Moin allerseits.
Habe mir jetzt die
'Made in Japan' Cortez für etwa 10 Tage zum 'Antesten vor einem Kauf' ausgeliehen.
Quasi als Gegenwert gibt's neue Saiten, etwas Pflege und ganz viele Streicheleinheiten für die Klampfe.
Gestern also die alten Saiten runtergeschält und vorsichtig,
doch mit viel Schweiß und Arbeit, versucht das Griffbrett zu reinigen und mittels Fret-Flege (FAST-FRET) wieder in einen bespielbaren Zustand zu bringen. Hat einiges an Zeitungspapier, Haushaltsrolle und später Microfasertüchern gekostet den Dreck von 4 Jahrzehnten anzuweichen und zumindest größtenteils zu entfernen.
Immer wieder FAST-FRET aufgetragen als gäb's kein Morgen, und ordentlich einwirken lassen. Sah nach einigen Stunden wieder richtig manierlich aus. Aber einige "Abnutzungserscheinungen" in den ersten 5 Bünden sind noch erkennbar: 'Spurrillen'
Wer dazu noch Pflegetipps und Mittelchen weiß...
Pronto...?
Als neue Saiten zum Antesten habe ich das preiswerteste im Laden gesucht, und das waren dann "Martin M120 * High Tension * .028 - .043 * Silverplated * Plain End".
Preis: 4,50 €.
Da kann man nun wirklich nichts zu sagen.
Aufgezogen, innerhalb von ca. 45 min. ein paarmal Nachgestimmt und kräftig gedehnt (die hohe E-Saite ist mir dabei einmal von der Rolle geflutscht) und die Stimmung hat bis zum folgenden Nachmittag (fast 100%ig) gehalten.
Is ja'n Ding! :O
Die Gitarre sieht jetzt wirklich nett aus.
Zederndecke. (Ich kann Furnier nicht von Massiv unterscheiden.)
Alles hochglanz lackiert - wobei die Lackierung am gesamten Klangkörper so dünn erscheint, das die Holzmaserung und einige kleinere Macken im spiegelnden Licht erkennbar werden.
Ist das ein schlechtes Zeichen? Also der eher dünne Lack?
Sehr schöne und aufwendige Rosette.
(Wie unterscheidet man ein Abziehbild von einer Einlegearbeit?)
Bernsteinfarbene, fast goldene, schmale, manchmal zweireihige Bindings, sowohl auf der Decke, dem Boden und den Zargen.
Eine sehr nette (ich weiß nicht wie man das nennt) Einlegearbeit als Stoßkante zwischen den Zargen am unteren Gitarrenende. Ähnliches, wiederholendes Muster wie bei der Rosette.
Ein 'spanischer Halsfuß'? Ist also geschwungen, halbmond- oder sichelförmig. Wobei der Halsfuß aus zwei Holzteilen besteht: der obere, eigentliche durchgehende Hals, und am Ende ein darunter angesetzter Halbmond, in anderer Holzfarbe, der sich bis zum Boden zieht um dann mit einem Stück Bodenholz abzuschließen. Wirkt sehr edel!
In den Kopfaussparungen für die Wirbeltrommeln (?) und an allen Kanten des Kopfes (und nur da) erkennt man unter dem Lack mehrere sich abwechselnde Holzschichten (5?). Dazu zwei kleine "Zierschnitzer" links und rechts des oben Kopfes die ich auch erst selten gesehen habe - zumindest bei den preiswerteren Gitarren.
Der Kopf mündet nach einem ausgesparten Schwung in einer scharfen Spitze. Einem 'Scheitel'. Der ist 'natürlich' angestoßen. Der Schaden scheint aber nicht über den Lack hinauszugehen.
Die offenen, goldfarbenen und verzierten (zieselierten) Mechaniken mit halbtransparenten, weißen Kunststoffknebeln (?) sind ohne Herstellerbezeichnung.
Leider fehlt eine der mattschwarzen Feingewindeschrauben die eines der offen laufenden Zahnräder fixieren sollten.
Es geht zZt. auch so, wird aber schleunigst ausgebessert.
Die Mechaniken laufen ohne Zugbelastung gleichmäßig weich und geschmeidig. Unter Zug machen mir D + G Wirbel etwas Mühe.
Pflege mit (Bienen)Wachs oder Öl?
In den Kopfaussparungen für die Saitentrommeln erkennt man weniger fein aufgetragenen und kaum polierten Lack. Er hat dort eine zwar glatte aber unebene, leicht wellige Oberfläche.
Die Bundstäbchen glänzen schön in neusilber, haben keine erkennbaren Spielspuren, sitzen bündig und ohne überstehende oder gar scharfe Kanten. Lässt man die Finger über die Halsseiten gleiten, gewinnt man den Eindruck als wären die Stäbchen einlackiert. Das sind sie natürlich nicht!

