Wann Delay, wann Reverb?

Alles, was mit dem Spielen des Instruments zu tun hat

Moderator: RB

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Yens
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Wann Delay, wann Reverb?

Beitrag von Yens »

Hi

Ob beim Picking, bei Begleitung mit Plektrum, beim Solieren - wann unterlegt ihr euren Stahlseiten-Klang mit Hall und wann mit Delay? Ich bin mir bis heute nicht ganz schlüssig, was ich da auf der Bühne wann am besten nehme. Hall klingt natürlich schön, geht aber auf Kosten der Präsenz. Ein Delay mit kurzen Verzögerungszeiten macht meines Erachtens beim Single-Note-Spiel den Klang etwas voller - hat es auch Nachteile?

PS: Hab das mal unter "Spieltechnik" eingeordnet und nicht unter Technik - ich will ja gar nicht die Geräte selbst diskutieren, sondern den Sound.

Frohes Nois

Jens
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RB
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Beitrag von RB »

Das kommt auch auf auf die Musike an, wie sieht denn der Kontext aus ?
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hmarke
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Re: Wann Delay, wann Reverb?

Beitrag von hmarke »

Delay verlangt vom Musikmaterial tendenziell mehr Konstanz.
Musikunabhängig ist zur generellen Aufwertung ist Hall das Beste, wobei weniger die Hallfahne sonder die ersten Reflexionen entscheidend sind.
Geräte die zwischen diesen beiden nicht unterscheiden können, sind für allgemeine Aufwertungen ungeeignet.
Wie alle Effektenzur allgemeinen Aufwertung fallen sie erst dann auf, wenn sie fehlen.
Wenn man als Musiker selbst einstellen muss, dann am besten so, dass es einem etwas zu wenig vorkommt, und danach nochmal etwas zurückdrehen.
Wenn "Hall auf Kosten der Präsenz geht", dann ist die Einstellung maßlos übertrieben.
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Yens
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Beitrag von Yens »

Delay verlangt vom Musikmaterial tendenziell mehr Konstanz
Was genau heißt das?
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Herigo
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Beitrag von Herigo »

wie schon richtig gesagt wurde sind die "early reflections" oder auch "pre delay" entscheidend für die wirkung des halls und der raumgröße. die hallfahne ist nicht ganz so wichtig, eine zu lange (und laute) kann das ergebniss vermatschen.

insofern ist es fast egal ob man für einen halleffekt delay oder ein reverb einsetzt (wirklich!). dezent dazugemischt kann ein delay sogar der bessere hall sein. hall ist nichts anderes als eine hohe anzahl unterschiedlicher echos (reflexionen) die wiederum neue reflexionen erzeugen bis die energie verloren geht. je größer der raum, desto länger dauert es bis die erste reflexion beim hörer eintrifft (gekacheltes bad - sehr kurz, kathedrale - ziemlich lang)

ein delay wird zum echo wenn man die wiederholungen deutlich wahrnehmen kann. das ist ein echter effekt.

sogenannte slapbacks sind kurze verzögerungszeiten die in richtung oldschool rock´n´roll oder rock´a´billy gehen, samba pa ti von santana hat auch sowas in der richtung drin.

sehr dezent eingestellt können längere verzögerungen den ton andicken und das sustain scheinbar verlängern, funktioniert auch sehr gut beim gesang, dabei treten die echos nicht in den vordergrund und stören rhythmisch nicht.

deutliche echos haben einen nicht unerheblichen einfluss auf den groove, bzw. die rhythmik. the edge von u2 benutzt diesen effekt sehr oft. dabei muss man aber auch das echo rhythmisch anpassen, zeitwert ändern oder man geht auf den enstehenden rhythmus von originalton und wiederholung ein. letzteres ist durchaus reizvoll wenn man alleine spielt und hilft einem sogar im rhythmus/tempo zu bleiben. beim solieren oder melodiespiel kann ein schöner "frage und antwort" eindruck entstehen.
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FabianJ
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Beitrag von FabianJ »

kleiner Tipp, wenn du mit Hall spielst etwas die Mitten anheben, dann kommt ein Teil der Präsenz zurück
Get to work
mrguitarpete
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Hall und Echo

Beitrag von mrguitarpete »

Ein weites Feld...nur ein paar Gedanken in Kürze.

Grundsätzlich ist ein Hall auch nichts anderes als viele Echos, die ineinander klingen. Das hilft vielleicht bei folgender Betrachtung.

Wenn ich in einem großen Raum spiele (z.B. eine Kirche) brauche ich wahrscheinlich keinen Hall, da ich schon einen echten Raum habe.

Wenn ich in einem kleinen oder schalltechnisch besonders bearbeitetem Raum (Aufnahmeraum Studio) arbeite, sieht das schon anders aus: hier kann ich mit einem Hall einen eigenen Raum aussuchen, den es so vorort gar nicht gibt.

Ich persönlich nutze fast gar keinen Hall auf der Bühne, es sei denn der Raum ist wirklich fast halltot. Ansonsten verwende ich sehr viel und oft Delays, die ich per Fußtap zum Tempo meines Stückes time (oft Viertel oder Achtel). Das gibt dem Sound ein wunderbare Weite und Räumlichkeit, die dem Sound aber nicht die Präsenz nimmt, wie du schon festgestellt hast. Die Intensität vom Effekt ist eher schwach - nur 3 feedbacks, die stark in der Lautstärke abfallen, reichen. Gerne verwende ich auch ein modulierendes Delay, was die Räumlichkeit noch verstärkt. Das ist mittlerweile bei mir ein Soundmarkenzeichen geworden.

Schau gerne mal in meinem youtube-Kanal nach: www.youtube.com/mrguitarpete

hier z.B. das Stück "Dominik"

Außerdem benutze ich das Delay auch als rhythmische Komponente, was auch ein spannender Aspekt ist. Hier ist die Intensität des Effektes mit dem Originalsound fast gleichberechtigt.

hierzu die Stücke "Rising" und das Intro von "Complaint"

Ich hoffe, das gibt dir ein bisschen Inspiration :-)
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Herigo
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Beitrag von Herigo »

@mrguitarpete

du bestätigst exakt das was ich knapp 2 beiträge weiter oben beschrieb. auch mal schön wenn man seine eigene vorgehensweise so genau erklärt bekommt.

ich benutze ein rev-5 und ein dd-20 giga-delay, beide von boss. wobei ich den hall am mischer oder bei den AERs abdrehe. beim rev-5 benutze ich absichtlich den künstlicheren spring-reverb, sehr dezent zum andicken beim strumming, schalte ihn aber oft auch weg. mit dem delay mache ich es wie du.

die an sich sehr guten hallräume eines digital-reverbs wie dem rev-5 sind am sinnvollsten beim aufnehmen, weniger aber in einem natürlichen raum der ja schon einen eigenen "halleffekt" hat. mit der möglichkeit die effekte wegzuschalten vermeide ich "live" den eindruck ständig in einem akustischen tunnel zu spielen.

:idea:
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