Fingerstyle: Fingersatz der rechten Hand

Alles, was mit dem Spielen des Instruments zu tun hat

Moderator: RB

MadEgg
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Fingerstyle: Fingersatz der rechten Hand

Beitrag von MadEgg »

Guten Abend zusammen,

erst einmal danke euch allen, für die vielen tollen Beiträge. Habe in den letzten Tagen dieses Forum gefunden und nun schon einige Stunden mit lesen verbracht.

Bisher war mein Lehrer wie bei vielen hier Youtube um mir die Fingerstyle-Technik beizubringen. Nun habe ich vor kurzem das Buch "Advanced Finger Style" von Michael Langer auf einem Flohmarkt erstanden (naja eigentlich hat man mir es letzten Endes geschenkt :) ). Kaum reingeschaut kam ich nicht einmal über die ersten Basics hinaus sondern wunderte mich über den Fingersatz der rechten Hand bei den Pattern.

Als Beispiel der Akkord A-Dur und das Zupfmuster:
------0--------------0-----------
-------------2---------------2---
---------2---------------2-------
------------------2----------------
---0-----------------------------
---------------------------------
Wie spielt man das im Bezug auf die Technik am besten?
Bisher spielte ich: D R Z M (Daumen, Ringfinger,...)
Im Buch wird vorgeschlagen: D M D Z

Genauso zum Beispiel bei D-Dur mit dem Wechselbas auf der A- und D-Seite.

Ist das für Trainingszwecke damit ich mit dem Daumen flexibler und schneller werde ober weil das wirklich die bessere Technik ist? Obwohl ich inzwischen beide Arten relativ gut hinbekomme kann ich mir nicht vorstellen, dass ich dabei die gleiche Flexibilität und Schnelligkeit erreichen kann wie bei meiner bisherigen Art. Ich würde sie verstehen, wenn sie auf dem Grundsatz beruhen würde, dass alles was ein Bassverlauf ist vom Daumen gespielt wird aber das ist hier ja auch nicht der Fall.

Wie ist es am besten in diesem Fall (C-Dur)?:
---------------------------------
------1---------------1----------
--------------0-------------0----
----------2--------------2--------
---3---------------3--------------
----------------------------------
Würdet ihr hier (wie ich bisher) D R Z M oder wie im Buch D M D Z spielen?


Was ist besser? Bisher habe immer so gespielt, dass ich mit den Fingern Z M R die oberen Akkordtöne gespielt habe und mit dem Daumen den Bass. Im Moment lerne ich beides da ich mir sage, dass es ein gutes Daumentraining ist aber manchmal ist das dann doch verwirrend.

Ich bin auch für Links und Suchworte dankbar da ich mir schwer tat auf google und auch in diesem Forum etwas dazu zu finden was womöglich auch an fehlendem Vokabular lag.

Ich bin gespannt auf eure Antworten :)!

Grüße,
Madegg
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wally
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Beitrag von wally »

Der Clou an der Technik aus dem Buch ist,
dass der Daumen immer eine Viererfigur
und zwei Finger eine weitere Viererfigur spielen.
Allerdings kann es am Anfang zu Irritationen kommen, wenn man zu sehr an der Regel
„Daumen für E6, A5 und D4; Zeigefinger für g3, Mittelfinger für b2 und Ringfinger für e1“ hängt.
Im Folkpicking hat diese Regel weniger Bedeutung als am Anfang in der Klassik.
Die Technik im Buch ist also richtig. Deine bisherige auch.
Ich selbst spiele die gezeigten Beispiele so wie Du sie hier darstellst.
Also im Wechselspiel von Daumen und Fingern.
Der Daumen darf dabei jede Saite anschlagen, die Finger auch.
So kommt es vor, dass ich mit dem Daumen die b2-Saite anschlage
und mit dem Zeigefinger die D4.
Sowas kann man auch bei Leuten wie Werner Lämmerhirt, Leo Kottke und Mark Knopfler beobachten.
Solche Sperenzchen sind eher etwas für Fortgeschrittene. Als Anfänger bekommt man das nicht hin.

Es geht bei den gezeigten Picking-Mustern in erster Linie darum,
sich an die abwechselnden Anschläge von Daumen und Fingern zu gewöhnen.
Also an D Z D M oder D M D Z.
Das sind Basispatterns des Folkpickings neben den Appregio-Mustern aus der Klassik.
Große Teile von Paul Simons „The Boxer“ sind mit dem Muster D M D Z eingespielt.
Durch das stete Abwechseln der Anschläge von Daumen und Fingern entsteht ein schöner Fluss im Spiel.
Deshalb ist das im Folkpicking so beliebt.

