saubere Intonation ohne Kompensation?

Alles über akustische Gitarren für Stahlsaiten

Moderator: RB

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Tonsen
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saubere Intonation ohne Kompensation?

Beitrag von Tonsen »

Da ich schon seit einer Weile mit der Intonation auf meiner Larrivee unzufrieden bin, habe ich sie ins örtliche Musikfachgeschäft gebracht. Der Mitarbeiter vor Ort erklärte mir, sondern dass der Radius am Sattel nicht mit dem der Stegeinlage übereinstimmte. Daraufhin überlies ich ihm die Gitarre und nachdem er die Einstellarbeiten vorgenommen hatte nahm ich tatsächlich eine Verbesserung der Intonation - und außerdem der Bespielbarkeit wahr. Und war erstmal zufrieden. Jetzt nachdem ich die Saiten runtergespielt habe merke ich aber, dass die Intonation der H-Saite weiterhin problematisch ist. Wenn ich nach Stimmgerät stimme, klingen die gegriffenen Töne verstimmt zu den restlichen Saiten. Direkt nachdem ich die Gitarre wiederhatte, kam es mir nicht so "schlimm" vor, aber ich habe es auch nicht explizit getestet... Kann es überhaupt sein, dass eine Steelstring ohne kompensierte Stegeinlage sauber intoniert?
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Geli
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Re: saubere Intonation ohne Kompensation?

Beitrag von Geli »

Tonsen hat geschrieben:Kann es überhaupt sein, dass eine Steelstring ohne kompensierte Stegeinlage sauber intoniert?
Nein, das ist physikalisch nicht möglich. Es sei denn die Kompensation findet über den Sattel oder mit anderen Modifikationen statt.

Es übrigens einige sehr ausgefuchste Methoden zu kompensieren.

Diese hier zum Beispiel

Gruß
Geli


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mbern
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Beitrag von mbern »

Ich glaube, dass die Larrivee eine kompensierte Stegeinlage hat. Zwar keine geteilte und keine mit B-Saiten Sonderbehandlung, aber sie steht nicht parallel zum Sattel. Die schwingende Länge ist nicht bei allen Saiten gleich.

Allerdings täuscht man sich, wenn man davon ausgeht, dass eine kompensierte Gitarre immer sauber klingt. Du hast vielleicht einfach ein zu gutes Gehör und wirst dich immer ein wenig ärgern. Da kann man nichts machen, wer zu gut hört und Gitarre spielen will, muss mit einem etwas schmutzigen Klang leben. Stimme die Gitarre erst mit dem Stimmgerät und dann nach der Flageolet Methode.
Bei gutem Gehör lohnt es sich auch, vor dem Stück zu testen, wie stark du einzelne Saiten drücken musst, um den richtigen Ton zu bekommen. Sehr schön kann man das mit dem Akkord C-Dur testen.
Die zweite und fünfte Saite erklingen beide als C. Nun verändere den Druck deines Ringfingers mal und zupfe beide Saiten dabei gleichzeitig an.
Es gibt nur einen Anpressdruck, der passt.

Beim C-Dur Akkord nervt eine leichte Verstimmung auch besonders, wenn man die erste und die fünfte vergleicht. Da muss man auf das Stimmgerät pfeiffen und ein wenig korrigieren.
Gitarren sind schmutzig und schön zugleich - irgendwie dem wahren Leben viel näher als ein nicht bundiertes Saiteninstrument.
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Tonsen
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Beitrag von Tonsen »

Eine Gitarre mit dem True Temperament Fretting System kann ich mir gerade nicht leisten. Außerdem Wird das System bei Akustikgitarren bisher nur von Michael Sanden verwendet soweit ich weiß. Und eine Akustikgitarre umrüsten ist auch ziemlich kostenintensiv. Selbiges dürfte für die von dir, Geli, empfohlene Variante gelten ;-)

Es stimmt übrigens, dass die Larrivee eine kompensierte Stegeinlage hat - sie steht leicht schräg. Allerdings gibt es keine separate Kompensation für einzelne Saiten. Gerade im Fall der H-Saite sehe ich das sonst an so ziemlich jeder Steelstring, die mir unter die Augen kommt. Der Gitarrenfachmann aus dem Geschäft meinte aber, das wäre früher nie so gewesen und deswegen auch nicht notwendig ;-) Ich weiß ja auch, dass man für bestimmte Stücke dann einfach etwas umstimmen muss, damit die Intonation der jeweiligen Lage angepasst ist. Allerdings spiele ich auch viel in Open Tunings und da funktioniert das nicht mehr so recht. Ich hätte es nur einfach gerne so optimal wie möglich....

