Gitarren "Made in China" Bekennerthread

Alles über akustische Gitarren für Stahlsaiten

Moderator: RB

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berndwe
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Beitrag von berndwe »

Pappenheim hat geschrieben:Schämts Euch alle miteinander, sonst immer so politisch korrekt, dass es fast schon weh tut, aber bei Gitarren aus China; die man aus ökologischer und auch ökonomischer Sicht eigentlich verbieten sollte - ists dann wieder vorbei damit.
Ich habe seit einigen Jahren beruflich relativ viel mit Produkten aus asiatischer Billiglohn-Fertigung zu tun, insbesondere auch aus China. Meine frühere Firma hatte ein Werk in China, meine jetzige Firma hat einige Konkurrenten dort.

Ich für mich habe damit aufgehört die Konkurrenz mit dem Verweis auf unmenschliche Arbeitsbedingungen abzutun, denn damit würde ich es mir in fahrlässiger Weise leicht machen. Es gibt in der chinesischen Wirtschaft stellenweise - vielleicht auch verbreitet - fragwürdige Arbeitsbedingungen. Es gibt aber immer mehr Produkte aus der chinesischen Industrie, die abgesehen vom Preis hinsichtlich Technik und Qualität absolut konkurrenzfähig sind. Diese Produkte kommen nicht aus Fabriken wo Kinder und Zwangsarbeiter ausgebeutet werden sondern von dort wo es inzwischen ein gut ausgebildetes Management gibt wo eine hoch entwickelte Qualitätssicherung betrieben wird und wo die Arbeiter (für asiatische Verhältnisse) vergleichsweise gut bezahlt werden. Anders - da bin ich mir relativ sicher - kann man gute Produkte überhaupt nicht herstellen.

Der Anteil dieser vergleichsweise "ordentlichen" Industrie in China wird nach meinem Eindruck stetig größer zu Lasten der Firmen die auf niedrigstem Standard in Massen Ramschwaren produzieren. Das ist deshalb so, weil diese besser entwickelte Industrie ihre guten Produkte exportieren kann und die Leute überall in der Welt diese Produkte auch kaufen.

Mit der Produktion von Musikinstrumenten kenne ich mich nicht aus aber ich habe den Verdacht, dass die vergleichsweise guten Gitarren aus China nicht aus Fabriken stammen wo Kinder und Strafgefangene zu Zwangsarbeit erpresst werden.

Abgesehen von den Arbeitsbedingungen kann man zu Recht entgegenhalten, dass China eine Diktatur ist, was man nicht durch Kauf dort hergestellter Produkte unterstützen sollte. Hier muss ich zugeben dass ich als Jugendlicher auch eine Spiegelreflexkamera aus der DDR hatte. Die war für ihr Geld sehr gut und mir war es beim Kauf - vielleicht zu Unrecht - egal ob die DDR eine Diktatur ist. Heute habe ich Kollegen, die diese Kameras zu Zeiten der DDR gebaut haben. Die haben zwar in einer Diktatur gelebt aber waren stolz darauf dass ihre Kameras auch "drüben" beliebt sind. Die hätten nicht verstanden, wenn ich Ihnen damals diesen Fotoapparat aus Gründen politischer Korrektheit nicht abgekauft hätte.

Das ist jetzt eine lange Antwort geworden. Ich hatte keine Zeit mich kurz zu fassen ;-)
Tripple xXx
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Beitrag von Tripple xXx »

Ich hab keine Ahnung woher meine beiden Gitarren kommen, mir ist es auch sowas von...Das wichtigste is das sie sich gut bespielen lassen,und gut anhören alles andere ist mir wayne.
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Pappenheim
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Beitrag von Pappenheim »

hbslowhand hat geschrieben:Sich auf die Brust zu klopfen weil man keine Gitarren aus China. Korea oder Vietnam kauft ist eine ziemlich billige Beruhigung des eigenen Gewissens.
Von mir aus billig. Aber es wirkt.

berndwe hat geschrieben:Abgesehen von den Arbeitsbedingungen kann man zu Recht entgegenhalten, dass China eine Diktatur ist, was man nicht durch Kauf dort hergestellter Produkte unterstützen sollte.
Danke. In der Aufregung habe ich eines der wichtigsten Argumente glatt vergessen.
chevere hat geschrieben:Mensch Pappe, ich wollte nur mal sehen, wer heute keinen Mittagsschlaf macht. Also wirklich...
Du, produzier misch net. Isch weiß, wo dein Haus wohnt. :)

