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Wer gewöhnt sich an wen oder was ?

Verfasst: Fr Feb 13, 2015 6:30 pm
von RB
Die letzten Abende habe ich eine Gitarre ergriffen, die schon sehr viel mitgemacht hat. Unter anderem ist ihr Rand vom Martin Wieland (Deerbridge) rundherum eingefräst worden, bis man durch die Lücken zwischen den kerfed linings in den Korpus hineinschauen konnte, anschließend wurde Herringbone angeklebt und das alles mit Saiten drauf, wobei ich mich zu erinnern glaube, daß wir vergessen hatten, die zu entspannen. Sie hat eine gewaltsame Vergrößerung des Schallochs mittels Erasco-Erbsensuppen-Dose und Sandpapier ebenso erduldet, wie meine unprofessionellen Lackierversuche mit Nitrolack. Sie hat schließlich das Frasen von Löchern in das Griffbrett mitgemacht, damit ich StewMac-Perlmutterstücke hineinkleben konnte. Schließlich hat ein Freund noch aus Versehen Rotwein über sie geschüttet, womit sie allerdings getauft ist.

Selbst eine Delle habe ich in ihre Leisten geschnitzt, ohne daß sie Anzeichen der Schwäche oder des Protestes gezeigt hat. Nicht ich muß leidensfähig für dieses Instrument, sondern das Instrument muß leidensfähig für mich sein.

Hier ein Bild:
Bild

Wie dem auch sei, der Grund für mein Schreiben heute ist folgendes:

Die nahm ich diese leidgeprüfte Wesen nun nach langer Zeit (bestimmt drei Monate) aus dem Koffer und dachte: Aha, dachte ich, haben meine Mißhandlungen, vor allem die Lackierung und das Schalloch doch den Klang verdorben. Sie klang irgendwie flach und spitz/schrill gleichzeitig. Aber nach dem gestrigen, dem zweiten Abend, sang sie wieder und summte wunderbar kräftig und laut, so wie ich mir das vorstelle.

Ich frage mich jetzt: Hat die Gitarre einen Tiefschlaf geführt und mußte durch einige Stunden Spielens wieder erweckt werden, oder habe ich mich unwillkürlich in meiner mikro-Justierung auf das Instrument eingestellt, um ihm dann erst mit Verzögerung durch Anpassung die amtlichen Klänge zu entlocken. Ein echtes Rätsel.

Verfasst: Fr Feb 13, 2015 6:38 pm
von Rainer H
Hauptsache Du hattest Spaß beim basteln, Und wenn deine Ohren jetzt wieder gerade gebogen sind ist alles OK Wenn die Decke auch noch aus HPL
wäre , könntest Du sie anstatt deiner Quitscheente mit in die Wanne nehmen
Gruß Rainer

Verfasst: Fr Feb 13, 2015 6:43 pm
von RB
Ich glaune, das HPL würde aufquellen, das ist wie Laminat für den Fußboden. Das müßte man einmal ausprobieren, aber lieber nicht mit dieser hier. Aber ernsthaft, diesen Anpassungsprozeß oder die Wiedererweckung hatte ich schon einmal erlebt, bei einem anderen Instrument. Ich wüßte schon gerne, ob es anderen auch so geht und was sie als Ursache vermuten.

Verfasst: Fr Feb 13, 2015 6:47 pm
von Rainer H
RB hat geschrieben:Ich glaune, das HPL würde aufquellen, das ist wie Laminat für den Fußboden. Das müßte man einmal ausprobieren, aber lieber nicht mit dieser hier.
Ich dachte das wäre so PVC Kunststofffasern gepresst, aber wo die Liebe
hinfällt ! :lol: Sie ist auf jeden Fall So ein Unikat, in 100Jahren, gibt die bestimmt mal ein riesen Rätzel auf :wink:

Gruß Rainer

Verfasst: Fr Feb 13, 2015 6:47 pm
von tomis
du hast der guten eine seele gegeben
und deine aufmerksamkeit wird erwidert
das haste nu davon
wünsch dir mal zur probe einen gibsonsound
vielleicht wirst du erhört

Verfasst: Fr Feb 13, 2015 7:00 pm
von martinst
Schöne Gitarre.
Du näherst dich dem Instrument an, durch Justieren beim Anschlag, Greifen etc. Falls die Saiten und das Griffbrett etwas stumpf oder staubig waren, werden die durch die Benutzung poliert. Man kann durch Abreiben mit einem Tuch nachhelfen, aber das weißt du ja schon. Es kann natürlich auch sein, dass die Saiten in den Sattelkerben etwas feststecken und sich erstmal nicht gut stimmen lassen wodurch der Ton insgesamt leidet usw. Aber die Gitarre kommt dir kein bisschen entgegen.

Verfasst: Fr Feb 13, 2015 7:03 pm
von Newbie
Das ist normal. Sie will Dir mitteilen, dass Du sie hier anbietest.

Verfasst: Fr Feb 13, 2015 7:17 pm
von Niels Cremer
Netter touch mit dem Deerbridge-Logo auf dem Martin "Custom" label ... ;-)

Zum Thema selbst kann ich nichts erhellendes sagen, aber ist doch eine schöne Beobachtung! LG, Niels

Verfasst: Fr Feb 13, 2015 7:20 pm
von wally
Erst alles kaputt machen und dann von Gewöhnung reden.
Das sind mir die Richtigen.
Der von Dir beschriebene Effekt könnte mit der Aufbewahrung im Koffer zu tun haben.
KÖNNTE, wohlgemerkt.
Laut Martin Seeliger (Lakewood Guitars) entsteht im Laufe der Zeit
ein für die Gitarre ungünstiges Mikroklima im Koffer.
Ob das jetzt immer so ist oder nicht? Keene Ahnung.
Meine Klampfen stehn im Ständer.
Andererseits:
Ist doch alles egal, wenn am Ende die Ketarre klingt und tut, wie sie soll.
Ob kaputt oder gewöhnt ist dabei höchstens von akamenisches -oder wie das da heißt- Interesse.

Re: Wer gewöhnt sich an wen oder was ?

Verfasst: Fr Feb 13, 2015 7:24 pm
von bandit67
RB hat geschrieben:, oder habe ich mich unwillkürlich in meiner mikro-Justierung auf das Instrument eingestellt, um ihm dann erst mit Verzögerung durch Anpassung die amtlichen Klänge zu entlocken. Ein echtes Rätsel.
Ich denke so ist das!
Und das finde ich faszinierend, solche "Selbstläufer" ohne bewusstes
Zutun gibt es ja im Alltag öfter.

Verfasst: Fr Feb 13, 2015 7:58 pm
von Manati
Ich glaube, dass beides eine Rolle spielt, sowohl das Erwachen der Gitarre aus dem Tiefschlaf als auch deine "Mikro-Justierung", und dass es sich perfekt ergänzt.

Verfasst: Fr Feb 13, 2015 9:12 pm
von guitar-hero
Die Gitarre war nach so langer Zeit im Koffer ins Koma gefallen.

Ist bei meinen Instrumenten auch schon einige Male passiert, dass nach mehrmonatiger Lagerung die Gitarre erst mal wieder ein paar Stunden gespielt werden musste.

Verfasst: Fr Feb 13, 2015 9:41 pm
von Pappenheim
Man soll Gitarren nicht so lange in einen Koffer stecken. Das tut doch nicht gut. Wohl klar, oder?

Verfasst: Fr Feb 13, 2015 10:54 pm
von laschek
Ich kenne diese Gitarre und spiele sehr gerne auf ihr!

:wink:

Verfasst: Fr Feb 13, 2015 11:02 pm
von RB
ist ein Unikat und Unikum für Unikummse.