Ich habe mir schon bevor ich ihm die Gitarre zur Durchsicht brachte einen Rohling für die Stegeinlage gekauft und überlege jetzt, ob ich eine zusätzlich Kompensierte Stegeinlage daraus anfertige. Auch wenn ich noch nicht so recht weiß wie ich das anstelle. RB hat ja selbiges bei seiner Larrivee getan, allerdings ist die Variante mit dem "Balkon" für die H-Saite für mich nicht realisierbar. Müsste doch aber auch so funktionieren oder? Die kompensierten Stegeinlagen die ich so kenne kommen jedenfalls alle ohne "Balkon" aus...

Als nächstes werde ich erstmal neue Saiten aufziehen und einspielen, vielleicht relativiert sich der Effekt ja in ausreichendem Maße :-)
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jafko
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Beitrag von jafko »

mbern hat geschrieben: Gitarren sind schmutzig und schön zugleich - irgendwie dem wahren Leben viel näher als ein nicht bundiertes Saiteninstrument.
Das ist ein schöner Satz!

Oft hilft es auch, nicht die Leersaiten, sondern die gegriffenen Töne zu stimmen.
Wenn du es (annähernd) genau haben willst, stimme zunächst alle Grundtöne eines Stücks auf Oktavreinheit und dann alle Quinten dazu. Der Rest fällt nicht so sehr auf.
Wenn Grundton und Quinte im Verlauf des Stückes auf der gleichen Saite vorkommen, weil du übers ganze Griffbrett wanderst, sollte bei einer guten Gitarre die Intonation akzeptabel sein.
Wenn nicht, versuche den Fehler zu "vermitteln".
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Geli
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Beitrag von Geli »

Tonsen hat geschrieben:Eine Gitarre mit dem True Temperament Fretting System kann ich mir gerade nicht leisten. Außerdem Wird das System bei Akustikgitarren bisher nur von Michael Sanden verwendet soweit ich weiß. Und eine Akustikgitarre umrüsten ist auch ziemlich kostenintensiv. Selbiges dürfte für die von dir, Geli, empfohlene Variante gelten ;-)
Nee, das war keine Empfehlung, nur ein Hinweis darauf, was es alles so gibt.

Ich bin mit Musik von Riemen angetriebenen Plattenspielern und eirigen Tonbandgeräten aufgewachsen. Diese Hörgewohnheit hat dazu geführt, dass ich mehr wert auf Dynamik lege, als auf Intonation :lol:

Gruß
Geli


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RB
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Beitrag von RB »

Wenn die H-Saite nicht gesondert kompensiert ist, scheint die Stegeinlage nicht original zu sein. Ich kenne Larrivees als die am saubersten stimmenden Instrumente, insofern wundert mich das ganze ein wenig.

Das Stimmen mit dem Stimmgerät führt meist zu wenig befriedigenden Ergebnissen, daher nehme ich soetwas nur, wenn ich mit anderen zusammen spiele und nicht richtig auf die einzelnen Saiten hören kann. Die H-Saite lasse ich dabei immer einen Hauch tiefer, als die Anzeige, je nach Gotarre auch die beiden E-Saiten. Ohne das Einstimmen eines Kompromisses bekomme ich bei keiner Gitarre das Gefühl eines sauberen Klangs. Vielleicht solltest Du neben der Stegeinlage auch in diese Richtung schauen.
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Tonsen
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Beitrag von Tonsen »

Die Gitarre ist schon etwas älteres Semester - Anfang der 90er gebaut. Da war die Kompensation der H-Saite wohl noch nicht üblich. Die Stegeinlage ist auf jeden Fall original - damals noch Knochen, kein Tusq oder was da bei Larrivee heute verwendung findet.

Normalerweise stimme ich die Gitarre nach Gehör und passe die Stimmung dem spielerischen Kontext an. Die Probleme mit der H-Saite sind jedoch konstant und so habe ich eben die Hoffnung, dass ich da über die Stegeinlage noch was machen kann. Ich werde mich wenn die neuen Saiten eingespielt sind mal ans Feilen machen :)
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chrisb
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Beitrag von chrisb »

manchmal liegts einfach auch nur an der saite.
sie könnte an einem montag geboren worden sein.
chrisb
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JeSter
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Beitrag von JeSter »

Hallo, ich kling mich mal hier mit einer Frage ein:
Und zwar habe ich ja seit neuestem ne M32.
Mein Gitarrenlehrer hat die auch nochmal inspiziert und hals ist absolut gerade und klang ist phänomenal sagt er.

