Gewicht von Gitarren?

Alles über die Nylon- und Darmbesaiteten

Moderator: RB

alex sustain
Beiträge: 17
Registriert: Do Feb 21, 2013 4:08 pm

Beitrag von alex sustain »

Hallo es335

Zu Zeiten von Torres gab es noch keine Unterscheidung zwischen Flamenco - und Klassikgitarren. Interessant ist die Aussage des Interpreten im Video:
"This Guitar needs a classical player - - - great player." (1.22)
Auch auf der "Leona" von Torres klingt klassisches Repertoire sehr gut, obwohl sie in Zypresse und sehr leicht gebaut ist.
Beispiel:
http://youtu.be/xdwSx3srLQo
Die Frage, ob Mechaniken oder nicht, war bei Torres wohl eher eine Frage des Preises. Er war ein armer Handwerker, der die Mehrheit der Gitarren für wenig Geld an einfache Leute verkaufte. Auch war er immer auf der Suche nach brauchbarem Holz. Belegt sind Hälse, die aus bis zu drei Stücken zusammengeschäftet sind, ebenso Böden mit Nagellöchern, die eindeutig aus zersägten alten Möbeln stammen und Decken, die aus mehreren Teilen zusammengesetzt wurden. Selten konnte er Decken aus zwei identischen Hälften bauen. Dann gibt es da noch die Geschichte, dass er bei einem Verwandten, der ein Haus baute, einen schon eingemauerten Türsturz wieder herausgerissen und ausgetauscht haben soll, weil er ihn für diesen Zweck für viel zu gut hielt. - Irgendwie rührend.

Gruss Alex
alex sustain
Beiträge: 17
Registriert: Do Feb 21, 2013 4:08 pm

Beitrag von alex sustain »

Noch ein Nachtrag zum Unterschied Flamenco/Klassisch, da dies ja auch viel mit dem Gewicht zu tun hat:
Könnte es sein, dass die Unterschiede in Zukunft unbedeutender werden?
Ich beobachte einen grundlegenden Wandel in der Interpretation klassischer Musik hin zu perkussiveren, tänzerischem, unverkrampfterem Musizieren. Alte Musik wird heute viel improvisiert, ja geradezu "gerockt".
Umgekehrt zeigen Jazzer heute ja auch keine Berührungsängste mehr zu Bach und Co. Die Unterschiede zwischen "U" und "E" verschwimmen, klassische Musik hat viel von ihrem elitären Mief abgelegt.
Typische "Flamenca" - Qualitäten wie leichte Ansprache und kristallklarer Klang werden heute auch von klassischen Gitarristen geschätzt. Klangfarbe kommt vor reinem Volumen. Schwülstige, dumpfe, schwere, grosse Klassikgitarren befinden ich nach meinem Eindruck eher auf dem Rückzug. Seht ihr das auch so?

Klangvoller Gruss

Alex
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docsteve
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Registriert: Mo Okt 01, 2012 2:39 pm

Beitrag von docsteve »

was mich persönlich betrifft, auf jeden Fall!

VG Stephan
rwe
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Registriert: Mi Mai 30, 2007 6:04 pm

Beitrag von rwe »

alex sustain hat geschrieben: Könnte es sein, dass die Unterschiede in Zukunft unbedeutender werden?
<...> Schwülstige, dumpfe, schwere, grosse Klassikgitarren befinden ich nach meinem Eindruck eher auf dem Rückzug. Seht ihr das auch so?
Aktuell ja; ob dies aber ein echte Entwicklung oder "nur" eine Mode, die auch mal wieder vorübergeht, ist, mag ich noch nicht bewerten.
Dass Klangfarbe wichtiger als das Volumen wird - dies ist wohl ein "echter Trend"; hier kommt auch die Verstärkung zum Zug. (Ob das dann immer so "gut" ist, sei dahin gestellt: Ein fff wird durch das Spielen zum fff, nicht durch die Verstärkung eines ppp.)
Aber auch die von Dir genannten Entwicklungen in der Musik sind ja nicht linear. Zwar "rockt" ein David Garrett grässlichst die "E-Musik", aber in der "Alte Musik"-Szene werden auch wieder Interpretationen mit Instrumenten der romantischen Aera hoffähig. Vielleicht sehen wir eher ein "Nebeneinander" verschiedener Klangvorlieben, die sich immer wieder mal gegenseitig in den Vordergrund drängen.
Hans W.
Beiträge: 52
Registriert: Sa Okt 20, 2012 10:15 pm

