Alt gegen Neu??

Alles über akustische Gitarren für Stahlsaiten

Moderator: RB

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Janpeter
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Alt gegen Neu??

Beitrag von Janpeter »

Liebe GitarristInnen-Gemeinde;

den vielen Beiträgen ist ja doch zu entnehmen, dass Jede(-r) mindestens eine oder mehr Gitarren besitzt und spielt. Ich nehme jetzt mal an, dass das die MEisten schon eine ganze Weile tun.

Meine Frage: Alt gegen Neu? - Lieber eine eingespielte Gitarre behalten - oder sie gegen ein neues, gleichartiges Modell - sagen wir mal, nach 10 oder 20 Jahren - tauschen?

Beispiel: Meine 20 Jahre alte Guild GF gegen eine nagelneue F 47 R? - Oder die 20 Jahre alte Lowden gegen eine neue Avalon? -

Oder sollte man überhaupt eher eine alte "Vintage"-Gitarre bevorzugen - oder wegen technischer PRobleme an älteren Gitarren überhaupt nur Neue bevorzugen?

Kann diese Frage so auch für klassische Gitarren gestellt werden? - Vielleicht ist diese Frage aber auch insgesamt wenig sinnvoll, weil sie sehr vom jeweiligen Zweck -und - Vorlieben abhängt. Und dennoch wollte ich sie hier mal so aufwerfen.

Die Gitarrenbauerfraktion möge mir diese Frage nachsehen. Gerade sie könnte aber besonders aus technischer Sicht mit gutem Rat beistehen?!

Auf die verschiedenen Antworten freue ich mich!
Euer Jan-Peter
Lowden L 32 P
Guild JF 30-12
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Contax S 2
Distagon CF 30 mm
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H-bone
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Beitrag von H-bone »

Hallo Janpeter,

was sollte es da nachzusehen geben ?

Aber mal zu deiner Frage:

Es gilt mal zu sortieren:

1, Schlechte gebrauchte Gitarren:

Sind meist etwas fertiger als schlechte neue Gitarren - liegt aber weniger am "gebraucht" als am "schlecht"

2, Schlechte neue Gitarren:

Werden in relativ kurzer Zeit schlechte gebrauchte Gitarren.

3, Gute und schlechte "missbrauchte" Gitarren:

Gibt es - leider - in allen Kategorien - aber bedeutend mehr schlechte - denn die guten werden meist geliebt.

4, Gute gebrauchte Gitarren;

Zeigen meist schon sofort was sie können, und haben bewiesen dass sie das erste "kritische Jahr" bereits klaglos überlebt haben. Die Gefahr, dass diese Gitarren anfangen zu zicken ist relativ gering, die Chance dass noch viel unentdecktes Potenzial in ihnen steckt, ebenfalls.

5, Gute neue Gitarren:

Wenn sie anfangs gut klingen, werden sie später noch heftig besser klingen, wenn sie phantastisch klingen, dann sollte man sie nicht mehr hergeben.

6, Vintage-Gitarren (40+):

Sollte man Sammlern und Enthusiasten überlassen - in so einem Alter ist es nicht mehr weit, dass eine Gitarre "toppt"... das heisst, sie beginnt sich wieder "auszuspielen" - sie hat ihren Zenith "getoppt...


Der Rest ist Bauch :wink:

Gruss, Martin
stringbender
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alt gegen neu

Beitrag von stringbender »

Hallo Jan-Peter,

Was die Lowden anbetrifft, die würde ich nicht gegen eine neue Avalon tauschen. Eine Avalon ist keine Lowden. Die Gitarren klingen anders und sind auch anders konstruiert. Da müsstest Du schon eine neue Gitarre direkt von George Lowden kaufen.

Alte Gitarren können Mängel haben von denen der Spieler nicht unbedingt gleich etwas merkt. Der Klassiker bei der Akustikgitarre ist die Decke. Ist sie eingefallen, ist die Gitarre hinüber und muss repariert werden. Das sieht aber in der Regel nur ein Gitarrenbauer. Der Klang einer Gitarre wird nach vielen Jahren nicht besser. Das Holz altert und schwingt bei häufigem Spielen aus. Irgendwann hat das Instrument seinen Zenit überschritten. Es gibt wenige alte Gitarren die wirklich perfekt in Ordnung sind. Ich hatte einmal eine Flamencogitarre von Manuel Reyes aus den 60er Jahren in der Hand. Die Gitarre war in perfektem Zustand. So etwas ist aber selten. In der Regel würde ich immer auf eine neue Gitarre zurückgreifen, WENN sie aus gleichem Hause kommt und gleich gebaut ist.

