Musiktheorie - Was mach der D-Dur Chord in A-Moll?

Alles, was mit dem Spielen des Instruments zu tun hat

Moderator: RB

Benutzeravatar
arokh
Beiträge: 329
Registriert: Sa Jan 06, 2007 5:43 pm
Wohnort: Bremen
Kontaktdaten:

Musiktheorie - Was mach der D-Dur Chord in A-Moll?

Beitrag von arokh »

Hallo liebe Leute,

ich versuche zur Zeit mich der grauen Theorie hinter der Musik zu beschäftigen. Dabei bin ich auf einige Songs gestoßen die in Moll stehen aber auf der 4. Stufe einen Dur Akkord haben. Die Akkordfolge in einem Song sieht z. B. folgendermaßen aus:

Teil A: Am C D D F Em Am Em
Teil B: C C Am Am D D G G

Meiner bescheidenen Meinung nach ist das Stück nun grundsätzlich in A-Moll, jedoch fällt der D Akkord aus der Reihe, der müsste dann ja eigentlich ein Dm (Subdominante zu Am) sein. Es klingt aber gut und scheint mir schon eine Art Klischee zu sein (House of the Rising Sun macht das auch so und hat sogar noch ein E statt einem Em drin). Ich würde nun gerne die Funktion dieses Akkordes verstehen, die Theorie dahinter: warum passt der Akkord und in welchem Zusammenhang kann man sowas machen?

Meine erste Überlegung war: A Melodisches Moll, da kommt der D-Dur Akkord vor, jedoch passen dann andere wieder nicht. Oder ist er vielleicht doch daraus entliehen, während der Rest des Songs in normalem A Moll bleibt. Oder ist das ein Modal Interchange?

Ich würde mich freuen wenn mich jemand erleuchten könnte. Ich fuchse mich grad auch durch ein Buch über Harmonielehre, jedoch fällt es mir einfach noch schwer zu erschließen was in einem konkreten Song nun tatsächlich vor sich geht.

Viele Grüße und eine gute Nacht!

[edit] Hm, vielleicht passt das Thema doch eher in Allgemeines. Falls ihr das auch so seht, möge der Admin nach gutdünken verschieben :D [/edit]
Benutzeravatar
nolinas
Beiträge: 134
Registriert: Mo Jul 14, 2008 2:36 pm

Beitrag von nolinas »

Hallo arokh,

Bist Du Dir ganz sicher, dass bei dieser Akkordfolge der Song in a-Moll steht? Immerhin sind die Schlussakkorde beider Teile von a-Moll verschieden ?


Daniel
"Ach das dumme Gleichgewicht, wenn mans braucht, dann hat mans nicht" (Zitat aus Alarm im Kasperletheater)

"Der Kopf ist rund, damit die Gedanken die Richtung wechseln können" (Francis Picabia)
Benutzeravatar
ulf
Beiträge: 231
Registriert: Di Feb 20, 2007 4:50 pm
Wohnort: Jettenbach

Beitrag von ulf »

a-moll ist ja die parallele Molltonart von C-Dur. D-Dur ist zu C-Dur die Dominante 2. Grades, also die Dominante von G-Dur, das die Dominante 1. Grades von C-Dur ist.

Gruß

Ulf
Stanford RD-5V
Alhambra J-4
Go Grande Walnut Reisegitarre
Benutzeravatar
RB
Beiträge: 20129
Registriert: Di Feb 08, 2005 11:18 pm
Wohnort: Wetzlar
Kontaktdaten:

Beitrag von RB »

Tatsache ist, daß D dur die Tonart verläßt, sonst wäre kein F# darin enthalten und kein # erforderlich. Man gönnte es so interpretieren, daß das Stück auf die Tonart G wechselt, womit dem C dur, das vor dem D steht, eine neue, überraschende Funktion als Subdominante vor dem D als Dominante zukommt, bevor das Ganze sich wieder in das Am/C zurück begibt.
Benutzeravatar
nolinas
Beiträge: 134
Registriert: Mo Jul 14, 2008 2:36 pm

Beitrag von nolinas »

Hallo arokh,

nach weiterem Nachdenken bin ich zu dem Schluss gekommen, dass das betreffende Lied wohl eher in G-Dur zu stehen scheint.

Dann stellt sich also die Frage, was das F-Dur da mittendrin verloren hat? Vorsicht, ich kratze auch erst vorsichtig den Oberflächenkram der Harmonielehre fort.

