...mal wieder: Plekführung flatpicking...

Alles, was mit dem Spielen des Instruments zu tun hat

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Holger Hendel
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...mal wieder: Plekführung flatpicking...

Beitrag von Holger Hendel »

"getting to gypsy jazz guitar..." von mel bay / Wrembel. Ein super Lehrbuch (nach Ersteindruck), heute in der Post gewesen (danke @henryguitar & Forum ;) ).

...wie ich schon an anderer Stelle, u.a. hier im Forum, lernen konnte ist es wohl im "gypsy jazz" eine verbreitete Technik, bei einem Saitenwechsel den jeweils 1. Anschlag auf der entsprechend neuen Saite mit einem Abschlag zu spielen. Dies wird von Wrembel bereits auf Seite 8 als grundsätzliche Spieltechnik angekündigt.

Das finde ich sehr interessant und ich frage mich nun: als wie "verbindlich" ist das zu verstehen? In anderen Stilistiken, die mir besser vertraut sind macht z.B. ein konsequentes economy-picking oder alternate-picking Sinn. Wo sind die konkreten Vorteile des Abschlags beim Saitenwechsel? Ich setze einen Abschlag meist dann bewußt ein, wenn ich mehr Artikulation in den Ton geben möchte und dies ist ja nicht zwangsläufig der Fall, dass so ein Ton der 1. Ton auf einer neuen Saite ist.
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flyingshoes
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Beitrag von flyingshoes »

aus meinen gehversuchen im sinti-jazz kann ich mich an dergleichen nicht wirklich entsinnen... . ist wohl eine frage von dynamik und phrasierung ... und damit geschmackssache???

ansosten empfehle ich
http://www.suhrkamp.de/buecher/wider_de ... 28197.html
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Rolli
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Beitrag von Rolli »

Ja Josho macht das auch so und wenn man in diesem Jazzbereich auf Highspeed und den richtigen Sound kommen will, ist das ein guter ergonimischer Anzatz. Die spielen ja viele Arpeggien und das passt das oft mit dem Abschlag beim Saitenwechsel. Aber es gibt in der Musik keine Dogmen, andere spielen genauso akzentuiert und speedy mit echtem Alternate Picking. Anything goes....
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tired-joe
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Re: ...mal wieder: Plekführung flatpicking...

Beitrag von tired-joe »

Holger Danske hat geschrieben:"getting to gypsy jazz guitar..." von mel bay / Wrembel. Ein super Lehrbuch (nach Ersteindruck), heute in der Post gewesen (danke @henryguitar & Forum ;) ).

...wie ich schon an anderer Stelle, u.a. hier im Forum, lernen konnte ist es wohl im "gypsy jazz" eine verbreitete Technik, bei einem Saitenwechsel den jeweils 1. Anschlag auf der entsprechend neuen Saite mit einem Abschlag zu spielen. Dies wird von Wrembel bereits auf Seite 8 als grundsätzliche Spieltechnik angekündigt.

Das finde ich sehr interessant und ich frage mich nun: als wie "verbindlich" ist das zu verstehen? In anderen Stilistiken, die mir besser vertraut sind macht z.B. ein konsequentes economy-picking oder alternate-picking Sinn. Wo sind die konkreten Vorteile des Abschlags beim Saitenwechsel? Ich setze einen Abschlag meist dann bewußt ein, wenn ich mehr Artikulation in den Ton geben möchte und dies ist ja nicht zwangsläufig der Fall, dass so ein Ton der 1. Ton auf einer neuen Saite ist.
Zunaechst, verbindlich ist gar nichts, da gebe ich meinen Vorrednern recht. Trotzdem sind hier mal meine Mutmassungen :wink:

Das Picking im Gypsy Jazz hat einige Besonderheiten, die es z.B. vom Bluegrass unterscheidet. Im Bluegrass wird in der Regel der Wechselschlag gepredigt (z.b. Steve Kaufmann). Im Gypsyjazz ist die Haltung der Anschlagshand anders und das koennte der Grund fuer die unterschiedliche Anschlagsweise sein (so denke ich mir das zumindest). Ich kenne nun das Buch von Wrembel nicht, aber ich denke, zur Haltung der rechten Hand muesste etwas drin stehen.

