Bericht vom Workshop Thomas Leeb
Verfasst: So Jul 30, 2006 9:36 pm
Workshop Thomas Leeb
Warnung: langes Geschwafel! Deshalb zu Anfang ein kurzes 2 - Wort - Resumee: absolut empfehlenswert.
Jetzt sitze ich ein bisschen übernächtigt im Zug irgendwo zwischen Würzburg und Aschaffenburg und höre Thomas letzte CD, Upside Down. Der Zug hat drei Stunden Verspätung, also gibt's reichlich Zeit zum Lesen und eben auch zum Schreiben des versprochenen Berichts vom Workshop mit Thomas Leeb auf der Turracher Höhe.
Was für eine Woche! Der Workshop fand in knapp 1800 m Höhe statt, so dass wir von der Hitze im Flachland völlig verschont wurden. Die Straßen zur Turracher Höhe sind von beiden Seiten so steil, dass man nur mit Müh und Not nach oben kommt, oder auch nicht, so wie wir. Unser Auto haben wir mit kapitalem Motorschaden nach einem erfüllten, 275.000 km langen Leben in Österreich begraben, nachdem es kurz vor der Höhe seinen Geist aufgab. Netterweise wurden wir - meine Frau, beide Kinder + Jo - vom Hausmeister des Leeb'schen Hotels auf der Turracher Höhe abgeholt und auf den Schaden erstmal kostenlos mit Suppe und Bier versorgt, ehe ich mit Thomas nach ein paar Stunden wieder zum Auto gefahren bin und es im Schritttempo den Rest des Anstiegs zur Höhe gefahren habe. Zylinderkopf wahrscheinlich gerissen, und die Reparatur hätte so viel gekostet, dass es sich nicht mehr gelohnt hat.
Der Workshop fand im so genannten Meizeit Dörfl statt, einer Ansammlung von Hütten für 4 bis 10 - Personen sowie dem zugehörigen Gasthaus, alles mit direktem Blick auf den Turracher See und dem sehr netten Gastwirtspaar Sepp und Isabella. Wir mussten Mittags manchmal das Gasthaus mit den Wanderern und anderen Sommerfrischlern teilen, wenn das tägliche Gewitter zu früh kam.
Wir waren knapp 20 Teilnehmer aus vier Nationen: Marc als einzger Holländer, dann jeweils fünf Österreicher (mit Thomas, später noch Gottried Gfrerer als 6.) und fünf Deutsche, der Rest kam aus England. Das Alter der Teilnehmer war sehr gemischt, der Jüngste war 16, der Älteste 56. Weibliche Teilnehmer gab es leider nur zwei.
Thomas legte direkt zu Anfang die Richtlinien fest, auf seine freundliche und sanfte Art ist er ein ziemlich harter Knochen. Das kam dem ganzen Workshop zu Gute, es gab keine Verstimmungen oder Feindseligkeiten zwischen den Teilnehmern. Unterstützt wurde Thomas von Stuart Ryan aus England und ab Mittwoch auch von Gottfried Gfrerer aus Österreich, mehr zu ihnen unten. Der Unterricht geschah auf Englisch mit Übersetzung für den leider einzigen nicht englischsprechenden Teilnehmer.
Es stellte sich schnell heraus, dass alle Teilnehmer ziemlich fortgeschrittene Gitarristen waren, deshalb war der Unterricht ziemlich geradeheraus ohne allzuviel grundlegende Erklärungen. Am Morgen gab es allerdings erst einmal eine Stunde Gehörtraining (Thomas) oder Harmonielehre (Stuart), manchmal lästig, aber doch interessant und nötig.
Als erstes Stück wurde in den ersten Tagen im Kreis das Stück 'The Perc-U-Lator' von Eric Roche gespielt. Thomas ist mit uns schön langsam durch das Stück gegangen, so dass auch diejenigen, die noch keine Erfahrungen mit perkussiven Sounds auf der Gitarre und der typischen slapping + tapping - Spielweise hatten, gut damit zurechtkamen.
