schon ausreichend Material im Netz gefunden?! Bin selber zu faul zum Suchen. Mein einziges Werkzeug in dieser Richtung ist eine uralte, total zerfledderte Musik- und Harmonielehre von Erich Wolf. Da gibt's aber inzwischen bestimmt was Besseres.

Wenn Du jedoch verständnismäßig tiefer in die faszinierende Welt der musikalischen Zusammenhänge eindringen willst, empfehle ich Dir von Martin Vogel: "Die Lehre von den Tonbeziehungen". Hier geht's aber erstmal "nur" um das Begreifen der Zusammenhänge, nicht um deren unmittelbare Anwendbarkeit. Daß sich ein tieferes Verständnis natürlich dann auch in der Praxis niederschlägt, ist eh klar.

Zumindest im deutschsprachigen Raum gibt es meines Wissens kein vergleichbares Werk. Besonders angenehm ist, daß der Autor (er war Prof. für Musikwissenschaften in Bonn(?)), obwohl er mit seinen An- und Einsichten völlig gegen den Mainstream steht, keinerlei sektiererisches Gehabe hat, wie es bei solchen Einzelkämpfern verständlicherweise oft der Fall ist. Unbedingt empfehlenswert!

Mein eigenes Exemplar hab ich vor Jahren meinem jüngsten Sohn geschenkt (ich hoffe, er schaut wenigstens ab und zu mal rein), und noch nicht wieder ersetzt. (meine Faulheit, siehe auch oben, ist legendär!)

Miles Davis liebe ich auch sehr, obwohl er so ein Ekelpaket war. Kennst Du den Livemitschnitt vom 12.2.64 aus dem Lincoln Center, NY? Das Intro von "My Funny Valentine" spielt Miles total out of tune. Aber trotzdem (oder vielleicht deswegen?) gehört es für mich zum Bewegendsten, das jemals auf Vinyl gebannt wurde. Jede einzelne Phrase trifft mitten ins Herz! Immer wieder Trost und Seelennahrung, auch wenn man's schon tausendmal gehört hat.

Ein (E-)Gitarrist, der häufig die Ketten der temperierten Stimmung sprengt, ist Nguyên Lê. Von Hochglanzpop, über Weltmusik, bis hin zu völlig abgedreht, hat er alles auf der Pfanne.

Dein Post birgt noch ein paar interessante gedankliche Anstöße, über die ich jetzt aber erstmal nachdenken muß.

Wie hieß es so schön? "Heute ist nicht alle Tage, ich komm wieder...."

Herzliche Grüße,

Uwe
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