Verst?ndnisfragen zum Richard-K?chli-Buch Slideguitarstyles

Alles, was mit dem Spielen des Instruments zu tun hat

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stephan
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Verständnisfragen zum Richard-Köchli-Buch Slideguitarstyles

Beitrag von stephan »

Hallo!

Aufgrund der Forums-Tipps habe ich mir das Richard-Köchli-Buch "Slideguitarstyles" gekauft. Heute ist es gekommen und gleich beim ersten Durchblättern haben sich mir zwei Fragen gestellt:

1.
Köchli nennt die Open-E-Stimmung "VASTAPOL"
Ich kenne bislang Open-D als "VESTAPOL"
Sind das zwei unterschiedliche Begriffe oder ist da was falsch?

2.
In Wikipedia steht (Zitat):
"Grenzen des Open Tunings
Bei der Auswahl des richtigen Open Tunings sind auch noch bauartliche Grenzen zu beachten. So ist bei Akustikgitarren mit dicken Saiten (> 12-Satz) wegen der hohen Beanspruchung der Basssaiten und des Gitarrenhalses vom E- und A-Tuning abzuraten." (Zitat Ende)
Köchli gebraucht in seinem Buch hauptsächlich Open E, Open-A, Open-D und Open-G, also auch die, von deren Gebrauch in Wikipedia abgeraten wird.
Köchli schreibt selbst dazu, dass beim längeren Gebrauch von Open-E sich der Hals verkrümmen kann. Das könne man umgehen (neben der Benutzung des Halseinstellstabes, was ich noch nie musste), in dem man "die gesamte Stimmung um einen Halb- oder Ganzton herabsetzt (Open Es oder Open D)"

Meine Fragen:
Wenn ich alles einen Ganzton runterstimme, dann kann ich doch gleich nach Open-D stimmen?
Hat jemand schon Erfahrung mit E- und A-Tuning bzw. dadurch hervorgerufener Halsverbiegung?

Vielleicht noch eine Frage:
Köchli schreibt, dass sich fürs Slidespiel "zwei Basisstimmungen gut bewährt" haben: E- und G-Stimmung.
Als aufmerksamer Laie habe ich in den letzten Monaten anderes beobachten können, dass nämlich bei Open-Tunings neben DADGAD vor allem Open-D und Open-G gespielt werden; Open-E dagegen habe ich nie gehört.

Da offensichtlich viele Forumsmitglieder dieses Buch besitzen, hoffe ich auf Klärung und danke Euch im Voraus.

Liebe Grüße in die Runde

Stephan

(Gerade die richtigen Fragen bei so 'ner Hitze...)
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Johnny
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Beitrag von Johnny »

Hey Stephan,
nur ganz kurz meine Gedanken dazu:

zu1) Vestapol ist Open D.
Ganz klassisch eher open D. Die story, die sich darum rankt, ist schnell erzählt. diese Stimmung kam ins delta über russische Matrosen, die alte russische volksgesänge in der stimmung spielten. und das boot, auf dem sie waren, kam aus vestapol.. sicher nur ne müte.. aber besser als nichts ;-)

Open D und Open E - eigentlich der unterschied nur in zwei halbtönen höher transponiert- oder tiefer. that's all.
ich kann es mir nur so erklären: wenn ich in ner combo spiele mit kontrabass, so ist es für ihn leichter, nen blues in e zu spielen als in d. genauso bei in standart-tuning gestimmten gitarren. auf der anderen seite eben auch die stimmlage des jeweiligen sängers/ sängerin. und zum dritten: wer hatte denn damals ein ordentliches stimmgerät?? so siehst du zum beispiel, dass es johnson aufnahmen gibt, die einen halbton höher oder tiefer sind. shit happens, hauptsache die anderen saiten sind ordentlich gestimmt ;-)

ich bevorzuge aber auch eher die low-tunings ( also open d und open g ), da die saiten durch den geringeren saitenzug mehr "twang" bekommen..