Chevere, Du :P :evil: :twisted: :idea: :idea: :bl: :| :bop: :violin:

Diese Verarsche kostet Dich beim Forumstreffen mindestens 10 Bier. 8) 8)
chevere

Beitrag von chevere »

Die trinken wir sdann doch lieber aus Deiner Kiste "Gösser", sonst bist Du nachher noch betrunken vom guten dt. Starkbier... :wink:
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bookwood
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Beitrag von bookwood »

Ah, ein Asia-Bekenner-Faden. Na, dann will ich doch mal, trotz des Risikos, dass mir
Pappe seine ideologische Keule auf die 12 haut… :mrgreen:

Und für den Starter chevere endlich was mit Bildern!

Hoyer Chicago

Eine Archtop mit deutschem Traditionsnamen, der aber mit der alten Manufaktur
nichts mehr zu tun hat. War ein Spontankauf, gegen den ich mich bei diesem Preis-
Leistungsverhältnis nicht wehren konnte. Knapp unter 400 €, traumhafte Bespielbarkeit,
ordentliche Verarbeitung. Mein Gerät für 12er Flatwounds. Die billigen Mechaniken
habe ich gegen Klusons gewechselt und weil ich zufällig günstig an ein Pärchen
Gibson 57 Classic-Pickups kam, hab ich ihr die auch spendiert, obwohl das die
Klangeigenschaften nicht dramatisch verbessert hat. Wirklich gelohnt hat sich
dagegen der Austausch der Brücke gegen eine Duesenberg Tunamatic Bridge
ohne nervende Rappelfeder. Hauptnachteil dieser Gitarre ist der unangenehme
Chemieduft aus dem Korpusinneren.

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Epiphone DOT Studio

Auch ein Spontankauf. Die ES-Kopie hat keine 200 € gekostet, ist von der Bespielbarkeit
wie vom Klang her topp. Da bin ich mit sowatt völlig einig. Außerdem lässt es mich über
kleine Schwächen im Finish und über die gewöhnungsbedürftige worn-cherry-Optik hinwegsehen.

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Gitane D-500

Ein wunderbar verarbeitetes Maccaferri-Modell mit gesperrtem, schön gemasertem
Palisander-Korpus, der fast wie Zebrano wirkt. Optisch und auch klanglich überzeugend,
obwohl man diesen Gipsy-Jazz-Kopien nachsagt, dass sie für die eher lieblichen Klang-
vorstellungen des amerikanischen Marktes produziert werden. Habe diese Gitarre
einem Forumskollegen abgekauft und danach die bescheidenen Mechaniken (daran
sparen sie fast immer alle!) gegen viel bessere Schallers getauscht. Das Ebenholz-
Griffbrett hat am Obersattel stattliche 48 mm. Dafür ist die Mensur mit 64,2 cm für
diese Art Gitarren relativ kurz.

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Johnson JO-42

Noch ein Spontankauf. Für schlappe 300 € eine fast sensationelle Verarbeitungsqualität
und Ausstattung. Sehr komfortabel bespielbarer Hals mit knapp 45 mm, 63,5er Mensur.
Scheint klanglich ein wenig limitiert zu sein, was aber auch an den etwas belegten
Eigenheiten der Saiten liegen mag, die ich regelmäßig darauf spiele (John Pearse 510L).
Trotzdem ist sie, genau wie die Gitane, für mich ein Beispiel, dass es nicht immer vollmassiv
sein muss. Für die Preisklasse sehr ordentliche Grover Sta-Tite-Mechaniken.

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Blueridge BR-371

Bei Beyer’s Music hatte ich mir zunächst eine BR-361 ausgesucht, der ich nach
ausgiebigem Test den Vorzug vor einer beeindruckend warm und voluminös tönenden
kleinen Furch gegeben hatte. Der etwas schlankere und bluesigere Klang der Blueridge
war mir für solch eine Kleine dann doch lieber. Außerdem war die Furch so leicht
gebaut, dass ihre Kopflastigkeit mich etwas gestört hat.

