Meine erste Lakewood

Alles über akustische Gitarren für Stahlsaiten

Moderator: RB

rwe
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Re: Meine erste Lakewood

Beitrag von rwe »

fingerstylist hat geschrieben:
Di Jun 20, 2023 2:07 pm
Also, das die Decke entscheidend ist. Gab es da nicht die Geschichte ( Anekdote?) von Torres der genau das behauptete und zum Beweis eine Gitarre mit den Pappkorpus baute......?
Aber genau das Experiment ist ja nur der Beweis, dass Korpusse aus Faserverbundwerkstoff (und Pappmaché ist nix anderes) funktionieren. 100+ Jahre vor Kaman (Ovation) und Carbon-Gitarren.
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Gitarrenmacher
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Re: Meine erste Lakewood

Beitrag von Gitarrenmacher »

fingerstylist hat geschrieben:
Di Jun 20, 2023 2:07 pm

Eigentlich ist das ja auch keine neue Erkenntnis. Also, das die Decke entscheidend ist. Gab es da nicht die Geschichte ( Anekdote?) von Torres der genau das behauptete und zum Beweis eine Gitarre mit den Pappkorpus baute......?
Ich wollte dem hochverehrten Chef eine PN schicken, dass ich meinen Allerwertesten verwette, dass Herr Torres in kürze in diesem Faden auftaucht.......
Wir haben gestern dann Besuch bekommen. Keen Tied....
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gruhf
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Re: Meine erste Lakewood

Beitrag von gruhf »

rwe hat geschrieben:
Di Jun 20, 2023 4:02 pm
Aber genau das Experiment ist ja nur der Beweis, dass Korpusse aus Faserverbundwerkstoff (und Pappmaché ist nix anderes) funktionieren. 100+ Jahre vor Kaman (Ovation) und Carbon-Gitarren.
Das Experiment zeigt aber auch, dass eine Gitarre mit Korpus aus Pappe (oder Carbon, HPL, etc.) und Fichtendecke wie eine Gitarre klingt. Ergo ist der Einfluss des Korpusmaterials auf den "Klang" vernachlässigbar.

Nicht Torres: https://youtu.be/0ew37JBZRl0
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Gitarrenmacher
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Re: Meine erste Lakewood

Beitrag von Gitarrenmacher »

gruhf hat geschrieben:
Di Jun 20, 2023 9:51 pm

Das Experiment zeigt aber auch, dass eine Gitarre mit Korpus aus Pappe (oder Carbon, HPL, etc.) und Fichtendecke wie eine Gitarre klingt. Ergo ist der Einfluss des Korpusmaterials auf den "Klang" vernachlässigbar.

Nicht Torres: https://youtu.be/0ew37JBZRl0
War das jetzt der Schluss, den Du aus diesem "Experiment" ziehst?
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gruhf
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Re: Meine erste Lakewood

Beitrag von gruhf »

Gitarrenmacher hat geschrieben:
Di Jun 20, 2023 10:09 pm
War das jetzt der Schluss, den Du aus diesem "Experiment" ziehst?
Ja, das ist der Schluss, den ich aus Torres' Demonstration und vor allem aus diesem weiterführenden Experiment ziehe.
rwe
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Re: Meine erste Lakewood

Beitrag von rwe »

gruhf hat geschrieben:
Di Jun 20, 2023 9:51 pm
Das Experiment zeigt aber auch, dass eine Gitarre mit Korpus aus Pappe (oder Carbon, HPL, etc.) und Fichtendecke wie eine Gitarre klingt. Ergo ist der Einfluss des Korpusmaterials auf den "Klang" vernachlässigbar.
Und weshalb klingt dann eine Gitarre mit Double Top oder Carbondecke wie eine Gitarre? (Frag @Holger;-)
Damit wäre auch der Einfluss des Deckenmaterials auf den "Klang" vernachlässigbar...
Filigran
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Re: Meine erste Lakewood