Allerdings habe ich irgendwie manchmal das Gefühl das etwas nicht stimmt.
Habe die Gitarre normal gestimmt Eadgbe, wenn ich dann aber ein C-Dur spiele oder Em oder sonst irgendwelche offenen akkorde, dann klingt da irgendwas falsch für mich, so nicht ganz rund und harmonisch. Im laden ist mir das nicht aufgefallen, jetzt erst wo ich neue Saiten draufzog (Elixir 11er PB). wenn ich fingerpicke dann klingt sie gut und nicht schräpig. ausser wenn ich C-dur greife und die A und b seite gleichzeitig spiele (also 2 mal c), das klingt auch irgendwie falsch. Irgendwas sträubt sich da in meinem Körper ;D Saiten sind nun seit 5 Tagen drauf. Hatte mich anfangs ganz wuschig gemacht und hab andauernd gedacht die Gitarre ist nur wieder verstimmt...

Habe diesen thread nur aus Neugierde gelesen und absolut keine Ahnung von Radius am Sattel, Intonation und Balkonstegeinlage etc :shock:
Allerdings klingt sein problem für mich so ähnlich wie meins?!
Vielleicht kann mir einer nen Link geben damit ich mich in die Materie einlesen kann, oder jmd erklart mir das?

Muss ich irgendwas ändern?! Kann ich irgendwas ändern das der für mich unharmonische (wirklich nur minimal, aber vorhanden) Ton verschwindet, oder liegt der Fehler bei mir, also meine, wenn die Gitarre richtig gestimmt ist, dann stimmt auch der C-dur und ich hör nur schlecht!?

Hoffe Ihr versteht mich ;-)
Duke GA-PF Cut
Alhambra 4P Zeder
Stromgitarre Höfner Stratocaster Nachbau von 1968

Wer anderen eine Bratwurst brät, hat ein Bratwurstbratgerät!
thirach
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Beitrag von thirach »

@JeSter
An deiner Stelle würde ich Herrn Rissmann einen Besuch abstatten, die Gitarre mitnehmen und ihn fragen, ob er die Anomalie ebenfalls hört (andernfalls wäre es wohl klassifizierbar als Einbildung) und wenn ja, woran er glaubt, dass es liegen könnte.

Grüße,
Matthias
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LaFaro
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Beitrag von LaFaro »

um es mal "kurz" zu machen.. es kommen verschiedene Aspekte zusammen...zum einen ist das Stimmen in einer temperierten Stimmung immer ein Kompromiss und Stimmgeräte, die nach der üblichen Stimmung kalibriert sind, reproduzieren diesen "Kompromiss". Bei manchen Akkorden fallen diese "pythagoreischen Kommata" mehr auf als bei anderen, wobei da wiederum mehrere Faktoren zusammen kommen. Dazu kommen noch Faktoren wie unterschiedliche Dehnung und Steifheit der verschiedenen Saiten, verschieden starkes Drücken der Finger, Anschlagsunterschiede... usw... eigentlich ist es ein Wunder, dass es überhaupt so gut funktioniert... 8)
zum einlesen sei wie öfter mal auf Wikipedia verwiesen, aber auch auf der Website von Walter Kraushaar findet sich eine kurze lesenswerte Beschreibung. Gut finde ich auch das in einem "Konkurrenzforum" verlinkte Video inklusive eines dort verlinkten pdf's über die mathematischen Grundlagen....
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Tonsen
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Beitrag von Tonsen »

Danke für den Videolink... ich glaube besser kann man das nicht erklären :-)

Nun stellt sich mir aber die Frage wie ich beim Anfertigen der Stegeinlage vorgehe... 12. Bund gegriffen mit Flagolet im 12. vergleichen und feilen bis es passt?
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bookwood
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Beitrag von bookwood »

LaFaro hat geschrieben:...Gut finde ich auch das in einem "Konkurrenzforum" verlinkte Video inklusive eines dort verlinkten pdf's über die mathematischen Grundlagen....
Freut mich, dass mein alter Post bei den Klassikern hier Interesse findet. 8) :)
Gruß
von
Ralf
fretworker
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Beitrag von fretworker »

Hi,
ohne Kompensation geht, streng genommen, gar nichts. Das ist physikalisch einfach nicht zu machen.

Ein paar Infos zu einer SEHR guten Alternative findest du hier:
http://www.gropius.de/wissen/intonation.html
im unteren Drittel der Seite.
Ausführlicher kannst du das das hier nachlesen:
http://www.gropius.de/wissen/sandvoss.html
(Vorsicht, viel Text, merkwürdiger Stil und keine Bilder :lol: )
Ein FABS ist eine sehr gute Möglichkeit, die intonatorischen Unzulänglichkeiten mit wenig Aufwand zu korrigieren. Außerdem kannst du jederzeit nachjustieren, wenn die Saiten durch zunehmenden Gebrauch nachlassen. Bei einem guten Instrument lohnt sich der Aufwand mMn immer. Ein Gitarrenbauer sollte nicht mehr als 150 Euro dafür verlangen, das finde ich fair.
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