Welche Gitarre für was?

Alles über akustische Gitarren für Stahlsaiten

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Andreas Fischer
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Welche Gitarre für was?

Beitrag von Andreas Fischer »

Ich konnte mir zu Anfang nur günstige Gitarren leisten und habe da dann nach und nach so einige zusammengekauft. Verschiedene Bauformen, Hersteller, Farben, .... ich wurde zum Sammler der günstigen Gitarren.
Mittlerweile bekam ich aber eine "bessere" im Wert von 800 € geschenkt, kaufte mir eine für 300 € die mich wirklich überrascht hat, .... und sorry ich plaudere, ... also zu meiner Frage:

Ich denke aktuell über wirklich gute Gitarren nach, nicht das ich sie mir aktuell leisten kann (Dauerpleite) aber ich frage mich manchmal, ... wann und wozu eine Dreadnaught, Wozu eine Parlor, etc.... Ich frage nicht weil ich auf der Suche nach der für mich passenden Gitarre bin, sondern einfach weil ich mein Wissen erweitern will.

Ich denke eine Dread macht eher Sinn wenn man sich durchsetzen will und muss, Lautstärke braucht, eine Jumbo wenn noch mehr erforderlich ist. Aber ist das alles? Taugen die nur fürs Anschlägen, nicht zum Zupfen?
Ich persönlich mag kleine Formen wie Parlor Gitarren und meine zu wissen das viele solche für die leiseren gezupften Töne verwenden aber auch da, ist das alles?

Also die Frage an euch, Welche Bauart für was, für welchen Spielstil?
Andreas Fischer
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Rumble
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Re: Welche Gitarre für was?

Beitrag von Rumble »

Kleine Parlor Biester können schon auch verdammt laut sein. ;-)

Ich denke, es geht wirklich eher um das, was man mit den Dingern vorhat und auch ganz schlicht darum, was passt und gefällt.
Eine OM, eine kleinere Dread, wie vielleicht eine J45, oder etwas im Martin Style, wie eine D18, D-28, vielleicht auch eine Taylor, das ist alles solide und recht universell einsetzbare "Fabrikware". :mrgreen:

Günstiger (und trotzdem gut) geht es aber durchaus auch. ;-)

Bluegrass ruft vielleicht ein bisschen mehr nach einer lauten Dread. Die kleinen "Parlor Style" Gitarren (sind es ja meistens gar nicht wirklich), werden auch gern für bluesige Sachen genommen, aber am Ende muss es einfach passen. Fingerstyler haben vielleicht andere Anforderungen.
Andere singen und suchen dafür das passende Gerät.

Nimm einfach das, was für dich selbst am besten taugt.
Eine Gitarre zu haben ist besser als eine Gitarre zu brauchen.
fingerstylist
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Re: Welche Gitarre für was?

Beitrag von fingerstylist »

Ich bin erst vor einigen Jahren auf Stahlsaiten umgestiegen und mir haben sich ähnliche Fragen gestellt.
Im Ergebnis kam ich zu folgenden Überlegungen ohne Anspruch auf Allgemeingültigkeit

Kleine Gitarren sind zumeist leiser, handlicher, ausgewogen im Klang mit einer schnellen Ansprache und mit in der Tendenz eher dünnen Bass.
Große Instrumente klingen eher raumfüllend ( statt focussiert ) mit fetteren Bass, lauter und sind in der Ansprache häufig etwas träger und in der Tendenz unhandlicher.
Der beste Kompromiss zwischen, Handlichkeit, Ansprache und Ton stellt hier für mich das GA Modell dar.
Für Aufnahmen greife ich aber tatsächlich lieber auf meine tripple O zurück.

Wer genau weiß was er spielt kann sich natürlich ganz zielgerichtet ein dafür gebautes Instrument kaufen. Das kann dann Anderes evtl. nicht so gut, ist dann aber egal. ( ich z.B. spiele keine bluegrass weshalb meine Gitarren dafür nicht geeignet sein müssen)

Das sind aber alles nur sehr allgemeine Aussagen. Z.B. eine Boucher JP Cornier ist klein, handlich, laut und hat einen fetten Bass und es gibt vermutlich auch Dreads mit feinen differenzierten, fokussierten Ton und schneller Ansprache die sich handlich anfühlen :wink:
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Rumble
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Re: Welche Gitarre für was?

Beitrag von Rumble »

Man muss ja auch nicht unbedingt nur eine haben. ;-)

Einfach viele ausprobieren und dabei vielleicht auch ein bisschen besser herausfinden, was einem auch haptisch so liegt. Finde ich genauso wichtig. Wobei man sich auch manchmal einfach mit den Dingern anfreunden muss.

Wobei ich ja über Jahre auch wirklich extrem viel ausprobiert habe, nur um irgendwann auch gelernt habe, dass der Spieler sehr schnell wichtiger ist als das Material.