Darüber hinaus wurden variable Blöcke angeboten, teils mit allen Teilnehmern, so etwa Skalen in DADGAD und verschiedenste Flageolets oder eigenen Stücken der Dozenten, von Stuart etwa ein Arrangment von 'Sally Gardens', sein Stück 'The Sea Bird' oder 'With These Hands' von Eric Roche. Andererseits gab es auch kleine Gruppen, vor allen mit Thomas eigenen Stücken, die nicht immer gerade leicht zu spielen sind, hier etwa 'Äkäskero' von seiner CD 'Riddle' und das Arrangement von 'While My Guitar Gently Weeps' von der CD 'Upside Down', faszinierendes Zeug.
Am Mittwochabend gab es dann ein recht gut besuchtes offizielles Konzert zu 10 Euronen Eintritt für Nicht - Teilnehmer im Kirchlein auf der Turracher Höhe. Zu Anfang durften zehn Teilnehmer etwas zum Besten eben (freiwillig, versteht sich), dann jeweils Thomas, Gottfried und Stuart einzeln und zusammen.
Stuart Ryan ist ein echtes Gitarrentier. Der Mann ist ungllllllaublich schnell und spielt absolut sauber. Er kann alles spielen, was man so kennt, von Filmmusik über Jazz, Blues und Django Reinhardt zu Irish Folk, sei es in Standard oder DADGAD. Dazu ist er auch noch sehr nett und offen für alle möglichen Sachen. Sein neustes Stück, das er uns vorgespielt hat, heißt 'Mr. Leeb', und ist eine packende Mischung aus verschiedenen perkussiven und melodischen Elementen, auf unnachahmliche Weise vorgetragen.
Erst am Mittwoch Morgen kam Gottfried dazu, er ist unter anderem ein guter slide - Gitarrist, und darum ging es dann auch, ebenso um Delta - Blues und Ähnliches, das er auf seiner selbstgebauten Resonator - Gitarre sehr authentisch rüberbrachte. Ich muss zugeben, dass das nicht so mein Ding ist, und dass ich in Absprache mit ihm während seiner Unterrichtseinheiten lieber das bisher gelernte noch einmal durchgegangen bin. Den Anderen hat es aber sehr gut gefallen.
Thomas hat sich deutlich weiter entwickelt. Zu den erstaunlichen perkussiven Sachen und dem typischen Tomas-Leeb-Sound ist noch einiges an lyrischem und musikalischem 'Fleisch' dazu gekommen. Seine Spieltechnik ist sehr anspruchsvoll und macht nach einigem Üben viel Spass. Er ist sehr fokussiert auf die Musik und offen für alle möglichen Richtungen. Er schert sich nicht allzu viel darum, ob sich seine Musik in irgendeine Ecke drängen lässt, und geht mit einer erfrischenden Unbekümmertheit ans Werk. Sehr gut entwickelt ist seine Fähigkeit, andere zu lehren, und er nimmt sich viel Zeit für jeden Einzelnen. Immer wieder mal muss man ihm die aktuelle Passage vorspielen, und er biegt das Gespielte auf sehr nette und effiziente Weise gerade. Und wenn Zeit für eine Pause ist, dann ist er auch mal bereit, fünfe gerade sein zu lassen, und bricht mit einem Trupp zu einem halbstündigen Spaziergang um den Turracher See auf.
Etwas ganz Spezielles an diesem Workshop war der Leitgedanke. Thomas und Stuart waren beide gute Freunde von Eric Roche, sie haben sich tatsächlich erst bei seinem Begräbnis persönlich kennengelernt. So war denn auch der Workshop Eric gewidmet, und irgendwie war das auch sehr oft spürbar. Viele Gespräche drehten sich um ihn, einige der Teilnehmer kannten Eric persönlich, und man erfuhr einige interessante Trivia über Auftritte und Persönlichkeit. Auch die Stücke von Eric, die wir durchnahmen (s.o.) trugen das Ihrige bei.
So, genug geschrieben, bald dürften wir doch entgegen aller Erwartungen in der Nähe von Köln sein. Im Gedenken an die langen Abende bei Bier und Zirbenschnaps, an die unvorhergesehenen abendlichen Konzerte von Thomas & Stuart, an Charles, Marc, Iain, Hartmut und all die anderen entbiete ich Euch ein ehrliches 'Passt scho!' und freue mich auf ein kühles Bier heute Abend im Garten neben meiner Gitarre,
autolos
Jo
Warnung: langes Geschwafel! Deshalb zu Anfang ein kurzes 2 - Wort - Resumee: absolut empfehlenswert.
