Zu Rob und Ana und tonlicher Sicht / Sound:
Man muss hier bedenken, dass mehrere Dinge völlig unterschiedlich sind:
Ana spielt ein Konzert in einem Konzertsaal. D.h. sie muss schon aufgrund des Ortes, und des vorhandenen Publikums eine gewisse Lautstärke und Projektion erzeugen, damit auch die Leute jenseits der ersten beiden Reihen noch was mitbekommen.
Das bedingt natürlich auch eine gewisse Spielart: Sie spielt im Gegensatz zu Rob mit Fingernägeln und auch recht viel Apoyando und erzeugt so einen sehr sauberen und differenzierten Sound, der aber vmtl in der Weite des Konzertsaals aufgrund des Halls ein wenig weicher und verschwommener wird.
Andersrum gesagt: würde sie so spielen wie Rob, käme hinten im Raum vmtl nur noch Soundbrei an.
Wo genau bei ihrer Aufnahme die Mikros standen ist etwas unklar, aber vmtl nicht allzu weit von ihr weg, denn man hört das Publikum erst am Ende.
Bei Rob wiederum ist die Mikro-Position eher ungünstig (fast schon auf Schalloch ausgerichtet, und manchmal merkt man ein "Pumpen" der tiefen Töne), aber er hat auf seiner Zeder-Gitarre ohne Nägel und in seinem kleinen Zimmer einfach einen ganz anderen Sound. Er muss aber eben auch nix in den Raum projizieren.
Zwei verschiedene Situationen --> verschiedene Möglichkeiten der Soundgestaltung.
Ich könnte mir vorstellen, dass sich das bei Ana im Übezimmer auch etwas anders anhört.
Zur Interpretation:
Gut, sind verschiedene Stücke, wurde schon gesagt, dennoch kann man ja mal gucken ob der Rob da eher typisch oder atypisch interpretiert.
Dazu sollte man sich erstmal eine Position und einen Aspekt suchen unter dem man das Ganze betrachtet.
Zu Beispiel könnte man sich überlegen: Wie könnte der Komponist das denn gemeint haben? Wenn man die Noten hätte, wär das vmtl noch etwas einfacher, aber so ins Detail will ich gar nicht gehen.
Zwei Minuten googlen ergeben: Antonio Lauro war ein venezuelanischer Komponist, der viel auf landestypische Musikarten zurückgegriffen hat, etwa den Joropo und den Vals Venezuelano, was beides Tänze in ungeraden Taktarten (3/4; 6/8 ) "Vals" bedeutet nichts anderes als Walzer.
Also schauen wir uns mal das was Rob spielt unter dem Aspekt an, inwieweit man da gut dem 3/4 Takt folgen kann, und betrachtet die "Tanzbarkeit".
Da kommen wir ziemlich schnell drauf, dass Rob da extrem mit bricht. Er nutzt viele Tempowechsel, accelerando, ritardando etc.
Jetzt wäre der Blick in die Noten interessant, aber ich nehme an, dass nichts davon wirklich notiert ist.
Robs Ansatz ist eher einer, der auf kleine, lyrische Absätze abzielt, die er dann ausdeutet, ich vermute aber sehr stark, dass er sich von der originalen Idee des Komponisten recht weit entfernt hat.
Zeit für ein Gegenbeispiel:
http://www.youtube.com/watch?v=Q148e_tgoho
Nicholas Petrou.
Was macht er anders? Zum einen kann man zumindest ein weiteren Teilen dem Takt folgen. Auch er verzögert manchmal, aber nicht so extrem, und meist nur an bestimmten Punkten.
Damit kommen wir zu dem, was rwe angesprochen hat: Die Struktur.
Hört euch folgende Abschnitte an:
Nicholas von 0:00 bis 0:30
Rob von 0:00 bis 0:42
Bei Nicholas ist das ein großer Bogen: In den ersten Sekunden läuft das Stück an, dann kommt es auf Tempo, das Tempo wird gehalten und läuft dann bei 0:28 wieder aus, und direkt mit der Wiederholung neu zu starten. Es ist eindeutig klar, das das Ganze ein großer Absatz ist.
Bei Rob ist das anders: Da kommt es zwischenzeitlich schon immer kurz wieder zum Stillstand: bei 0:13, bei 0:24. Er unterteilt den Abschnitt noch in mehrere kleine Untergruppen. Das kostet ihn dann allerdings den durchgehenden Taktimpuls.
Und darauf läuft es im ganzen Stück eigentlich hinaus.
Zum Hören: Hört euch beide Versionen mal an, ignoriert die Melodie und achtet nur auf die Rhythmik der Basstöne.
Meine persönliche Interpretation der Interpretationen:
Ich glaube Rob war ziemlich traurig/melancholisch, als er das aufgenommen hat. Der ganze Gestus des Stückes ist eher sinnierend, der Untertext des Videos suggeriert schon ein "in Gedenken an", er sitzt da zusammengesunken vor der Kamera und er spielt Dutzende dieser Miniatur-Arpeggios, wenn Bass-und Melodieton eigentlich gleichzeitig sind, er die Melodie aber um Sekundenbruchteile verzögert. Das wirkt auf mich wirklich sehr melancholisch.
Nicholas hingegen hebt deutlich die tänzerische Seite des Stückes hervor, es wirkt lebhaft, und obwohl er auch steif rumsitzt und nicht grad fröhlich aus der Wäsche guckt, kann man sich hier doch durchaus ganz gut ein paar Pärchen vorstellen, die hinter ihm auf der Tanzfläche verliebt miteinander schunkeln.
Ich vermute (!) dass Nicholas's Interpretation deutlich eher dem entspricht, was sich Antonio Lauro ursprünglich gedacht hat. Dazu müsste man sich aber zum einen etwas näher mit Lauros Musik beschäftigen, und auch mal ein paar Originalnoten in die Hand nehmen, aber vom Höreindruck alleine macht für mich seine Interpretation "mehr Sinn".
Persönlich subjektiv: Mir gefallen beide Varianten, und je nach meiner Laune würd ich wohl mal die eine und mal die andere eher hören wollen.