hoffe, das konnte dir etwas weiterhelfen.... auch wenn nicht viel.
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richardkoechli
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... die Antwort des Autors

Beitrag von richardkoechli »

Hallo Stephan, hallo Fingerpicker-Gemeinde,

Per Zufall (oder besser Dank dem Hinweis eines befreundeten Gitarristen; wir in der Schweiz kriegen eben ALLES mit... :-) erfuhr ich von Deinen ungeklärten Fragen. Nun, warum soll sie nicht gleich der Autor des Buches persönlich beantworten...? :

„Vastapol“ oder „Vestapol“ meinen dasselbe (beide Begriffe sind im Umlauf, ich weiss selber nicht genau, welcher nun wirklich korrekt ist, vielleicht tatsächlich „Vestapol“?):
Die offene Stimmung mit der Intervall-Struktur eines E-Dur-Griffs (der offene E-Dur, „Lagerfeuer-E-Griff“... :-). Es zählt hier wie gesagt nur die Intevall-Struktur, will heissen die Abstände und Beziehungen der Saiten zueinander. Die bleibt nämlich die selbe, auch wenn ich nun das Ganze etwas tiefer stimme (z.B. Es oder D). Vestapol/Vastapol wird sogar zuweilen noch höher verwendet (bis F noch ohne, und dann spätestens mit Kapo). Der Grundsound der Stimmung (die Intervalle) bleibt immer derselbe.

Interessantes zu diesem Thema (in English) findest Du beispielsweise auch hier: http://www.weeniecampbell.com/wiki/inde ... n_Vestapol

Bei der andern sehr oft verwendeten Stimmung („Spanish“) gilt das gleiche Prinzip: Hier erklingt die Intervall-Struktur eines offenen A-Dur-Griffs, und dieser Grundsound bleibt immer derselbe, auch wenn ich das Ganze hoch oder runter-pitche. Meist wird Spanish im Bereich G bis A gespielt, aber auch hier ist alles möglich (mit Kapo...).

Grundsätzlich zu den Tonarten:
Die Wahl der Tonart ist subjektiv und wird von vielen Faktoren beeinflusst (natürlich in erster Linie vom Gesang). Ich persönlich finde Open-D cool und „twangy“, genau wie mein Kollege Johnny von DADDYSLIDE (die massgeschneiderten Slides von Johnny sind übrigens sehr empfehlenswert!). Doch E-Dur ist nun mal eine im Blues SEHR beliebte Tonart; und so benutze auch ich sie oft, und mache mir dabei keine allzu grossen Sorgen wegen der Hals-Spannung (wenn Du eine Gitarre NUR für Slide verwendest, was ich Dir rate, dann spielt eine leichte Hals-Krümmung keine Rolle...). Und Es-Dur gefällt mir persönlich auch verdammt gut, klingt irgendwie magisch (jede Tonart hat übrigens eine ganz eigene Psychologie, sozusagen eine „spirituelle Schwingung“, das haben bereits die grossen klassischen Komponisten sehr genau gewusst und damit gearbeitet).
Im Spanish-Bereich bevorzuge ich G-Dur, aber auch A-Dur ist natürlich cool! Oder eben: via Kapo irgendwo... (wenn Kapo, dann gehe ich meist von G-Dur aus).

Wie gesagt, „Vastapol/Vestapol“ und „Spanish“ sind zwei sozusagen Tonarten-neutrale Grundstimmungen. In meinem Buch SLIDE GUITAR STYLES habe ich versucht, möglichst abwechslungsreich verschiedene Tonarten zu verwenden (D, Es, E oder eben G, A usw.); aber im Grunde kannst Du die Tonart immer selber wählen (ausser natürlich, wenn Du zur CD spielen willst) – meine Open-Tuning-Stücke sind in der Regel einfach entweder in „Vestapol“ oder in „Spanish“.

