Probleme beim Vorspielen

Für alle, die Hemmungen haben "Anfängerfragen" woanders zu stellen. Traut Euch! Vielleicht kann jemand helfen.

Moderator: RB

Chris1
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Probleme beim Vorspielen

Beitrag von Chris1 »

Hallo Leute,

ich nehm seit einem Jahr Unterricht (Konzertgitarre) bei einem wirklich sehr guten und geduldigen Lehrer. Soweit so gut. Aber in diesem Jahr hab ich immer noch nicht meine Nervosität beim Vorspielen verloren. Den meisten geht das wohl so, aber ich hätte gehofft, es gibt sich mit der Zeit. Jedenfalls verpatz ich somit meistens die Stücke, die zuhause problemlos klappten :roll: . Klar, das mich das wurmt. Dazu kommt noch, daß ich immer schneller werde und gleichzeitig leiser. Wohl in den Augen meines Lehrers mein Hauptproblem. Regelmäßig bekomm ich daher den Hinweis "lauter und langsamer". Jetzt hat mein Lehrer gemeint, damit mein Anschlag kräftiger wird, soll ich ein Tuch unter die Saiten am Steg schieben und öfter mal auf diese Weise üben. Gut, hab ich jetzt mal probiert. Also Spaß macht es absolut nicht, aber evtl. doch hilfreich, um einen kräftigeren Anschlag zu bekommen? Keine Unterrichtsstunde ohne dieses "laaangsamer und lauter!" :?


LG

Chris
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OldPicker
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Re: Probleme beim Vorspielen

Beitrag von OldPicker »

Chris1 hat geschrieben:Hallo Leute,

ich nehm seit einem Jahr Unterricht (Konzertgitarre) bei einem wirklich sehr guten und geduldigen Lehrer. Soweit so gut. Aber in diesem Jahr hab ich immer noch nicht meine Nervosität beim Vorspielen verloren. Den meisten geht das wohl so, aber ich hätte gehofft, es gibt sich mit der Zeit. Jedenfalls verpatz ich somit meistens die Stücke, die zuhause problemlos klappten :roll: . Klar, das mich das wurmt. Dazu kommt noch, daß ich immer schneller werde und gleichzeitig leiser. Wohl in den Augen meines Lehrers mein Hauptproblem. Regelmäßig bekomm ich daher den Hinweis "lauter und langsamer". Jetzt hat mein Lehrer gemeint, damit mein Anschlag kräftiger wird, soll ich ein Tuch unter die Saiten am Steg schieben und öfter mal auf diese Weise üben. Gut, hab ich jetzt mal probiert. Also Spaß macht es absolut nicht, aber evtl. doch hilfreich, um einen kräftigeren Anschlag zu bekommen? Keine Unterrichtsstunde ohne dieses "laaangsamer und lauter!" :?


LG

Chris
Lieber Chris,

das Problem der Nervosität wird Dich - so wie fast alle - ein Leben lang begleiten. Irgendwann kommt mit dem wirklichen Üben ein wenig Routine, dann wirst Du auch mit den Stücken sicherer. Dann kann Dir auch die Nervosität nicht mehr viel anhaben :wink:

Ich selbst habe das kaum, aber ein Freund, der seit Jahrzehnten auf die Bretter geht, ist bis kurz vor dem Auftritt kaum zu gebrauchen :lol:

Also: Nur Mut. Das regelt sich.


Toi-Toi,
der olle Oldpicker
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"I usually play songs in two chords, C and G, and every once in a while I throw in an F, just to impress the girls."
(Woody Guthrie)
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Chris1
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Beitrag von Chris1 »

Hallo Oldpicker,

da besteht ja dann wohl noch Hoffnung für mich :wink: . Nee, es ist jede Woche das Gleiche. Feuchte Hände, unruhiges Hin- und Hergerutsche und dann noch die oben geschilderten Probleme. Irgendwie sitz ich dann immer mit dem Gefühl da, hab es wieder toll vergeigt bzw. verzupft.