Im Gegensatz zur Handhaltng wie man sie von der E-Gitarre oder Bluegrass her kennt, ist die anschlagende Hand nirgendwo aufgelegt, sondern schwebt ueber den Saiten, fasst so, wie man es von der klassischen Gitarrentechnik her kennt. Das ist zunaechst sehr ungewohnt. Der Vorteil: man kann kraeftiger Anschlagen und die Schwingungen der Gitarrendecke wird nicht durch das Auflegen des Handballens auf den Steg oder des Unterarms auf die Decke gedaempft. Nachteil: Die Position der Hand ist schwer zu kontrollieren, gerade dann, wenn man bei einem Lauf die Saiten wechselt. Indem man bei dem Wechsel eine Abschlag auf einem Abschlag folgen laesst, hat man sowas wie eine Fuehrung der Handposition. Extremer wird es bei Arpeggios: Probier mal bei einem aufsteigendem Arpeggio und freischwebender Hand jede Saiten im strengen Wechselschlag zu spielen. Viel einfacher ist es, die Saiten alle mit Abschlaegen zu zupfen (Sweep Technik).

Joe
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flyingshoes
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Beitrag von flyingshoes »

mein jazz-lehrer hat das tatsaechlich auch immer gepredigt:
nicht den handballen auf der bruecke auflegen! pendeln lassen!!!

heute verstehe ich, was er wollte - man ist so tatsaechlich flexibler (auch was den ton angeht), auch wenn die kontrolle, wie joe schreibt, schwieriger ist.

in den letzten monaten habe ich versucht, den im bluegrass gebraeuchlichen rest-stroke zu lernen. war eine echte herausforderung mit meiner handhaltung. aber das ergebnis ist g**l! :mrgreen:
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Pida
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Re: ...mal wieder: Plekführung flatpicking...

Beitrag von Pida »

Holger Danske hat geschrieben:als wie "verbindlich" ist das zu verstehen? In anderen Stilistiken, die mir besser vertraut sind macht z.B. ein konsequentes economy-picking oder alternate-picking Sinn. Wo sind die konkreten Vorteile des Abschlags beim Saitenwechsel? Ich setze einen Abschlag meist dann bewußt ein, wenn ich mehr Artikulation in den Ton geben möchte und dies ist ja nicht zwangsläufig der Fall, dass so ein Ton der 1. Ton auf einer neuen Saite ist.
Diese Technik wird als rest stroke bezeichnet, weil das Pick nach Abschlägen auf der jeweils nächst höheren Saite 'ruht'.

Die Vorgabe ist wohl als ziemlich verbindlich zu verstehen (auch wenn ich dieses Buch nicht kenne). Von manchen Lehrern hört man sogar, dass man den Wechselschlag ganz aufgeben solle (Horowitz, Gypsy Picking). Andere sagen, dass man Wechselschlag und rest stroke parallel verwenden kann (Chang, Jazz Manouche). Ich beschäftige mich erst seit kurzem mit Gypsy Jazz und bin noch lange nicht soweit, mir dazu eine eigene Meinung bilden zu können.