So, nun wünsche ich Dir alles Gute und viel Erfolg beim Sliden; und ganz herzliche Grüsse an die gesamte Fingerpicker-Gemeinde (fühle mich Euch sehr verbunden, spiele praktisch NUR mit den Fingern... :-)

Richard Koechli
Wenn es gelingt, auch nur für einen Moment in der Musik und nicht im eigenen Ego zu sein, dann entsteht Magie. Es ist eine hauchdünne Linie, und das Ego kann sich von dieser Magie nicht ernähren (denn sie kommt nicht von dieser Welt) ...
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stephan
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Beitrag von stephan »

Hallo Richard,

erstmal herzlich willkommen hier.
Danke für Deine ausführlichen Erläuterungen, ich habe jetzt alles verstanden.
Toll, wenn einem der Autor eines Buches selbst weiter helfen kann!

Ich wünsche Dir viel Spaß und Freude hier im Forum; Du kannst sicher immer mal wieder den ein oder anderen hilfreichen Tipp geben.
Schon jetzt Gratulation zu dem gelungenen Slide-Buch.

Trotzdem: Ihr in der Schweiz kriegt nicht ALLES mit...

Lieben Gruß

Stephan


Danke auch an Johnny!
...dessen Slides wirklich empfehlenswert sind!
schorsch-adel
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Beitrag von schorsch-adel »

wenn Du eine Gitarre NUR für Slide verwendest, was ich Dir rate, dann spielt eine leichte Hals-Krümmung keine Rolle.
...der Ratschlag kommt mir denn doch eine Spur zu leichtfüßig daher, auch wenn Du faktisch zunächst mal recht hast.

Eine Gitarre mit verbogenem Hals ist jedoch schlicht und ergreifend hin (soweit es über das per Stimmstab korrigierbare Maß hinausgeht)

Und selbst wenn Du nur drauf slidest: irgendwann willst Du zusätzlich zum Sliden noch den einen oder anderen offenen Akkord greifen - zu spät - und zwar für immer.
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richardkoechli
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zum zweiten ...

Beitrag von richardkoechli »

hallo Stephan,
Gern geschehen! Der Spruch "wir kriegen ALLES mit" war natürlich nur ironisch gemeint. Aber immerhin hat die helvetische Buschtrommel im vorliegenden Fall ja ziemlich gut funktioniert :-)

hallo Schorsch-Adel,
Danke für Dein Feedback. In meiner typisch "leichtfüssigen" Art (Bottlenecking muss leichtfüssig sein, man kann hier nichts mit Kraft erzwingen...) meine ich dazu:
Wer nur hin und wieder ein paar Töne sliden will, und dies auf einer für das "normale" Spiel perfekt eingestellten Gitarre, der wird wohl besser die Finger lassen von Open Tunings (und vielleicht besser vom Sliden generell, denn der Saitenabstand ist in diesem Falle eh zu tief...). Jede Veränderung der Gitarrenstimmung - egal in welche Richtung - ist in diesem Falle Gift für den perfekten Gitarrenhals; genauso jeder Wechsel auf einen dickeren oder dünneren Saitensatz, jeder Wetterwechsel, jede Tremoloarm- und Stringbending-Orgie.... Ich frage mich bloss, wie es z.B. gewisse Blues- oder Jazzgitarristen schaffen, auf einem 0,13er-Satz zu spielen, oder Dobro-Gitarristen (auch Round-Neck!) sogar auf 0,14er oder 0,15er-Saiten, ohne dabei ihre Klampfen unwiderruflich zu beschädigen ?? Ich denke, die Halsspannungen in solchen Standardtuning-Fällen sind mindestens so hoch wie Open-E mit 012er-Saiten.
Wie auch immer; eines ist gewiss: Wer sich etwas näher mit Slide beschäftigen will, der sollte wenn immer möglich irgend eine Gitarre (das kann eine billige, alte Klampfe sein) nur hierfür reservieren und präparieren. Einerseits bleibt somit die perfekt eingestellte Standardtuning-Gitarre von allen Schlechtwetter-Risiken verschont, und andererseits kannst Du ohne zimperlich zu sein voll reinhauen, mit verschiedenen Tunings, Saitenstärken, Sattelgrössen, Steghöhen usw. experimentieren. E-Gitarren sind in der Regel ohnehin problemlos (ich spiele seit ca 20 Jahren u.a. eine ziemlich billige 3-Schrauben-Strat aus den 70er-Jahren mit 0,12er-Saiten ... permanent in Open-E - die gute Lady hat dies schadlos überstanden!!). Wer akustisch slidet, sollte vielleicht nicht gerade die billigste Warenhaus-Gitarre permanent in Open-E spielen (es hilft schon enorm, wenn man sie jeweils wieder zurückstimmt, bevor sie im Koffer verschwindet), oder sich dann besser gleich z.B. ein Dobro-Arbeitspferd beschaffen (die sind in der Regel unbezwingbar; Blind Willie Johnson spielte z.B. oft sogar in Open-F..., seine Gitarre hatte den leider zu früh und auf grässliche Art verstorbenen Meister problemlos überlebt...).

