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Gitarrenproduktion in Asien
Verfasst: Di Dez 01, 2015 10:53 pm
von Rolli
Hallo,
wir hatten in diesem Faden (
http://www.fingerpicker.eu/Forum2/viewt ... =1&t=26251" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false;) kurz das Thema Thomann und der "Bau von günstigen Gitarren. Ich hatte von Hans Thomann sehr schnell eine Antwort auf meine Email bekommen und den Hinweis, dass der Verantwortliche im Unternehmen (Herr Lasse Thernøe) Stellung nehmen und Photomaterial liefern wird. Hier nun die Korrespondenz und die Bilder! Ich möchte schon mal klarstellen, dass ich nicht für Thomann arbeite oder von dieser Firma unterstützt werde. Ich begrüße die Offenheit des Unternehmens auf jeden Fall sehr!
"Dear Mr. Kalus
I am in Asia 2-3 times a year and visit all our guitar factories regularly and often unannounced, to ensure conditions and quality, and make sure they do not use sub-factories for our products.
We use the same factories as the major A-brands in our industry, these are not the cheapest, but with our volume, we need stable and organized suppliers with compliance for all EU regulations.
Please find attached mixed picture, they should describe the conditions.
Best regards
Lasse Thernøe
Thomann Nordic"

Re: Gitarrenproduktion in Indochina
Verfasst: Di Dez 01, 2015 11:11 pm
von rwe
.... hihi, das ähnelt sehr den Bildern aus alten Yamaha-Katalogen der späten 1970s...
Re: Gitarrenproduktion in Indochina
Verfasst: Di Dez 01, 2015 11:42 pm
von tomis
ist doch ganz normale fabrikarbeit
bis auf die arbeitssicherheit:
kein gehörschutz, offene treibriemen
und mit sicherheit kaum pausen
sieht erträglicher aus als bei gibson
da konnten wir ja auch hören, was da los ist
danke für deinen beitrag rolli
gute idee
Re: Gitarrenproduktion in Indochina
Verfasst: Mi Dez 02, 2015 6:57 am
von notenwart
Ich meine, beim ersten Bild beid er Dame oben rechts irgendwas rotes im Ohr zu sehen, was durchaus Gehörschutz sein könnte.
Wilhelm Busch sagte: "Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr"
Und wenn´s denn eine weitere billige Gitarre sein soll, muss diese auch produziert werden.
Bei einem Verkaufspreis von EUR 59,-, in dem 19% MWST enthalten sind (EUR 9,42) kann sich jeder ausrechnen/abschätzen,
welche Summe für die dort gezeigte Handarbeit übrig bleibt.
Für neue Saiten, Mechaniken, Stegsteckerl für Obertonbetonung, Stimmwirbel in der Farbe der Unterhose etc geben wir im Einzelfall gerne sehr viel mehr aus.
Aber diese Diskussion kann man auf elektronische Geräte, auf Bekleidung, auf Nahrungsmittel und und und bezogen weiterführen.
Schaut man sich die derzeitigen Bilder des Smog in China an, kann man ja wenigstens, bevor man bei Verkaufsportalen aller Art weiterstöbert, eine Schweigesekunde einlegen
Re: Gitarrenproduktion in Indochina
Verfasst: Mi Dez 02, 2015 9:13 am
von berndwe
Ein interessanter Beitrag, finde ich. Die Offenheit von Thomann kann man begrüßen.
Ich habe beruflich bedingt schon einige Produktionsbetriebe in sogenannten Schwellenländern besichtigen dürfen (allerdings nicht in Bezug auf die Herstellung von Musikinstrumenten). Man kann einfach nicht mehr generell sagen, dass der geringe Preis dort produzierter Waren durch unmenschliche Produktionsbedingungen erkauft wird.
Manche Fabriken größerer Firmen dort sind dem europäischen Standard mindestens ebenbürtig, was technische Ausstattung und Arbeitsumfeld angeht. Der auf den Fotos gezeigte Betrieb kommt vielleicht nicht da ran. Ich denke aber dass viele Menschen dort es als Glücksfall ansehen würden, einen Job in so einem Betrieb zu ergattern.
Ob das Gehalt im gezeigten Betrieb menschenwürdig ist, kann ich nicht beurteilen. Der Ehrlichkeit halber muss ich auch sagen, dass ich noch nie eine Näherei in Bangladesh besichtigt habe und auch noch nicht eine Gerberei in Indien.