Letztendlich gilt das für eine Neuanschaffung.
Wenn Du eine alte Gitarre hast und nicht mehr sicher bist ob sie in Ordnung ist, dann mach als Laie folgendes. Lass das Instrument von 2 Gitarrenbauern durchchecken. Ist die Gitarre o.k. und der Klang stellt Dich zufrieden, dann behalte sie. Wenn nicht, dann kauf' eine andere.


Gruß
Armin
Armin Dreier Gitarrenbau
Römerstr.9
73614 Schorndorf
07181/44486
www.dreier-gitarren.de
Jensy
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Beitrag von Jensy »

Hallo Jan Peter,

diese Frage die Du stellst ist für mich sehr intim und unheimlich individuell, so dass man es gar nicht pauschalisieren kann.
Erstmal hängt es von dem Instrumenten ab die Du tauschen möchtest. Dies kann man nur im Direktvergleich machen und dann noch über mehrere Tage.
Dein Gehör spielt ja auch eine Rolle da man ja nicht immer gleich hört.
(Tagesform abhängig)
Ausserdem sollte natürlich Dein Nutzen im vordergrund stehen.
Kannst Du das Instrument klanglich einsetzen und kommst Du spielerisch (spieltechnisch) damit zurecht?

Technisch sollten die Instrumente natürlich in Schuss sein.
Ich stimme dem Armin zu das Du bei zweifel Dir
lieber eine Meinung von einem Gitarrenbauer zu dem jeweiligen Instrument holst.

Desweiteren kommen so manche "unschönheiten" (wenn sie da sind) erst nach einigen Stunden intensiven spielens herraus.

Ich gebe einigen Kunden Instrumente mit zum ausprobieren (auf Gefahr des Kunden natürlich), andere waren 4 -5 mal da um auszuprobieren und haben dann erst gekauft.

Viel Glück wünscht

Jens

PS.: wenn es eine "schöne" Lowden ist würde ich sie behalten. :wink:
Gast

Beitrag von Gast »

Beispiel: Meine 20 Jahre alte Guild GF gegen eine nagelneue F 47 R? - Oder die 20 Jahre alte Lowden gegen eine neue Avalon? -
2x ein klares NEIN!

Die neuen Guilds mögen vielleicht gut sein (seitdem sie bei Tacoma gebaut werden), sonderlich beliebt auf dem Gebrauchtmarkt sind sie nicht. Ich vermute, dass sich die Rhode Island Guilds zum relativ gesuchten Klassiker entwickeln werden und die Neuen immer den Makel haben werden

a) von Fender zu sein
b) nicht mehr aus der alten Manufaktur zu kommen

Ich glaube, Fender hat sich keinen Gefallen damit getan, die Produktion zu verlegen. Sie hätten einfach alles lassen sollen wie es ist. Auch dass Chinamodelle unter dem Namen Guild auf dem Markt sind (so gut sie auch für ihren Preis sein mögen) wird kaum dazu beitragen, das Ansehen der Marke Guild zu steigern.

Zur Lowden
Erstmal ist Avalon nicht Lowden. Zweitens hat George die Lowdens aus dieser Zeit (vor der Verlagerung nach Japan, Deine müsste aus der Zeit stammen) als die mit die besten bezeichnet, die es je gab.

Frage: was hat Deine denn für eine Seriennummer? Ich habe auch eine, aber die heißt nur L32, und nicht wie Deine L32 P.



Und ganz allgemein:
Ich würde niemals eine neue Gitarre kaufen. Ebenso wenig würde ich ein "Vintage"-Teil kaufen. Beides ist zu teuer und bei letzterem hat man dann noch Ärger mit Verschleißerscheinungen.

Ich bevorzuge Gitarren ab den 90ern. Ich kaufe allerdings auch meist ungesehen, was ich z.B. bei einer Martin oder Gibson aus den 70ern/80ern niemals tun würde (Gründe sind ja bekannt). Eine Guild/Lowden aus den 80ern wäre auch noch ok, aber nicht älter. Da ist das Risiko einfach zu groß, dass demnächst Folgekosten auftreten.

