Musiktheorie - Was mach der D-Dur Chord in A-Moll?

Alles, was mit dem Spielen des Instruments zu tun hat

Moderator: RB

rwe
Beiträge: 2354
Registriert: Mi Mai 30, 2007 6:04 pm

Beitrag von rwe »

Für mich wird im ersten Teil ein E-Dur gespielt, damit wäre das die Dominante auf die Molltonika (a-moll), der D-Akkord ließe sich dann durch das melodisch Moll erklären. Oder eben durch die Harmonisierung der Melodie, das passt dann schon. Die Melodie könnte auch durch einen G-Dur harmonisiert werden, es ist eine andere Farbe.

@Holger: "Funktion" und "Stufe" sind in der Harmonielehre verschieden! Es gibt die "Stufenharmonik", die vom Ansatz empirisch-deskriptiv ist, und die analytisch-normative "Funktionsharmonik". Die Stufenharmonik kennt erstmal keine "Tonika" und keine "Dominante".
Lasst "House of the Rising Sun" außen vor - amerikanische Volksmusik, die ihre Wurzeln in afrikanischer Musik hat, lässt sich nur begrenzt mit europäischer Harmonielehre erklären! (Beschreiben vielleicht noch, aber nicht mehr erlären.) Überspitzt gesagt, "steht" HotRS daher auch nicht in "a-moll", sondern kann vielleicht so notiert werden.

@RB: "Hin-und Herpendeln" zwischen I-Dur und II-moll haben wir häufig: "Am Fenster" (City), "Lady in Black" .... Letztendlich tonal "schwebend", da keine Tonika durch ihre Dominante bestimmt wird - es sein denn die IV. Stufe, die nicht mit gespielt wird (also bei G / a => C). Funktionsharmonisch zu interpretieren mit Tp (z.B. amoll) - D (z.B. G-Dur) in Bezug auf T (hier dann C-Dur).
Benutzeravatar
RB
Beiträge: 20129
Registriert: Di Feb 08, 2005 11:18 pm
Wohnort: Wetzlar
Kontaktdaten:

Beitrag von RB »

"House of the rising sun" mag amerikanische Volksmusik sein, was aber die Herkunft nicht afrikanisch macht. Für House of the rising sun gilt das in besonderem Maße, weil ich irgnxwo gelesen habe, daß die Musik von einer alten englischen Ballade stammt. Die amerikanische Volksmusik zeichnet sich dadurch aus, daß ihre harmonischen Strukturen denen der europäischen Volksmusik deckungsgleich sind. Nimm Hank Williams oder die Whiskeybrenner vonne Appalachen oder Billy Monroe. Wenn die Red Haired Boy oder Tipping up the stairs spielen oder wenn der Railroad Man den Blue Yodel anstimmt, so daß alle Aliens tot umfallen, dann ist da nichts afrikanisches.

Selbst der Blues - wenn man den dazurechnete - ist doch harmonisch nichts anderes, als die Kadenz. Melodisch sieht es da vielleicht anders aus, das geht voll uff die Moll-Pentatonik.
rwe
Beiträge: 2354
Registriert: Mi Mai 30, 2007 6:04 pm

Beitrag von rwe »

[quote="RB"]"House of the rising sun" mag amerikanische Volksmusik sein, was aber die Herkunft nicht afrikanisch macht. Für House of the rising sun gilt das in besonderem Maße, weil ich irgnxwo gelesen habe, daß die Musik von einer alten englischen Ballade stammt. Die amerikanische Volksmusik zeichnet sich dadurch aus, daß ihre harmonischen Strukturen denen der europäischen Volksmusik deckungsgleich sind. [/quote]

Alte europäische (Volks-) Musik ist ebenfalls nicht mit der Funktionsharmonik zu erklären, sondern basiert oftmals auf alten Kirchentonarten.

Auch der Blues ist nicht nur durch "die Kadenz" zu erklären, sondern auch durch die Reibung zwischen der melodischen Skala und den z.T. "quer" (im Abstand einer kleinen Sekunde bzw. weniger) dazu stehenden Akkordtönen (die in der Regel auf Instrumenten mit fixer Tonhöhe wie Klavier oder Gitarre gespielt werden).

Bei C&W und Polka gleich es sich dann schon an. Aber das ist keine "alte Musik".
Benutzeravatar
RB
Beiträge: 20129
Registriert: Di Feb 08, 2005 11:18 pm
Wohnort: Wetzlar
Kontaktdaten:

Beitrag von RB »

Aua. Die europäische und die amerikanische Volksmusik sind die Bollwerke der I-IV-V-Kadenz. Und zeig mir den Blues, dessen harmonisches Gerüst nicht die I-IV-V-Kadenz ist. Rhetorisch, denn es gibt ihn nicht.