Re: Gitarrenproduktion in Indochina
Verfasst: Mi Dez 02, 2015 11:32 am
von Andreas Fischer
Ich sagte ja, im anderen Thread, das ich mich an ein Video zum Thema
Thomann und Lasse Thernøe zu erinnern glaube.
Es war kein Video sondern ein Thread.
Ich weiß nicht ob links zu anderen Foren willkommen sind aber ich denke es wird schon keiner aus diesem Forum austreten weil er einen Link zu einem anderen Forum sieht.
Sollte der link nicht erwünscht sein so bitte ich ihn zu löschen (google suche nach "Thomann und Lasse Thernøe" sollte auch zum ziel führen
http://www.musiker-board.de/threads/las ... nd.549556/" onclick="window.open(this.href);return false;
Dort gibt es einige Informationen zu den günstigen Preisen
btw ich habe mal mit jemandem von einem grossen Konzern gesprochen der mir Ek Preise für zb Radios etc nannte, da gab es dinge für 5-15 Euro Ek die hier für 50-150 verkauft wurden. Ich konnte mir nicht vorstellen dass auch nur die Materialkosten gedeckt würden bei dem Ek, scheinbar geht das eben doch aber das war dann wohl eine der Fabriken in denen die Zustände nicht akzeptable für unsere Maßstäbe waren.
Re: Gitarrenproduktion in Indochina
Verfasst: Mi Dez 02, 2015 12:13 pm
von Rolli
notenwart hat geschrieben:Ich meine, beim ersten Bild beid er Dame oben rechts irgendwas rotes im Ohr zu sehen, was durchaus Gehörschutz sein könnte.
.....
Für neue Saiten, Mechaniken, Stegsteckerl für Obertonbetonung, Stimmwirbel in der Farbe der Unterhose etc geben wir im Einzelfall gerne sehr viel mehr aus.
Aber diese Diskussion kann man auf elektronische Geräte, auf Bekleidung, auf Nahrungsmittel und und und bezogen weiterführen.
Ja - da sehe ich auch so. Auf den ersten beiden Bildern sieht man eingesetzte Hörstöpsel.
Und absolut richtig, wer sich über die Herstellung von asiatischen Musikalien aufregt, sollte mal schauen, wo und unter welchen Bedingungen die getragene Bekleidung hergestellt wird. Wir sind, so glaube ich, alle keine "Heiligen" und man kann da, wo man es sich "leisten" kann, damit beginnen (vorsicht schlimmes Unwort) politisch korrekt einzukaufen und zu handeln.
Ich kaufe gerne bei unserem lokalen Gitarrenhändler in Mainz ein, kaufe im Bioladen wunderbaren Eifel-Käse oder bestelle beim Gitarrenbauer meiner Wahl High-End-Gitarren oder lasse dort Reparaturen ausführen, aber ich bestell auch online bei Thomann, nutze als Openstage-Gitarre fürs KulturGUT eine chinesische Recording King, kauf auch mal online ne Bio-Jeans, nutze ein Handy und kaufe beim Aldi ne Papaya. Und? Ist das jetzt verwerflich? Ich finde man kann sich immer verbessern und irgendwann wächst dann auch der Anteil an "fairen" Produkten. Alles konsequent richtig zu machen, wäre mir unmöglich oder ehrlich gesagt zu unbequem. Aber sich weiter bemühen macht Sinn.
Ach so - zum Thema Thomann. Ja - das Unternehmen drängt natürlich durch seine schiere Marktpräsenz und Größe manche Einzelhändler aus dem Markt, aber das ist glaube ich schon lange die normale Entwicklung im gesamten Markt. Als kleiner Händler oder Hersteller kann man sich nur dann behaupten, wenn man sich eine Nische sucht und stark vom Angebot der Mitbewerber absetzt. An Thomann finde ich toll die Offenheit ( ich hatte öfter mit Hans Thomann zu tun) und Transparenz, die Arbeitsbedingungen in DE (und wenn ich mir die Bilder und Statements anschaue, wird es in Indonesien für die Thomann Mitarbeiter eher postiv aussehen, verglichen zu anderen Unternehmen in der Region) und den kundenfreundlichen Service.
Re: Gitarrenproduktion in Indochina
Verfasst: Mi Dez 02, 2015 6:05 pm
von kwb
Rolli hat geschrieben:...