Es ist kein Zufall, dass der rest stroke gerade im Gypsy Jazz verwendet wird: Zum einen werden viele Arpeggien gespielt, meistens von den tiefen zu den hohen Saiten. Dabei ist der rest stroke einfach das effizienteste Bewegungsmuster - ein Shredder an der E-Gitarre macht ja genau das gleiche und nennt es Sweeping. Zum anderen wird (und mehr noch wurde) diese Stilistik häufig unplugged gespielt, so dass eine laute Anschlagstechnik besonders wichtig ist.
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Holger Hendel
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Beitrag von Holger Hendel »

Vielen Dank für die Antworten bislang, es rattert in meinem Kopp. Mal sehen, wie ich es mit der Sache halten werde in Zukunft. Ist halt schon was komplett anderes und würde mit meiner bisherigen flatpicking-Technik brechen.
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Lotti
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Beitrag von Lotti »

Aber es gibt in der Musik keine Dogmen, andere spielen genauso akzentuiert und speedy mit echtem Alternate Picking. Anything goes....
Das sehe ich ganz genauso. Sicher, Steve Kaufmann empfiehlt im Bluegrass den Wechselschlag. Andere Spieler, wie Brad Davis oder Jeff Troxel, empfehlen wiederum ganz nach Lust und Laune anzuschlagen, eben so, wie es sich für den Spieler am besten anfühlt.

Wenn ich hier schon wieder lese, was mache Gitarrenlehrer ihren Schülern so "eintrichtern" wollen, dann bin ich froh, dass ich reiner Autodidakt bin und mich nicht auf diese Lehr-Dogmatiker verlassen muss.
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RB
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Beitrag von RB »

Der Wechselschlag erscheint mir natürlich zu sein. Jedenfalls kommt mir das so vor, nachdem ich ihn gewissermaßen von selbst "automatisch" anwende. Allerdings stoße ich auch immer wieder einmal auf Situationen, in denen die Gleichung nicht aufgeht. Ein interessantes Phänomen dieser Art ist mir jüngst erst wieder begegnet. Da heißt es entweder, an irgend einer Stelle entgegen dem Spielgefühl gewaltsam gegensteuern, damit das Ende gut wird, oder den letzten Ton der Phrase entgegen allen Regeln und gegen das Spielgefühl anszuschlagen. Ich werde darüber gelegentlich detailliert an anderer Stelle berichten.
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Pida
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Beitrag von Pida »

mr335 hat geschrieben:Aber es gibt in der Musik keine Dogmen, andere spielen genauso akzentuiert und speedy mit echtem Alternate Picking.
@Rolli: Kennst du ein Beispiel (einen Wechselschlag-Spieler) aus dem Bereich Gypsy Jazz?
Lotti hat geschrieben:Wenn ich hier schon wieder lese, was mache Gitarrenlehrer ihren Schülern so "eintrichtern" wollen, dann bin ich froh, dass ich reiner Autodidakt bin und mich nicht auf diese Lehr-Dogmatiker verlassen muss.
@Lotti: Ich glaube nicht, dass man solche 'Dogmen' grundsätzlich verdammen sollte. Manche sind durch die Erfahrung mehrerer Generationen motiviert; ein Schüler kann einfach mangels Lebenszeit nicht alle denkbaren Ansätze durchprobieren und ausschließlich auf eigene Erfahrungen bauen.

Typisch für Gypsy Jazz sind z.B. rasend schnelle Arpeggien. Nun könnte ein Einsteiger sich da ransetzen und ein paar Licks ausprobieren, und zwar (i) sowohl mit Wechselschlag als auch mit rest stroke und (ii) sowohl mit schwebender Anschlagshand als auch mit aufgelegtem Handballen.

Allerdings wird er diese Passagen nur mit vielleicht 10% der Zielgeschwindigkeit und auch nicht unbedingt mit dem optimalen Ton spielen können. Wenn er sich nun dabei (zum Beispiel) mit dem Wechselschlag besser fühlt, heißt das noch lange nicht, dass der Wechselschlag auf Dauer die bessere Option ist. Die Entscheidung, dabei zu bleiben, könnte in eine Sackgasse führen.
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Holger Hendel
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Beitrag von Holger Hendel »

