Hallo zusammen,
seit ziemlich genau einem Jahr habe ich meine Ochs-Gitarre, abschließend nun mein Abschlussbericht:
"Professioneller Amateur" bin ich seit nunmehr 19 Jahren, soll heißen, dass ich mich sehr intensiv mit der Gitarre in all ihren Facetten beschäftigt habe, zudem Wissen gesammelt und eine kleine Fachbibliothek angelegt, ferner einen Noten-Fundus von Originalen von nicht unerheblichem monetären und liebhaberischen Wert zusammengetragen. Ferner hatte ich das Glück, in meinem Bekanntenkreis Schüler von Bungarten und Legnani als Freunde zu haben, von denen ich sehr viel lernte.
Was ich in all den Jahren NICHT hatte, das war die Gelegenheit Gitarren zu testen oder zu tauschen. Ich bin sehr monogam und treu veranlagt, wenn ich erstmal etwas habe, dann habe und hege ich das über Jahre und Jahrzehnte, so fahre ich z.B. heute noch mein Jugend-Mountainbike … Das Monogame äußert sich darin, dass ich stets nach "Allzweckwaffen" suche, nach der sprichtwörtlichen "eierlegenden Wollmilchsau", oder auf Neudeutsch: "Crossover": EINE Gitarre (statt 1 Fichte, 1 Zeder, 1 Flamenca, 1 Rio, etc. …), dafür für einsetzbar für alle Stile … EIN Motorrad (statt 1 Roller, 1 Enduro, 1 Tourer), doch dafür einsetzbar als Alltags- und Reisefahrzeug … das ließe sich jetzt noch weiter ausdehnen, auch auf das Gebiet wo der Begriff "monogam" ursprgl. herkommt, doch lassen wir das mal …
… heutzutage wird mit diesem "Crossover" richtiggehend geworben - so bietet ein US-Gitarrenatelier z.B. Gitarren von Boaz Elkayam als explizite "Crossover"-Geräte an … (interessant, dass Thomas Ochs ein Praktikum bei ihm absolviert, diese Kreise die sich immer auftun und schließen, spannend!), genau wie Honda oder BMW ihre Mittelklasse-Enduros als Crossover vermarkten, gleichermaßen geeignet für die Stadt, wie für den Alltag, wie für Reisen und für leichtes Gelände … EINE Sache für ALLES, das trifft punktgenau meine Vorstellungen - so auch bei der Gitarre.
Wie gesagt leider wenig Möglichkeiten gehabt, Gitarren zu testen: "Gejuckt" hätte es mich schon, mal andere Instrumente zu spielen, aber meine Gitarren waren nicht schlecht, klar und kräftig, ich musste nicht notgedrungen auf die Suche gehen, aber immer nur Zeder, und instinktiv fehlte mir stets Wärme und Seele.
Eingestiegen war ich mit einer Yairi V700, kostete so 1400 DM - mein Lehrer versorgte quasi all seine Schüler mit diesem Modell: super verarbeitet, guter Klang für eine Manufaktur-Gitarre! Der eine Schüler meines Lehrers, mit dem ich Duo spielte, bekam auch dasselbe Modell, doch komischerweise klang meine besser ?! - also selbst bei Serienmodellen gibt es erstaunliche Unterschiede ...
Die Hanika war Zeder, und wirklich klar und relativ kräftig wie Zeder halt ist. Doch mir fehlte immer irgendwie Wärme und Lyrik. Zudem war das Griffbrett zu schmal: 50 mm, das ist einfach zu klein auf Dauer ... es fehlte auch der 20. Bund, den ließ ich mir später vom Nürnberger Gitarrenbauer Max Strohmer "nachrüsten" - war nicht billig (300 DM), aber handwerklich astrein, hatte er gut hingekriegt ...