Weiß nicht mehr genau wo, könnte in Greven gewesen sein, da hat der @tomis mal einen sehr wertvollen Satz in seiner bekannt trockenen Art zu mir gesagt.

Betreffend der J45:
Zitat: "Die ist doch gut, gewöhn dich halt dran."
Wie recht er damit doch mal wieder hatte. ;-)

Wobei natürlich viele Modelle und Formen so ihren eigenen Charme haben.
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rwe
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Re: Welche Gitarre für was?

Beitrag von rwe »

Andreas Fischer hat geschrieben:
So Mai 04, 2025 1:40 am
Ich frage nicht weil ich auf der Suche nach der für mich passenden Gitarre bin, sondern einfach weil ich mein Wissen erweitern will. <...> Ich denke eine Dread macht eher Sinn wenn man sich durchsetzen will und muss, Lautstärke braucht, eine Jumbo wenn noch mehr erforderlich ist. Aber ist das alles? Taugen die nur fürs Anschlägen, nicht zum Zupfen? <...> Also die Frage an euch, Welche Bauart für was, für welchen Spielstil?
Da ist viel Folklore * in deinem Beitrag. Die "frühen Picker" der 70s kannten kaum etwas anderes als Dreads und Jumbos, selten mal 'ne OM, gerade in Europa kaum. Lämmerhirt, Wader, Kolbe/Illenberger, Renbourn, Jansch spielten normalerweise solche Formate. Oder auch mal Ovations. - "Archäologen" wie Stefan Grossmann, Norman Blake oder... auch schon mal kleinere Modelle. Oder Joan Baez.
Die "Orchestra"-, "Auditorium-" etc. Modelle kamen erst in den 90s/00s hier (verstärkt) auf die Märkte, die Parlour noch später, als Replicas der frühen kleineren Modelle. Parallel in den 90s dann Lowden / Avalon, Fylde (ok, gab's vorher, wurden dann aber erst populärer), mit einer anderen Klangästhetik.

* PS: Nicht so richtig falsch, aber eben auch nur "teilrichtig"
PPS: Alles vor den 1970s lassen wir hier mal raus, da gab es "die Picker" hier noch nicht so wirklich.
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Re: Welche Gitarre für was?

Beitrag von saitentsauber »

Manchmal hilft auch der Name. Wer z.B. Sinti-Jazz spielen möchte, wird in der Regel die entsprechende Gitarre haben (wollen). Also eine für Sinti-Jazz bzw. eine Selmer(-Maccaferri) bzw. Django-Gitarre.
rwe
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Re: Welche Gitarre für was?

Beitrag von rwe »

saitentsauber hat geschrieben:
So Mai 04, 2025 2:36 pm
Also eine für Sinti-Jazz bzw. eine Selmer(-Maccaferri) bzw. Django-Gitarre.
Wobei sich darunter auch schon wieder verschiedene Typen verbergen, Grand Bouche und Petit Bouche..., manche auch mit Nylonsaiten ... (https://www.sandrasherman.com/ratgeber- ... arren.html, https://gypsyguitar.de/guitars/)
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Andreas Fischer
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Re: Welche Gitarre für was?

Beitrag von Andreas Fischer »

Erst einmal vielen Dank für eure interessanten Antworten.
Ich mache es mal spezifischer. Und auf mich bezogen.

1. Ich singe gern zur Gitarre, diese meist mit Anschlag gespielt, um nicht in schrecklichem Denglisch "Schtrummen" zu sagen.
Ich singe aber nicht laut, da darf die Gitarre auch nicht zu laut sein um mich nicht zu übertönen.
Ich habe mal gehört, viele Gitarren für Sänger haben tolle Bässe und Höhen und in der Mitte, wo die menschliche Stimme liegt, eher weniger. Stimmt das? Wie ist das, wenn jemand eine tiefe Stimme hat?
Wie auch immer, was passt, zu einem Sänger mit tiefer Stimme, der nicht besonders laut singt, wenn ohne Mikro und verstärkt?

2. Ich spiele gern Fingerstyle, obwohl ich dazu, wie wahrscheinlich die wenigsten", dazu singe. Auch wieder eher leise, mit tiefer Stimme?
Was passt dazu?

Haptisch mag ich kleinere Gitarren, obwohl ich 183 cm groß bin und sehr schwergewichtig, mit Riesenhänden.
Eine Dread ist mir zu wuchtig und unbequem, eventuell auch wegen des dicken Bauches ;-) Aber vielleicht bin ich einfach nur die kleinen gewöhnt.
Andreas Fischer
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rwe
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Re: Welche Gitarre für was?

Beitrag von rwe »

Andreas Fischer hat geschrieben:
So Mai 04, 2025 10:18 pm
Wie auch immer, was passt, zu einem Sänger mit tiefer Stimme, der nicht besonders laut singt, wenn ohne Mikro und verstärkt?
Ich werfe mal eine Ovation, wegen ihres akustischen Klangs, in die Runde. Von mir aus auch mit dünnerem Korpus.
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Andreas Fischer
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Re: Welche Gitarre für was?

