Also am nächsten dran waren Schinkenkarl und Rishi, und dann auch wieder nicht. Die kleine Gitarre ist mir beim browsen durch Reverb.com ins Auge gesprungen weil sie mich sehr an Pagelli Gitarren erinnert hat, ein Gitarrenbauer den ich einfach klasse finde. Einer seiner custom Bässe war grobes Vorbild der Formgebung eines meiner Eigenbauten.
Aber- es ist keine Pagelli, und auch keine Spuler (der soweit ich weiß nur elektrische Bässe und Gitarren gebaut hat?) oder Ritter (I wish!!), und sie ist auch keine Europäerin, und eine Nord-Amerikanerin auch nicht. Sie kommt aus dem schönen Seoul in Süd-Korea, wo sie von Corona Guitars (!!) im Jahr 2015 designt und gebaut wurde. Von dort wurde sie nach Italien verschifft und hing/stand seit dem als Demo-Gitarre in einem kleinen Gitarrenladen in Bari, also ganz im Süden auf der Adria-Seite. Die genaue Bezeichnung ist Aphrodite HPN-100HSEQ-NAT, Aphrodite wohl in Anlehnung an die "liebliche" Korpusform
Ich hab sie auf Reverb einige Zeit beobachtet, dann ein Angebot gemacht (sollte ursprünglich mal ca. 550,- kosten, ich hab jetzt 300,-plus Versand gezahlt, also nix übertriebenes) und den Zuschlag erhalten.
Es ist eine recht kleine Gitarre mit kurzer Mensur die als Reisegitarre verkauft wird und uA mit dem Argument verkauft wurde, dass sie aufgrund der Bauweise (kein Schallloch in der Decke, ein Stütz-Verbindung zw. Decke und Boden unter der Brücke die wohl auch Schwingungen verhindert ...) eine reduzierte Lautstärke hat. Letzteres könnte auch einfach ein ursprünglich nicht beabsichtigtes Resultat der Bauweise sein und als man dann merkte "Oh man,ist die leise" hat man das ganze zur Marketing Message gemacht - who knows. Mir kam das jedoch entgegen da ich ab und an abends noch etwas spielen möchte, meine Frau aber meist früh schlafen geht
Ausserdem ist sie mit einem under-saddle piezo und pre-amp ausgestattet, und auch das war ein Pluspukt für mich da ich schon länger keine A-Gitarre mit Tonabnehmer mehr habe und eine haben wollte um endlich mal mit der akustischen über meinen neuen amp zu spielen der ja angeblich beides können soll.
Die headless Konstruktion hat es mir ja eh angetan (siehe mein vorletzter Bass-Eigenbau), ich hatte auch früher zu Band-Zeiten schon ein paar headless Bässe, und eine A-Gitarre als headless find ich dann doch wieder etwas ungewöhnlich. Übrigens die erste headless hardware die ich sehe die einen eingebauten Aufhänger bzw. eine Öse hat, an der man sie aufhängen kann - mitgedacht! Die Mechaniken sind von der Rückseite aus in einer "Mulde" eingebaut und wenn man sich mal dran gewöhnt hat eigentlich ganz gut zu erreichen,manchmal vergreift man sich anfangs allerdings noch und dreht am falschen "Hahn". Der Saitenwechsel (sie kam mit den abgeranztesten Saiten hier an die ich glaube ich je gesehen hab, wahrscheinlich noch das factory set dem 6+ Jahre befingern durch wer weiß wieviele Ladenbesucher den Rest gegeben hatten) war anfangs etwas ungewohnt, zum einen wg. der etwas schlechter zugänglichen Mechaniken, zum anderen weil ich nicht gerafft hab dass es sich um Locking-Mechaniken handelte die man erst an der Achse aufdrehen muss -
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Was noch ungewohnt ist an dem Gitärrchen ist das Material des Griffbretts und der Brücke/Saitenhalter Konstruktion (vom Hersteller "clam-shell bridge" genannt wg. der Form): was auf den ersten Blick aussieht wie dunkles Hartholz unbekannter Provinienz (Oberfläche so in look und feel irgendwo zw. Ebenholz und Rosewood, dunkel wie Ebenholz, Textur eher wie Rosewood) entpuppte sich bei näherer Betrachtung als Kunsstoff oder etwas ähnlichem. Ich dachte zunächst an Micarta oder Richlite und hab dann den Hersteller kontaktiert, und Corona Guitars VP David Yu hat binnen 30 Minuten geantwortet, und zwar sagte er es handele sich um "a kind of mixture of wood powder that substituted dark color wood", also vom Prinzip her wohl sowas wie diese WPC (Wood Particle Composite) Terrassendielen die es seit einiger Zeit gibt, Zusammensetzung allerdings unbekannt.
Auf jeden Fall war das Zeug recht trocken und ausgegraut, interessant war dass es mein Griffbrett-Öl (Zitronenöl) wie Holz gierig aufsaugte und nun im geölten Zustand kaum nochals Kunsstoff zu erkennen ist.
Ansonsten sind eher normale Materialien verbaut: spruce top (massiv), back & sides mahogany (gesperrt), Hals auch Mahagoni, und das Griffbrett ist in Holz eingefasst, welche Holzart das ist kann ich nicht genau sagen, ich nehme an auch Mahagoni, obwohl es sich etwas vom Hals selbst unterscheidet. Aufgrund des Echtholz-Bindings hat man auch kein anderes Spielgefühl an der linken Hand; dass das Griffbrett aus Kunsstoff ist hört oder spürt man nicht.
Aufgrund der Form kann ich zumindest sie im sitzen nur in klassischer Haltung, also auf dem linken Oberschenkel aufliegend, spielen, was für mich sehr ungewohnt ist da ich das sonst eigentlich nie mache. Aber sie kam inkl. Security Lock pins und am Gurt im Stehen spielt sie sich ganz normal, wobei der Hals recht schmal ist und sich insgesamt eher in Richtung E-Gitarre anfühlt als wie eine Steel-String. Klanglich ist sie sicher nicht der Burner, aber das hatte ich auch nicht erwartet. Sie strummt gerne, beim fingerpicking klingt sie verstärkt recht gut, unverstärkt etwas flach. Der Preamp ist mit Master Volume, Tuner, Low, Mid, High und Mid Freq Reglern sowie mit Phase-Schalter und Notch-Filter recht gut ausgestattet, alles funktioniert auch gut, es klingt insgesamt überhaupt nicht nach Piezo-Gequäke, worüber ich sehr froh bin.
Ich mach am WE mal bessere Fotos und vllt auch eine Aufnahme wenn man mich läßt. Mein Fazit bisher: für EUR300,- genau das was ich gesucht hatte und in einem aussergewöhnlichen Design das mir persönlich sehr gefällt (aber wahrscheinlich ziemlich polarisiert!
). Sehr viel mehr hätte ich aber wahrscheinlich nicht gezahlt, bin aber froh dass sie jetzt hier ist, übrigens ein Geschenk meiner Holden zum anstehenden jährlichen Älterwerdungstag. Und was wäre angebrachter im Corona-Jahr 2021 als eine Corona Gitarre!?
LG,
Niels
