Mahagoni gs. Quilt Mahagoni

Alles über akustische Gitarren für Stahlsaiten

Moderator: RB

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biwak
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Mahagoni gs. Quilt Mahagoni

Beitrag von biwak »

Ich muss mal eine Frage an die Profis stellen.

Ich möchte mir wahrscheinlich eine Martin 00-18 kaufen. Jetzt habe ich die Wahl zwischen einer in Standardausführung und eine Custom mit Zargen und Boden aus Quilt Mahagoni ( Decke Sitka Fichte).
Die Custom sieht natürlich erstklassig aus, aber ich als reiner Amateur habe keine Ahnung ob dieses Quilt Mahagoni nun nur cool aussieht oder echt den doch kräftigen Aufpreis wert ist.
Also frage ich mal die Profis unter uns um ihre Meinung.

LG, Franz
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RB
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Re: Mahagoni gs. Quilt Mahagoni

Beitrag von RB »

Ich glaube offen gestanden nicht so recht daran, sondern halte es eher für eine kosmetische Frage. Das sage ich aber nur aus allgemeinen Annahmen heraus, ohne eines der Instrumente überhaupt gespielt zu haben. Es erscheint mir, wie die angebliche Magie im Klang von "bearclaw", also mit Wuchsfehlern versehener Fichtendecke im Vergleich zu einer entsprechenden Deckenqualität ohne die Wuchsverschiebungen. Da habe ich ebenfalls nie einen fundamentalen, eindeutig dem bearclaw-Wuchs zuzuschreibenden Klangunterschied ausmachen können und halte diese Zuschreibung eher für das Ergebnis der Neigung der Gitarristen nach allerlei Magie, Zauber und Besonderheiten zu suchen und an sie zu glauben.

Die eindeutige Antwort kommt wohl nur durch den Vergleich. Wenn der nicht möglich ist, ist die Entscheidung so vielschichtig, daß man kaum raten kann. Jemand, der vielleicht irgendwann wieder verkauft, muß sich fragen, ob die Eigenschaft "quilted" auf dem Gebrauchtmarkt angemessen vergütet wird, oder eher untergeht. Wer die eine fürs Leben kauft und lieber die eine hätte, sollte auch die eine nehmen. Also alles sehr diffizil auf allen Seiten.
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Niels Cremer
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Re: Mahagoni gs. Quilt Mahagoni

Beitrag von Niels Cremer »

Die Standard 00-18 hat ja auch eine Sitka-Spruce Decke, ob Zargen und Boden nun aus Mahagoni oder aus geflammtem Mahagoni bestehen wird den Klang mMn wohl nicht sonderlich beeinflussen. Ich denke eine Custom wird sich besser wieder veräußern lassen, falls das ein Aspekt ist. Beide anspielen kannst du nicht?

LG,
Niels
Es335
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Re: Mahagoni gs. Quilt Mahagoni

Beitrag von Es335 »

Dem schließe ich mich voll und ganz an. Quilted Mahagonie oder auch Ahorn und Bearclaw Fichte sehen einfach nur spektakulärer aus, wobei das beim Korpus ohnehin so eine Sache ist.

Zum einen ist der Klangbeitrag des Korpusholzes ohnehin geringer, als der der Decke und zum anderen sieht man davon bei Spielen nicht halb soviel wie von der Decke.

Wiederverkaufswert ist natürlich immer ein Argument. Eine sichere Bank ist das aber auch nicht. Im Idealfall sollten Klang und Bespielbarkeit den Ausschlag geben, sofern das denn möglich ist!? :wink:
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L1
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Re: Mahagoni gs. Quilt Mahagoni

Beitrag von L1 »

Ich habe vor längerer Zeit mal mehrere ansonsten baugleiche Konzertgitarren (Hanika) direkt verglichen ... die Fichte/Ahorn klangen schon deutlich anders als die Fichte/Mahagoni. Nicht besser oder schlechter ... anders, etwas heller, klarer. Gut waren sie alle, schön waren sie alle, jede auf ihre Art. Ich habe dann eine der Ahorn genommen, der Klang hat mich einfach am meisten angesprochen.
Zuletzt geändert von L1 am Mo Feb 21, 2022 12:25 pm, insgesamt 1-mal geändert.
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Sperris
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Re: Mahagoni gs. Quilt Mahagoni

Beitrag von Sperris »

Zum einen ist der Klangbeitrag des Korpusholzes ohnehin geringer, als der der Decke und zum anderen sieht man davon bei Spielen nicht halb soviel wie von der Decke.
Das stimmt absolut. Aber bei gleicher Decke ist der Einfluss des Korpus selbst für mich mehr als eindeutig zu hören. Ich habe damals meine Boucher mit Mahagoni-, Palisander- und Walnuss -Korpus angespielt. In meinen Ohren drei unterschiedliche Gitarren! Am Ende bleibt aus meiner Sicht nur antesten und im Fall der Fälle zu überlegen, was einem eine rein optische Aufwertung wert ist.