Beitrag von Hans W. »

alex sustain hat geschrieben: Typische "Flamenca" - Qualitäten wie leichte Ansprache und kristallklarer Klang werden heute auch von klassischen Gitarristen geschätzt. Klangfarbe kommt vor reinem Volumen. Schwülstige, dumpfe, schwere, grosse Klassikgitarren befinden ich nach meinem Eindruck eher auf dem Rückzug. Seht ihr das auch so?

Klangvoller Gruss

Alex
Dein Wort in Gottes Ohr. Meine Erfahrung ist eine andere. Gerade laute Instrumente werden geschätzt. Oft ist die erste positive Reaktion von jungen Gitarristen: " Die ist aber laut".
Die feinen, abgestimmten, klangfarbenreichen Gitarren sind doch nicht mehr gefragt.
Eine Smallman ist ein gutes Beispiel für diese extrem leicht zu spielende und laute Bauart.
Da geht doch bei vielen das Gefühl für den Nuancenreichtum einer Hauser oder Rubio verloren.
Das erste Beurteilungskriterium ist meist die Lautstärke. Ich frage dann den Spieler, wann er denn wieder das nächste Mal in einem Saal für 1000 Besucher konzertiert....

Beste Grüße,
Hans W.
alex sustain
Beiträge: 17
Registriert: Do Feb 21, 2013 4:08 pm

Beitrag von alex sustain »

Kontraste bereichern die Interpretation!
Offenbar hast Du andere Erfahrungen gemacht.
Ich beziehe mich eher auf Aufnahmen, die ich gehört habe. (CD, Radio, Internet), also auf die "Profis". Vielleicht ist es in der "Breite" anders.
Lautstärke blendet, das ist schon so. - Zumindest im ersten Moment.
Ich bin übrigens der Meinung, dass Lautstärke immer relativ ist. Meine selbst gebaute Kopie der FE 19 von Torres wird von Spielern im Diskantbereich eher als leise empfunden, von Zuhöreren allerdings nicht. Sie kommt wunderbar in extrem halligen Räumen zur Geltung, in denen andere Gitarren nur noch Tonsalat produzieren. Und - was mich sehr erstaunt hat - sie ist draussen noch in 100m Entfernung deutlich zu hören.
Hans W.
Beiträge: 52
Registriert: Sa Okt 20, 2012 10:15 pm

Beitrag von Hans W. »

alex sustain hat geschrieben:Kontraste bereichern die Interpretation!
Offenbar hast Du andere Erfahrungen gemacht.
Ich beziehe mich eher auf Aufnahmen, die ich gehört habe. (CD, Radio, Internet), also auf die "Profis". Vielleicht ist es in der "Breite" anders.
Lautstärke blendet, das ist schon so. - Zumindest im ersten Moment.
Ich bin übrigens der Meinung, dass Lautstärke immer relativ ist. Meine selbst gebaute Kopie der FE 19 von Torres wird von Spielern im Diskantbereich eher als leise empfunden, von Zuhöreren allerdings nicht. Sie kommt wunderbar in extrem halligen Räumen zur Geltung, in denen andere Gitarren nur noch Tonsalat produzieren. Und - was mich sehr erstaunt hat - sie ist draussen noch in 100m Entfernung deutlich zu hören.
Das ist bei wirklichen Größen auch anders. Aber bei den meisten Studenten oder auch Laien habe ich in den letzten Jahren diese Erfahrung gemacht.
Das wird sich auch wieder ändern, sind ja zur Zeit gerade Torres und Hauser angelehnte Gitarren wieder im kommen ( siehe Fritz Ober, etc.).
Beste Grüße,
Hans W.
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