"Schräg" eingepasste Bundstäbchen

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Moderator: RB

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Kerstin Muc
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Registriert: Mi Jun 15, 2011 5:37 am

"Schräg" eingepasste Bundstäbchen

Beitrag von Kerstin Muc »

Hallo in die Runde,

in der neuen Akustik-Gitarre wird ein Instrument vorgestellt (Namen habe ich gerade nicht parat), das sich u.a. durch die schräge Anordnung der Bundstäbchen von anderen Instrumenten unterscheidet.

Ich habe das erstmals gelesen und finde die Idee toll.
V.a. weil ich selbst recht kleine Hände habe und durch diese schräge Anordnung nach meinem Dafürhalten die Hand bei dem einen oder anderen Griff weniger „verdreht“ werden muss, um dicht ans Bundstäbchen zu kommen und einen sauberen Ton zu erzeugen.

Ich möchte das im Hinterkopf behalten, da ich mit dem Gedanken spiele mir vielleicht irgendwann mal eine Gitarre bauen zu lassen. Mit „meiner“ Mensur und meinem Korpus.

Spiele eine 65, das ist in manchen Teilen schon sehr schwierig Bsp. c auf der h Saite und fis auf der F Saite.
Das sind schon Spreizungen, die sind groß, sie gehen, aber lange nicht in der Geschwindigkeit wie gewünscht. Und eben nicht immer sauber. Capo kann ich, will ich aber nicht immer nutzen.

Lider haben mir alle Modelle im Klassikbereich (small neck etc. 63 cm Mensur) klanglich nicht zugesagt. Obwohl Sie vielleicht besser zu meinen Händen gepasst hätten.

Dies könnte eine Lösung sein.

Deshalb meine Frage:
- Hat jemand schon einmal ein solches Modell gespielt?
- Wie schräg ist schräg? Ist das wirklich spürbar?
- Warum denkt ihr – denn von der Ergonometrie kommt es der Haltung in der Klassik entgegen – ist das nicht „Standard“?


Vielleicht kann dazu jemand etwas sagen.

Viele Grüße Kerstin
rwe
Beiträge: 2334
Registriert: Mi Mai 30, 2007 6:04 pm

Re: "Schräg" eingepasste Bundstäbchen

Beitrag von rwe »

Kerstin Muc hat geschrieben: Lider haben mir alle Modelle im Klassikbereich (small neck etc. 63 cm Mensur) klanglich nicht zugesagt. Obwohl Sie vielleicht besser zu meinen Händen gepasst hätten.
Dies könnte eine Lösung sein.
Falls Dir die gespielten 63er klanglich nicht zugesagt haben, hast Du keine Garantie, dass Dir ein "Fanned-Fret"-Instrument klanglich gefällt. In der Regel werden 63er als einfache Instrumente (Schülergitarren) auf den Markt gebracht, wobei natürlich ein Gitarrenbauer auch in der Lage ist, eine hochwertiges Instrument in kleiner Mensur zu bauen. Hier also nicht Ursache/Wirkung verwechseln, sondern mit den Gitarrenbauern sprechen.
Kerstin Muc hat geschrieben:Deshalb meine Frage:
- Hat jemand schon einmal ein solches Modell gespielt?
- Wie schräg ist schräg? Ist das wirklich spürbar?
- Warum denkt ihr – denn von der Ergonometrie kommt es der Haltung in der Klassik entgegen – ist das nicht „Standard“?
- nein
- deshalb keine Ahnung
- teurer in der Produktion und ungewohnt, gibt es in dieser Art erst seit ein paar Jahren
Kerstin Muc
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Beitrag von Kerstin Muc »

Hi,

das stimmt natürlich, dass ich vor dem Bau auch nicht weiß, ob ich danach glücklich bin mit dem Klang.

Ich bin nicht so bewandert mit der Physik der Klangentstehung am Instrument, aber ich dachte (simpel ausgedrückt) an einen Hals, der auf meine Handgröße abgestimmt ist und einem Körper, der auf 4/4 kommt.

Im Grunde ist es nur wenig Raum bis zu den Bundstäbchen, aber das macht einiges an Tonerzeugung aus. Ich habe eine alte Western-Gitarre geschenkt bekommen und hatte die in der Hand, die ist so zart am Hals :-)....dummerweise ist mir der Space dann nicht ausreichend....