1. Ansatz: F-Dur ist: f-a-c, ein irgendwie ähnlicher Akkord in der G-Dur Kadenz ist der Dominantseptakkord D7-Dur (d-f#-a-c).
Lässt man den Akkord-Grundton weg (d) dann sind a und c gemeinsam und f und f# unterscheiden sich nur in einem Halbton (halbtonverwandt).
2. Ansatz: f# ist die siebente Stufe der G-Dur Tonleiter (g-a-h-c-d-e-f#). Will man innerhalb der G-Dur Tonleiter bleiben, dann kann man weder einen klassischen F#-Dur Dreiklang (f#-a#-c#) noch einen f#-Moll Dreiklang (f#-a-c#) daraus bilden. Es kommt also zu einem verminderten Akkord f#-a-c. Dieser ist nun tonleitereigen und mit dem F-Dur halbtonverwandt.

Haunschild benennt als Verwandschaftsgrund zweier Akkord auch die Halbtonverwandschaft. Diese ist gegeben, wenn sich zwei Akkorde nur ein einer Note und dabei nur um einen Halbton unterscheiden. Also ist jeder Dur-Akkord mit seinem Moll-Pendant halbtonverwandt (E-Dur und e-Moll), wenn ich das richtig verstanden habe.

In der Konsequenz bedeutet das, dass F-Dur halbtonverwandt ist mit D7-Dur. Genügt das, um ihn dem Dominantbereich der G-Dur Kadenz zuzordnen?
Keine Ahnung, aber nach dem F-Dur steht wiederum e-Moll, also die Paralleltonart der Tonika (G-Dur). Insofern könnte es schon sein.

@ulf
Wärst Du bitte so freundlich zu erklären, wie sich die Dominanten x-ten Grades zu Tonika verhalten? Sind sie ebenso funktional auf Auflösung gerichtet wie die 1. Dominante, nur in etwas abgeschwächter Form?


Daniel
"Ach das dumme Gleichgewicht, wenn mans braucht, dann hat mans nicht" (Zitat aus Alarm im Kasperletheater)

"Der Kopf ist rund, damit die Gedanken die Richtung wechseln können" (Francis Picabia)
Benutzeravatar
RB
Beiträge: 20129
Registriert: Di Feb 08, 2005 11:18 pm
Wohnort: Wetzlar
Kontaktdaten:

Beitrag von RB »

Kann man vertreten, wenn man die Zahl der auswärtigen Akkorde betrachtet. Entweder D oder F. Der harmonische Verlauf - insbesondere des ersten Teils - sieht mir jedoch mehr nach Am aus.

Da das Konzept I-moll - IV-dur aber häufig anzutreffen und harmonisch reizvoll ist, verbirgt sich dahinter wahrscheinlich eine gesetzmäßige Gesetzmäßigkeit im Verhältnis der betreffenden Akkorde, zB die Überleitung durch Quartsextakkord oder irgendso etwas. Meine Kenntnisse sind aber zu oberflächlich, um das ernstlich beantworten zu können. Ich hoffe auf das geballte Fachwissen anderer, denn die Fragestellung interessiert mnich auch, kommt doch beinahe die gleiche Mechanik auch in "Georgie" vor, wie man hier hören kann. Auch kann man das harmonische Gerüst dieses recht alten Liedes (16. Jhdt.) hier sehen.

In C/Am ginge es so:

Am Am Am Am
Am Am D D
Am Am Am Am
Am Am Em Em
Em Em Em Em
C C C C
G G G G
Em Em Em Em
Am Am Am Am
Benutzeravatar
ulf
Beiträge: 231
Registriert: Di Feb 20, 2007 4:50 pm
Wohnort: Jettenbach

Beitrag von ulf »

@nolinas

Wir sind in C-Dur:

E-Dur ist die Dominante 4. Grades zu C-Dur und die Dominante zu A- Dur
A-Dur ist die Dominante 3. Grades zu C-Dur usw.
D-Dur die Dominante 2. Grades
G-Dur die Dominante 1. Grades

Wenn man jetzt bei E anfangen würde, hätte man immer die Auflösung einer Dominanten zu einem Akkord, der sich wiederum dominant zum nächsten verhält.
Die Akkordfolge CC D7 G7 C ist geläufig und gibt das zum Teil wieder.
Ich hoffe, das das verständlich war, ich bin auch kein Experte darin.

Gruß

Ulf
Stanford RD-5V
Alhambra J-4
Go Grande Walnut Reisegitarre
Benutzeravatar
RB
Beiträge: 20129
Registriert: Di Feb 08, 2005 11:18 pm
Wohnort: Wetzlar
Kontaktdaten:

Beitrag von RB »

Ulf, ich gestehe offen, daß ich von dem, was Du schreibst, gar nichts verstehe. Das liegt daran, daß mir der Begriff "Dominante Xten Grades" nicht geläufig ist. Überhaupt würde mich einmal iinteressieren, von welchem Lied bzw. welcher Melodie die Rede ist.
Benutzeravatar
nolinas
Beiträge: 134
Registriert: Mo Jul 14, 2008 2:36 pm

Beitrag von nolinas »

RB hat geschrieben:Der harmonische Verlauf - insbesondere des ersten Teils - sieht mir jedoch mehr nach Am aus.

