Vintage-Gitarren II

Alles über akustische Gitarren für Stahlsaiten

Moderator: RB

micha
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Beitrag von micha »

bluesballads hat geschrieben:Na ja, "nicht bearbeitet" ist für mich insofern etwas anderes, als dass ein Austausch der Bremsbeläge eher mit dem Wechseln der Mechaniken (besser: der Scheibchen in den Mechaniken) zu vergleichen ist, als mit einem Neckreset: das wäre ja beim Auto schon eher "die Karrosserie abtrennen, Trennnähte bearbeiten und wieder Anschweißen": da kann einiges daneben gehen - beim Neckreset, meine ich...
Das ist sicher nicht bei dieser Gitarre der Fall, aber für mich, der bereits einmal eine Gitarre gekauft hat, bei der der einzige Makel war, dass das Neckreset gemacht wurde (Saitenwinkel stimmte nicht mehr, 12. Bund lag auf dem Korpus, Mensur stimmte damit nicht mehr, sonst war alles statisch einwandfrei :cry: ), ist so etwas für mich eine bearbeitete Gitarre, wenn auch hoffentlich fachgerecht bearbeitet.
das Wechseln der Bremsbeläge (oder allgemein Arbeiten am Bremssystem) gehört zum "meisterpflichtigen Handwerk". Der fachliche Background für diese sicherheitsrelevanten Arbeiten muss nun doch etwas höher sein als ein Scheibchen bei Gitarrenmechaniken auszutauschen. Deshalb nannte ich ja als Beispiel dieses Bremsbelegewechseln und nicht das Austauschen von - sagen wir mal - eines Glühbirnchens im linken hinteren Blinker, was eher dem Gitarrenmechanikscheibchen entspricht.
Für einen guten Gitarrenbauer sollte ein Neckreset eigentlich problemlos zu machen sein und keine unüberwindbare fachliche Hürde darstellen. Aber man muss schon wissen, was man da tut (wie bei den Bremsbelägen...)
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jay-cy
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Beitrag von jay-cy »

Bei einem neck reset wird zumindest eine Verklebung gelöst, eion Bundstäbchen rausgenommen, evtl. ein Loch gebohrt, Material abgenommen, neu verleimt undundund, die Gitarre wird also definitiv bearbeitet...
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H-bone
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Beitrag von H-bone »

Es wird wohl kaum eine halbwegs spielbare alte Martin geben, die nicht in den ersten 10 - 30 Jahren einen Neck-Reset bekommen hätte. Nach dem ersten Neck-Reset ist aber meist endgültig Ruhe.

Es ist also zu vermuten, dass dieser (sicherlich erfolgte) Neck-Reset zwischen 1935 und 1955 erfolgt ist. Wie soll bitte ein heutiger Verkäufer/Besitzer derartig weit in die Annalen seiner Gitarre zurückblicken können ?

Ein gut gemachter Neck-Reset (und damals wurde das meist bei Martin selbst gemacht) ist von aussen nicht zu erkennen.

Oder wird heute erwartet, dass der Besitzer vor Verkauf erstmal das 13. Bundstäbchen rauspopelt um ja keine Vorkriegsreparatur zu verschweigen ?

Man kann auch übertreiben ! :wink:

Gruss, Martin
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jay-cy
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Beitrag von jay-cy »

Genau mein Punkt. Mich stört eben das generalisierte flapsige "nichts bearbeitet"... 1.) kann der Verkäufer das nicht wissen und 2.) ist eben garantiert was bearbeitet. Sei's drum...
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Gitarrenmacher
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Beitrag von Gitarrenmacher »

H-bone hat geschrieben:Es wird wohl kaum eine halbwegs spielbare alte Martin geben, die nicht in den ersten 10 - 30 Jahren einen Neck-Reset bekommen hätte. Nach dem ersten Neck-Reset ist aber meist endgültig Ruhe.
.............................

Oder wird heute erwartet, dass der Besitzer vor Verkauf erstmal das 13. Bundstäbchen rauspopelt um ja keine Vorkriegsreparatur zu verschweigen ?

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Andreas
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Beitrag von Andreas »

jay-cy hat geschrieben:Genau mein Punkt. Mich stört eben das generalisierte flapsige "nichts bearbeitet"... 1.) kann der Verkäufer das nicht wissen und 2.) ist eben garantiert was bearbeitet. Sei's drum...
Was soll er schreiben: 'Wahrscheinlich nicht bearbeitet?'

Und wieso muss garantiert was dran bearbeitet sein?
Nur weil Martin schreibt: Es wird wohl kaum…?

Versteh' ich nicht.
Bei 1959Patton würde ich immer wieder kaufen.

Glück Auf

A
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bluesballads
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Beitrag von bluesballads »

Wer nicht weiß, ob seine Gitarre bearbeitet wurde, der sollte auch nicht schreiben, dass sie nicht bearbeitet wurde, darum geht es doch nur.

