Kraft vs. Technik

Alles, was mit dem Spielen des Instruments zu tun hat

Moderator: RB

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FabianJ
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Kraft vs. Technik

Beitrag von FabianJ »

Hallo zusammen,

hab mir vor einiger Zeit einen Gripmaster gekauift um im Büro etwas Kraft in der Hand aufbauen zu können.
Ein befreundeter Gitarrist hat mich daraug hingewiesen das die dinger totaler Mist sind, und Kraft absolut überflüssig bzw. bei Kraftseinsatz die Technik nicht stimmt. Ich habe das mal in der Bereich der Nylon-Mythen-für-Steelstring verschoben

Ich sag es mal so , ohne Kraft wird ein Barree ala 357777 nur schwer zu greifen sein. Mein Ansatz ist eigentlich, viel Kraft haben aber nur die notwendige Benutzen.

Wie seht ihr das ?
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JazzDude
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Re: Kraft vs. Technik

Beitrag von JazzDude »

Gripmaster u.ä. ist eine Riesen-Verarschung, so, als wäre Gitarrespielen ne Sportart, der man mit Krafttraining beikommen kann. Vergiss es. Es sei denn, du findest Unterarme wie bei Popeye schön.
FabianJ hat geschrieben:Ich sag es mal so , ohne Kraft wird ein Barree ala 357777 nur schwer zu greifen sein.
Richtig, aber die Kraft hast du sowieso, dafür brauchst du keinen Gripmaster. Entscheidend ist, sie gezielt und dosiert einzusetzen.
Mein Gitarrenlehrer hat mir vor 35 Jahren beigebracht, Barrés auf der Konzertgitarre ohne Einsatz des Daumens zu greifen. Bis dahin hatte ich immer viel zu viel Kraft aufgewendet. Und siehe da, das funktioniert sogar.
Also, weniger ist auch hier mehr.
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Sperris
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Beitrag von Sperris »

Einen Barreeakkord sauber zu greifen ist imho nicht eine FRage der Kraft, sondern der Technik. Ich nutze den Daumen als Wiederlager und lasse das Gewicht meines Unterarmes die Greifhand nach unten ziehen (wenn ich das mal so beschreiben darf). Und siehe da, schon klingt der Barree. Kraft sorgt imho nur für schnelle Ermüdung, Verkrampfung und unsauberer Intonation.

Gruß Ralf
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mipooh

Beitrag von mipooh »

Normalerweise ist es ok, mehr Kraft zu haben als man einsetzen muss. Die Muskulatur ermüdet nicht so leicht. Bei den Gripmastern, die nicht unterteilt sind (also für jeden Finger einzeln) besteht aber die "Gefahr", dass man nicht die Finger trainiert sondern den Unterarm, nämlich dann, wenn man mit der Maus drückt (die Verlängerung des Daumens in die Handfläche) statt mit den Fingern.

Nötig ist das alles sicher nich. Viel Gitarre spielen bringt möglicherweise mehr, weil dann auch noch das Ergebnis hörbar ist und sauberes Greifen geübt wird.
FabianJ
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Beitrag von FabianJ »

ich hatte einfach bei einigen Griffen bemerkt das meine Hand schnell ermüdet, da hat mir der Gripmaster schon deutlich weitergeholfen.

z.B. bei sowas:

422225
oder sowas 357777

oder auch bei struttin, hier werden sehr viele barees über 4 Saiten mit dem Kleinen Finger gespielt, auf der Steelstring brauchts da schon etwas Kraft und Ausdauer, damit das immer suaber klingt.
Mit mehr vorhandener Kraft kann ich auch lockerer spielen, da ich nicht jedesmal würgen muss um den chord überhaupt zu halten.
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Newbie
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Beitrag von Newbie »

Ich würde sagen, es ist eine Frage der Übung. Und die Komponenten Kraft, Technik und vielleicht auch eine gewisse Verhärtung der Auflagefläche des Zeigefingers spielen eine Rolle. Allerdings glaube ich, dass die Kraftkomponente genug durch das Spielen trainiert wird und Gripmaster oder Ähnliches nicht notwendig sind.
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JazzDude
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Beitrag von JazzDude »

mipooh hat geschrieben:...besteht aber die "Gefahr", dass man nicht die Finger trainiert sondern den Unterarm, ...
Die Muskeln, die für die Fingerbeugung zuständig sind, befinden sich allesamt im Unterarm.
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Rolli
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Beitrag von Rolli »

Moin, ich halte auch nix von den Gripmastern. Die Stück intensiv - gut aufgewärmt - mit guter Technik zu üben, sollte ausreichen. Da kommt die Kraft von allein. Manchmal überfordert man sich auch mit zu anspruchsvoller Spielliteratur und erzwingt zu schnell Ergebnisse.