Beitrag von Filigran »

gruhf hat geschrieben:
Di Jun 20, 2023 10:59 am
Filigran hat geschrieben:
Di Jun 20, 2023 7:15 am
Vielleicht ist das ein optisches Ding: helle Farbe suggeriert hellen Klang.
Deshalb werden vermutlich die Ahorn-Zargen und -Böden von Kontrabässen vorwiegend dunkel gebeizt? :wink:
An dem Tag, an dem Gitarrentöne genauso erzeugt werden wie bei den Streichern und alle Amp-Hersteller Konkurs anmelden, können wir uns darüber nochmal unterhalten 8)
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Rumble
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Re: Meine erste Lakewood

Beitrag von Rumble »

Ich versuche noch die beiden folgenden Sätze zu verarbeiten:

"Das Experiment zeigt aber auch, dass eine Gitarre mit Korpus aus Pappe (oder Carbon, HPL, etc.) und Fichtendecke wie eine Gitarre klingt. Ergo ist der Einfluss des Korpusmaterials auf den "Klang" vernachlässigbar."

Also nur weil eine Gitarre durch die jeweilge Decke irgendwie "nach Gitarre" klingt, ist der Rest den Materials (zumindest des Korpus) egal, bzw. "vernachlässigbar"?

Das wäre doch eine super Erkenntnis! Eine für alle!
Die Volksgitarre. Vorne Fichte und hinten Plastik-Fantastik. Zarge aus Spritzguss. Das macht die Sache günstig und abwaschbar.
Alle klingen ja irgendwie nach Gitarre.

Die eigenen Ohren werde ja so oder so irgendwie überbewertet. ;-)

PS: Mein Eierschneider ist zwar sehr leise, aber wenn man genau hinhört, dann klingt der auch irgendwie ein kleines bisschen nach Gitarre.
Zuletzt geändert von Rumble am Fr Jun 23, 2023 8:06 am, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Meine erste Lakewood

Beitrag von gruhf »

rwe hat geschrieben:
Di Jun 20, 2023 11:16 pm
Und weshalb klingt dann eine Gitarre mit Double Top oder Carbondecke wie eine Gitarre? (Frag @Holger;-)
Damit wäre auch der Einfluss des Deckenmaterials auf den "Klang" vernachlässigbar...
Diese Deduktion erschließt sich mir nicht.

Torres hat gezeigt, dass eine (von ihm gebaute) Gitarre mit Pappkorpus (Papiermaché) und Fichtendecke so klingt wie eine (von ihm gebaute) Gitarre mit Holzkorpus (Palisander, Ahorn oder Zypresse) und Fichtendecke, dem Klangideal der damaligen Zeit. Die weiter oben angeführte Studie von Carcagno, Bucknall, Woodhouse et al. hat gezeigt, dass sechs Gitarren mit unterschiedlichen Hölzern für Böden/Zargen und (vom selben Stamm geschnittenen) Fichtendecken ähnliche Schwingungsmoden aufweisen und in einem Blindversuch mit ca. 50 Teilnehmern keine signifikante Präferenz für eine bestimmte Holzkombination geäußert wurde.

Diese Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass der Einfluss des Korpusmaterials auf den "Klang" vernachlässigbar ist.

Hast Du ein ähnliches Experiment gefunden, bei dem Gitarren mit Double Top und Carbondecke verglichen werden? Es ist durchaus möglich, dass ein Double Top und eine Carbondecke bei entsprechendem Aufbau (Dicke, Beleistung, Form usw.) ähnliche Schwingungsmoden aufweisen. Das führt aber sehr weit weg von der Fragestellung von einhandsegler73 und der eigentlichen Motivation von Torres' Experiment.
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Re: Meine erste Lakewood

Beitrag von Filigran »

Ich habe mit allen diesen Versuchen auch deshalb ein Problem, weil es schon zwischen Gitarren der gleichen Baureihe eines Herstellers Unterschiede gibt. Wer nach einer D28 sucht, wird bei der Suche unterschiedliche Klänge zu hören bekommen. Es gibt so viele Einflussfaktoren, dass solche Experimente fast immer daran kranken, den Einfluss eines jeden dieser Parameter abzugrenzen.

Gibt es einen Unterschied zwischen einer D18 und einer D28? Ja, den Preis! Gibt es einen klanglichen Unterschied? Sicher, aber woran es genau liegt, vielleicht an der Decke, dem Korpus, dem Tag der Produktion, der Gitarrenbauer hatte Blähungen oder keine usw..