Das, was Du da über Reibung schreibst, mag ja richtig sein, nur ist das nicht die Alternative zu meiner Feststellung, sondern mag lediglich ebenfalls stimmen.
rwe
Beiträge: 2354
Registriert: Mi Mai 30, 2007 6:04 pm

Beitrag von rwe »

[quote="RB"]Und zeig mir den Blues, dessen harmonisches Gerüst nicht die I-IV-V-Kadenz ist. Rhetorisch, denn es gibt ihn nicht.[/quote]

?? Ich kenne keinen einzigen Blues mit einer I-IV-V-Kadenz. Ich kenne nur solche mit einer I-V-IV-I-Kadenz.

Und auch in der europäischen Musik ist die authentische Kadenz (I-IV-V-I) häufig, aber nicht zwingend.
Benutzeravatar
ulf
Beiträge: 231
Registriert: Di Feb 20, 2007 4:50 pm
Wohnort: Jettenbach

Beitrag von ulf »

Interessant finde ich ja, daß besagtes Lied im Original von "Sam the Sham & the Pharaos" ist.
Es handelt von einem Wolf im Schafspelz, der mit Rotkäppchen durch den finsteren Wald läuft.
http://www.youtube.com/watch?v=d2di9U-j ... re=related

Das hier von arokh erwähnte Mädel auf youtube singt zwar schön,
http://www.youtube.com/watch?v=8J1XqEX3VBc
aber der erotische Hintergrund des Liedes wirkt doch sehr harmlos und verträumt durch ihre Interpretation. So wie wenn sie nicht wüßte, was sie da singt.
Stanford RD-5V
Alhambra J-4
Go Grande Walnut Reisegitarre
Benutzeravatar
H-bone
Beiträge: 5582
Registriert: Mi Feb 09, 2005 4:02 pm
Wohnort: Engelthal bei Nürnberg
Kontaktdaten:

Beitrag von H-bone »

RB hat geschrieben:Und zeig mir den Blues, dessen harmonisches Gerüst nicht die I-IV-V-Kadenz ist. Rhetorisch, denn es gibt ihn nicht.
http://www.youtube.com/watch?v=QH8hsxnljpI :wink:
Benutzeravatar
RB
Beiträge: 20129
Registriert: Di Feb 08, 2005 11:18 pm
Wohnort: Wetzlar
Kontaktdaten:

Beitrag von RB »

@rwe: Wenn ich sage I-IV-V-Kadenz, dann meine ich damit sämtliche Verdrehungen und Varianten. Es ergibt keinen Sinn, jede Akkordfolge als "Kadenz" zu bezeichnen. Wenn also ein Lied beispielsweise mit der Subdominanten anfängt und danach erst auf die Tonika fällt und das gleich mehrfach, um dann über die Dominante wieder zur Tonika zu gelangen, ist das Gerüst nach wie vor die Kadenz aus Tonika, Subdominante und Dominante. (zB John Hardy)

@H-Bone: Was bringt Dich auf das schmale Brett, der Link verwiese auf ein "Kadenzfreies" Liedgut ? Ich höre da (absolute Tonhöhe mal außen vorgelasssen) ziemlich deutlich mit Am, Dm und Em die Bestandteile der reinen Mollkadenz sowie mit C, F und G die der Durkadenz, wobei, wenn ich mich nicht irre, zwischenduch ein Dm auftaucht, was die Mollparallele zum F ist. Schließlich höre ich noch die Dekadenz des Sängers, was das ganze wahrscheinlich im Auge einiger Betrachter zum Blues macht.
Gast

Beitrag von Gast »

Kinder,
D- und G-Dur passen wunderschön zu a-Moll, wenn man sich da hineinsingt. "The L&N don't stop here anymore"!
Hi
Hei
rwe
Beiträge: 2354
Registriert: Mi Mai 30, 2007 6:04 pm

Beitrag von rwe »

[quote="RB"]@rwe: Wenn ich sage I-IV-V-Kadenz, dann meine ich damit sämtliche Verdrehungen und Varianten. [/quote]

@RB: Das kannst du (für dich) gerne so meinen - das dürfte allerdings dann auch die Grundlage des Missverstehens sein, da in der Musiktheorie der Begriff der "Kadenz" durchaus die Reihenfolge der Akkorde berücksichtigt.
Benutzeravatar
arokh
Beiträge: 329
Registriert: Sa Jan 06, 2007 5:43 pm
Wohnort: Bremen
Kontaktdaten:

Beitrag von arokh »

@doc: klar passen G und D gut zu a-Moll (G sowieso weil es eh in der a-Moll vorkommt), die Frage war ja auch: warum es so gut passt?; was die "Theorie" dahinter ist? Und im Verlauf der Diskussion haben sich für mich einige gute Erklärungen ergeben. (Nochmal ein Dankeschön an alle für die regen Beiträge :) ). Mir hilft dieses Verständnis um mir Songs zu erschließen oder auch an eigenen Sachen weiterzukommen (insb. wenn ich irgendwie feststecke) :)
Benutzeravatar
OldPicker
Beiträge: 4637
Registriert: Mi Feb 09, 2005 3:04 pm

Beitrag von OldPicker »