Später ging ich dann mal auf die Suche nach einer Gitarre, inspiriert von meinen Bekannten:
Der Eine war wie gesagt Schüler von Roberto Legnani. Legnani spielt Hopf-Gitarren, die Portentosas, macht sogar explizit Werbung für Hopf wie ein Endorser. Mein Kumpel hatte auch eine Portentosa, d.h., es stand nicht Hopf oder Portentosa drauf, denn der Erbauer war ein ehemaliger Angestellter vom Hopf, der jahrelang die Portentosas baute und dann selbständig wurde. Heute arbeitet er unter dem Pseudonym des Weihnachtsmannes, geht seinen eigenen Weg und heult nicht mit den Wölfen

(na, wer das wohl ist…)?
Baulich war das Instrument aber eine waschechte Portentosa mit Rosettensteg, etc. … Mein Kumpel bekam das Teil für läppische 1.800 DM!! Das ist schon kein Schnäppchen mehr, das ist fast schon pervers … auf dem Etikett steht übrigens noch der echte Klarname dieses Gitarrenbauers, eine Rarität. Nun, das war die erste Meistergitarre die ich spielen konnte - gefiel mir sehr gut! Die Mensur war üppig: 54 mm, das war erstmal ungewohnt.
Zu sehen und zu hören ist diese gute und interessante Gitarre mit spannendem Background auf diesem YouTube-Kanal:
http://www.youtube.com/user/guitarsencore
(Hinweis: es ist die Gitarre die nicht quietscht

Denn das quietschfreie Spielen hat mein Kumpel auch von Legnani gelernt, der als Meister des sauberen Tones gilt …)
Tja, also am Liebsten eine Portentosa vom Hopf? Leicht gedacht und gesagt … doch hatte ich keine 12.000 DM zur Verfügung … Gebraucht kosteten die Geräte auch noch entsprechend, also konnte ich diese Idee getrost abhaken, auch wenn Tröster später ebenso Werbung dafür macht(e)…
Nächste Spur: der andere Kumpel, Schüler vom Bungarten: Bungarten spielt Schnabl, und da ich eh in Franken wohnte damals, war die Werkstatt nicht weit weg. Also bin ich hingefahren und da lag doch bei ihm in der Werkstatt eine recht neue, gebrauchte Schnabl zum Verkauf, und das noch einigermaßen günstig, und dann noch Rio (das fand ich damals wichtig, wenn man halt jung ist und noch keine Ahnung hat, dann orientiert man sich erstmal an solchen Prädikaten wie Rio-Palisander oder illustre Gitarrenbauer-Namen). Tja, die lag da wie für mich und so nahm ich sie mit: die hatte richtig "Wumms", ein knackiger Bass, das staunten auch viele andere Leute und Gitarristen, wie dieser Bass rausknackte. Tragfähig wie noch eins: auf einer Hochzeit spielte ich mit ein Duo für Gitarre und Klavier - da musste nix verstärkt werden, die Gitarre wurde auch im hintersten Saalende gehört, ging nicht unter … wo ich mit der Schnabl auftauchte, erntete ich anerkennendes Grunzen, Raunen, "Flirten" (mit dem Klang) … egal ob auf Meisterkursen oder im Gitarrenorchester.
Doch auch bei der Schnabl vermisste ich das warme, lyrische - ich konnte das Instrument nicht formen, prägen. Sie war kristallklar, aber auch etwas steril. Der Diskant e1 etwas schwachbrüstig im Vergleich.
Angeregt von einem schmelzenden Forumsbeitrag von Gitarrengourmets und Vergleichen mit "altem, rauchigem Wein" kam ich auf den Geschmack, doch mal auf die Suche nach einer Fichte zu gehen: nach 15 Jahren! Das Hohe Lied auf den "lyrischen warmen singenden Diskant" der Marin Monteros ließ mich aufhorchen, die Aussage "die Sänger unter den Gitarren" sprach mich an. Tatsächlich konnte ich kurze Zeit später eine Marin Montero aus den 80er Jahren erwerben, Rio-Fichte, Decke leicht getönt, filigranes, schönes Instrument, Modell Bouchet, also dem Spitzenmodell vom Marin:
Meine 1. Fichte!!
Toll, wie die klang, so ein warmer Klang, so lyrisch-süßlich, inspirierend, so ein ganz eigene Klangästhetik.