Na ich suche wohl die "eierlegende" Wollmilchsau....

Grüße Kerstin
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bookwood
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Beitrag von bookwood »

Hallo Kerstin,

das Thema Fanned Frets hatten wir im Forum an anderer Stelle schon.

Ich selbst habe eine solche von Christian Stoll schon gespielt und zunächst
gar nichts von dieser Besonderheit gemerkt, obwohl meine knorpeligen
Finger nicht mehr alles mitmachen. Der wesentliche Vorteil ist, dass die
Fächerbünde der natürlichen Handrotation etwas entgegenkommen. Da aber
die Mensur bei den tiefen Saiten aus tonlichen Gründen meist verlängert wird
(bei der Stoll waren das, wenn ich mich recht erinnere, immerhin beachtliche
68 cm zu 64 cm beim Diskant), würde dich das vermutlich nicht grundsätzlich
vor schwierigen Spreizungen bewahren.

Mit kurzen 63er Mensuren habe ich gute Erfahrungen gemacht. Man muss
etwas mit unterschiedlichen Saiten experimentieren, weil die Drähte auf der
geringeren Strecke weniger Spannung aufbauen. Unter 63 wird es übrigens
mit kurzen Hälsen auf 4/4-Gitarren problematisch, weil dann die Stegposition
auf der Decke mit Nachteilen für den Klang zu weit Richtung Griffbrett wandert.
Gruß
von
Ralf
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chrisb
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Beitrag von chrisb »

hallo kerstin,

schräg ist nicht gleich schräg. wie ralf schon angesprochen hat kommt es u.a. auf die wahl der mensur für E und e an.
bei E = 650 und e = 630 ist das natürlich anders als bei E=680 und e=640. nicht nur von der bespielbarkeit sondern auch vom klang. persönlich hab ich noch keine klassik mit fanned frets gespielt. nur eine steelstrind von sanden.
vielleicht wirklich mal mit herrn stoll telefonieren oder thomas ochs baut auch fanned.

man sollte natürlich auch andere einflussfaktoren auf die bespielbarkeit eines instrumentes beachten, halsform, griffbrettbreite, saitenlage, abstände der saiten am steg und sattel.

problem bei der geschichte wird sein ein instrument vorher anzutesten. ein bau ins "blaue" hinein kann unter umständen nicht zufriedenstellend enden.
chrisb
Kerstin Muc
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Beitrag von Kerstin Muc »

Hallo chrisb,

sicher hast Du Recht, wie auch bookwood.
Und den Tipp einmal jemanden dazu zu kontaktieren, den nehme ich gerne auf. Ich muss sagen, daran habe ich noch nicht gedacht...Und sicher beraten Sie im Fachgeschäft anders, als ein "Selbstbauer".

Im Grunde habe ich "mein" Modell schon gefunden, Saitenlage gut, klang schön, space gut fürs picking. 65 Mensur, weil ich der festen Überzeugung war (und auch jetzt meistens noch bin), dass das alles eine Frage des Trainings ist.

Es gibt nur Tage, da zweifle ich, bei dem einen oder anderen Griff noch weiter zu kommen und so horchte ich auf, bei dieser besonderen Bauweise.

Denn es ist der Mix aus ungewöhnlicher Drehung der Hand, der Spreizung der Finger und der Griffbrettbreite 52, wo ich manchmal denke: Das wird nicht mehr so viel besser...

Ich übe recht viel und fange meist bei unsauberen Tönen wenigstens noch mal am Anfang des Taktes an. Da frage ich mich schon, ob ich bessere Fortschritte erzielen könnte, wenn die Bauweise mir etwas entgegen käme...

Auf jeden Fall war es spannend Eure Tipps zu lesen. Danke dafür, ich werde berichten, wenn ich einen Gitarrenbauer konsultiere´.