Zur Frage WARUM gibt es nur eine erschöpfende Auskunft:

:arrow: WARUM?
* * * * * * * * * * * * * * *

"I usually play songs in two chords, C and G, and every once in a while I throw in an F, just to impress the girls."
(Woody Guthrie)
_______________________________________________
Ulrich Peperle
Beiträge: 643
Registriert: Do Sep 01, 2005 1:27 am

Beitrag von Ulrich Peperle »

[Beitrag vom Verfasser entfernt]
Zuletzt geändert von Ulrich Peperle am Sa Apr 09, 2016 12:32 pm, insgesamt 1-mal geändert.
Benutzeravatar
RB
Beiträge: 20129
Registriert: Di Feb 08, 2005 11:18 pm
Wohnort: Wetzlar
Kontaktdaten:

Beitrag von RB »

@Ulrich: Insgeheim habe ich auf Dich schon gestern gehofft, damit Du das Tal der Ahnungslosen erleuchtest. PS: Ich schließe mich ausdrücklich als ahnungslos ein.


@RWE: Ich habe mal in der Schule gelernt:

I-V-I natürliche Kadenz
I-IV-V-I - Vollkadenz
I-IV-I - plagale Kadenz

Ich muß mich insoweit korrigieren, als ein guter Teil der Volksmusik schon mir der natürlichen Kadenz auskommt. (Jambalaya zum Beispiel). Andererseits fußt jedes Musikstück auf der Vollkadenz, wenn es die harmonischen Verläufe (die "Funktionen") der Kadenz nutzt, wobei es egal ist, ob die Reihenfolge variiert wird oder Mollparallelen genutzt werden. Ich meinte eigentlich, auf dem Boden der Harmonielehre zu stehen, als ich das schrieb und ich sehe keinen Grund, diese Ansicht zu revidieren.

Ich meine, wenn Du eine neue RWE'sche Harmonielehre erfinden willst, dann ist Dir das unbenommen, es ist nur verfehlt, so zu tun, als sei das allgemeingültig. Das ist doch eine Fehlinformation, die man für die Interessierten, die noch weniger wissen, als ich und Du, richtigstellen muß, damit keine Irrtümer entstehen.

Der "RWEschen Harmonielehre" enthält bisher die Kernsätze,

1. die harmonischen Strukturen des Blues beruhe nicht auf Kadenzen, sondern auf irgend etwas anderem, beispielsweise Reibung zwischen der kleinen und großen Terz,

2. die harmonischen Strukturen der amerikanischen Volksmusik beruhten nicht auf Kadenzen, weil diese Musik afrikanisch sei,

3. die harmonischen Strukturen der europäischen Volksmusik beruhten nicht auf Kadenzen, weil die im Mittelalter entstanden und "oft auf Kirchentonarten" beruhe.

In den Begrifflichkeiten der herkömmlichen Harmonielehre ist jede dieser Aussagen unhaltbar, von gewagten musikhistorischen Behauptungen einmal abgesehen, und das wollte ich - in zurückhaltender Weise - klarstellen.

Ich werde jetzt vorsichtig etwas deutlicher und mache einmal am Satz 3 fest, daß man dessen Fragwürdigkeit schon daran erkennen mag, daß die Frage, ob ob eine "Kirchentonart" verwendet wird, über die harmonische Struktur des betreffenden Musikstücks nicht viel aussagt. Das mag man beispielsweise an "What shall we do with the drunken Sailor" erkennen. Das Lied beruht auf einer natürlichen Kadenz mit Mollparallele im tonalen Zentrum, und hat gleichzeitig eine Melodieführung die dorisch ist. Bei Wikipedia habe ich als Beispiel für eine mixolydische Melodieführung interessanterweise "Sympathy for the devil" gefunden, ein Lied, bei dem die harmonische Grundlage der Vollkadenz unüberhörbar deutlich ist. Man kann jetzt zwar sagen, die Beispiele seien "in einer Kirchentonart", die Kadenz (einmal natürlich, einmal Vollkadenz) liegt ihnen dennoch zugrunde.
Benutzeravatar
arokh
Beiträge: 329
Registriert: Sa Jan 06, 2007 5:43 pm
Wohnort: Bremen
Kontaktdaten:

Beitrag von arokh »

@Ulrich: Danke für deinen Beitrag, das ist wirklich aufschlussreich (euch wenn ich bestimmt drei Mal aufmerksam drüber lesen musste um es grob zu verstehen ;) ). Aber die Sache mit dem F habe ich noch nicht verstanden: Warum macht man das, wann kann man das machen .. Bahnhof!? :)

Ach ja, wahrscheinlich hast du das überlesen, aber zwischendurch ist uns auch aufgegangen, dass der Song im "original" immer mit E gespielt wird, statt wie ich es tat mit Em (beides klingt irgendwie passend aber halt anders). Wären wir dann immer noch in A-Dorisch oder ändert der E-Dur Akkord dann doch irgendwas wesentliches?
Antworten