Was ich nicht wusste bei Fichte - Fichte verändert sich! die Marin entpuppte sich als ziemlich instabil, wie ein radioaktiver = instabiler Atomkern! Sie musste jedesmal erst warm gespielt werden und, für mich noch schlimmer, sie veränderte ihr Klangcharakteristik! Die besondere Note, das was ich bei der Gitarre besonders schätzte, was untertönig mitschwang, verlor sich - offenbar war das die individuelle Klangcharakteristik, die der Vorgänger dem Instrument mitgab, was bei Fichte ja möglich ist und bei Zeder nicht - für mich war das eine völlig neue Erfahrung, aber eher enttäuschend und desillusionierend! Zudem war der Bass recht schwach, was mir nicht gefiel, ich liebe knackigen Bass, und war von der Schnabl entsprechend gewohnt.
Tja, was nun?
Beim Hieber&Lindberg in München konnte ich mal eine Bernabé Especial anspielen - die war mörderlaut, aber Lautstärke ist halt auch nicht alles. Meine Frau war mit dabei, die war auch nicht so angetan "die Marin ist schöner ….", zudem: 13.000 Euro!! Bzgl. Optik gefiel mir auch die gelbliche Decke nicht. Später konnte ich auch mal eine Kohno anspielen beim Hieber, aber ich konnte für die geforderten 7.700 Euro klanglich keinen Gegenwert entdecken ...
Aus meiner Zeit in Franken wusste ich um Thomas Ochs: der war mal auf der Titelseite des Nordbayerischen Kuriers da er einen Preis gewann. Das interessierte mich und ich besuchte ihn mehrmals, es war ein langer Weg, und ich mir sehr unschlüssig: wie gesagt, es dauert bei mir lange, aber wenn ich mich mal für was entschieden habe, dann sitzt das aber auch. Ich konnte bei Thomas Instrumente Probe spielen: aber ein Instrument neu bauen lassen ist ja doch immer von Unwägbarkeiten begleitet …. Thomas dazu (damals) noch recht jung und unbekannt, kein Vergleich zu Schnabl oder Marin? Doch irgenwie hatte ich auch die Schnauze voll von dem ganzen Kult und Hype der um die illustren GitarrenbauerDynastien verun… äh: veranstaltet wird, dazu die astronomischen Preise!
Thomas interessierte mich und irgendwie faszinierte er mich auch: unkonventionell, jung, ehrgeizig, offen … nicht so verstaubt wie einige Alteingesessene Rio- und Schellack-Versessene, baut auch noch E-Gitarren und E-Bässe, spielt selber in einer Band, ist inspiriert von US-Gitarrenbauern, die ja einige interessante Dinge auf den Markt gebracht haben wie Elevated Fingerboard, Kasha-Bauweise, usw. … Thomas schätzt die Tradition, geht aber auch neue Wege, und geht vor allem sehr speziell auf die Bedürfnisse seiner Kunden ein, er hat mir so einiges vorgeschlagen und möglich gemacht was ich so zum Teil gar nicht oder nur schwer woanders bekommen hätte. Delrin-Bundstäbchen, Griffbrett pleken (bei einer Klassischen!!!), oder gar ein Acryl-Lack? Kein Tabubruch wurde ausgelassen … Acryl-Lack bei einer Klassischen? *NASE RÜMPF* !!! Bei Jazz-Gitarren, ja gut, ok … aber bei einer Klassischen?!? Nee, nee, Wänä, tut das Not? Und den Klang killt es auch noch, nee, nee, da mut Schellack her, wat mut dat mut, am besten zu mitternächtlicher Stund von Schildläusen aus dem Efeu der Westwand der Alhambra in Granada betaut… !