Gruß Ralf
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Jorma55
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Re: Mahagoni gs. Quilt Mahagoni

Beitrag von Jorma55 »

Das ist wieder einmal ein Thema, bei dem die Meinungen extrem auseinander gehen. Bei "bearclaw" Fichte etwa kenne ich einige namhafte Gitarrenbauer, die der Meinung sind, es handle sich im Schnitt um besonders dichtes und steifes Holz. Bei " quilted" - egal ob Ahorn oder Mahagoni- tendiere ich auch zu der Auffassung, dass der Unterschied eher nur kosmetischer Natur ist. Andererseits gibt es natürlich den legendären "the tree", einen uralten riesigen und besonders attraktiv gemaserten Mahagonistamm, dessen Holz angeblich auch in klanglicher Hinsicht überragend sein soll. Der Aufpreis für Gitarren mit Boden und Zargen aus diesem Holz bewegt sich im 5-stelligen Bereich. Also ehrlich gesagt, keine Ahnung. Anders verhält es sich wohl mit "sinker mahagoni", hundert und mehr Jahre luftdicht eingeschlossen unter Wasser bewirken schon eine nachhaltige Veränderung. Ich hatte vor kurzem meine neue Martin 12-fret 0000 sinker mahogani bei Markus Koch, dem Münchner Gitarrenbauer meines Vertrauens, weil ich immer noch wegen der Schwergängigkeit der Schaller Grand tunes etwas verunsichert war. Er hat mir zunächst versichert, dass die Mechaniken völlig in Ordnung und insbesondere auch die Bohrungen in der Kopfplatte absolut präzise ausgeführt seien. Auf seine Frage, um welches Holz es sich bei Boden und Zargen handle, erwiderte ich : " sinker mahagoni". Mit dem Begriff konnte er zunächst nichts anfangen. Als ich ihm erklärte, worum es sich dabei handelt, meinte er: " Ah Stauseeholz, es gibt nichts besseres."
Also wie gesagt, zu dem Thema gibt es wohl die unterschiedlichsten Meinungen. Letztendlich kommt es wohl immer auf die individuelle Gitarre an.

Michael
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RB
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Re: Mahagoni gs. Quilt Mahagoni

Beitrag von RB »

Ja, diese Auffassung kenne ich. Aber einen fundamentalen Unterschied habe ich in der Spielpraxis nie bemerkt.
Jorma55
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Re: Mahagoni gs. Quilt Mahagoni

Beitrag von Jorma55 »

Wenn ich die fraglichen Gitarrenbauer richtig verstanden habe, handelt es sich bei " bearclaw" Fichte einfach nur um Fichtenholz von - für den Instrumentenbau- oftmals überdurchnittlicher Qualität. Einer Qualität allerdings, die dieses Holz nicht exklusiv aufweist, die sich vielmehr auch bei geradlinig gewachsener Fichte durchaus finden läßt.

Michael
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RB
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Re: Mahagoni gs. Quilt Mahagoni

Beitrag von RB »

Nee, das isses nich. Bearklaw (Bärenklaue) bezeichnet ein Holz mit charakteristischen Wuchsfehlern, die zu einer stellenweisen Verbiegung, Verknäuelung oder Verzerrung der Maserung führen. Es sieht aus, als habe ein Bär am Holze gekratzt, daher die Bezeichnung. Hier ein Beispiel aus Wikipedia:

Bild

Die hellen Unregelmäßigkeiten, die sich über die Decke verteilen, sind jene Wuchsfehler.
Jorma55
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Re: Mahagoni gs. Quilt Mahagoni

Beitrag von Jorma55 »

Das war mir schon klar, aber diese Verbiegungen bzw. Verzerrungen sollen eben auch charakteristisch für eine besondere Steifigkeit des Holzes sein. Hören wirst Du das sicher nicht, denn geradlinig gewachsene Fichte kann genau so steif ausfallen.
Im deutschsprachigem Raum hat sich der Begriff " Haselfichte" durchgesetzt, in der Schweiz spricht man mangels Bären u.a. auch von " katzentrittigem Holz"
Das Wissen um die Haselfichte als Klangholz wurde 2011 auf Betreiben Österreichs von der UNESCO als immaterielles Kulturgut anerkannt.


Michael
Zuletzt geändert von Jorma55 am Mo Feb 21, 2022 4:55 pm, insgesamt 1-mal geändert.
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Es335
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Re: Mahagoni gs. Quilt Mahagoni

Beitrag von Es335 »

Sucht man bei Wikipedia nach "Haselfichte", dem deutschen Begriff für dieses Phänomen, wird man bereits in der Einleitung darauf hingewiesen, dass "In Österreich .. das Wissen um die Haselfichte als Klangholz 2011 von der UNESCO als Immaterielles Kulturerbe anerkannt" ist! :?

Naja, vielleicht sind meine Ohren auch schon zu altersschwach, um das rauszuhören! :wink: :D

Spektakulär sieht es manchmal aber schon aus!?

Bild
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RB
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Re: Mahagoni gs. Quilt Mahagoni

Beitrag von RB »

Ha, ich habe auch ganz viel Wissen um die Haselfichte herum.
Jorma55
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Re: Mahagoni gs. Quilt Mahagoni

Beitrag von Jorma55 »

Offenbar haben sich unsere Beiträge überschnitten.

Michael
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Jorma55
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Re: Mahagoni gs. Quilt Mahagoni

Beitrag von Jorma55 »

Eine lediglich moderate Haselung habe ich bislang eigentlich immer als optisch eher abschreckend empfunden. Eine extreme Haselung wie bei der von ES 335 eingestellten Gitarre oder der Martin D-50 finde ich dagegen schon attraktiv. Bei Stevens hier in München, die sehr häufig Haselfichte verbauen, kostet dieses Holz übrigens einen moderaten Aufpreis von lediglich 120,00 Euro. "Quilted" oder Wolkenmahagoni kommt auf zusätzliche 200,0 Euro.

Michael
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