Kurz angespielt: diverse edle Martin-Fingerstyle Gitarren

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Jack Isidore
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Kurz angespielt: diverse edle Martin-Fingerstyle Gitarren

Beitrag von Jack Isidore »

Hi zusammen,

ich konnte heute endlich mal wieder meinem Hobby „Gitarren testen“ frönen, und dachte, vielleicht interessieren die Ergebnisse ja den einen oder die andere – also hier ein kleiner Bericht, brandheiß aus dem Session in Frankfurt.

Gesucht: die ultimative Fingerstyle-Gitarre von Martin, möglichst Fichte/Palisander, eher breites Griffbrett. Gespielt habe ich Sachen in Richtung Tommy Emmanuel und Adam Rafferty, sowie etwas Blues, Jazz und Klassik. Alles mit den puren Fingern, nur Standard-Tuning und gelegentlich mal Dropped-D. Was ich erwarte, ist u.a.: leichte Ansprache, hohe Dynamik, gute Formbarkeit des Tons und eine kräftige Prise "Martin-Magic"

Zuerst die Flops:

Die OMJM John Mayer hat mich nun schon zum dritten Mal (drei verschiedene) enttäuscht, die werde ich wohl nicht mehr in die Hand nehmen. Bei meiner Spielweise dünner und uninteressanter Klang. Ist wahrscheinlich eher etwas für Plektrum-Spieler.

000-28EC Eric Clapton: ebenfalls eine Enttäuschung. Auch recht dünn, und dazu noch richtig schrille Höhen ohne jede Substanz … na ja - ich spiele ja auch keinen Clapton-Style …

OM-28V: von der hatte ich mir viel versprochen, die konnte mich aber auch nicht beeindrucken. Schlichtweg unspektakulär. Vielleicht einfach eine Serienschwankung, ich hatte nämlich auch schon mal eine bessere gespielt.

Aber dann kamen zwei, die haben‘s mir echt angetan:

000-28VS: 12-Bund, Fensterkopf, 46mm Griffbrett. Wahnsinn. Laut, superleichte Ansprache, fette, tragfähige Höhen, ein traumhafter, typischer Martin-Ton, recht dunkel zwar, aber strotzend vor Obertönen. „Rings like a Bell“, wie der Ami sagt. Unglaublich vielseitig, wenn man damit umgehen kann. Auch für Blues und Klassik! Einziges Manko: die tiefe E-Saite klang völlig stumpf, aber die Saiten waren auch ziemlich alt.

Und ebenso toll: eine J-40! So eine hatte ich schon mal gespielt, die ich aber uninteressant fand, jedoch diese hier war großartig. Ebenfalls dieser herrlich typische Martin-Ton, etwas heller im Klang als die 000-28VS, und wuchtigere, aber trotzdem straffere Bässe. In den Höhen ähnlich toll. Die J-40 ist zwar eine Jumbo, wirkt aber nur minimal größer als eine OM. Durchaus akzeptabel. Allerdings mag ich diese weiß eingefassten Griffbretter nicht so sehr.

So, da das jetzt alles Gitarren mindestens der 3000 EUR-Klasse waren, zum Schluss noch zwei Tipps für den „kleineren“ Geldbeutel:

Die Überraschung des Tages war eine recht seltene 000-17SM (ca.1700 EUR). 12-Fret, Fensterkopf. Mahagony-Body mit dunkel gebeizter Fichtendecke, sieht auf den ersten Blick aus wie eine Voll-Mahagony (die alten 17er Modelle waren das auch). Durch die Fichtendecke hebt sie sich aber klanglich deutlich von der ansonsten recht ähnlichen 15er (000-15SM) ab. Sie gewinnt mehr Biss, Substanz und Charakter. Wirklich eine tolle Gitarre mit einem eher mittenbetonten aber unglaublich reizvollem Ton. Wenn ich nicht schon so viele Mahagony-Gitarren hätte, könnte ich da echt schwach werden …

