Unterschied: Vollmassiv vs. "nur" massive Decke

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Moderator: RB

eloy
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Unterschied: Vollmassiv vs. "nur" massive Decke

Beitrag von eloy »

Dass, eine massive Decke klanglich besser ist als eine gesperrte Decke kann ich nachvollziehen. Wie jedoch steht es mit vollmassiven Gitarren?
Spielt es klanglich eine große Rolle, ob der Korpus (Boden, Zargen) massiv oder gesperrt sind?

Lohnt es sich bei Gitarren ab 1000€ (oder mehr?) auf vollmassiv zu achten? Gibt es weitere Vorteile von vollmassiven Gitarren?

Vielen Dank für eure Meinungen und Kommentare.
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Manati
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Beitrag von Manati »

Ich habe festgestellt, dass vollmassive Gitarren ein ganz anderes Schwingungsverhalten haben. Nehme ich eine mit gesperrtem Korpus und massiver Decke zur Hand, klingt sie in der Regel gut, aber ich spüre keine Schwingung am/im Körper. Nehme ich eine vollmassive, spüre ich dort, wo sie am Körper anliegt, wie sie schwingt - ein gutes Gefühl.
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Pappenheim
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Beitrag von Pappenheim »

Was Manati sagt, stimmt völlig.

Meine Holde hat eine sehr gute Yamaha mit massiver Fichtendecke. Sie klingt ganz gut, aber irgendwie auch tot.

Gegen meine vollmassive Martin und ebensoeine Gibson hat sie nicht den Funken einer Chance, weder was Klangspektrum, Durchsetzungsvermögen oder Schwingungsfreudigkeit betrifft.
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Orange
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Beitrag von Orange »

Yep, unsere gute Manati hat recht.

Ist schöööön wenn´s am Bauch "brummt" ! :mrgreen:
rwe
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Beitrag von rwe »

... ist ein nettes Gefühl für den Spieler - die Frage ist aber, ob das beim Publikum auch so ankommt. Hier kann man im Gegenteil theoretisch argumentieren, dass ein starrerer Korpus (Sperrholz oder auch Lyrachord) als "neutralerer" Resonanzkörper dienst, als ein massiver Korpus.

Tatsächlich kommt es wirklich auf die jeweiligen Instrumente an. Ich kenne allerdings im "klassischen" Bereich keine hochwertigen Instrumente, bei denen "nur" die Decke massiv ist. (Im Steelstring-Bereich gibt es genug derartige Instrumente.)
TorstenW
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Beitrag von TorstenW »

Pappenheim hat geschrieben: Gegen meine vollmassive Martin und ebensoeine Gibson hat sie nicht den Funken einer Chance, weder was Klangspektrum, Durchsetzungsvermögen oder Schwingungsfreudigkeit betrifft.
Meinst du wirklich, dass das einzig und allein an "massiver vs laminierter Korpus" liegt, und nicht daran, dass bei geschätzten 2000€ Preisunterschied vllt noch ein paar mehr Dinge zum tragen kommen?

@ eloy: Du wirst dich sowieso sehr schwer tun, über 1000€ noch Gitarren mit laminierten Hölzern zu finden, von daher ist es eh eine müßige Diskussion.

Ansonsten kann ich nach grob geschätzt 1200 angespielten Gitarren sagen:
Es gibt Gitarren mit laminierten Korpussen die mir gefallen haben, und es gab Gitarren mit massiven Korpussen die mir gefallen haben. Von letzteren gab es ein paar mehr.
Ich würde aber z.B. unter 1000€ eine Taylor mit laminiertem Korpus so ziemlich jeder anderen Gitarre vorziehen.
Es kommt einfach auf deinen Geschmack an, und darauf was du mit der Gitarren machen willst, und auch ganz wesentlich auf deine Anschlagstechnik etc.

Ich komm z.B. von der klassischen Gitarre, spiele generell mit Fingernägeln an der rechten Hand und habe da nach 20 Jahren durchaus eine halbwegs vernünftige Technik entwickelt den Klang zu formen.
Andere Leute spielen primär mit Plektrum, oder ohne Fingernägel.
Wir können die gleiche Gitarre spielen, und alleine aufgrund dieser Anschlagsunterschiede, wird sie völlig anders klingen.

Es gibt kein generelles "massive Hölzer sind besser".
Massive Hölzer sind etwas teurer. Weil man sie lagern muss, weil man gucken muss, dass sie qualitativ gut sind etc.
Dafür kann man massive Hölzer in der Regel etwas dünner machen, wodurch sie besser schwingen. Das passiert aber längst nicht bei allen Gitarren, noch ist es immer gewünscht.
Du bekommst heutzutage schon eine Menge vollmassiver Gitarren unter 500€. Die wenigsten klingen wirklich besser als ihre laminierten Kollegen in derselben Preisklasse.