Mag sein, aber für mich ist der Acryllack genial: schwitzfest, abriebfest, weichmacherresistent (Saugnäpfe von Gitarrenstützen), schützt auch sehr gut vor Kratzern oder Nagelspuren. Klanglich konnte ich keine Einbußen feststellen: meine Wunschvorstellung war eine Mischung aus Schnabl-Bass und Marin-Diskant. Klar, das ist unmöglich, zaubern kann der Thomas auch nicht. Ehrlich gesagt glaubte ich nicht so recht, dass die neue Gitarre klanglich meine Vorstellungen voll erfüllt, aber "wenigstens baulich". In der Tat war ich dann auch am Anfang sehr skeptisch als ich sie vor einem Jahr erhielt, manches gefiel mir, einiges aber nicht so im Diskant.
Ein Bekannter und Thomas selber trösteten mich: lass dir und der Gitarre Zeit, das ist eine Fichte, die entwickelt sich noch … Tatsächlich, so sollte es es werden, für mich nach all den Jahren Zeder eine völlig neue Erfahrung! Ein Instrument das feinfühlig auf dich eingeht!! Und dennoch ist die Ochs nicht übersensibel: Die Marin war schon wieder zu sensibel, zu "zart besaitet" - die Ochs ist Fichte, und dennoch stabil: ich muss sie nicht jedesmal groß wachkitzeln wenn ich sie aus dem Koffer hole, und klanglich verändert sie sich zwar (zum Guten), aber es ist eher eine Weiterentwicklung ohne dass der Grundcharakter sich ändert. Bei der Marin fand unter meiner Ägide fast schon eine Seelenveränderung statt … ich bin aber kein Freund von untoten Wiedergängern, Seelenreisen, Reinkarnation, oder so, ich möchte Stabilität!
Und nun, ein Jahr später muss ich sagen:
- der Diskant, warm und lyrisch, fast schön süßlich - ÜBERRASCHUNG, hätte ich nie geglaubt, nie für möglich gehalten … Marin, ick grüße Dir
- der Bass kernig und knackig - Schnabl alaf
- Charakter: Fichte, aber stabil
=> ohne jetzt zu sehr übertreiben zu wollen, aber diese Gitarre spielt "klanglich in der absoluten Oberliga" (und das sind nicht meine Worte) - ich will hier auch mal eine Lanze brechen für junge Talente - die stehen den Alten in nix nach, im Gegenteil …
=> mag sein, dass die Marin (minimal) im Diskant noch einen kleinen Ticken lyrischer und obertöniger war,
mag sein, dass die Schnabl im e6-Bass noch einen Ticken knackiger war - das Geniale an der Gitarre ist, dass sie halt von allem was hat - ein sehr guter Kompromiss, wobei das schon wieder einschränkend klingt, ich muss aber gar keine Abstriche machen, sie ist halt ganz einfach ein eigenes Instrument mit eigenem Charakter.
… dazu noch recht preisgünstig (mittlerweile ziehen die Preise schon an beim Thomas) im Vergleich zu den ganzen illustren Namen. Das muss man schon auch sagen: in der heutigen Zeit von Euro-Untergang und Goldpreisverfall ist eine gute Gitarre natürlich auch eine Wertanlage! Und wer bei jungen Talenten einsteigt, steigt auch noch bei günstigen Einstiegskursen ein, wenn der Wert dann mal nach oben geht. Bei bekannten Namen steigt man halt schon recht hoch ein, da sind meist keine großen Wertsprünge mehr drin, aber zumindestens Werterhalt - und das ist doch in der heutigen Zeit auch schon was einiges, oder?
Von daher kann ich diese Frage hier
Stefan H.S. hat geschrieben:WOW!!! Selten so eine edle Schönheit gesehen! Die würde ich nicht von der Bettk... äh, vom Knie stoßen...

Würdest du sagen Uli, dass das jetzt deine Gitarre für´s Leben ist?
mit JA beantworten: die geb ich nicht mehr her, mit der auf'm Knie möchte ich alt werden … und meinen Kindern kann ich dann ein gutes wertvolles Stück vererben …
Über Thomas Ochs:
Video:
http://www.youtube.com/watch?v=ftyXsWl_GDI
http://www.ochs-gitarrenbau.de/
http://www.siccas.de/thomas-ochs-kasha- ... alisander/
http://www.siccas.de/thomas-ochs-modell ... alisander/