Zu guter Letzt musste ich dann natürlich auch noch die neue vollmassive Sigma SOMR-28MLE NT (was für ein Name ...) gegenchecken. Mit Adirondack-Decke und Madagascar Palisander natürlich ein echter Leckerbissen für 1245 EUR, dazu prima verarbeitet und super bespielbar. Ich würde mal sagen, das Geld ist sie wert, es ist eine gute Gitarre, aber man darf nicht erwarten, dass sie einer 3000 EUR Martin das Wasser reichen kann. Dazu klingt sie zu unausgewogen und der „Martin-Ton“ ist zwar ansatzweise da, aber eher in einer Art „light“-Variante. Deutlich besser als die wesentlich günstigeren teilmassiven Sigmas ist sie aber schon. Vielleicht kann man da auch mal Glück haben und ein außergewöhnlich gutes Exemplar erwischen, mit dem man sehr glücklich werden könnte.

So, das war‘s. Wie gut, dass ich keinen Platz mehr für neue Gitarren habe, und auch keinen akuten GAS-Anfall bekommen habe (ich mache solche "Tests" auch ohne GAS, einfach weil's mir Spass macht), sonst hätte ich am liebsten die 000-28VS mit nach Hause genommen. 8)

Ach ja, und das Fazit: kaufe NIE eine Martin, die Du nicht selbst ausgiebig getestet hast. Die Serienstreuung ist gewaltig.

viele Grüße
Jack
Viele Grüße,
Jack

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Rainer H
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Beitrag von Rainer H »

Jeder hört natürlich anders, bei Martin, habe ich leider überhaupt nichts gefunden, was mich auch nur ansatzweise berührt hat. Es gab da eine Stefens, und eine Stoll die ich ganz gut fand, für mich der Hammer war
aber die kleine Tschechische Firma Halabica Guitars .
http://www.halabicaguitars.com/en/
So viel Druck und Klangtiefe, habe ich noch selten erlebt. ein echter
Geheimtipp.
Gruß Rainer

PS: besonders dieses Modell

http://www.halabicaguitars.com/en/guita ... y-q-detail

und hier noch eine kleines Video

http://www.youtube.com/watch?v=8TPQvB94hvk
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LaFaro
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Beitrag von LaFaro »

??? wo ist "da"??? :P
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Beitrag von LaFaro »

??? wo ist "da"??? :P
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Rainer H
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Beitrag von Rainer H »

MMF :wink:
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Newbie
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Beitrag von Newbie »

HochInteressant! Und da sieht man mal wieder wie verschieden die Geschmäcker und groß die "Streuung" ist, die natürlich auch von Stil und dem Können beeinflusst ist. Ich betrachte mich als, naja, fortgeschrittenen Anfänger, und mit meinem bluesigen Gezupfe und Gestrumme liegt die OMJM ganz oben auf meiner Wunschliste. Das liegt zum einen an der Optik, und dem Klang der Engelmanndecke. Meine Theorie ist, da dies wohl die weichste Fichtensorte ist, klingt sie schon wie eine gut gereifte Gitarre, deren Decken mit häufigen Spiel über die Jahre auch weicher werden. ...oder verzapf ich jetzt wieder mal Unfug? :oops: Bin schon ernsthaft am Überlegen meine OM21 quasi für ein Upgrade zu opfern..., allerdings lässt mich die Sattelbreite zögern, und eine 00028ec hat ich auch noch nicht in der Hand. Naja, kommt Zeit kommt Rat. Ich betrachte das Wechseln von Instrumenten nicht als rastloses Suchen, sondern als spannendes Abenteuer auf dem Weg zu einem besseren Gitarristen.