LG

Chris
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Harald
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Beitrag von Harald »

Hi Chris, selbst wenn Du es vergeigen würdest, würde die Welt nicht davon untergehen. Ein Lernen ohne Fehler ist eh nicht möglich. Das Problem haben ganz viele Leute, unter anderen ich auch. Ich glaub nicht, dass das so ganz verschwinden wird, aber da muss man halt jedesmal durch und dann wirds n bißchen besser.
"... und hätte aber die Liebe nicht ..."

http://www.youtube.com/watch?v=N4kFCBIYDqA
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klaust
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Beitrag von klaust »

Hi Chris,

ich habe das Problem auch von Anfang an. Ich probiers zwar immer mal wieder, wahrscheinlich würde das mit richtig viel Übung (ich meine nach richtig vielen "Auftritten") auch besser, aber ich lasse es einfach sein, ist nicht mein "Ding", muss ich ja auch nicht machen... :?

Das sähe vielleicht anders aus, wenn ich in der Gruppe/Ensemble spielen würde. Im Duo mit dem Musiklehrer hatte es jedenfalls schon etwas besser geklappt. Aber ich spiele nun mal hauptsächlich Solo-Stücke und die kriegt dann gelegentlich nur das Mikro zu hören (und Familienmitglieder falls sie zufällig in der Nähe sind).

Gruss
klaus
Chris1
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Beitrag von Chris1 »

Hallo Leute,

ich hab ja auch nicht vor, Profi zu werden, nein Danke :lol: . Und eigentlich bin ich beim Vorspielen bei meinem Lehrer schon etwas lockerer geworden (hab zum Glück Einzelunterricht....). Aber es ärgert mich einfach, daß ich nicht unverkrampft loslegen kann, sondern mir ständig vorkomme, als hätte ich meine Hausaufgaben nicht gemacht :roll: . So ähnlich jedenfalls. Sicher, für mich selbst weiß ich, ich kann es, aber man hat in gewisser Weise ja auch den Ehrgeiz, das zu beweisen.

Aber mein Hauptproblem ist eben, daß ich wirklich zu zaghaft und leise spiele. Wenn ich versuche, kraftvoller zu spielen, hab ich das Gefühl, nur an den Saiten zu zerren. Und dann kann ich mich auf den Rest nicht konzentrieren. Gut, ich werde mal versuchen, eine Weile mit dem Tuch-Trick immer mal wieder zu üben. Find es allerdings etwas spaßbremsend :roll:

LG

Chris
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Holger Hendel
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Beitrag von Holger Hendel »

Moin Chris, das Tuch-Ding kannte ich noch gar net und verstanden habe ich es wohl auch noch nicht ganz: das Tuch soll die Saiten am Steg dämpfen...(oder nicht?)?!...und dann?! Dadurch schwingen die Saiten doch anders und Du hast ein ganz anderes Anschlagsgefühl (da anderer Widerstand der Saiten) als ohne. Oder wie soll das mit dem Tuch laufen? :?

Wer hat mal gesagt, dass man immer voll reinhauen soll beim Anschlag? Kein unbekannter jedenfalls- meine mich zu erinnern...Langer oder Fischer? "Hau so doll rein wie Du kannst, erst, wenn sich dadurch eine Saite verstimmt war´s zu doll...". ;)

Ansonsten kann ich Dir nur empfehlen mal "öffentlich" zu proben, z. B. im Stadtpark oder so, zusammen mit´nem anderen Gitarristen (oder anderes Instrument).

Ich bin immer noch tierisch nervös, wenn ich vor irgendwem etwas vorspiele, doch es ist schon besser geworden (meine ich zumindest). Doch es scheint einfach normal zu sein, Hannes Wader etwa- der sagt doch heute noch, dass es ihm ziemlich unangenehm ist, live zu spielen, teilweise merkt man es ihm bei Gigs auch an.
www.holgerhendel.com | facebook | youtube | twitch | Heavy Silence - finest acoustic cover
Gast

Re: Probleme beim Vorspielen

Beitrag von Gast »

Unter Lampenfieber leiden besonders diejenigen von uns, die erst ab der Pubertät mit dem Musizieren und Konzertieren beginnen. Kinder haben dagegen noch kaum die Scheu vor Menschen und Lampenfieber. Glücklich können sich deshalb diejenigen schätzen, die Musizieren und Auftreten schon von Kindesbeinen an als natürlichen Teil ihres Lebens erlernen.

