Obergrenze Saitendicke bestimmen

Alles über akustische Gitarren für Stahlsaiten

Moderator: RB

schorsch-adel
Beiträge: 189
Registriert: So Nov 09, 2008 1:58 pm

Obergrenze Saitendicke bestimmen

Beitrag von schorsch-adel »

Liebe Freunde des holzigen Wohlklangs,

ich bin mir immer mal wieder unschlüssig, welche Saitendicke ich aufziehen soll. Am liebsten würde ich von meinen aktuellen D'Addario EJ 16 (12-53) auf 13er Saiten umsteigen, um noch mehr Volumen zu kriegen.

Dagegen könnten aber 2 Dinge sprechen:

1) Die Decke könnte das vielleicht nicht gut verkraften. Die baucht bei meiner Martin HD 16 RLSH jetzt schon ein bißchen aus, obwohl ich sie meist einen halben Ton tiefer stimme. Ich schätze den Bauch auf 1 bis höchstens 2 mm Abweichung von der gedachten total ebenen Fläche zwischen Steg und unterem Korpusende. Ich habe aber nie darauf geachtet, ob die Gitarre im Neuzustand dort auch völlig eben war.

2) In diesem Video wird so etwa bei Minute 8.30 erklärt, dass dickere Saiten duchaus kontraproduktiv auf den Klang wirken könnten
https://www.youtube.com/watch?v=-h39-Yw65oc&t=1s

Ich wüsste nun gern, nach welchen Kriterien Ihr entscheidet, wie dick Eure Saiten maximal sein dürfen. Meine zweite Gitarre, die das betrifft, ist eine Taylor 414 CE.

Gruß Markus
Benutzeravatar
Gitarrenmacher
Beiträge: 3087
Registriert: Fr Sep 21, 2007 4:27 pm
Wohnort: 21379 Rullstorf
Kontaktdaten:

Re: Obergrenze Saitendicke bestimmen

Beitrag von Gitarrenmacher »

Ein Martin D-Modell muss 13er aushalten. Eine Wölbung im Bereich der Brücke muss sein. Wenn sich da nichts wölbt, sind Decke und/oder Leisten zu stark. Wenn du ein Lineal vor die Brücke legst, und am Binding jeweils 1-2mm Abstand misst, ist das eher wenig.

Die 414CE ohne V-Bracing ist ja für 012er vorgesehen. Da heißt es rantasten. Auseinanderfliegen, wenn du mal 013er drauftust, wird sie nicht. Dann musst du mal beobachten, wie sich die Decke verhält.
Bier ist der Beweis, dass Gott uns liebt und will, dass wir glücklich sind.
-Benjamin Franklin- *1706 t 1790-
http://www.gitarrenmacher.de
wernoohm
Beiträge: 781
Registriert: So Apr 21, 2013 12:04 pm

Re: Obergrenze Saitendicke bestimmen

Beitrag von wernoohm »

Für die D-16 wird von Martin allerdings Light gauge empfohlen. Wundert mich auch etwas!
tressli bessli nebogen leila
flusch kata ballubasch
zack hitti zopp
Hugo Ball - Seepferdchen und Flugfische
Benutzeravatar
L1
Beiträge: 1104
Registriert: Do Okt 17, 2019 8:33 pm

Re: Obergrenze Saitendicke bestimmen

Beitrag von L1 »

Ich habe mal irgendwo gelesen, dass es auch bei Dreadnoughts, Jumbos etc. leichter gebaute Ausführungen für Fingerstyle gäbe, meist dann auch mit etwas breiterem Griffbrett. Eine solche Jumbo (große dicke Gibson) habe ich selbst vor einiger Zeit mal gesehen und bisschen angespielt, hatte (relativ harte) 11er Saiten drauf.
Benutzeravatar
RB
Beiträge: 20049
Registriert: Di Feb 08, 2005 11:18 pm
Wohnort: Wetzlar
Kontaktdaten:

Re: Obergrenze Saitendicke bestimmen

Beitrag von RB »

Schorsch, ich habe dasselbe Modell. Die Wölbung ist normal und deine Beschreibung klingt auch so, als sei sie im grünen Bereich.

Wenn man dem Gitarrenmacher auch nicht widersprechen kann, so habe ich auf dieser Gitarre bisher nie stärkere, als .012er aufgezogen, zu delikat an die Grenze scheint sie mir gebaut. Sie spricht extrem gut an und hat auch mit .012er einen schönen Ton.