Kerstin
Kerstin Muc
Beiträge: 281
Registriert: Mi Jun 15, 2011 5:37 am

Beitrag von Kerstin Muc »

Hallo,

jetzt habe ich noch etwas im Forum gestöbert. Grundproblem war/ ist ja, dass ich aufgrund etwas kleinerer Finger bisweilen Schwierigkeiten habe immer dicht an das Bundstäbchen zu kommen. Z.B. beim G auf der E Saite im 3. Bd so, dass ich aufgrund der Fingerlänge nicht wirklich den Finger "von oben"auf die Saite setzen kann, sondern halt irgendwie, wie ich eben gerade dran komme.

In diesem Thread
http://www.fingerpicker.de/forum/viewto ... 7eeca024e0

ist beschrieben, dass die Stegeinlagen am Hals verändert wurden, um mehr Raum für die Fingerkuppen zu schaffen.

Wäre mein Problem nicht dadurch (zumindest im Ansatz lösbar), in dem ich den Abstand zwischen den Saiten dort verkleinere?

Das fände ich spannend, denn so bliebe der Space am Schallloch gleich zum picking und vorne käme mir der verkleinerte Abstand entgegen.

Was haltet Ihr davon?

Grüße Kerstin
fretworker
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Registriert: Sa Jul 14, 2007 1:04 pm

Beitrag von fretworker »

Das wird nicht gehen. So, wie du dir das vorstellst, müsstest du nämlich den Sattel (aka "die Stegeinlage am Hals") asymmetrisch bearbeiten. Du musst den Abstand der hohen e-Saite zur Griffbrettkante beibehalten und nur von der Bassseite her den Saitenabstand verengen. Das verändert die Zugkräfte, wenig, aber immerhin. Und es hilft dir maximal bis zum 7. oder 8. Bund, dann ist der Vorteil wieder weg.

Ich habe eine Gitarre mit 50 mm Halsbreite bei 65er Mensur hier, und ebenfalls kurze Finger. Das klappt gut. Falls du die testweise mal anspielen willst und nicht zu weit weg wohnst, schick mir 'ne PM.
Gruß, fretworker
TorstenW
Beiträge: 809
Registriert: Fr Jun 13, 2008 9:00 pm

Beitrag von TorstenW »

Mal ein paar Überlegungen meinerseits:

Fanned Frets machen das Spiel nicht generell einfacher.
Es mag sein, dass der eine oder andere Griff einfacher wird, dafür wird dann ein anderer schwerer.

Beispiel:
F auf der hohen E-Saite und G auf der tiefen E-Saite (z.B beim G7 Akkord) hat auf der fanned fret Gitarre einen kürzeren Abstand (als bei einer normalen Gitarre) und ist daher leichter zu greifen.
F auf der tiefen E-Saite und G auf der hohen E-Saite hat einen größeren Abstand und ist daher schwieriger zu greifen.

Die Idee hinter fanned frets ist keine Griffliche, sondern eine klangliche:
Man möchte die Mensur der Bass-Saiten erhöhen, damit diese "knackiger"/mächtiger rüberkommen. Dies "erkauft" man sich mit der veränderten Grifflichkeit.

Es gibt verschiedene Ausführungen von fanned frets, die sich auch vmtl unterschiedlich auswirken und spielen lassen. Ich hab zwei oder drei in der Hand gehabt und fand die Unterschiede zur normalen Gitarre nicht extrem wesentlich. Wenn man generell sauber spielt (sprich: immer ab Bundstäbchen greift), hat man vmtl keine große Probleme auch auf ner fanned fret Gitarre zu spielen.

Wenn es darum geht eine Gitarre zu finden, die leichter bespielbar ist:
50mm zu 52mm machen mMn ziemlich viel aus. Und die Halsdicke spielt meines Erachtens eine große Rolle.

Ich wollte mir damals eigentlich eine Gitarre mit 50/63 bauen lassen, bin dann aber bei einer 52/65 mit sehr schlankem Hals hängen geblieben, wo ich den Gitarrenbauer dreimal gefragt hab, ob er sich sicher ist, dass das Ding Normalmensur hat ;-)

