25 Ostmark mussten schließlich erst mal sinnvoll unters Arbeiter-und Bauernvolk gebracht werden, da blieb kaum noch Zeit, sich im Palast der Republik langweilige Meisterwerke des sozialistischen Realismus anzuschauen.
Ich habe mir damals bei unserer Kursfahrt ein Luxuseis unter den Linden geleistet, ein Quickbrötchen (Hamburger Imitat), eine Club Cola und in einer gut sortierten Buchhandlung habe ich dann für 6 Ostmark 50 das Heft "Blues, Country, Soul & Verwandtes" von Uwe Schreiber gefunden.
Das ist ein Lehr-und Spielbuch mit 43 Originalkompositionen für Gitarre.(VEB Deutscher Verlag für Musik Leipzig)
Im Vorwort heißt es: " ...für den Konzertgitarristen soll das Heft eine Brücke ins andere Lager sein..."
Zielgruppe waren also klassische Gitarristen, die auf diese Weise ein bisschen westliche Bluesluft schnuppern wollten.
Das Heft beginnt mit einem einfachen 12-Takter in G, dann werden Stimittel wie Synkopierung, Aufschlag-und Abzugbindungen, "Dirty Glissando" (String Bending) und Improvisation vorgestellt.
Ich glaube, in der DDR musste man ja Musik studiert haben, um irgendwie Geld damit zu verdienen, und so nehme ich an, dass Uwe Schreiber studierter Klassikgitarrist ist.
Das merkt man seinen Kompositionen teilweise an, da sie nicht so sehr auf Akkordblöcken aufbauen als vielmehr auf voneinander unabhängigen Stimmen und da sie harmonisch weit über I,IY,V7 hinausgehen.
Westlich dekadente Hilfsmittel wie Tabulaturen sucht man vergeblich, es gibt nur Noten mit ausgiebigen Fingersätzen und Artikulationszeichen.
Das Buch wird wohl nicht mehr gedruckt, man findet es aber antiquarisch oder auch neu.
Hier spielt ein russischer Nylonstring-Gitarrist den Blues III im Appoyando-Anschlag.
Im Nikotinblues wird der Blues eher persifliert als zelebriert.

Black Soul lässt schon Death-Metal Elemente vorausahnen.
Fazit: Es war nicht alles schlecht in der Zone. Statt die westlichen Blueser 1:1 zu kopieren hat Genosse Schreiber dem 12-Takter seinen eigenen, kompositorisch abstrahierenden Stempel aufgedrückt....