Carles Trepat spielte in La Coruna auf einer Torres von 1894 ein Konzert, nachzuhören auf youtube, und der Klang hat mich jetzt nicht soooo vom Hocker gehauen; wenn die Pappgitarre auch so geklungen hat, war es kein großer Schritt.
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Re: Meine erste Lakewood

Beitrag von gruhf »

Filigran hat geschrieben:
Mi Jun 21, 2023 11:16 am
Ich habe mit allen diesen Versuchen auch deshalb ein Problem, weil es schon zwischen Gitarren der gleichen Baureihe eines Herstellers Unterschiede gibt. Wer nach einer D28 sucht, wird bei der Suche unterschiedliche Klänge zu hören bekommen. Es gibt so viele Einflussfaktoren, dass solche Experimente fast immer daran kranken, den Einfluss eines jeden dieser Parameter abzugrenzen.
Natürlich gibt es diese Unterschiede, schließlich ist Holz ein äußerst inhomogener, anisotroper Werkstoff. Aber der Sinn und Zweck von (statistischen) Experimenten ist es nunmal, durch geschickte Versuchsführung und logische Schlussfolgerungen von empirischen Erfahrungen/unscharfen Datenmengen zu möglichst allgemeingültigen Aussagen zu gelangen. Und wie man in der oben verlinkten Publikation nachlesen kann, wurde in der Studie von Carcagno, Bucknall (Fylde Guitars) , Woodhouse et al. versucht, den Einfluss von streuenden Holzeigenschaften der Decke so weit wie möglich zu minimieren ("The guitars were all based on the “Falstaff” model", "The top plates of all the guitars were made of Sitka Spruce (Picea sitchensis) taken from a single flitch of timber", "The necks were cut from one plank, as were the internal braces", "The component parts were worked exactly in parallel so that, for instance, the thickness of each top plate and each brace was determined using the same settings and at the same time", "A particular effort was put into matching the neck angle and string height"). Mir ist keine andere Studie bekannt, bei der ein derartiger Aufwand betrieben wurde, um weitestgehend gleiche Randbedingungen zu schaffen, ich lasse mich aber gern eines Bessern belehren.
Filigran hat geschrieben:
Mi Jun 21, 2023 11:16 am
Gibt es einen Unterschied zwischen einer D18 und einer D28? Ja, den Preis! Gibt es einen klanglichen Unterschied? Sicher, aber woran es genau liegt, vielleicht an der Decke, dem Korpus, dem Tag der Produktion, der Gitarrenbauer hatte Blähungen oder keine usw..
Wenn man logisch aus den Ergebnissen der o. g. Studie folgert, werden klangliche Unterschiede zwischen einer D18 und einer D28 hauptsächlich durch Unterschiede in der Deckenkonstruktion bedingt sein. Wie groß ist denn die Wahrscheinlichkeit, dass die Palette Sitka-Decken, die Martin von einem Holzgroßhändler fertig aufgetrennt bezieht, alle vom selben Stamm kommen? Oder die Leisten alle eine ähnliche Dichte haben?

Eigentlich wäre eine Fabrikgitarre von Martin usw. für einen solches Experiment prädestiniert: Warum baut z. B. Bob Taylor mit seinen CNC-Maschinen, Lackier-Robotern und Plek-Maschinen nicht mal ein paar Gitarren mit weitgehend identischer Deckenkonstruktion und unterschiedlichen Böden/Zargen und führt einen Blindversuch in Sachen "Klang" durch? Wäre mal interessant...
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Re: Meine erste Lakewood

Beitrag von Gitarrenmacher »

gruhf hat geschrieben:
Mi Jun 21, 2023 11:58 am

Natürlich gibt es diese Unterschiede, schließlich ist Holz ein äußerst inhomogener, anisotroper Werkstoff. Aber der Sinn und Zweck von (statistischen) Experimenten ist es nunmal, durch geschickte Versuchsführung und logische Schluss......................
Ich bin leider nicht so belesen in dieser, auch unter hochdekorierten Fachleuten, sehr kontrovers geführten, und mit viel Hokuspokus bestückten, teils hoch emotionalen, Diskussion. Daher meine Frage. Waren die Böden der getesteten Gitarren als Resonator oder als Reflektor konstruiert?
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Re: Meine erste Lakewood

Beitrag von Filigran »

Soweit das überhaupt möglich ist, haben die Verfasser der Studie ihr möglichstes getan. Ich wäre mal gespannt, wie so ein Experiment hinsichtlich unterschiedlicher Deckenhölzer bei ansonsten gleichen sonstigen Komponenten ausgehen würde. Best Guess: auch hier könnte Roger Bucknall die Gitarren vermutlich so bauen, dass keine großen Unterschiede herauskommen.