Auf jeden Fall vielen Dank für den Bericht.
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LaFaro
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Beitrag von LaFaro »

....meiine Theorie ist, da dies wohl die weichste Fichtensorte ist, klingt sie schon wie eine gut gereifte Gitarre, deren Decken mit häufigen Spiel über die Jahre auch weicher werden.
sagen wir so... es widerspricht zumindest der Theorie einiger Geigen- und Kontrabassbauer, die die Entwicklung des Klangs eher mit einer Art "Auskristallieren" der Harze in der Fichtendecke und dem Einschwingen selbiger in Verbindung bringen.. dabei werden die Decken bis zu einem Drittel leichter und steifer.."etwas verkürzt" formuliert..:wink:
aber ich habe es nicht nachgemessen... 8)
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Rainer H
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Beitrag von Rainer H »

LaFaro hat geschrieben:sagen wir so... es widerspricht zumindest der Theorie einiger Geigen- und Kontrabassbauer, die die Entwicklung des Klangs eher mit einer Art "Auskristallieren" der Harze in der Fichtendecke und dem Einschwingen selbiger in Verbindung bringen.. "etwas verkürzt" formuliert..:wink:
Ich habe gestern bei meiner bastel- FG 375s ein bisschen Scallopet
in diesem Bereich , nach dem ich mich sehr lange mit einem Instrumentenbauer unterhalten habe.

Bild

Danach alles, die komplette Decke innen, mit 240er Schleifpapier geglättet
Das Ergebnis war echt der Hammer , Daher bin ich der Meinung, das die Herstellung und die Verarbeitung , fast mehr mit dem Klang zu tun hat als die verwendeten Holzsorten, solange es gutes Klangholz ist.
Gruß Rainer
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Halabica

Beitrag von funpicker »

Hallo Rainer,

in welcher Preisklasse liegen denn die Halabica und wo kann man sie anspielen?
HAST du tatsächlich die FG zum Probieren zerlegt?

Hallo Jack,

interessanter Bericht.


Viele Grüße funpicker
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Rainer H
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Beitrag von Rainer H »

Natürlich nicht!! Das ist nur eine Schema Zeichnung.
schön durchs Schalloch, klassisch mit dem scharfen Löffel, danach verputzen mit Schleifpapier .

Die Halabicas liegen nach aussage auf der Messe zwischen 3500 Euro und
8000 Euro was ich aber sehr selbstbewusst empfand, aber Sie waren wirklich Herausragend. wo man Sie anspielen kann?? keine Ahnung. :roll:

Gruß Rainer
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Beitrag von Gitarrenmacher »

LaFaro hat geschrieben:dabei werden die Decken bis zu einem Drittel leichter und steifer.."etwas verkürzt" formuliert..:wink:
HÄÄÄÄ?
Ich habe gerade mehrere Decken gemacht. Die wiegen mit Beleistung vor dem Abstimmen so um die 300gr. Nach dem bearbeiten der Leisten etwa 10-15 Gramm weniger.
Ich kann mir nicht vorstellen, wodurch das Holz ohne Spanabnahme weitere 80-100Gramm verlieren sollte.
Bier ist der Beweis, dass Gott uns liebt und will, dass wir glücklich sind.
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LaFaro
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Beitrag von LaFaro »

das hat mir mal ein Kontrabassbauer gesagt.... :P aber ich habe es nicht nachgemessen...vielleicht ist es auch nur ein Viertel :wink:
ansonsten.. muss man einfach mal eine Decke nach 5-10 Jahren Gebrauch nachwiegen.. 8)
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Beitrag von Gitarrenmacher »

LaFaro hat geschrieben: ansonsten.. muss man einfach mal eine Decke nach 5-10 Jahren Gebrauch nachwiegen.. 8)
Soll ich die absägen, oder wie, oder was :lol:
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LaFaro
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Beitrag von LaFaro »

Ich bin sicher, Du findest eine kreative Lösung.... 8)
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string
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Beitrag von string »

Jack,
nach Jahrzehnte langem Spielen und entsprechender Erfahrung
macht man ja solche Test nur noch , um die Bestätigung zu bekommen,
dass man zu Hause bereits "seine" Besten stehen hat. :wink:
Gruß
Klaus
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"Das Wesentliche im Umgang miteinander ist nicht der Gleichklang,
sondern der Zusammenklang".
Ernst Ferstl
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