Erst nachträglich habe ich gemerkt, dass die BR-361 je nach Spielweise in hohen Lagen
am Hals-Korpus-Übergang seltsame Störgeräusche produzierte. Sie hatte eine
problematische Halskrümmung und nach Beratung mit meinem Gitarrenbauer habe ich
sie gegen die BR-371 umgetauscht. Die aufwendigen Verzierungen waren zwar nicht so
mein Ding, aber inzwischen mag ich es doch ganz gern. Die Verarbeitung ist gut, wenn
auch nicht perfekt. Wie einige andere meiner Gitarren, wird auch dieses Instrument
noch bei Thorsten Lietz optimiert werden (Bundkanten, Sattelkerben, Saitenlage).
Dabei ist ein Austausch der Mechaniken zwingend. Die Originalteile sehen ganz gut
aus, sind aber funktional unterirdisch schlecht. Bei fast 1000 € ist das Preis-Leistungs-
verhältnis der BR-371 trotz der vollmassiven Ausführung nicht ganz so toll, wie bei
meinen anderen Chinesinnen.

Grundsätzlich haben mich die klanglichen Fähigkeiten der BR-Serie echt überrascht.
Ich hab meine nun noch nicht so lang und bin mal gespannt, wie sie sich entwickelt und
mit unterschiedlichen Saiten verhält. Sie hat eine angenehm kurze 63er Mensur und
einen schön breiten Hals mit 47,6 mm. Bei der Akustik-Gitarre gibt es ein Video-Review
von Peter Finger
.

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Von den hier erwähnten Akustikgitarren habe ich vor und teils nach dem Kauf etliche
andere Exemplare getestet. Dabei hat sich (wie so oft) meine Erfahrung bestätigt, dass
es innerhalb von Instrumenten-Großserien manchmal deutliche Qualitätsschwankungen
gibt. Und das unabhängig vom Produktionsland! So gesehen, haben gerade die
Spontankäufe ihren guten Grund gehabt. G.A.S. for ever… 8)
Gruß
von
Ralf
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Fidelio
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Beitrag von Fidelio »

ßß
Zuletzt geändert von Fidelio am Mi Feb 08, 2012 9:31 pm, insgesamt 1-mal geändert.
chevere

Beitrag von chevere »

Ja so eine Blueridge 160A und 180 A (obwohl ein bißchen viel Abalone) sind bestimmt ganz gut.
Auch so eine Eastman aus der 10er oder besser 20er reihe wäre ggf. etwas:
Kennt die jemand?

http://www.pro-arte-acoustics.de/wester ... -160a.html
http://www.youtube.com/watch?v=x2l0GKSh ... re=related
http://www.youtube.com/watch?v=GOIHEvY0RqA
http://www.youtube.com/results?search_q ... 2l62l1l1l0

Guter Vergleich im Guitar Player mit der u.a. 180 A und der
Eastman E 10 D:

Hier der "Mitmachteil" :
Welcher dieser getesteten Dreads würdet Ihr nehmen, wenn ihr sie auch bezahlen müßtet?


http://www.youtube.com/watch?v=hgOC-hSz ... re=related
http://www.youtube.com/watch?v=7mhZD7bp ... re=related
http://www.youtube.com/watch?v=s4MkcU-4 ... re=related
http://www.youtube.com/watch?v=XghWT6l7 ... re=related
http://www.youtube.com/watch?v=7mhZD7bp ... re=related
Zuletzt geändert von chevere am Sa Jan 07, 2012 9:05 pm, insgesamt 1-mal geändert.
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Fidelio
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Beitrag von Fidelio »

###
Zuletzt geändert von Fidelio am Mi Feb 08, 2012 9:32 pm, insgesamt 1-mal geändert.
Karl-HeinzG
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Beitrag von Karl-HeinzG »

Als ich vor über 30 Jahren mit dem Gitarre-spielen angefangen habe, wäre ich froh gewesen, wenn es die China-Teile zu diesem Preis schon gegeben hätte. Das was damals im günstigen Segment (als Schüler hatte ich absolut keine Kohle) unterwegs war, war deutlich schlechter als die heute verfügbaren Gitarren aus Fernost. Aber auch damals war ich schon ein Martin-Fan, nur leisten konnte ich mir so eine definitiv nicht.