Und kümmer Dich erst einmal nicht so sehr um die Geschwindigkeit.
Die kommt von selbst. Viel wichtiger ist, dass die Muster flüssig beherrscht werden.
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tomis
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Beitrag von tomis »

ich:
rythmisch akzentuiert: dzdm
wechselbass bummtschick
sweeping oder triolisch: drzm
oder wie's gebraucht wird
gibts da regeln ?
versuch mal einen abgedämften wechelbass mit drzm hin zu kriegen
allerdings bei so sachen wie back to life (toco) läuft's wohl anders
und dann gibt's ja auch noch ddrz, ddzr
oder mit holgi's worten: ppmpi oder pippi
(p=plek, pi=pinky)
mit Blues und Gruß
Thomas
MadEgg
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Beitrag von MadEgg »

Danke euch beiden!

@wally
Super! Danke dir vor allem für die ausführliche Erklärung.


Das heißt, dass ich je nach Stück, Rythmus bzw Art des Spielflusses den ich in einem Stück erreichen möchte die eine oder andere Art verwenden kann/sollte?
Dann werde ich mich mal an das Buch halten aber die Pattern zusätzlich auch mit der klassischen Art und Weise spielen (wobei dies im Moment noch fast vom Blatt geht). Vom Gefühl liegt mir diese eindeutig besser aber dafür habe ich ja das Buch, um über meinen Tellerrand hinaus zu schauen :).
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wally
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Beitrag von wally »

MadEgg hat geschrieben: Das heißt, dass ich je nach Stück, Rythmus bzw Art des Spielflusses den ich in einem Stück erreichen möchte die eine oder andere Art verwenden kann/sollte?
Genau das heißt es. :D
Wie Du ein Stück spielst, ist Deine Entscheidung.
Die hängt natürlich auch ab von persönlichen Neigungen und Fähigkeiten.
In erster Linie aber hängt Dein Spiel ab von dem, was Dir am besten gefällt. Gut, wa?

Wenn Du Folkpatterns lernen willst, solltest Du auch Folkpatterns üben.
Natürlich kann man die auch mit der „klassischen“ Technik spielen,
aber damit erreichst Du nicht den Sound, den man beim Folkpicking so oft hört.
Eine der wesentlichen Grundlagen des Folkpicking ist das Wechselspiel von Daumen und Fingern.
Das macht den Reiz dabei.
Damit will ich nicht die klassischen Zupfmuster unterbewerten
und wenn es nach Klassik klingen soll, führt kein Weg an ihnen vorbei.
Den Folk-Sound bekommst Du am leichtesten mit den Folk-Patterns hin.

Also:
„Klassische“ Klänge funktionieren am besten mit klassischer Technik.
„Folkige“ Klänge funktionieren am besten mit der Folk-Technik.
Wenn Dein Daumen erst einmal verstanden hat wie er sich zu verhalten hat beim Folkpicking,
wirst Du merken, dass das einen sehr schönen Spielfluss bringt.
An Deiner Stelle würde ich mich, wenn es um die Folk-Patterns geht,
erst einmal am Buch vom Langer orientieren.
Ich würde diese Folksachen noch nicht mit den klassischen vermischen.
Das kann man später machen, wenn man sicherer geworden ist.
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Manati
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Beitrag von Manati »

Mir half es vor einigen Jahren, richtig zu erkennen, dass eine mit dem Daumen angeschlagene Saite ganz anders klingt, als wenn man einen anderen Finger dafür benutzt.

Führt man sich das vor Augen (Ohren), fällt es nicht mehr so schwer, den Daumen bewusst auch für Diskantsaiten einzusetzen, wenn es sich nun mal um Basstöne handeln soll.
"Real stupidity beats artificial intelligence every time."
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tele
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Beitrag von tele »

Reinhard Mey spielt die bekannten Folpkicking-Zupfmuster wohl mit DZMR statt mit DZM und Daumen-Wechselschlag. "Mey Zupfing" nennt er das.http://de.wikibooks.org/wiki/Diskussion ... er-Picking
Ulrich Peperle
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Beitrag von Ulrich Peperle »

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tele
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Beitrag von tele »

Beachte den Unterschied zwischen Achtel- und Sechzehntel-Bewegung: bei Achteln gibt es nur einen Ton im "off" (1x Daumen : 1 x Finger), bei 16teln aber 3 Töne (1x Daumen : 3x Finger)!
Da Popularmusik ja nicht schriftlich fixiert wird, finde ich es zuweilen schwer festzulegen, ob es sich jetzt um einen 2/4 oder 2/2 Takt handelt und was Achtel-oder Sechzehntelnoten sind.
Diese Prinzipien gelten für Folkpicking und für klassische Zerlegungen in ihrer historisch originalen (!) Ausführungsart.
Nehmen wir mal das Muster A-H-G-E-A-H-G-E-Saite.( bei einem C-Dur Akkord)
Das kann man doch auf 2 Arten zupfen:
1) Klassisch D-M-Z-R-D-M-Z-R
2)Folk: D-Z-D-M-D-Z-D-M