Ob das alles eine Frage des Trainings ist.. naja.. ich würd sagen: in Grenzen.
Jeder Mensch hat irgendwo seine Fingerbeweglichkeit. Der eine mehr, der andere weniger, und irgendwo sind auch den Trainingseffekten Grenzen gesetzt. In Zeiten, wo ich 4-6h am Tag Gitarre gespielt hab mit Fingerübungen etc, waren meine Finger deutlich beweglicher als jetzt, wo ich vllt noch ne Stunde am Tag spiel.
Ic persönlich find nix schlimmes daran, ne Gitarre zu kaufen, die sich aufgrund kleinerer Mensur etc einfacher spielen lässt..
Kerstin Muc
Beiträge: 281
Registriert: Mi Jun 15, 2011 5:37 am

Beitrag von Kerstin Muc »

TorstenW hat geschrieben:Mal ein paar Überlegungen meinerseits:

Fanned Frets machen das Spiel nicht generell einfacher.
Es mag sein, dass der eine oder andere Griff einfacher wird, dafür wird dann ein anderer schwerer.

Beispiel:
F auf der hohen E-Saite und G auf der tiefen E-Saite (z.B beim G7 Akkord) hat auf der fanned fret Gitarre einen kürzeren Abstand (als bei einer normalen Gitarre) und ist daher leichter zu greifen.
F auf der tiefen E-Saite und G auf der hohen E-Saite hat einen größeren Abstand und ist daher schwieriger zu greifen.

Die Idee hinter fanned frets ist keine Griffliche, sondern eine klangliche:
Man möchte die Mensur der Bass-Saiten erhöhen, damit diese "knackiger"/mächtiger rüberkommen. Dies "erkauft" man sich mit der veränderten Grifflichkeit.
Hallo Torsten,

das war mir so noch nicht bewusst, denn ich habe gelesen, dass es primär bei den fanned frets um die Ergonometrie der Greifhand geht. So wie Du es schlüssig verargumentierst, macht es natürlich wenig Sinn für mich. Eswäre dann nur eine Verschiebung des Problems und keine Lösung.

Ich werde demnächst einmal einen in der Nähe sitzenden Gitarrenbauer besuchen. Gitarre minehmen. Finger sind ja sowieso dabei. :D

der darf dann einfach mal beurteilen, was er wie sieht. Das halte ich für sinnvoller als Fachgeschäft, dort höre ich meistens nur die Standardaussagen....

Danke für Euren zahlreichen sehr informativen Input.

Auch über eine 50er Sattelbreite werde ich nachdenken!

Kerstin
Entschaerfnix
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Registriert: Do Sep 06, 2012 9:13 am
Wohnort: Siegburg

Beitrag von Entschaerfnix »

Die Idee, sich an einen Profi, sprich Gitarrenbauer, zu wenden, ist in meinen Augen die einzig richtige, und das aus vielerlei Gründen:

Zuallererst kann er Dir sagen, warum er das Instrument in der entsprechenden Art gebaut hat und was er damit bezwecken wollte. Darüber hinaus besteht dann auch die Möglichkeit, ein solches Instrument zu spielen und die entsprechenden Hinweise, die Du im Forum bekommen hast, am eigenen Leib zu testen (siehe Post von TorstenW, was ich so in der Art auch nicht auf dem Schirm hatte). Dann siehst Du, und das vollkommen unverbindlich, ob Dir eine solche Gitarre liegt oder nicht.

Ich persönlich bin heute bei Christian Stoll im Taunus gewesen und habe sein Modell IQ gespielt.
Auf der Fahrt hatte ich mir noch Gedanken gemacht, ob ich damit überhaupt zu Rande komme oder ob ich das Spielen komplett neu lernen muss. Doch Herr Stoll meinte, dass man es einfach hinnehmen und spielen sollte, ohne sich darauf zu konzentrieren.
Also habe ich gespielt und mich nicht ums Griffbrett gekümmert. Die Umstellung war für mich nicht wahrnehmbar und ich hatte, egal was ich ausprobiert habe, immer ein gutes Gefühl.

Ich kann Dir einen Termin bei Herrn Stoll nur empfehlen, wobei zu beachten wäre, dass die IQ eine Steelstring ist.
Inwiefern eine derartige Bauweise für Konzertgitarren sinnvoll ist, kann er Dir sicher auch beantworten (das kann ich nämlich nicht *flöööt*).

Viele Grüße,

Martin
Ich nehm´den roten Draht. Nimm Du die Katze und lauf!!!
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