Da das Konzept I-moll - IV-dur aber häufig anzutreffen und harmonisch reizvoll ist, verbirgt sich dahinter wahrscheinlich eine gesetzmäßige Gesetzmäßigkeit im Verhältnis der betreffenden Akkorde, zB die Überleitung durch Quartsextakkord oder irgendso etwas. Meine Kenntnisse sind aber zu oberflächlich, um das ernstlich beantworten zu können. Ich hoffe auf das geballte Fachwissen anderer, denn die Fragestellung interessiert mnich auch, kommt doch beinahe die gleiche Mechanik auch in "Georgie" vor, wie man hier hören kann. Auch kann man das harmonische Gerüst dieses recht alten Liedes (16. Jhdt.) hier sehen.

In C/Am ginge es so:

Am Am Am Am
Am Am D D
Am Am Am Am
Am Am Em Em
Em Em Em Em
C C C C
G G G G
Em Em Em Em
Am Am Am Am
Tja, hier endet das Lied wenigstens auf a-Moll. Aber in dem von arokh gegebenen Beispiel steht weder a-Moll noch C-Dur am Ende eines der beiden Teile. Statt dessen G-Dur und dessen Paralleltonart e-Moll. Darum meine Vermutung, dass es sich um G-Dur handeln könnte.

Ich korrigiere mich insoweit, als dass es darauf ankommt, mit welchem Liedteil der Schluss vollzogen wird.
Lied endet
1. mit Teil A (z.B. A-B-A): Dann ist es e-Moll.
2. mit Teil B (z.B. A-B-A-B): Dann ist es G-Dur.

Ich hoffe ebenfalls auf andere einleuchtende Erklärungen.


Daniel
"Ach das dumme Gleichgewicht, wenn mans braucht, dann hat mans nicht" (Zitat aus Alarm im Kasperletheater)

"Der Kopf ist rund, damit die Gedanken die Richtung wechseln können" (Francis Picabia)
Benutzeravatar
ulf
Beiträge: 231
Registriert: Di Feb 20, 2007 4:50 pm
Wohnort: Jettenbach

Beitrag von ulf »

@Reinhard

Die Dominante 2.Grades ist die Dominante der Dominante.
usw.

Iss ja auch egal, wenn´s gut klingt. :wink:
Stanford RD-5V
Alhambra J-4
Go Grande Walnut Reisegitarre
Benutzeravatar
Holger Hendel
Beiträge: 12022
Registriert: Do Feb 17, 2005 7:18 am
Wohnort: Soltau, Niedersachsen
Kontaktdaten:

Beitrag von Holger Hendel »

ulf hat geschrieben:@Reinhard

Die Dominante 2.Grades ist die Dominante der Dominante.
usw.

Iss ja auch egal, wenn´s gut klingt. :wink:
Also kann ich jedes Lied in jede Tonart setzen und jeder vorkommenden Harmonie eine best. Funktion / Stufe zuweisen (xten Grades dann halt). Es kommt auf den Blickwinkel des Betrachters an, right?

Ich bin wg. house of the sun, rising gerade echt ein wenig verwirrt, mein Wissen um harmonische Zusammenhänge hört nämlich bei den ollen Stufen auf an da passt indeed so einiges nicht ins bekannte Schema. :? Dabei müßte ich jetzt echt mal für´ne Klausur am Samstag lernen, doch das hier ist um Längen spannender.
www.holgerhendel.com | facebook | youtube | twitch | Heavy Silence - finest acoustic cover
Benutzeravatar
arokh
Beiträge: 329
Registriert: Sa Jan 06, 2007 5:43 pm
Wohnort: Bremen
Kontaktdaten:

Beitrag von arokh »

Hallo,

toll, dass es so viel Resonanz und Diskussion gibt. Also die Sache mit der Dominante 2. Grades zu C-Dur finde ich schon sehr interessant.

Sorry, dass ich das unterschlagen hatte: Das Lied heißt "Little Red Riding Hood" und die Variante die ich nachspiele ist von dem Mädel hier (ganz einfach aber klingt nett, auch wenn sie sich zwischendurch mal verhaut): http://www.youtube.com/watch?v=8J1XqEX3VBc

Wenn ich genau hingucke scheint sie sogar ein E statt einem Em zu spielen. Beides klingt gut, mir gefällt aber Em besser. Aber mit dem E wären die Akkorde tatsächlich die gleichen wie in "House of the Rising Sun" und das ist ziemlich sicher in A-Moll (z. B. laut Käppels Gitarrenschule).