Das Experiment geht a priori davon aus, dass eine Gitarre gleich der Summe aller einzelnen Komponenten ist. Sind alle anderen Parameter gleich, müssen Variationen das Resultat der variablen Komponente sein. Die Studie zeigte, dass die messbaren Unterschiede in der Bewertung der Gitarren so klein waren, dass kein signifikanter Einfluss der Hölzer erkennbar war. Das heisst, es gab Unterschiede, aber sie waren klein.

Ich denke das ist der Punkt: ich höre etwas und es gefällt, oder eben nicht. Diese Unterschiede sind winzig, aber mit meinen Ohren erkennbar. Dabei geht es gar nicht um messbare Qualität, sondern höchst subjektive Spielfreude (oder deren Abwesenheit).

Die Studie fragte nicht nach den klanglichen Präferenzen der Testpersonen, gefragt wurde nach "objektiven" Kriterien. Haben diese Präferenzen Auswirkungen auf den Ausgang der Studie? Wenn ich einen Klang als "mellow" oder "clear" bezeichne, meint das dann für jede Person das gleiche, auch wenn wir unterschiedliche Präferenzen (z.B. mag ich mehr oder weniger Bass) haben? Wenn mir der Sound einer Falstaff nicht gefällt, wird vermutlich kein Tropenholz etwas daran ändern und alle Hölzer klingen gleich "mellow".
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Re: Meine erste Lakewood

Beitrag von L1 »

Eine Gitarre ist einfach ein System.

Ein System, in dem ALLE Komponenten zusammenwirken und einen Gesamteindruck ergeben. Manche Komponenten mehr, deutlich hörbar, manche weniger bis fast gar nicht, allenfalls messtechnisch erfassbar und musikalisch uninteressant. Und eine Portion "Zufall" ist auch mit dabei, wenn es z. B. um den natürlichen Werkstoff Holz geht ... selbst bei Selektion, KEIN Stück ist wirklich exakt wie das andere ...
Und letztlich ist auch der Mensch Teil dieses Systems, wie er spielt, wie er hört und fühlt, wie vielleicht die Gitarre sein Spiel beeinflusst, und dieses wiederum Rückwirkung auf die Gitarre hat ...

Aber im Grunde ist es ganz einfach. Spielen, hören, fühlen. Wenn das passt, dann passts ... :wink:
Zuletzt geändert von L1 am Mi Jun 21, 2023 3:24 pm, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Meine erste Lakewood

Beitrag von gruhf »

Filigran hat geschrieben:
Mi Jun 21, 2023 1:18 pm
Die Studie zeigte, dass die messbaren Unterschiede in der Bewertung der Gitarren so klein waren, dass kein signifikanter Einfluss der Hölzer erkennbar war. Das heisst, es gab Unterschiede, aber sie waren klein.
Die Unterschiede im Klang der einzelnen Hölzer für Böden/Zargen waren in einem Blindversuch (!) mit ca. 50 (!) Pros, Semi-Pros und Amateuren nicht signifikant. Persönliche Vorlieben im Klang spielen da nur eine untergeordnete Rolle, da es speziell um den Vergleich der Holzkombinationen untereinander ging. Meiner Meinung nach bilden die Ergebnisse eine solide Basis für die in der Publikation gezogenen Schlussfolgerungen.

Sicherlich mag es Personen geben, die das Herstellungsdatum der Ballend-Umwicklung heraushören können. Ich habe bislang noch keine belastbaren Ergebnisse (z. B. aus einem Blindversuch) dazu gefunden, bin aber für jeden Hinweis dankbar.
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