Was ich als nächstes aufziehen werde, werden Elixir "HD light" sein, die von E bis D einem .012er Satz entstammen, von G bis e dagegen aus einem .013er. Dagegen habe ich keine Bedenken, weil im Diskant nix verbiegt und ausserdem haben diese Saiten sich auf einer anderen bei mir bereits bewährt. Vielleicht ist dieser Ansatz für dich ja auch interessant.

Was spielst Du denn auf der Kiste und in welche Richtung soll der Klang sich ändern?
schorsch-adel
Beiträge: 189
Registriert: So Nov 09, 2008 1:58 pm

Re: Obergrenze Saitendicke bestimmen

Beitrag von schorsch-adel »

RB hat geschrieben:
Mi Sep 01, 2021 7:02 pm
Was spielst Du denn auf der Kiste und in welche Richtung soll der Klang sich ändern?
manchmal würde ich mir etwas mehr satte Bässe wünschen, so wie mans halt von den ganzen Platten der Akustikhelden der 70er kennt (Grossmann, Kottke usw.)

Ich bin aber ansonsten mit dem Klang meiner beiden Klampfen durchaus zufrieden. Die Idee mit den 13er Saiten ist mehr der Experimentierlust geschuldet, möglicherweise in der Gitarre schlummernde Qualitäten nicht angemessen auszureizen.

Eure Antworten haben mich darin bestätigt, dass es sich da um einen Grenzbereich handelt, in dem man zumindest vorsichtig agieren sollte. Immerhin hab ich jetzt mal keine Bedenken, meine momentan neu aufgezogenen 12-53er Saiten um einen halben Ton auf E hochzustimmen. Wenn sich das bewährt, werd ich beim nächsten Saitenwechsel mal 12-56 probieren.
schorsch-adel
Beiträge: 189
Registriert: So Nov 09, 2008 1:58 pm

Re: Obergrenze Saitendicke bestimmen

Beitrag von schorsch-adel »

@ Gitarrenmacher und wernoohm: habt Ihr eine Quelle für Eure beiden Saitenempfehlungen ?
Benutzeravatar
L1
Beiträge: 1104
Registriert: Do Okt 17, 2019 8:33 pm

Re: Obergrenze Saitendicke bestimmen

Beitrag von L1 »

schorsch-adel hat geschrieben:
Do Sep 02, 2021 9:08 am
Die Idee mit den 13er Saiten ist mehr der Experimentierlust geschuldet, möglicherweise in der Gitarre schlummernde Qualitäten nicht angemessen auszureizen.
Ich habe da auch schon das Gegenteil erlebt. Mit dickeren Saiten wurde der Klang manchmal schlechter, "komprimierte" irgendwie wenn man kräftiger anschlug. Und mit dünneren Saiten wurde der Klang manchmal klarer, offener, und - zumindest gefühlt - sogar etwas lauter bei kräftigem Anschlag.
Muss man im Einzelfall wohl wirklich ausprobieren ...
Benutzeravatar
RB
Beiträge: 20049
Registriert: Di Feb 08, 2005 11:18 pm
Wohnort: Wetzlar
Kontaktdaten:

Re: Obergrenze Saitendicke bestimmen

Beitrag von RB »

So ist es. Wenn die Saiten generell einen Halbton heruntergestimmt sind, wäre ein erster Schritt in der Tat, sie auf normale Stimmung zu setzen.
wernoohm
Beiträge: 781
Registriert: So Apr 21, 2013 12:04 pm

Re: Obergrenze Saitendicke bestimmen

Beitrag von wernoohm »

Auf der martinguitar.com gibt es für jedes Modell eine Saitenempfehlung. Die wollen natürlich die Martin - Drähte verkaufen, aber was die Saitenstärke betrifft habe ich mich immer danach gerichtet.
tressli bessli nebogen leila
flusch kata ballubasch
zack hitti zopp
Hugo Ball - Seepferdchen und Flugfische
schorsch-adel
Beiträge: 189
Registriert: So Nov 09, 2008 1:58 pm

Re: Obergrenze Saitendicke bestimmen

Beitrag von schorsch-adel »