Am wichtigsten ist es für Betroffene erst einmal zu realiseren, dass die Nervosität vor Publikum kein Makel und keine Krankheit darstellt, sondern eine natürliche Reaktion auf Stress ist. Die meisten Menschen reagieren so, wenn sie nicht an Publikum gewöhnt sind. Der Urzeitmensch, den wir alle in uns haben, möchte unter diesem Stress am liebsten weglaufen - oder kämpfen. Der Körper schüttet dafür einen Hormoncocktail aus, der für entsprechende grobe Reaktionen genau richtig ist - aber dummerweise für Feinmotorik wie das Musizieren genau falsch ist.

Folglich bestehen gute Arbeitsansätze darin, den Stresspegel zu reduzieren. Das Wichtigste hier bei ist sicher Praxis, Praxis und Praxis. Zusätzlich es gibt Arten den mentalen Trainings, die dabei helfen können, sich innerlich in Stresssituationen zu stablisieren oder im besten Fall Stress gar nicht erst entstehen zu lassen. Wichtigstes Ziel hierbei dürfte sein, sich die innere Freude am Musizieren auch vor Publikum zu bewahren - und Zuhörer nicht als "Gegner" wahrzunehmen, sondern sie an der eigenen Freude teilhaben zu lassen. Um Freude zu teilen, muss man sie jedoch erst einmal selber finden.

Folgendes Praxisbuch kann ich zu diesem Thema sehr empfehlen:
http://www.amazon.de/Mut-zum-Lampenfieb ... 3254083857
Mario
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Beitrag von Mario »

Hallo Chris,

auch mein Senf dazu:

1. Nervosität hat etwas mit Adrenalinausstoß und somit Fluchtreflex zu tun. Es gibt einen (wissenschaftlich erprobten) Trick gegen Lampenfieber anzukämpfen. Da Adrenalin in größeren Mengen einen Erholungseffekt vor dem nächsten Ausstoß benötigt, kannst du versuchen dir eine Technik zuzulegen, die etwa 10 Minuten vor dem Vorspiel dein Adrenalin in die Höhe treibt. Danach biste denn gaaanz ruhig (zumindest theoretisch, aber so ein bisschen funktioniert es bei mir tatsächlich).
2. Durch Routine (die auch was mit Übung zu tun hat, aber Übung alleine reicht in diesem Fall nicht) werden verschiedene Situationen normaler, so dass gar kein Fluchtreflex mehr entsteht, also ist eine Verbesserung deiner Situation möglich.
3. Nicht bei jedem hilft die Routine. Z.B. merke ich, dass, je besser ich werde (dass heißt nicht dass ich gut bin, aber halt ein bisschen besser als gestern), desto höher wird auch mein Anspruch und mein Merken was ich falsch mache. Die Folge, sobald ich den ersten Patzer eingebaut habe, den niemand gemerkt hat (außer mir) werde ich nervös und vergeige den Rest.
4. Das mit dem Laut spielen würde ich persönlcih auch lieber am Lagerfeuer oder bei einer Feier üben. Oder in Berlin in der S-Bahn, da kannste sogar Geld mit verdienen, aber pass auf, dass deine Intonation sich bzgl. der Lautstärke und des Kraftaufwandes beim Anschlag auch tatsächlich auf deine rechte Hand konzentriert. Ich habe die Eigenart, wenn ich lauter spiele, greife ich mit der linken Hand wie ein gestörter Bär die Akkorde oder Töne - mit der Folge eines inzwischen ziemlich lädierten Handgelenkes.
5. Zu guter Letzt: Früher war ich vor Auftritten immer die Ruhe in Person, nach dem Auftritt konnste mich wegschmeißen heute hält es sich mit vorher nacher so die Waage. Will heißen, alle Tipps sind immer individuell und nicht jeder passt auf jeden.

Diesen Beitrag eines anderen Forums finde ich übrigens ganz gut

Mario
Zuletzt geändert von Mario am Do Apr 17, 2008 1:50 pm, insgesamt 1-mal geändert.
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Chris1
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Beitrag von Chris1 »

Hallo Kai, du hast völlig recht!