Also die Nummer mit der schwebenden Anschlagshand, da ist definitiv was dran, und zwar richtig was: ein guter Freund und Gitarrenkünstler, Laurent Quiros, hat mir vor Jahren mal gezeigt was es bringt, zwischen Körper (des Gitarristen) und Gitarre zur Entkopplung eine Art Gummipropfen zu packen - absolut verblüffend, also die Gitarre liegt nur mit Zarge am Körper des Spielers auf, zwischen Boden und Körper ist so ein Gummiteil...wow! Der Klang...der wird somit total nach vorne gebracht, viel voller und runder. Was am Boden klappt geht auch auf der Decke, da sollte mit schwebendem Anschlag also mehr tone im Spiel sein.
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elmoresilk
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Beitrag von elmoresilk »

Hallo Holger,
Kennst Du den www.djangolizer.ch ?

Dort findest Du unter "Tips und Tricks" eine komprimierte Zusammenfassung der wesentlichen Grundregeln für das reststroke picking.
Im übrigen ist der djangolizer, wie ich finde, eine tolles Lernprogramm für Gypsyjazz.
Es beinhaltet ein Song-Archiv mit Playbackfunktion. Dort werden für jeden Akkord die Arpeggionoten und die dazugehörigen Tonleitern angezeigt.

Gruß
dieter
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flyingshoes
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Beitrag von flyingshoes »

wie meinem obigen posting zu entnehmen ist bin ich auch kein freund von dogmen. die haltung meiner flossen (rechts wie links) ist aber ein punkt, fuer den ich meinem lehrer tatsaechlich dankbar bin. wenn ich mir anschaue wie tonal eingeschraenkt viele auch technisch wirklich gute bluegrasser dadurch sind, das sie den handballen auf dem steg auflegen... der klang leidet ja nicht nur durchs blockieren mit der hand - sie nutzen in meinen augen auch nicht die vielfalt des pickens zwischen steg und griffbrettanfang.
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bluegrassfamily
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Beitrag von bluegrassfamily »

Ja, die ewige Diskussion....Ich seh es so: Entscheidend ist, was dabei rauskommt. Kann ich problemlos und mit Dynamik und Lautstärke über alle Saiten (auch die drei Basssaiten) Crosspicking machen? Kann ich - je nach Bedarf - mal näher am Schlagloch, mal näher am Steg spielen?
Klingen meine Soli sauber, klar, akzentuiert (auch wenn´s schneller wird) oder gehetzt und verwaschen?

Wie das erreicht wird, ist doch eigentlich Nebensache. Lehrer (wie Kaufman) versuchen natürlich immer, ein nachvollziehbares System anzubieten, mit dem Schüler erfahrungsgemäß erfolgreich sind. Das hat nichts mit Dogma zu tun. Wer´s anders machen will-bitteschön.
Manche Gitarristen tun sich mit einigen Techniken einfach schwer. Ich kann einfach kein economy picking, sondern nur das von vielen verwerndete alternate picking. Damit ist (nur für meine Spielweise) die Diskussion an dieser Stelle schon zu Ende.

Bei der Handhaltung rechts bevorzuge ich eine Variante, die der rechten Hand möglichst viele Freiheiten aber dennoch Orientierung erlaubt. Ich stütze den Handballen nicht auf den Steg oder Saiten auf, sonder berühre gelegentlich ein oder zwei Saiten ohne dass ich damit den Sound ändere. Ist einfach eine Angewohnheit mit der ich mir leichter tue. Ich hab auch schon ganz bewusst mit der frei schwebenden Hand gespielt, kann aber im Sound (und in den oben angesprochenen Punkten) keinen Vorteil finden. Also lass ich es so wie es ist.

LG Reinhold
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Rolli
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Beitrag von Rolli »

Pida hat geschrieben: @Rolli: Kennst du ein Beispiel (einen Wechselschlag-Spieler) aus dem Bereich Gypsy Jazz?.
http://www.youtube.com/watch?v=RPI6ggAuzT8
Schöne Grüße, Rolli
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