Durch die zweite Variante wird die G-Saite quasi zu einer Basssaite, während sie in der ersten Teil der Oberstimme ist.
Ulrich Peperle
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Beitrag von Ulrich Peperle »

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tele
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Beitrag von tele »

Man kann das auch nur mit Daumen und einem Finger spielen:
Man kann die Saiten auch mit einem Federkiel anreißen :wink:

Ich habe Folkpicking seinerzeit mit "Folk Picking für Fingerstilgitarre" von Siegfried Schwab gelernt. Da werden quasi als Prolog erst 16 klassische Anschlagsmuster mit 4 Fingern geübt, und dann geht es mit Pattern 17 los mit dem Folkpicking mit 3 Fingern. Dabei spielt der Daumen einen Wechselbass auf die vollen Zählzeiten und die Finger spielen auf die &.
Später geht das so in Richung synkopiertes Melodiepicking. Die meisten Folkgitarristen spielen ja auch nur mit D,M,Z.
Die Beispiele sind meistens im 4/4 Takt in Achteln notiert, aber das erscheint mir eher willkürlich.
rwe
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Beitrag von rwe »

tele hat geschrieben:Die meisten Folkgitarristen spielen ja auch nur mit D,M,Z.
Are you sure? - wäre mal interessant.
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tele
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Beitrag von tele »

Ich denke da natürlich mehr an traditionelle Folk-und Countryblues-Gitarristen. In 3 Bänden Folkpicking für Fingerstilgitarre kommt bei Siggi Schwab der Ringfinger nie zum Einsatz. Oder Stefan Grossmann stützt sich so mit dem kleinen Finger auf der Decke ab, dass der Ringfinger praktisch unbrauchbar wird,
http://www.youtube.com/watch?v=No4GRszy-MM
Sicher gibt es modernere Folkpicker, die den Ringfinger benutzen, aber traditionelle Sachen funktionieren ohne.
"ring Finger and pinky are not used" schreibt zum Beispiel Dave van Ronk zu Beginn seiner Gitarrenschule,

Aber ich glaube, was letztendlich den Unterschied zwischen Folk und Klassik ausmacht, ist das Element der Synkopierung.
In der Klassik werden streng die Zähzeiten 1 und 3 betont, während im Folk über einen kostanten Wechselbass Noten auf die Off-Beats (&) hervorgehoben werden.
Ob man das wie Schwab mit drei oder wie Mey mit 4 Fingern macht, ist persönliche Vorliebe.
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tele
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Beitrag von tele »

Die gleiche Tonfolge
zuerst DZRDMZ
dann DDMDZD
https://soundcloud.com/tele1310/zupfing-vs-pickng
emptypockets
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Beitrag von emptypockets »

tele hat geschrieben:Ich denke da natürlich mehr an traditionelle Folk-und Countryblues-Gitarristen. In 3 Bänden Folkpicking für Fingerstilgitarre kommt bei Siggi Schwab der Ringfinger nie zum Einsatz. Oder Stefan Grossmann stützt sich so mit dem kleinen Finger auf der Decke ab, dass der Ringfinger praktisch unbrauchbar wird,
http://www.youtube.com/watch?v=No4GRszy-MM
Sicher gibt es modernere Folkpicker, die den Ringfinger benutzen, aber traditionelle Sachen funktionieren ohne.
"ring Finger and pinky are not used" schreibt zum Beispiel Dave van Ronk zu Beginn seiner Gitarrenschule,

Aber ich glaube, was letztendlich den Unterschied zwischen Folk und Klassik ausmacht, ist das Element der Synkopierung.
In der Klassik werden streng die Zähzeiten 1 und 3 betont, während im Folk über einen kostanten Wechselbass Noten auf die Off-Beats (&) hervorgehoben werden.
Ob man das wie Schwab mit drei oder wie Mey mit 4 Fingern macht, ist persönliche Vorliebe.
Sehr richtig! Es gibt sogar berühmte Gitarristen, die nur Dauemn und Zeigefinger benutzen. Mississippi John Hurt oder Reverend Gary Davies (fast der Erfinder des "modernen" Fingerpickings!), um nur zwei Beispiele zu nennen.
Und weil es so viele Möglichkeiten gibt unterstütze ich natürlich die3 "Fraktion", die es dem perönlichen Geschmack überlässt, wie man es machen will.
Ich selbst spiele manche Stücke oder auch Paasagen 'mal mit 2, 'mal mit 3 und - selten - auch mit 4 Fingern.
Für mich ist nur entscheidend, was besser "flutscht".
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