Tonholz "Thermo Aged"

Alles über akustische Gitarren für Stahlsaiten

Moderator: RB

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elmoresilk
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Tonholz "Thermo Aged"

Beitrag von elmoresilk »

"Thermo Aged" oder "Torrefield" !
Kennt jemand dieses spezielle Verfahren, mit dem man angeblich Tonhölzer veredeln kann. Den Hölzern wird wohl unter Druck Feuchtigkeit und Harz entzogen und unterliegen damit einem künstlichen Alterungsprozess. Im Ergebnis gibt es mehr Ton, mehr Sustain, vergleichbar mit Jahrzehnte lang eingespielten Instrumenten.
Das Verfahren wird auch von Ibanez in ihrer Artwood Vintage Serie umworben.
Kann da was dran sein oder ist das Marketing von findigen Gitarrenstrategen ?
Gruß
Elmore
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bookwood
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Re: Tonholz "Thermo Aged"

Beitrag von bookwood »

Es muss was dran sein, denn durch das Backen, Rösten, Torrefizieren ändert sich die Struktur des Holzes. Es wird etwas steifer und leichter und bekommt nebenbei auch noch einen schönen dunklen Farbton. Dabei ist nicht Druck entscheidend, sondern die Hitze unter bestimmten Umgebungsbedingungen. Der natürliche Alterungsprozess soll so beschleunigt werden. Der Aufwand macht die Gitarren teurer.

Ich habe mir eine Gibson J-45 V mit gerösteter Decke zugelegt, weil sie beim Testen etwas besser ansprach und insgesamt besser klang als vergleichbare Modelle mit normaler Decke. Auch von Martin habe ich Instrumente mit VTS-Decken gegen andere Martins bisher stets ein klein wenig besser gefunden. Allerdings würde ich daraus nicht schließen, dass es garantiert immer so ist. Versuch macht kluch.
Gruß
von
Ralf
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Holger Hendel
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Re: Tonholz "Thermo Aged"

Beitrag von Holger Hendel »

Hier können zumindest alle, die schon tolle Erfahrungen machen konnten (mit Takamine) einen Satz Saiten als Dankeschön erhalten:

http://www.takamineguitars.de/thermal-top-test.html" onclick="window.open(this.href);return false;
www.holgerhendel.com | facebook | youtube | twitch | Heavy Silence - finest acoustic cover
notenwart
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Re: Tonholz "Thermo Aged"

Beitrag von notenwart »

Zu diesem Thema gibts in der letzten "Akustik Gitarre" einen längeren Artikel
Jorma55
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Re: Tonholz "Thermo Aged"

Beitrag von Jorma55 »

Die namhaften "Amerikaner" (Martin, Taylor, Santa Cruz, Collings, Huss &Dalton, Bourgois) bieten dieses Verfahren mittlerweile alle an und mir leuchtet es - zumindest bei Fichtendecken - auch grundsätzlich ein. Weniger wegen des Wasserentzugs als hinsichtlich der Kristallisierung der im Holz vorhandenen Harzreste. Dieser Prozess dauert normalerweise Jahrzehnte. Bei Zederndecken und der ebenfalls angebotenen Torrefizierung der Hölzer für Böden und Zargen bin ich eher skeptisch. So oder so gibt es bislang noch keine Langzeiterfahrungen, aber angeblich soll das so behandelte Holz auch unempfindlicher gegen Schwankungen in der Luftfeuchtigkeit sein. Ich meine, es war entweder Dana Bourgois oder einer der Herren von Huss&Dalton, der das Verfahren als bedeutsamste Neuerung im Gitarrenbau seit Jahrzehnten bezeichnet hat. Wäre interessant, die Meinung "unserer" Gitarrenbauer zu erfahren.

Michael
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Gitarrenmacher
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Re: Tonholz "Thermo Aged"

Beitrag von Gitarrenmacher »

Erspart eventuell die einigermaßen aufwendige, korrekte Lagerung.

Veit Lätsch hat eine Arbeit darüber verfasst.

Habe mal eine torri Sitka von Stewmac mit einer 20 Jahre alten aus meinem Lager verglichen.
Gleiche Dicke, gleiche Dimension. Habe nichts ungewöhnliches enddecken können.

Man sagt, dass die Verleimungen etwas tricky sind.
Bier ist der Beweis, dass Gott uns liebt und will, dass wir glücklich sind.
-Benjamin Franklin- *1706 t 1790-
http://www.gitarrenmacher.de
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Angorapython
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Re: Tonholz "Thermo Aged"

Beitrag von Angorapython »

Jorma55 hat geschrieben:...Ich meine, es war entweder Dana Bourgois oder einer der Herren von Huss&Dalton, der das Verfahren als bedeutsamste Neuerung im Gitarrenbau seit Jahrzehnten bezeichnet hat. Wäre interessant, die Meinung "unserer" Gitarrenbauer zu erfahren.Michael
Wenn die "Erfinder" etwas als "bedeutsamste Neuerung" bezeichnen und die Modell mit diesen Hölzern deutlich teurer verkaufen, erscheint mir dies etwas zweifelhaft. Ich bleibe beim Althergebrachten und gebe meinen Instrumenten ab und zu Globuli, die helfen garantiert, sagt mein Homöopath! :mrgreen:
FCK-NZS
Jorma55
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Re: Tonholz "Thermo Aged"

Beitrag von Jorma55 »

Die "Erfinder" waren angeblich die alten Wikinger, die das Holz für die Rümpfe ihrer Schiffe in ähnlicher Weise behandelten. Letztendlich hilft nur selbst ausprobieren, das mit dem Aufpreis dürfte sich einpendeln.