Das alles war natürlich nur meine Privatmeinung.

Grüße, Kai
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lefthandgear
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Eingespielt ist gut

Beitrag von lefthandgear »

Hallo Janpeter,

ICH würde eine eingespielte Steelstring nur dann weggeben bzw. austauschen, wenn mir das Handling und/oder der Sound einfach nicht mehr behagt, respektive ich eine Gitarre nicht mehr spiele.
Guter Grund könnte sein, dass es bei vielen guten Gitarren einfach dauert, bis die Decke 'aufbricht' - sprich: ihren Ton ganz entfaltet hat. Dieses Erlebnis ist ME nicht zu toppen ... und es kommt auch bei gebrauchten Gitarren durchaus vor, dass sie keinesfalls ihr gesamtes Potential haben, wenn man sie denn kauft (der Vorbesitzer trennt sich dann wohl auch schon mal von einem Instrument, dass sein Leben eher im Koffer gefristet hat.
Ansonsten stimme ich der Meinung zu, dass Gitarren aus 'amtlicher' Fertigung sehr wohl behaltenswert sind, wenn heutzutage mit demselben Logo in Fernost produziert wird .
Soweit und Gruß an die Gemeinde nach dem 1. Post

Jens
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Janpeter
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Alt gegen Neu - Vitage oder nicht?!

Beitrag von Janpeter »

Liebe GitarristInnen-Gemeinschaft;

Zuerst einmal sehr herzlichen Dank für die wirklich überzeugenden Antworten, die meine Fragen ganz auf den Punkt bringen; im Einzelnen:

H-Bone's Hinweis, dass „schlechte" Gitarren nicht wirklich der Rede Wert sind und nur gute Gitarren später noch viel besser klingen, ist auch für mich sehr bemerkenswert, da ich irgendwie auch diese Erfahrung gemacht zu haben glaube. Ähnliches sagt auch lefthandgear.

Mit lefthandgear habe ich die Erfahrung mit meiner alten Guild GF 50 gemacht, die ich von einem Bekannten eines guten Bekannten in Osnabruck erworben habe, der sie seit Jahren in der Garage stehen hatte und nur noch E-Gitarre gespielt hatte. Nach der Justierung der Saitenlage und vielleicht zwei bis drei Wochen Einspielzeit klang sie deutlich besser als beim ersten Auspacken aus dem angestaubten Koffer. Seine Meinung, gute gebrauchte und eingespielte Gitarren sind in jedem Fall behaltenswert, würde ich ebenso vollumfänglich teilen.

Danke auch für Stringbenders und Venturini's Hinweise, dass eine Avalon, entgegen ihrer indirekten Anpreisungen, eben keine Lowden's sind. Von jenem „fiesen" Streit des Avalon teams und George [Lowden] habe ich auf der früheren homepage von George erfahren. Zu Venturini's Frage: Meine Lowden ist eine L 32 P, P bedeudete damals mit eingebautem pickup; damals entschied ich mich für den aktiven Pickup mit den beiden geschnitzten „Holz-Potis". Die Serien-Nummer ist: 2009; George hat zusätzlich meinen Vornamen aufs Label geschrieben, da ich ja damals, Mai/Juni 1990 in seiner Werkstatt im Industrial Estate II bei Bangor war [sehr erhellend und begeisternd!].

Wirklich gut wäre die von Jensy genannte Möglichkeit, ein paar ausgewählte Gitarren „im direkten Vergleich über mehrere Tage" vergleichend spielen und hören zu können. Das ist normalerweise aber kaum je wirklich möglich. Bei Modellen über 2.000 € ist mir passiert, dass ich gar keine in die Hand bekam, die [gepflegte Nappa-Leder] Jacke ausziehen musste oder erklären musste, früher schon mal mit Pete Seeger gespielt zu haben und bei George Gruhn gewesen zu sein. Da ich aber kein sideman von John Lennon oder Emmylou Harris war und bin, wäre mir die Frage nach der Mitnahme von zwei oder drei Gitarren für wenige Tage gar etwas peinlich. Bei Preisen von heutzutage etwa 2.500 bis 3.000 € wird häufig stillschweigend der Eindruck vermittelt, als seien diese Teile nur für ein exklusives, hermetisches Profi-Publikum.