Jetzt sitze ich ein bisschen übernächtigt im Zug irgendwo zwischen Würzburg und Aschaffenburg und höre Thomas letzte CD, Upside Down. Der Zug hat drei Stunden Verspätung, also gibt's reichlich Zeit zum Lesen und eben auch zum Schreiben des versprochenen Berichts vom Workshop mit Thomas Leeb auf der Turracher Höhe.
Was für eine Woche! Der Workshop fand in knapp 1800 m Höhe statt, so dass wir von der Hitze im Flachland völlig verschont wurden. Die Straßen zur Turracher Höhe sind von beiden Seiten so steil, dass man nur mit Müh und Not nach oben kommt, oder auch nicht, so wie wir. Unser Auto haben wir mit kapitalem Motorschaden nach einem erfüllten, 275.000 km langen Leben in Österreich begraben, nachdem es kurz vor der Höhe seinen Geist aufgab. Netterweise wurden wir - meine Frau, beide Kinder + Jo - vom Hausmeister des Leeb'schen Hotels auf der Turracher Höhe abgeholt und auf den Schaden erstmal kostenlos mit Suppe und Bier versorgt, ehe ich mit Thomas nach ein paar Stunden wieder zum Auto gefahren bin und es im Schritttempo den Rest des Anstiegs zur Höhe gefahren habe. Zylinderkopf wahrscheinlich gerissen, und die Reparatur hätte so viel gekostet, dass es sich nicht mehr gelohnt hat.
Der Workshop fand im so genannten Meizeit Dörfl statt, einer Ansammlung von Hütten für 4 bis 10 - Personen sowie dem zugehörigen Gasthaus, alles mit direktem Blick auf den Turracher See und dem sehr netten Gastwirtspaar Sepp und Isabella. Wir mussten Mittags manchmal das Gasthaus mit den Wanderern und anderen Sommerfrischlern teilen, wenn das tägliche Gewitter zu früh kam.
Wir waren knapp 20 Teilnehmer aus vier Nationen: Marc als einzger Holländer, dann jeweils fünf Österreicher (mit Thomas, später noch Gottried Gfrerer als 6.) und fünf Deutsche, der Rest kam aus England. Das Alter der Teilnehmer war sehr gemischt, der Jüngste war 16, der Älteste 56. Weibliche Teilnehmer gab es leider nur zwei.
Thomas legte direkt zu Anfang die Richtlinien fest, auf seine freundliche und sanfte Art ist er ein ziemlich harter Knochen. Das kam dem ganzen Workshop zu Gute, es gab keine Verstimmungen oder Feindseligkeiten zwischen den Teilnehmern. Unterstützt wurde Thomas von Stuart Ryan aus England und ab Mittwoch auch von Gottfried Gfrerer aus Österreich, mehr zu ihnen unten. Der Unterricht geschah auf Englisch mit Übersetzung für den leider einzigen nicht englischsprechenden Teilnehmer.
Es stellte sich schnell heraus, dass alle Teilnehmer ziemlich fortgeschrittene Gitarristen waren, deshalb war der Unterricht ziemlich geradeheraus ohne allzuviel grundlegende Erklärungen. Am Morgen gab es allerdings erst einmal eine Stunde Gehörtraining (Thomas) oder Harmonielehre (Stuart), manchmal lästig, aber doch interessant und nötig.
Als erstes Stück wurde in den ersten Tagen im Kreis das Stück 'The Perc-U-Lator' von Eric Roche gespielt. Thomas ist mit uns schön langsam durch das Stück gegangen, so dass auch diejenigen, die noch keine Erfahrungen mit perkussiven Sounds auf der Gitarre und der typischen slapping + tapping - Spielweise hatten, gut damit zurechtkamen.