Michael
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Jorma55
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Re: Tonholz "Thermo Aged"

Beitrag von Jorma55 »

Martin hat übrigens 2015 bei allen "authentic" Modellen auf torrefizierte Decken umgestellt ohne die Preise zu erhöhen. Einen Aufpreis kostet das Verfahren nur als custom Option bei den anderen Modellen.

Michael
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gruhf
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Re: Tonholz "Thermo Aged"

Beitrag von gruhf »

So ganz neu ist dieser Ansatz ja nicht, es scheint mehrere Wege zu geben, um eine künstliche "Alterung" des Holzes zu erreichen, siehe z.B. hier.
Jorma55 hat geschrieben:Martin hat übrigens 2015 bei allen "authentic" Modellen auf torrefizierte Decken umgestellt ohne die Preise zu erhöhen. Einen Aufpreis kostet das Verfahren nur als custom Option bei den anderen Modellen.
Dadurch ist der Trocknungsprozess nicht so temperaturkritisch, ergo billiger :wink: .
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RB
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Re: Tonholz "Thermo Aged"

Beitrag von RB »

Kostet Strom.
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bookwood
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Re: Tonholz "Thermo Aged"

Beitrag von bookwood »

Jorma55 hat geschrieben:Martin hat übrigens 2015 bei allen "authentic" Modellen auf torrefizierte Decken umgestellt ohne die Preise zu erhöhen. Einen Aufpreis kostet das Verfahren nur als custom Option bei den anderen Modellen.
Mag daran liegen, dass bei den da aufgerufenen Preisen auch noch genug "Headroom" war. :whistler:

Ein Parameter, der auch bei der normalen Selektion von Fichtendecken durch den Gitarrenbauer eine Rolle spielt, ist die Biegesteifigkeit. Wenn die nach dem Rösten größer ist, kann man Decken sicher etwas dünner ausbauen, was der Ansprache und Schwingungsfreudigkeit entgegenkommt. Das dem so ist, war bei A-B-Vergleichen auch mein Eindruck. Warum mir das besser gefiel, ist gar nicht so einfach zu beschreiben. Die Gitarren mit den unbehandelten Decken gaben sich bisweilen ein bisschen widerspenstig, während sich die gebackenen leichter zu einem schönen Ton aufschwingen ließen, ohne dass sich da nun vollkommen andere Klangwelten auftaten. Sollte sich durch den komprimierten Alterungsprozess auch die Haltbarkeit verkürzen, wär das natürlich ärgerlich.

Bilde mir übrigens ein, dass meine J-45 V beim Nasentest tatsächlich leichte Röstaromen versprüht. :bl:
Gruß
von
Ralf
Jorma55
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Re: Tonholz "Thermo Aged"

Beitrag von Jorma55 »

Mag daran liegen, dass bei den da aufgerufenen Preisen auch noch genug "Headroom" war. [quote][/quote]

Sicher richtig, das gilt aber üblicherweise nicht als Hinderungsgrund für eine Preiserhöhung.

Michael
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bookwood
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Re: Tonholz "Thermo Aged"

Beitrag von bookwood »

Jo, is auch wieder wahr. :)
Gruß
von
Ralf
Bernd C. Hoffmann
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Re: Tonholz "Thermo Aged"

Beitrag von Bernd C. Hoffmann »

Ich glaube, es war in den 90er Jahren, da hatte Hopf eine neue Gitarre herausgebracht, bei der die Decke im sog. Agewood-Verfahren behandelt wurde. Er warb damit, das eine solche Gitarre bereits im Neuzustand so klingt, als sei sie schon Jahre lang gespielt. Was er genau machte, hatte er anderen Gitarrenbauern nicht verraten. Einen damals hier ansässigen hatte ich dazu befragt. Er beschrieb mir, dass dies mit Trockenöfen gemacht wird. Die Gitarre klinge tatsächlich sehr ausgereift, kann sich aber nicht mehr weiter entwickeln. Es handele sich quasi um totes Holz. Man könne es mit einem Trommelfell vergleichen, das keine Spannung mehr hat bzw. sich nciht mehr spannen lässt. Genau erinnere ich mich nicht mehr daran, weil es zu lange her ist.
Liebe Grüße
Bernd
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