Aber ich denke, der Verkäufer meint etwas anderes: er selbst hat daran nichts weiter verändert (eben Buchsenlöcher gebohrt für Pickups etc.).

Wer Interesse an der Gitarre hat, wird wohl eh genauer nachfragen bzw. sie antesten. Bilddateien (und entsprechende Produktbeschreibungen) sind geduldig.
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Newbie
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Beitrag von Newbie »

ich kann alle Standpunkte nachvollziehen, und naja nen Neck-Reset scheint ja, wenn er ordentlich gemacht ist, sowas wie ne Wartung zu sein.

Mal was anderes, kennt ihr jemand, der nen Gutachten für ne Martin aus dieser Zeit machen kann? Der Rudi hat doch irgendnen Experten, bild ich mir ein auf tfoa gelesen zu haben. Gibts sowas mit Zertifizierung, die dem Gutachter seine Sachkenntis bescheinigt, und was kostet sowas?

(bei mir läuft grad http://www.livefromdarylshouse.com im Hintergrund, was für die Wintermonate, kann ich wärmstens empfehlen, lauter Ausnahmemusiker hautnah, mal reinklicken)
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Gitarrenmacher
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Beitrag von Gitarrenmacher »

Gitarrenmacher hat geschrieben: Bevor ich mir so ein Ding ans Bein bände, würde ich mindestens die Bilder zu George Gruhn schicken und mir für 50,- Dollar ein Onlinegutachten machen lassen.
http://www.gruhn.com/appraise.html

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tbrenner
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Vintage - Martins

Beitrag von tbrenner »

Dieser Shop hier war beim Walnut-Valley-Festival letzte Woche in Winfield, Kansas mit einem ganzen Rudel von Vorkriegs-Martins vertreten: http://massstreetmusic.com/store/show_p ... ic-Guitars

Kosteten alle so schlankerhand jeweils 18 k;
der Chef von denen war sehr freundlich und gesprächsbereit und arbeitet wohl engstens mit "Blazer + Henkes", Tübingen zusammen.

Ein paar Fotos von den alten Damen (Jahrgänge 1937- 1941) habe ich gemacht + würde sie ggf. mal im Rahmen meines threads "USA-Trip" einstreuen. Im Übrigen scheint das dort ausschließlich die sehr solvente Sammlerszene zu interessieren. Die Cracks bei den Flatpicking - und Fingerstyle-Contests spielten nach meiner Wahrnehmung fast ausschließlich neueres Gerät der letzten Jahre. Bei den Flatpickern dominierten Dreadnaughts von Martin ( oh Wunder... :roll: ), sowie "Edel-Martin-Kopien" von Gallagher, Huss&Dalton, Bourgeois u.ä.

Bei den Fingerstylern recht viele Taylors und Larrivee´s, sowie andere US- Kleinmanufakteure wie z.B. die Ryan-Steelstring , die mein Freund Eric beim contest spielte.

Fazit: altes Gerät für Vitrine oder für´s Spekulieren; neue hochwertige Instrumente, um damit live zu spielen.

Noch ein abschließender kleiner persönlicher Eindruck: im Gitarrenshop in Evanston bei Chicago gab es eine 60-er Jahre D-28 für 5.800 $ angeboten und dann noch eine 80-er Jahre D-28 für 1100 $. Beim Blindtest hätte ich die Letztere jederzeit vorgezogen....

Grüssle,

tbrenner :wink:
http://www.souled-out-band.com" onclick="window.open(this.href);return false;
TM

Beitrag von TM »

Ein sehr schönes Statement zum Thema Vintage gibt es von Walter Kraushaar. Das deckt sich voll und ganz mit meiner Auffassung. Wer zudem seinen Informationsstand abrunden möchte, kann das hier zum Thema Materialien tun und wer sein bisheriges, auf Internet-Halbwissen beruhendes Weltbild durchquirlen möchte, findet hier das Wichtigste über "Ton"hölzer.

Zitat: "Preise entstehen durch Angebot und Nachfrage. So lange Musiker ihr schwer erarbeitetes Geld zu oftmals dubiosen Kaufleuten tragen, um eine Jahreszahl zu erstehen, werden die Preise dieser Sammlerobjekte wohl weiter steigen. Auf diesem Hintergrund macht die Anschaffung eines vintage Instruments auch wirklich Sinn: Als Kapitalanlage - wenn es denn wirklich eine ist. Realistischen Schätzungen zufolge sind 60 - 70% der angebotenen alten Instrumente nämlich Fälschungen. Ich sähe es natürlich lieber, der Musiker würde sich für das gleiche Geld ein Instrument nach seinen Wünschen von mir oder einem meiner Berufskollegen bauen lassen. Ohne garantierte Wertsteigerung, aber garantiert customized und garantiert echt."

Gruß, TM
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