Für mich ist es eher eine Sache der Nachbearbeitung und der Konstruktion der Gitarre, als von "massiv oder nicht massiv".
Generell bin ich aber auch ein Feind von "x klingt besser als y" und ein Freund von "für die Dinge die ich mit dem Gerät machen will ist x meist ein Vorteil. Es kann aber genausogut sein, dass für die Dinge die du damit machen willst y ein Vorteil ist".
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RB
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Beitrag von RB »

Ich besitze eine DX-1 von CFM. Der Korpus ist aus Laminat, etwas in der Art wie richtiges Fußbodenlaminat. Die schwingt auch am Korpus und ich kann klanglich nicht meckern. Sie ist nicht sehr filigran im Ton, aber das hängt meiner Überzeugung nach eher mit der Beleistung und dem Deckenholz zusammen, als mit dem Material von Zargen und Rückseite.
Gast

Beitrag von Gast »

rwe hat geschrieben:... ist ein nettes Gefühl für den Spieler - die Frage ist aber, ob das beim Publikum auch so ankommt.


hallo,

da hast du den entscheidenden punkt getroffen.
die frage kann man ziemlich sicher verneinen, da die vibrationen die man spürt verlorengegangener klang sind.
wenn man das instrument nicht so stark an sich drückt, dann sieht es wieder anders aus.
was ich gerade versucht habe zu beschreiben gilt ganz besonders für die sog. dead spots.

was evtl. aber rüberkommt ist das:
der spieler fühlt sich gut, und dieses gefühl transportiert er mit seiner musik zum publikum oder auf die aufnahme.

tr
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jay-cy
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Beitrag von jay-cy »

Laminiert ist auch manchmal nicht gleich laminiert. Yairi bietet eine ganze Palette "laminierter" Gitarren an, die den meisten vollmassiven das Fürchten lehren. Seine Laminiertechnik ist sehr aufwändig und die verwendeten Hölzer alles andere als Sperrholz. Das geht schon eher in Richtung double tops. Für meine DY80-12 hab ich ohne Zögern eine Palisander Lakewood D18-12 hergegeben. Und: am Bauch brummen tut sie auch :)
Saitensprung

Beitrag von Saitensprung »

jay-cy hat geschrieben:Laminiert ist auch manchmal nicht gleich laminiert.
Eben. Es gibt Laminate, die z.B. aus gesperrtem Mahagoni bestehen - ein Holz und nicht Billigholz mit einer dünnen Furnierschicht aus dem edleren Holz.
Manche Gitarren, die aus gesperrten Hölzern gebaut sind klingen besser als solche aus minderwertigen Massivhölzern, schlecht abgelagert oder was weiß ich, was noch alles falsch gemacht werden kann.
Letztlich entscheidet der Klang. Als Besitzer einer Gitarre mit Kunststoffkorpus sage ich, dass es hauptsächlich vom Ego des Gitarristen abhängt, ob die Klangeigenschaften bei nicht massiven Gitarren schlechter sind oder nicht.
Ich persönlich habe meine Ovation gerade wegen ihres Klangbildes - und der hängt natürlich auch vom Material und der Form des Korpus ab. Meine Reise-Gitarre hat nur eine massive Decke und klingt von allen mir bekannten Travels einfach am knackigsten. Meine Seagull wäre fast die günstigere Variante mit gesperrten Zargen und Boden geworden, weil sie eben sehr gut laminieren und das Ergebnis auch klasse klingt. Sie hatten sie nicht und deshalb ist es jetzt eine aus massivem Holz geworden. Würde ich mir eine Martin, Gibson oder eine Lakewood kaufen wollen, müsste sie aber auf jeden Fall massiv sein. Aus Prestigegründen!
Fayol
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Beitrag von Fayol »

Saitensprung hat geschrieben: ..., müsste sie aber auf jeden Fall massiv sein. Aus Prestigegründen!
Aus Prestigegründen!

:r: Das ist doch mal eine Aussage! :r:

Ich weiß nicht, wie viele den A.... in der Hose hätten, diese Motivation so ehrlich zuzugeben ... :roll: ...und teuer ist es obendrein noch!

ich weiß nicht einmal, ob ich das so zugeben würde...
rwe
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Beitrag von rwe »

Saitensprung hat geschrieben: ..., müsste sie aber auf jeden Fall massiv sein. Aus Prestigegründen!
... bzw. aus Tradition. Martin und Lakewood sind mit massiven Instrumenten groß geworden, allerdings bei Gibson haben es zumindest auch gesperrte Böden/Zargen (B25) ins Profi-Lager geschafft. Eine D28 ist eine D28 ist eine D28 - und die hat eben massive Böden und Zargen. Eine Tradition mit HPL-Instrumenten aufzubauen, dauert seine Zeit, wobei ich kein grundsätzlicher Gegner eines solchen Instruments wäre.

Im klassischen Bereich - und um die geht es in diesem Thread - gibt es auch noch ein paar Experimente, z.B. mit double tops oder mehrfachen Böden, allerdings eher hochpreisig. (Näheres z.B. hier: http://michaelrademacher-gitarre.de/for ... ertgi.html) Also die Vereinfachung "nur richtig massiv ist gut" stimmt nicht wirklich.
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wuwei
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Beitrag von wuwei »

@rwe: Der Link geht leider nicht.
"A Harf’n g’hert in ka Symphonie;
i’ hab’ ma nöt helf’n könna."
(Anton Bruckner über seine 8.)
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bookwood
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Beitrag von bookwood »

rwe's Link hatte 'ne Klammer zuviel. So geht's: Doppelter Boden
Gruß
von
Ralf
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Greenie
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Beitrag von Greenie »

Fayol hat geschrieben:
Saitensprung hat geschrieben: ..., müsste sie aber auf jeden Fall massiv sein. Aus Prestigegründen!
Aus Prestigegründen!

:r: Das ist doch mal eine Aussage! :r:

Ich weiß nicht, wie viele den A.... in der Hose hätten, diese Motivation so ehrlich zuzugeben ... :roll: ...und teuer ist es obendrein noch!

ich weiß nicht einmal, ob ich das so zugeben würde...

da kann ich mich nur voll und ganz anschliessen! :bide: :mrgreen:

tja, Saitensprung hat "huevos" :P
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