Heute sieht es anders aus. Ich habe 5 Martins und eine Chinesin kommt mir nicht mehr ins Haus. Dafür ist das Leben zu kurz. Das soll jetzt keine snob-Aussage sein. Die Chinesen bauen wirklich tolle Gitarren. Aber für mich ist der Klang irgendwie leblos. Und ich habe schon einige probiert. Blueridge, Tanglewood, Eastman, Recording King, Vintage etc. Sie alle konnten meine Soundvorstellung nicht treffen. Immer wieder erwische ich mich, dass ich mal eine probiere. Mal eine günstige für den Herren-Hütten-Ausflug..... Wenn ich mich dann allerdings frage, ob mir der Klang wirklich gefällt (vorhin hat jemand treffen geschrieben "für den Preis wirklich gut"), dann stelle ich sie wieder hin.

Aber das ist nur mein Empfinden, ein anderer wird das sicherlich ganz anders beurteilen.
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Orange
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Beitrag von Orange »

Ich finde auch interessant das die ganzen Fernost-Klampfen immer so "westliche" Namen haben ?
Gast

Beitrag von Gast »

Kaindee hat geschrieben:Ich finde auch interessant das die ganzen Fernost-Klampfen immer so "westliche" Namen haben ?


hallo,

nicht nur die klampfen.
die menschen dort mit kontakten zum westen geben sich in der regel ebenfalls westliche (englische), vorwiegend kurze vornahmen.

tr
chevere

Beitrag von chevere »

Und auch die dt, Gitarrebauer geben sich englische Namen.
Egal, Hauptsache die Gitarren klingen.
Welche von den 5 Dreads aus den Guitar Player Vergleich (s.o.) findet ihr klanglich am besten (1-5)?
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antaisce
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Beitrag von antaisce »

Hat eigentlich schon jemand das Thema Holzhandel erwähnt? Ich könnte mir vorstellen, das chinesische Produktionslinien absolut egal ist, woher denn unser geliebtes Tonholz bezogen wird. Damit möchte ich die europäischen und amerikanischen Firmen nicht per se in Schutz nehmen, aber zumindest gibt es hier Bestrebungen, nachhaltig (man mag dieses inflationär gebrauchte Wort ja kaum noch aussprechen) produziertes Holz zu verwenden . Den Gibson - Spott könnt Ihr Euch jetzt sparen :wink:
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RB
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Beitrag von RB »

Wieso in aller Welt dreht jemand einen Spielfilm über die Herstellung von Gibson Gitarren ?

Was die übliche China-Diskussion betrifft: es ist immer hübsch, von blutgetränkten Kindersklaven zu lesen, der Diktatur und alledem. Nur kann die vermeintlich saubere Position doch angesichts der inzwischen eingetretenen wirtschaftlichen Verflechtung überhaupt nicht durchgehalten werden. Der Westen und die PacRim-Volkswirtschaften sind voneinander abhängig. Nur ein ökonomisch Blinder sieht das nicht.

Die Frage nach dem Sinn alternativen, also boykottierenden Verhaltens stellt sich: ist das eine sinnvolle Alternative ? Werden die Menschen dadurch freier, gibt es mehr Gerechtigkeit oder Ökologie, wenn ich den Boykott versuche ? Sicher nicht, als die einzige Chance zu einer Verbesserung in all diesen Aspekten erweist sich der wirtschaftliche Erfolg.

Schließlich: kann man einen China-Boykott überhaupt durchführen? In einer Höhle auf neolithischem Niveau vielleicht. Das wirft die Frage nach des Pappenheimers Wohn-Umfeld auf.
Zuletzt geändert von RB am So Jan 08, 2012 12:05 am, insgesamt 1-mal geändert.
rwe
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Beitrag von rwe »

chevere hat geschrieben:Und auch die dt, Gitarrebauer geben sich englische Namen.
Egal, Hauptsache die Gitarren klingen.
Welche von den 5 Dreads aus den Guitar Player Vergleich (s.o.) findet ihr klanglich am besten (1-5)?
Hmm, ich komme nur auf 4 verschiedene, die Boucher konnte ich dann aber noch über einen anderen Link ziehen (http://www.youtube.com/watch?v=YQUXk8oV ... re=related).

Ich habe das nur über den Laptop-Lautsprecher abgehört, aber die Tendenz ist klar: SC knapp vor Martin/Eastman (dies möchte ich am PC nicht entscheiden, auch nicht die "Führung" der SC) - Boucher - mit Abstand Blueridge.

Nachtrag: Mit Rücksicht auf den Preis würde ich wahrscheinlich Martin und Eastman in die engere Wahl ziehen. Oder mir die Mahagoni-Version der Boucher anhören.
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