Nachtrag füt gitarrenmacher: meine Taylor ist über 20 Jahre alt und dürfte noch X-Bracing haben, zumindest meine ich beim Reingreifen ins Schalloch eine Kreuzung zu spüren
erniecaster

Re: Obergrenze Saitendicke bestimmen

Beitrag von erniecaster »

Hallo,

wann immer ich eine neue Gitarre zuhause habe, gehe ich so vor, dass ich erst 011er aufziehe, spiele und höre. Gefällt mir das Ergebnis und ich bin vollauf zufrieden, spiele ich die Saiten so lange, bis sie eben wieder gewechselt werden müssen. Dann kommen 012er drauf, ich spiele und höre. Wenn ich mit den 011ern schon zufrieden war, sind die 012er nicht unbedingt eine Verbesserung.

Manchmal passen 011er nicht, dann kommen die auch sofort runter und 012er drauf. Es wird gespielt und gehört und dann probiere ich 013er. Wenn die Gitarre mir filigran gebaut erscheint, dann erst einmal einen Halbton herunter gestimmt, dann in Standardstimmung. Die Gitarren, die mir gefallen, brauchen im Regelfall keine 013er, das kann ich aus meiner Erfahrung für meinen Geschmack so feststellen.

Ich habe in meiner absoluten Nerd-Zeit mal bei einer Gitarre 010er, 011er, 012er und 013er an einem Tag probiert, einige Takte aufgenommen (Mikroständer nicht bewegt, Stuhl nicht bewegt) und das später angehört. In dieser Konstellation und an diesem Tag konnte ich die Gleichung dicke Saiten = dicker Ton nicht bestätigen und das ist auch meine Erfahrung über Jahre hinweg.

Manche Gitarren kommen mit dicken Saiten erst in richtige Schwingung, andere verspannen sich regelrecht. Ich rate jedem zum Ausprobieren.

Darüber hinaus empfehle ich beim Wechseln der Saitenstärke dann auch zu prüfen, ob man noch das richtige Pick in der Hand hat. Als ganz grobe Faustformel glaube ich an "dicke Saiten brauchen dicke Plektren, dünne Saiten dünne Plektren".

Gruß

erniecaster
Benutzeravatar
L1
Beiträge: 1104
Registriert: Do Okt 17, 2019 8:33 pm

Re: Obergrenze Saitendicke bestimmen

Beitrag von L1 »

... und außer Plektrum gibts ja auch noch Fingerstyle, mit und ohne Fingerpicks. Und alles ist nochmal anders :D
Aber ähnlich.

Jede Gitarre ist anders, reagiert anders - und jeder Spieler auch :wink:
erniecaster

Re: Obergrenze Saitendicke bestimmen

Beitrag von erniecaster »

Hallo,

es stimmt absolut, dass man eigentlich auch seine Finger an die Gitarre und die Saitenstärke und alle anderen Faktoren anpassen sollte. Mein erster Impuls war ein "wie soll ich denn meine Finger anpassen?" und nach etwas Nachdenken fiel mir auf, dass ich je nach gewünschtem Ton und der gerade amtierenden Hauptgitarre meine Fingernägel etwas von Form und Länge her anpasse. Das mit dem Verlängern ist bei Fingernägeln natürlich immer etwas blöd. Ich spiele allerdings zu einem Großteil mit Plektrum, da ist der Wechsel einfacher.

Es gab Zeiten, da habe ich störrisch darauf bestanden, dass Saitenmarke und -stärke XY sowie das Pick 4711 gesetzt seien. Damit verbaut man sich schöne Wege und Ergebnisse, ich rate davon ab.

Gruß

erniecaster
Benutzeravatar
Pappenheim
Beiträge: 9361
Registriert: Mi Feb 24, 2010 7:26 pm
Wohnort: Gaweinstal, Niederösterreich
Kontaktdaten:

Re: Obergrenze Saitendicke bestimmen

Beitrag von Pappenheim »

Habe auf meinen akustischen Gitarren auch eine Zeit lang 13er gehabt, bis ich entschieden habe, dass das Spielen dieser bremskabelartigen Seile viel anstrengender ist, als der Effekt "mehr Volumen" bringt. BIn dann wieder auf 12er zurück und zufrieden damit. Der Effekt, den hört man doch kaum, jedoch wird die Hardware der Gitarren wie Mechaniken, Sattel, Steg mMn doch über Gebühr beansprucht.
Antworten