Ich habe noch eine
Quelle ausgegraben, die meine These zu untermauern geeignet erscheint.
Dort werden weiter unten die folgenden Sattel-Abmessungen für Gitarren aus der Romantik angegeben (Auszug):
Lacote, franz. Schule: 4,5 - 4,7 cm
Stauffer, Wiener Schule: 4,4 - 5,0 cm
Panormo, ital. Schule: 4,5 cm
Was allerdings noch dort steht, "most Martin steelstring guitars: 5,1 cm" ist grober Unfug und entwertet die Quelle schon fast wieder. Ich gehe zugunsten der Quelle davon aus, daß sie sich mit der Romantik besser auskennt, als mit dem Hier und Jetzt.
Hier sieht man weiter unten die auf 1806 datierte Gennaro Fabricatore mit einer Sattelbreite von 4,2 cm angegeben, eine französische, die um 1820 datiert wird mit 4,6 cm, eine weitere französche, datiert um 1860 mit einer Sattelbreite von 4,6 cm, eine Lacote 1825 mit einer Sattelbreite von 4,6 cm, eine Panormo mit einer Sattelbreite von 4,8 cm, eine aus Frankreich - anonym - datiert auf ca. 1820 mit einer Sattelbreite von 4,7 cm, eine englische mit 4,6 cm, eine französische (Claude Humet), datiert auf 1820 mit 4,5 cm Sattelbreite, eine englische Goulding & Co mit 4,4 cm, eine spanische, anonym, datiert auf ca. 1840, Sattelbreite 4,5 cm, eine deutsche mit 4,8 cm (und doppelter Decke und Herringbone), eine Anonyme aus Frankreich, datiert auf ca. 1830 mit einer Sattelbreite von 4,4 cm, eine weitere Französin, anonym, datiert auf 1810 mit 4,3 cm (was dem modernen, schmalen Martin-Dreadnought Griffbrett entspricht, der liegt zwar um zwei zehntel schmaler, aber das kann man wohl getrost vernachlässigen).
Man kommt also bald zu der Erkenntnis, daß die Torres-Griffbretter mit bis zu 5,5 cm eher als "moderne Erfindung" zu bezeichnen sind, wogegen man vorher schmalere Griffbretter zu bauen pflegte, denn solche, die bei den vorgestellten romantischen Gitarren 5 cm überhaupt erreichen, scheinen die Ausnahme zu sein, wogegen sich der Mainstream damals zwischen 4,3 und 4,6 cm abgespielt zu haben schien - ganz so, wie heute noch im Stahlsaiten-Bereich.
Von daher erscheinen mir Erklärungsversuche, die auf ergonomische Gründe abstellen, als wenig überzeugend. An anderer Stelle hatte ich schon die Überzeugung vertreten, daß man mit etwas Gewöhnung auf allen üblichen Hälsen zurecht kommen müßte.