@nolinas: An G-Dur hatte ich auch gedacht, aber verworfen, weil G viel zu selten vorkommt um den tonalen Schwerpunkt zu bilden. Ich denke man kann sich auch nicht auf die Schlussakkorde verlassen, da die Anfangsakkorde m.M. ebenso typisch die Tonika sind, und damit wären wir hier bei A-Moll oder C-Dur. Teil B könnte natürlich eine Modulation nach G-Dur sein, würde aber immer noch nicht das D in Teil A erklären.

Vielleicht verliere ich mich auch in Details, aber ich habe festgestellt, dass das Verständnis solcher Zusammenhänge mir viel bringt, um z.B. zu improvisieren, Songs rauszuhören und insb. auch bei Eigenentwicklungen. In dem Sinne freue mich hier auf offene Ohren zu stoßen :)

@Holger: Viel Erfolg beim lernen, ich hoffe wir halten dich nicht zu sehr ab!
Benutzeravatar
ulf
Beiträge: 231
Registriert: Di Feb 20, 2007 4:50 pm
Wohnort: Jettenbach

Beitrag von ulf »

Ich hab mal kurz reingeschaut und meine auch, daß es in a-Moll ist und auf jeden Fall ein E Dur als normale Dominante zu a Moll gespielt wird.
Das Original ist auch ganz witzig und in e-Moll.
Stanford RD-5V
Alhambra J-4
Go Grande Walnut Reisegitarre
Benutzeravatar
RB
Beiträge: 20129
Registriert: Di Feb 08, 2005 11:18 pm
Wohnort: Wetzlar
Kontaktdaten:

Beitrag von RB »

Ich wollte das Lied wegen der Melodie hören. Der Melodie kann man nämlich ganz gut entnehmen, in welchem harmonischen Kontext man sich bewegt, und da wird klar, daß das ganze sich in Am abspielt. Ich höre da jedenfalls das Zentrum. Auch das E dur (ja es ist dur) bestätigt das eher, denn die Kadenz in Amoll kann das E dur als Dominante enthalten, dem G stünde es eher fremd gegegnüber.

Das D dur kommt an einer Stelle, in der die Melodie das D erreicht. Dazu könnte man auch Hm oder G spielen, D gefällt mir aber am besten. Insofern ist das vielleicht schlicht die Harmonisierung der Melodie.

Was mir aber auch aufgefallen ist, ist die Tatsache, daß das D dur das A enthält und dann die gegenüber dem A moll jeweils um einen Ganzton erhöhten Noten D (anstatt C) sowie F# (anstelle des E). Wenn man zwischen einem I-moll und II-dur hin- und herpendelt (beispielsweise mal Em und Adur), stellt man irgend eine Art von "Verwandtschaft" oder spezieller Beziehung der Akkorde zueinander fest. Ich empfinde das jedenfalls so und glaube, daß dieses Element sich bestimmt in vielen Liedern wird finden lassen. Immerhin haben wir hier schon drei Beispiele versammelt.
Benutzeravatar
arokh
Beiträge: 329
Registriert: Sa Jan 06, 2007 5:43 pm
Wohnort: Bremen
Kontaktdaten:

Beitrag von arokh »

Hmm stimmt, dass das D ja das A enthält war mir noch gar nicht aufgefallen. Und das E macht natürlich auch Sinn, weil da das G# drin ist, was als Leitton zum A fungiert, oder?

Ich habe jetzt mal intensiv ein Harmoniebuch durchwühlt und tatsächlich wird dort gesagt (zur V. Stufe in natürlichem Moll): "[Da] der Mollakkord aber nicht als Dominante funktioniert, wurde ein sog. künstlicher Leitton als Halbtonschritt zwischen der 7. und 8. Stufe eingeführt". Das ist ja quasi das was Ulf und RB gesagt haben. Und aus dieser Erhöhung der 7. Stufe ergibt sich dann die harmonische Molltonleiter.

Das Buch sagt nun weiter: Da man nun aber eine übermäßige Sekunde (3 HT) von der 6. auf die 7. Stufe hat, hat man die 6. Stufe auch noch um einen HT erhöht und erhält so die melodische Molltonleiter. Und im melodischen Moll (Beispiel Am) sehen die Akkorde auf den Stufen so aus:
Am Bm C+ D E F#° G#° Am

Demgegenüber natürliches Moll:
Am B° C Dm Em F G Am

Zudem wird erwähnt, dass in der klassischen Musik die melodische Molltonleiter nur in der Aufwärtsbewegung gespielt wurde, abwärts spielte man dann wieder natürliches Moll (was man in der heutigen populären Musik aber anscheinend halten kann wie ein Dachdecker).

Könnte das eine Erklärung sein? Das D und das E sind dem melodischen Moll entliehen, während der Rest auf dem natürlichen Moll beruht?
Antworten