Der Hals hat keinerlei Bundmarkierungen. Es wurden aber auf 5 + 7 an der Halsseite nachträglich kleine Kunststoffaufkleber angebracht. Werde ich in Kürze entfernen.
Meiner Meinung nach könnte die Saitenlage ein wenig niedriger sein, und 'weichere' Saiten würden meinen Fingern schmeicheln.
AFAIK scheint die Gitarre soweit bundrein zu sein. Da möchte ich mich aber noch nicht festlegen. Erst einmal etwas abwarten und einspielen.
Zum Klang kann ich noch fast gar nichts sagen. Leider.
Scheint mir aber,
ganz vorsichtig ausgedrückt, etwas mehr in die klassische Richtung als in die spanische Richtung zu gehen.
Weniger 'schnell' oder manchmal ein wenig '(vor)laut', dafür mehr 'weich, rund, Höfnerartig'.
Ich bin als oller Paco de Lucia Fan ja eher dem knackig schnellen 'spanischen Sound' zugeneigt.
(Ja, ich habe auch schon einige Threads über die Meinungen zu einem 'spanischen Klang' gehört.
ICH tendiere dazu zwischen einem klassischen Konzertgitarrenklang und einem ebenfalls klassischen
spanischen Konzertgitarrenklang zu unterscheiden.
Wobei die Grenzen natürlich fließend sind und vieles eine Frage des subjektiven Empfindens.
Meine Erfahrungen mit dem Gitarrenspiel sind eher rudimentär zu nennen, aber ich höre viel und habe auch ein recht gutes Ohr. So viel dazu.

)
Der Ton oder Klang scheint sich erst noch rausschälen zu wollen.
Ist so ein wenig das Gefühl als würdest Du einen Mann nach 30 Jahren Tiefschlaf erwecken. Der streckt sich, kratzt sich, staunt über seinen Bart und die Falten und den steifen Rücken - und versucht sich dann an einmal gekonnte Fähigkeiten zu erinnern.
Das mag jetzt sehr prosaisch klingen, und ist sicherlich von meinen Gefühlen für die Gitarre geprägt, scheint sich aber tatsächlich so ähnlich bei der Klangentwicklung abzuspielen.
Jedenfalls scheint der Ton von mal zu mal klarer, schneller, lebendiger zu kommen.
Oder ich gewöhne mich einfach nur an ein olles Stück Holz...
Kommende Woche wird sie eingetütet und mal zum 'offiziellen Vergleich' zum Dealer meines Vertrauens geschleppt und muss sich dort mit meiner eigentlich gern gekauften "Alhambra 2C Zeder" und vielleicht einer Höfner HF12 messen. Einfach mal schauen wie sich sich entwickelt oder im Vergleich einordnet.
Ist das alles nichts, bekommt sie der Kollege zurück. Ich bin um 4,50 für Saiten und etwas Pflegemittel ärmer - und um einige Erfahrungen reicher.
Ansonsten wechselt die Klampfe für
120,- Euronen inkl. angestaubtem Koffer ohne Schlüssel und einer alten Stimmgabel den Besitzer.
DEN Betrag ist sie sicherlich wert.
Habe gerade gestern aus Laune mal eine
Hohner HC 06 für 99,- angespielt.
Also, damit
kann man spielen..., muss aber echt nicht sein!
DIE spielt die Cortez jetzt schon locker an die Wand.
Ich schätze mal das sie sich nach ein wenig akklimatisieren so in der 250-300,- Liga einordnen wird. Wahrscheinlich ein wenig unter den genannten Höfner und Alhambra Modellen.
Nichts besonderes..., aber auch kein Schrott. Eben was nettes zum spielen und lernen.

Bin ja froh das nach all der Zeit und fehlenden Aufmerksamkeit alles heil und bis auf eine fehlende Schraube alles komplett ist...
Ach ja, eins noch.
Habe ein Stimmgerät zum anklippen an den Gitarrenkopf gekauft:
Cherub WST-650GB
Ist mit Piezo-Abnehmer und Mikro bestückt und erledigt seine Arbeit einfach toll.
Reichhaltige bernsteinfarbene Infos auf dunklem Grund. Beleuchtet. Dazu ein wandernder Balken für die Stimmung, bzw. Pfeile in die Richtung des Tons. Bei exakter Ausrichtung des horizontalen Stimmbalkens und Anzeige des Tons, umschalten in grüne Beleuchtung.
Verschiedene Stimmungen sind natürlich machbar.
Leider kein eingebautes Metronom.
Hat mich 12,50 Gekostet.
Dafür macht es einen ausgezeichneten Eindruck.
Und NEE, ich werde nicht am jetzt sprunghaft steigenden Börsenkurs dieser Firma partizipieren.
Das war's. Wollte euch doch an meinem 'Ach so aufregendem Leben' teilhaben lassen. Und vllt kommt ja noch der eine oder andere Pflege- und Restaurierungstipp für kleines Geld.
In diesem Sinne. Auf ein hoffentlich schönes Wochenende mit einigen Sonnenstunden.
Tschüß