Well, aber verbindliche Tipps mit Garantie auf Null-Gitarrenhals-Veränderung kann und will ich natürlich nicht geben; ich bleibe bei leichtfüssigen Statements und Erfahrungsberichten :-)

Hört Euch die alten, verstorbenen Meister des Bottleneckings an; die waren zuweilen höchst unzimperlich, spielten mit archaischer Kraft auf höchst unperfekten Gitarren, und berühren uns zutiefst!!! - sogar mit verstimmter Klampfe ... :-)

herzlich, Euer
Richard
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Johnny
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Re: zum zweiten ...

Beitrag von Johnny »

richardkoechli hat geschrieben:Hört Euch die alten, verstorbenen Meister des Bottleneckings an; die waren zuweilen höchst unzimperlich, spielten mit archaischer Kraft auf höchst unperfekten Gitarren, und berühren uns zutiefst!!! - sogar mit verstimmter Klampfe ... :-)
OH JAAAAA.... 8)
Sliding ist ne feelingsache. Reines Feeling, wenn man die Technik etwas beherrscht, abser so ist jedes Vibrato anders und man macht, was man braucht, was einem aus der Seele spricht, wenn man es kann.
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Geli
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Beitrag von Geli »

Moin,

nochmal zur Stimmung, das DADGAD tuning ist fürs Slidespiel eher untypisch und wird eher im Genre Schönklang-Fingerstyle verwendet.
Auf dieses Tuning würd ich deshalb als Slide-Anfänger erstmal verzichten, bis Dir das Spielen in den typischen Tunings ganz leicht fällt.

@schorsch-adel,
eine Gitarre deren Hals sich, bei 13er Saiten in open E, soweit biegt, dass man sie mit dem Halsstab nicht mehr gerichtet bekommt, ist entweder schlechte Handwerksarbeit oder schlechtes Material und schlichtweg als Gitarre ungeeignet.

Gruß
Geli


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richardkoechli
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Beitrag von richardkoechli »

Moin Geli,

Ich teile Deine Meinung; DADGAD (entspricht einem Dsus4-Chord) wird weniger im Bottlenecking, sondern vielmehr im keltischen Schönklang verwendet (Schönklang keineswegs negativ gemeint; I love it !!!) - ich hab' dieses Tuning so weit ich mich erinnern kann deshalb auch nie in meinem Buch verwendet.

herzliche Grüsse in die Runde
Richard
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H-bone
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Beitrag von H-bone »

Hallo Richard, ein herzliches Willkommen !

Ich freu' mich sehr dass du hierhergefunden hast !

Grüsse in die Schweiz, Martin
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richardkoechli
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die Freude ist meinerseits

Beitrag von richardkoechli »

hallo Martin,

Merci für Deinen sympathischen Empfang; die Freude ist meinerseits!

herzliche Grüsse nach Deutschland
Richard
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