Mein Lehrer sagt auch, die Kinder haben keine Probleme mit dem Vorspielen (eher mit dem regelmäßigen Üben...), während die Erwachsenen häufig Nervenbündeln gleichen. Aus der Pubertät bin ich ja nun auch schon lange draußen :wink: , wann war dat dann.... Egal, jedenfalls hab ich mir das freiwillig ausgesucht. Ich hab ein Ziel vor Augen, daraus entwickelt sich natürlich ein enormer Ehrgeiz, wodurch man sich selbst unter Druck setzt. Als ob ich irgendwas beweisen müßte... was völliger Blödsinn ist. Kein Notenstress, nichts. Und trotzdem. Vielleicht auch das Gefühl, du bist erwachsen, stell dich nicht blöder an, als du bist. Ein Komm-ich-heut-nicht-komm-ich-morgen..-Gefühl wäre wohl angebrachter. Erwachsenen fehlt da einfach oft die Lockerheit.
Aber ich hab wirklich sehr viel Glück mit meinem Lehrer, ich denke, das ist wichtig. Der kennt mich jetzt schon ziemlich gut. Für mich persönlich ist der Unterricht nicht nur fürs Musizieren wichtig, sondern auch eine Art Stärkung des Selbstbewußtseins.

Danke für den Link!

LG

Chris
Chris1
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Beitrag von Chris1 »

Hallo Mario,

auch dir gebe ich völlig Recht, wenn du schreibst, nach gewisser Zeit werden die Ansprüche an einem selbst höher. Merk ich auch an mir, und ich spiel ja jetzt auch erst seit einem Jahr intensiv. Da kann es mir passieren, daß ich ewig an einem Stück sitze und es zerlege nach wie-was-warum. Und bei jedem Fehler zusammenzucke. Und wenn einem das beim Vorspielen passiert, ist Ende der Fahnenstange, rien ne vas plus.

Und zu deinem Punkt 4. mußte ich lachen. Genauso geht's mir auch. Konzentrier ich mich drauf, lauter anzuschlagen, setze ich parallel dazu die volle Kraft beim Greifen ein. Ergebnis: mindestens Muskelkater in beiden Armen, von den Handgelenken ganz zu schweigen. Irgendwie kann ich rechts und links da nicht trennen.

Den Beitrag hab ich mir mal abgespeichert und werde ihn mir in aller Ruhe durchlesen!

Alles nicht so einfach. Warum tu ich mir das an??? Weil's Spaß macht :wink:

LG

Chris
Mario
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Beitrag von Mario »

Ein Punkt noch,

Götz Wiedmann hat mal gesagt, dass er auf der Bühne so nervös war, dass alles schief gegangen ist. Dann hat er sich gedacht, nu is sowieso egal, versuche einfach das Sitzen auf der Bühne zu genießen und er hat genossen - und alles hat geklappt.

Mario
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Chris1
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Beitrag von Chris1 »

Mario, ich könnte es auch wie Jim Morrison machen, der ja auch am Anfang auf der Bühne zu schüchtern war und daher mit dem Rücken zum Publikum gesungen hat: Ich dreh meinen Stuhl beim Vorspielen einfach rum und zeig meinem Lehrer meine Kehrseite :lol: Und ein Glück, daß ich nicht auch noch singen muß, hab ich meinem Lehrer gleich zu Anfang schnell abgewöhnt :wink: .

LG

Chris
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Davanlo
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Beitrag von Davanlo »

Fäuste sehr fest zudrücken und sehr tief einatmen wirkt wunder.

Ich trainiere jetzt immer "als ob" ... also mit Playlist und zwei drei Stücke bis am Ende "whatever happens" manchmal sogar beim fernsehen oder beim telefonieren ... einfach blind urchspielen können.

Es macht vieles einfacher ... wenn mal jemand fragt "spiel was" bin ich bereit.
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Harald
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Beitrag von Harald »

Ha, genau das hab ich bis zum 15. Lebensjahr in der damaligen Schülerband gemacht. Mit dem Rücken zum Publikum "gesungen". Sonst hätte das nie auch nur andeutungsweise geklappt.
Da gibts also noch son Verrückten.... hätt' ich ja nie gedacht.
"... und hätte aber die Liebe nicht ..."

http://www.youtube.com/watch?v=N4kFCBIYDqA
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