Beitrag von Andreas Fischer »

rwe hat geschrieben:
So Mai 04, 2025 11:44 pm

Ich werfe mal eine Ovation, wegen ihres akustischen Klangs, in die Runde. Von mir aus auch mit dünnerem Korpus.
Ovation?

Die habe ich als Jugendlicher immer in den Schaufenstern bewundert, konnte sie mir aber nicht leisten. Damals wurde gesagt, dass die besonders gut klingen
In heutiger Zeit, ok, vor 10 Jahren, las ich mehrmals das diese doch nicht gut klingen sollen wenn unverstärkt.

Was nun? Ich müsste wirklich mal eine anspielen in einem Musikgeschäft.
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Niels Cremer
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Re: Welche Gitarre für was?

Beitrag von Niels Cremer »

Andreas Fischer hat geschrieben:
So Mai 04, 2025 10:18 pm
Haptisch mag ich kleinere Gitarren, obwohl ich 183 cm groß bin und sehr schwergewichtig, mit Riesenhänden.
Eine Dread ist mir zu wuchtig und unbequem, eventuell auch wegen des dicken Bauches ;-) Aber vielleicht bin ich einfach nur die kleinen gewöhnt.
rwe hat geschrieben:
So Mai 04, 2025 11:44 pm
Ich werfe mal eine Ovation, wegen ihres akustischen Klangs, in die Runde. Von mir aus auch mit dünnerem Korpus.
Also, ohne dem Andreas zu nah treten zu wollen, und er hat seine Körperform ja selbst erwähnt: Bauch auf Bauch passt nicht, das kann ich aus eigener Erfahrung sagen. :D Ausserdem hab ich noch nie eine gut klingende Ovation gehört, weder akustisch, noch verstärkt. Die PUs klingen mMn eher bescheiden; vor ein paar Jahrzehnten hatten die als mit die ersten elektro-akustischen Gitarren sicher ein Alleinstellungsmerkmal was "akustische" Klänge auf Live-Bühnen anging, aber da gibt's ja heutzutage viele viele andere, und wie ich meine, bessere, Alternative.

LG,
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Re: Welche Gitarre für was?

Beitrag von rwe »

Das Formproblem kann ich in gewisser Weise aus eigener Erfahrung nachvollziehen. Da hilft dann, wie bei neapolitanischen Mandos, die ich auch spiele, ein Gurt.
Sound ist Geschmackssache; ICH finde ihn akustisch richtig gut, der verstärkte interessiert mich nur am Rande. (Da, wo ich AkGit verstärkt spiele, ist das Publikum ohnehin gnädig...)
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Holger Hendel
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Re: Welche Gitarre für was?

Beitrag von Holger Hendel »

Welche Bauart für was, für welchen Spielstil?
Sofern bestimmte Musik in der Tradition ihrer jeweiligen Meister dargeboten werden soll ist die Frage sehr einfach zu beantworten: Schau einfach in Musikvideos rein, dort erkennt man idR, wer da gerade was für eine Gitarre spielt. Das ist die einzig richtige Antwort, denn wer von uns würde schon Eric Clapton oder Tommy Emmanuel hinsichtlich der Gitarrenauswahl widersprechen? :lol: (Ok...mir fallen da doch einige ein :lol: ).
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Re: Welche Gitarre für was?

Beitrag von rwe »

Holger Hendel hat geschrieben:
Mo Mai 05, 2025 8:31 am
Sofern bestimmte Musik in der Tradition ihrer jeweiligen Meister dargeboten werden soll ist die Frage sehr einfach zu beantworten: Schau einfach in Musikvideos rein, <...>
Na ja, wenn AER und Schertler früher auf dem Markt gewesen wären (oder auch nur 7ender), hätte es möglicherweise die Dobros nicht gegeben... Wollen wir Musik historisch informiert (nach)spielen, dann nehmen wir die Dobros, sonst vielleicht was anders.
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Holger Hendel
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Re: Welche Gitarre für was?

Beitrag von Holger Hendel »

@rwe: Genau, das meine ich mit "in der Tradition ihrer Meister". Also wenn...das haben wir (oder die...) immer so gemacht ein Argument ist oder man ein Tribute-Projekt am Start hat - dann reicht einfach ein Blick in ein Musikvideo oder den techrider einer guten Tributeband.

Ansonsten gilt wohl folgendes Zitat aus "Helge Schneider erklärt Jazz, Folge 1":
Die Leute sind ja nicht so, dass sie schon wissen was sie da machen, wenn sie was machen
Einfach mal machen, Motörhead und Iron Maiden klingen auch super auf einer Hübenbecker C1 fanfret. :guitar1:
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