Ach so - zum Thema Thomann. Ja - das Unternehmen drängt natürlich durch seine schiere Marktpräsenz und Größe manche Einzelhändler aus dem Markt, aber das ist glaube ich schon lange die normale Entwicklung im gesamten Markt. Als kleiner Händler oder Hersteller kann man sich nur dann behaupten, wenn man sich eine Nische sucht und stark vom Angebot der Mitbewerber absetzt. An Thomann finde ich toll die Offenheit ( ich hatte öfter mit Hans Thomann zu tun) und Transparenz, die Arbeitsbedingungen in DE (und wenn ich mir die Bilder und Statements anschaue, wird es in Indonesien für die Thomann Mitarbeiter eher postiv aussehen, verglichen zu anderen Unternehmen in der Region) und den kundenfreundlichen Service.
Durch die Größe hat er den Vorteil direkt beim Hersteller kaufen zu können und so fallen die Margen für die Zwischenhändler weg.
Der Kunde hat dadurch in der Regel einen Preisvorteil.
Es könnte in Deutschland mehr Gitarrenbauer wie Lakewood geben die tolle Instrumente zu einem bezahlbaren Preis herstellen, die aber eher einen Sound in Richtung Gibson, Martin bevorzugen. Wenn die Auswahl hier größer wäre, würden auch wenigen U.S. Modelle gekauft. Kleine Gitarrenbauer mit Einzelanfertigungen haben es eher schwer weil der Kunde nicht weiß wie die Gitarre am Ende klingt und ob ihm das gefällt.
Eine gewisse Auswahl und Präsenz in den Läden müsste es aber schon geben, so das der Kunde in Ruhe vergleichen kann.
Bei Lakewood hatte ich schon mal nachgefragt ob eine "Traditional Serie" mit Anlehnung an die großen U.S. Hersteller eine Option wäre, aber das ist nicht gewollt, weil der Name Lakewood für einen bestimmten Sound steht.
Ein neuer Name (wie bei Khaya für die Klassik-Modelle) wäre auch eine Möglichkeit um z.B auch traditionelle Formen (0-000, OM, ...), mit anderen Bracings und optischen Details, zu vermarkten. Das müssen dann wahrscheinlich eher die Jungen, die nachrücken, machen.
Klaus
Re: Gitarrenproduktion in Indochina
Verfasst: Mi Dez 02, 2015 10:16 pm
von rwe
kwb hat geschrieben:
Es könnte in Deutschland mehr Gitarrenbauer wie Lakewood geben die tolle Instrumente zu einem bezahlbaren Preis herstellen, die aber eher einen Sound in Richtung Gibson, Martin bevorzugen. Wenn die Auswahl hier größer wäre, würden auch wenigen U.S. Modelle gekauft. Kleine Gitarrenbauer mit Einzelanfertigungen haben es eher schwer weil der Kunde nicht weiß wie die Gitarre am Ende klingt und ob ihm das gefällt.
Eine gewisse Auswahl und Präsenz in den Läden müsste es aber schon geben, so das der Kunde in Ruhe vergleichen kann.
Hmm, damit hast Du den Vertrieb wieder mit drin und der muss auch Geld verdienen, damit er die schönen Instrumente in ordentlicher Auswahl in den Läden vorhalten kann. Und ich denke ehrlich gesagt nicht, dass dieses Geschäftsmodell mit US-Kopien erfolgreich wäre. Das kann in sehr kleinen Serien funktionieren, wie Henkes & Blazer, die dann wirklich "Vintage" nachbauen. Eine gute deutsche Steelstring, die optisch und klanglich sich an die US-Hersteller anlehnt, bliebe immer eine Kopie. Lakewood, Stoll, Stevens bauen Eigenes.
Re: Gitarrenproduktion in Indochina
Verfasst: Do Dez 03, 2015 10:14 am
von Niels Cremer
Ich finde interessant, dass man (oder ich?) auf den Bildern keinerlei Hinweise auf Produktionsabläufe finden kann wie zB batch-tags, Laufzettel oÄ - wie behalten die bei den vielen verschiedenen Gitarren und Modellen den Überblick welche Gitarre jetzt was ist, als nächstes zu welchem Produktionsschritt muss, wie bearbeitet werden muss etc.? Für jemanden der lange Zeit in der hochtechnisierten und -automatisierten Halbleiterindustrie gearbeitet hat erscheint das vollkommen chaotisch - aber klappt ja anscheinend irgendwie ...