Gerade über diesen Punkt hatten wir damals bei Lowden lange gesprochen; George und sein damaliger Geschäftsführer Richard vertraten die Auffassung, dass man gerade in Deutschland kein Problem damit hat, für eine etwas stärkere Motorisierung von Autos oder breitere Felgen und Reifen ungefähr das auszugeben, was ein Lowden kosten würde. Will heißen: Wer ein einigermaßen gutes Auskommen hat, kann aus Freude am Spiel auch mal den genannten Betrag für eine gute Gitarre ausgeben, auch wenn es ein Hobby ist; aber es ist gerade auch als Hobby Leben und Lebensfreude, Glück und etwas rational nicht mehr meßbares; wie ein Zitat von Einstein besagt: „Phantasie ist wichtiger als Wissen". Vielleicht könnten aber auch die Gitarrenbauer, beispielsweise auf den Open Strings, mehr Laien-Musiker ermutigen, die feinen Teile auch mal anzufassen und in einer stillen Ecke anzuspielen; oder man müßte sich selbst mal auf den Weg zu einigen Gitarrenbauern machen, ohne gleich mit festen Kauf-Absichten eintreten zu sollen - Niemand mag mich hier mißverstehen.

Sehr interessant ist für mich die praktisch übereinstimmende Meinung, die „Hände weg" von „Vintage"-Gitarren zu lassen. Auf den Open Strings machte ich vor Jahren genau in diesem Punkt eine entsprechende Erfahrung: Bei den hehren Vertretern der Antiques Acoustics aus der bekannten südwestdeutschen Uni-Stadt fragte ich mal nach einer der neueren oder ganz neuen Gibson Jumbo-Modellen. Man gab mir Keine [sic!]. Statt dessen reichte man mir ein uraltes, völlig vergilbtes und abgeschabtes Teil, das gerade noch die Aufschrift Gibson erahnen ließ, mit den würdevollen Worten: „Nimm' erst mal die!" Die Saitenhöhe betrug im 12. Bund vielleicht 8mm; der Klang erinnerte mich an Omas alte Tage mit Kamm und Putzeimer. Im stillen dachte ich: Hier liegt eine echte Frage von Realität und Existenz vor - und dankte höflich, mich freilich verneigend. Ich erinnere mich an eine ähnliche Schilderung von Kingfrog.

Nun gut! Ich möchte mich abschließend für die sehr ehrlichen und aufschlußreichen Hinweise bedanken! Die bestärken mich, bei Gitarren zu behalten und nicht gegen die Wagnisse neuer Modelle einzutauschen. Statt dessen werde ich mal die nächsten zwei Jahre nochmals monatlich einnen kleinen Betrag zurücklegen, um damit einen Gitarrenbauer in unseren Landen aufzusuchen - und so lange spielen, bis ich „sie" entdeckt habe. Inzwischen spielt meine Frau, die Lehrerin für klassische Gitarre ist, weiterhin fingerstyle-Stücke auf meiner Lowden; während ich die Balladen auf meiner Guild begleite - oder mich auch gern zu Renaissance- und Barock-Begleitungen hinreißen lasse. - Ich übe gerade an den Lauten-Duetten für zwei Gitarren von Werner Reif im DUX-Verlag; an der Guild hindert vielleicht hier und da der 41mm Hals; der 16-Zoll Korpus dagegen ist ganz bequem; klanglich bin ich immer wieder von der klar getrennten Artikulation gegenüber dem orchestralen-kathedralischen Klang der Lowden begeistert.

Nochmals vielen Dank für Eure ausführlichen und ehrlichen Antworten!
Euer
Jan-Peter
Lowden L 32 P
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Contax S 2
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notenwart
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Registriert: Di Dez 18, 2007 12:33 pm

Beitrag von notenwart »

H-bone hat geschrieben:Hallo Janpeter,

6, Vintage-Gitarren (40+):

Sollte man Sammlern und Enthusiasten überlassen - in so einem Alter ist es nicht mehr weit, dass eine Gitarre "toppt"... das heisst, sie beginnt sich wieder "auszuspielen" - sie hat ihren Zenith "getoppt...
Gilt das für Vintage-Gitarristen (40+) auch?
;-)
Schönes Wochenende
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