Ich bin ein Anhänger davon nur so viel Kraft wie nötig zu nutzen.
Schöne Grüße, Rolli
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stringbound
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Beitrag von stringbound »

Rolli hat geschrieben:Ich bin ein Anhänger davon nur so viel Kraft wie nötig zu nutzen.
Dito.
mipooh

Beitrag von mipooh »

JazzDude hat geschrieben:
mipooh hat geschrieben:...besteht aber die "Gefahr", dass man nicht die Finger trainiert sondern den Unterarm, ...
Die Muskeln, die für die Fingerbeugung zuständig sind, befinden sich allesamt im Unterarm.
Stimmt zwar auch nicht bzw nur zT (denn die Muskulatur der Hand ist ja nicht zur Zierde da), aber ich meinte gar nicht Unterarm sondern die Innenseite des Unterarms.
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RB
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Beitrag von RB »

Habe solche Dinger nie gebraucht und halte sie für überflüssig.
mrguitarpete
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grippmaster = meiner Meinung überflüssiges Accessoire

Beitrag von mrguitarpete »

Technik sollte meines Erachtens nie Selbstzweck werden. Mehr Zeit kann man gar nicht verschwenden. Ebenso sieht es mit der Kraft aus:

1. Wenn Kraft, dann kreativ am Instrument üben - denn letztlich kann man immer nur das was man übt. Was soll also ein Grippmaster mit einer Greifbewegung am Griffbrett zu tun haben?

2. Kraft immer nur da einsetzen, wo ich sie brauche. Ein Grundsatz beim Gitarrenspiel und überhaupt bei Pädagogik: so wenig wie möglich, so viel wie nötig.

*************So, und nun wird's konkret:****************

Eine gute Barréetechnik ist wertvoll. D.h. für mich: Griffbrett als schräge Ebene betrachten. Zeigefinger auf den Bundstab legen und dann nach links wegrollen bringt den Finger meist in eine gute Position (in der wir später ohne aufsetzen und rollen direkt aufsetzen - ich bin übrigens Rechtshänder). Die Schwerkraft nutzen macht viel Sinn. Sprich: das Armgewicht nutzen. Den wie eben beschrieben aufgesetzten Finger vom Armgewicht nach unten ziehen lassen. Wenn man mit dem rechten Arm den Korpus leicht gegenhält, kann man tatsächlich, wie oben schon jemand beschrieben hat, Barrées auch ohne Daumen greifen. Der Daumen liefert mir nur die letzten 10 bis 20% . Der Rest ist ein optimierter Auflagepunkt und das Armgewicht nutzen.

Man kann natürlich trotzdem auch noch Kraftreserven aufbauen. Dazu braucht es eine Übung, die man dann mindestens 6 Wochen in sein Programm einbaut. So lange dauert es in etwa, bis ein Muskel bei täglichem Training mit 3 Übesets seinen Muskelquerschnitt verändert und Blutgefäße erweitert zur besseren Versorgung.

Mein Übung war hier folgende:

mit dem Zeigefinger über den V. Bund gehen, Daumen ans Griffbrett und mit dem gestreckten Zeigefinger ein HammerOn auf alle 6 Saiten machen und den Griff für etwa 3 Sekunden halten (also nicht lockerlassen und entspannen sondern greifen). Dann 3 Sekunden lösen und das gleiche von vorn. 7 Wiederholungen, 1 Minute Pause, dann noch 2 Sets und das 3 Monate lange bei jedem Üben.

WICHTIG: vorher eingespielt sein, die Muskulatur sollte für solche Belastungen unbedingt aufgewärmt sein, da diese Übung die Sehnen schon ordentlich belastet.

Ich verspreche jedem: die Optimierung des Auflagepunktes bzw. der Auflagefläche, das Nutzen der Schwerkraft (Armgewicht) und die eben beschriebene Muskelaufbauübung, welche direkt am Instrument nah am eigentlichen Zweck stattfindet wird

1. eure Barréetechnik deutlich verbessern
2. selbst Stücke mit viel Barrée deutlich einfacher erscheinen lassen und
3. jeden Grippmaster des Feldes verweisen.

Schönes Wochenende euch allen,

euer mrguitarpete
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Holger Hendel
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Beitrag von Holger Hendel »

Barrées auch ohne Daumen greifen [...]
Haja, schon - nur unter idealen Bedingungen für dieses Kunststück, nämlich dann, wenn ich mit Unterarm / Oberarm gegen den Korpus drücke. Das hat meiner Meinung nach keinen Vergleichscharakter, in so gut wie allen Spielsituationen möchte ich den Arm der Anschlagshand möglichst frei haben und ihm nicht derartige Aufgaben zuteilen.

Die Aufklopfübung klingt interessant, ich werde sie mal ins tägliche Üben einbauen.
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mrguitarpete
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@Holger

Beitrag von mrguitarpete »

Solche Dinge lassen sich natürlich an der Gitarre wesentlich besser vorführen, als in einem Forum beschreiben - dafür kost's auch nix :-)

Nochmal zu deinem Gedanken: es geht natürlich nicht darum, den Daumen nicht zu benutzen. Das sollte nur bildhaft beschreiben, das man den Daumen nur bedingt braucht und das er vor allem keinesfalls mit voller Kraft zusammen mit dem Zeigefinger als Zange agiert.

Wenn der Daumen nur noch 10 - 20% der Arbeit machen muss, reicht schon das aufliegende Armgewicht der Spielhand, um die Gitarre zu halten. Du musst da nichts machen, was den Spielapparat beeinträchtigt.
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