EDIT: an ein paar von diesen "Wägelchen" hab ich jezt so eine Art Laufzettel entdeckt, an den meisten und zB auf den ersten Bildern kann ich nichts sehen ... naja, wird schon irgendein System geben!

Re: Gitarrenproduktion in Indochina
Verfasst: Do Dez 03, 2015 11:08 am
von OV1667
@NC
das sieht auf den Bildern schon sehr nach "batch"-Fertigung aus: die E-Gitarren haben z.B. sogar dieselbe Farbe.
Also vermutlich: heute bauen wir mal D-4711

Bei den vermutlichen Mengen gibt es vielleicht sogar "sortenreine" Linie, Inseln, Hallen ...
In der "Endkontrolle" hat die Gitarre einen "Beipackzettel" unter den Saiten.
Re: Gitarrenproduktion in Indochina
Verfasst: Do Dez 03, 2015 12:46 pm
von Niels Cremer
Ja stimmt schon ... auf dem Fender-Bild ist es recht eindeutig ...
Ich meinte auch eher so die ersten Bilder, das sieht für mich recht wild aus, aber wie gesagt, ein System wird schon dahinter stecken ...
LG,
Niels
Re: Gitarrenproduktion in Indochina
Verfasst: Do Dez 03, 2015 1:24 pm
von jazzloft
rwe hat geschrieben:kwb hat geschrieben:Lakewood, Stoll, Stevens bauen Eigenes.
Und das ist auch gut so!

Re: Gitarrenproduktion in Indochina
Verfasst: Do Dez 03, 2015 2:44 pm
von docsteve
Niels Cremer hat geschrieben:Ja stimmt schon ... auf dem Fender-Bild ist es recht eindeutig ...
Bin ich also nicht der einzige, der das markante F gesehen hat? Is ja spannend; die Frage ist, wo sich dann eine Harley Benton Strat von einer Fender oder Squier noch unterscheidet.
Viele Grüße, Stephan
Re: Gitarrenproduktion in Indochina
Verfasst: Do Dez 03, 2015 2:49 pm
von kwb
rwe hat geschrieben:kwb hat geschrieben:
Es könnte in Deutschland mehr Gitarrenbauer wie Lakewood geben die tolle Instrumente zu einem bezahlbaren Preis herstellen, die aber eher einen Sound in Richtung Gibson, Martin bevorzugen. Wenn die Auswahl hier größer wäre, würden auch wenigen U.S. Modelle gekauft. Kleine Gitarrenbauer mit Einzelanfertigungen haben es eher schwer weil der Kunde nicht weiß wie die Gitarre am Ende klingt und ob ihm das gefällt.
Eine gewisse Auswahl und Präsenz in den Läden müsste es aber schon geben, so das der Kunde in Ruhe vergleichen kann.
Hmm, damit hast Du den Vertrieb wieder mit drin und der muss auch Geld verdienen, damit er die schönen Instrumente in ordentlicher Auswahl in den Läden vorhalten kann. Und ich denke ehrlich gesagt nicht, dass dieses Geschäftsmodell mit US-Kopien erfolgreich wäre. Das kann in sehr kleinen Serien funktionieren, wie Henkes & Blazer, die dann wirklich "Vintage" nachbauen. Eine gute deutsche Steelstring, die optisch und klanglich sich an die US-Hersteller anlehnt, bliebe immer eine Kopie. Lakewood, Stoll, Stevens bauen Eigenes.
Lakewood arbeitet schon seit Jahren ohne Vertrieb und hat gezeigt das man in Deutschland bezahlbare Gitarren in Top-Qualität produzieren kann.
Es geht auch nicht um Kopien sondern um Alternativen "Made in Germany". Stevens und Stoll gibt es fast nirgends zu kaufen. Somit gibt es fast keine Möglicheiten sie mit anderen Marken zu vergleichen. Natürlich ist es schwer sich gegen die Markführer zu behaupten aber es ist möglich. Lakewood hat es bewiesen und hätte die Möglichkeiten mit relativ wenig Aufwand eine Alternative zu D-18, D-28 auf den Markt zu bringen. Man könnte das Bracing ändern (
Martin Style), offene Mechaniken verwenden und den Schriftzug auf die klassische Position setzten. Ein Versuch wäre es wert. Was gäbe es schon zu verlieren
Klaus