Darüber hinaus wurden variable Blöcke angeboten, teils mit allen Teilnehmern, so etwa Skalen in DADGAD und verschiedenste Flageolets oder eigenen Stücken der Dozenten, von Stuart etwa ein Arrangment von 'Sally Gardens', sein Stück 'The Sea Bird' oder 'With These Hands' von Eric Roche. Andererseits gab es auch kleine Gruppen, vor allen mit Thomas eigenen Stücken, die nicht immer gerade leicht zu spielen sind, hier etwa 'Äkäskero' von seiner CD 'Riddle' und das Arrangement von 'While My Guitar Gently Weeps' von der CD 'Upside Down', faszinierendes Zeug.
Am Mittwochabend gab es dann ein recht gut besuchtes offizielles Konzert zu 10 Euronen Eintritt für Nicht - Teilnehmer im Kirchlein auf der Turracher Höhe. Zu Anfang durften zehn Teilnehmer etwas zum Besten eben (freiwillig, versteht sich), dann jeweils Thomas, Gottfried und Stuart einzeln und zusammen.
Stuart Ryan ist ein echtes Gitarrentier. Der Mann ist ungllllllaublich schnell und spielt absolut sauber. Er kann alles spielen, was man so kennt, von Filmmusik über Jazz, Blues und Django Reinhardt zu Irish Folk, sei es in Standard oder DADGAD. Dazu ist er auch noch sehr nett und offen für alle möglichen Sachen. Sein neustes Stück, das er uns vorgespielt hat, heißt 'Mr. Leeb', und ist eine packende Mischung aus verschiedenen perkussiven und melodischen Elementen, auf unnachahmliche Weise vorgetragen.
Erst am Mittwoch Morgen kam Gottfried dazu, er ist unter anderem ein guter slide - Gitarrist, und darum ging es dann auch, ebenso um Delta - Blues und Ähnliches, das er auf seiner selbstgebauten Resonator - Gitarre sehr authentisch rüberbrachte. Ich muss zugeben, dass das nicht so mein Ding ist, und dass ich in Absprache mit ihm während seiner Unterrichtseinheiten lieber das bisher gelernte noch einmal durchgegangen bin. Den Anderen hat es aber sehr gut gefallen.
Thomas hat sich deutlich weiter entwickelt. Zu den erstaunlichen perkussiven Sachen und dem typischen Tomas-Leeb-Sound ist noch einiges an lyrischem und musikalischem 'Fleisch' dazu gekommen. Seine Spieltechnik ist sehr anspruchsvoll und macht nach einigem Üben viel Spass. Er ist sehr fokussiert auf die Musik und offen für alle möglichen Richtungen. Er schert sich nicht allzu viel darum, ob sich seine Musik in irgendeine Ecke drängen lässt, und geht mit einer erfrischenden Unbekümmertheit ans Werk. Sehr gut entwickelt ist seine Fähigkeit, andere zu lehren, und er nimmt sich viel Zeit für jeden Einzelnen. Immer wieder mal muss man ihm die aktuelle Passage vorspielen, und er biegt das Gespielte auf sehr nette und effiziente Weise gerade. Und wenn Zeit für eine Pause ist, dann ist er auch mal bereit, fünfe gerade sein zu lassen, und bricht mit einem Trupp zu einem halbstündigen Spaziergang um den Turracher See auf.
Etwas ganz Spezielles an diesem Workshop war der Leitgedanke. Thomas und Stuart waren beide gute Freunde von Eric Roche, sie haben sich tatsächlich erst bei seinem Begräbnis persönlich kennengelernt. So war denn auch der Workshop Eric gewidmet, und irgendwie war das auch sehr oft spürbar. Viele Gespräche drehten sich um ihn, einige der Teilnehmer kannten Eric persönlich, und man erfuhr einige interessante Trivia über Auftritte und Persönlichkeit. Auch die Stücke von Eric, die wir durchnahmen (s.o.) trugen das Ihrige bei.
So, genug geschrieben, bald dürften wir doch entgegen aller Erwartungen in der Nähe von Köln sein. Im Gedenken an die langen Abende bei Bier und Zirbenschnaps, an die unvorhergesehenen abendlichen Konzerte von Thomas & Stuart, an Charles, Marc, Iain, Hartmut und all die anderen entbiete ich Euch ein ehrliches 'Passt scho!' und freue mich auf ein kühles Bier heute Abend im Garten neben meiner Gitarre,
autolos
Jo