Tonleiterstudien - wie gehe ich mit Fehlern um?

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Moderator: RB

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Kerstin Muc
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Registriert: Mi Jun 15, 2011 5:37 am

Tonleiterstudien - wie gehe ich mit Fehlern um?

Beitrag von Kerstin Muc »

Hallo und guten Morgen in die Runde,

neben verschiedenen Stücken, die ich gerade übe (Tonqualität, Geschwindigkeit, schwierige Wechsel) beschäftige ich mich auch mit dem Auswendiglernen der (vorerst) C-Dur Tonleiter in den verschiedenen Lagen.

Ich glaube einige nennen das Pattern? Auf jeden Fall die volle Tonleiter und nicht nur Pentatoniken.

Ich spiele z.B. II. Lage von vorn und dann wieder rückwärts und spreche den einzeln angeschlagenen Ton. Klappt rückwärts noch nicht so gut.

So nun die Frage: Was macht methodisch und für das Einprägen im Gehirn mehr Sinn: Wenn ich mich verspiele (vergreifen und/ oder die Note falsch sage) neu am Anfang beginnen und dort an der Stelle korrigieren?

Mich beschäftigt das deshalb, weil ich einige Threads/ Diskussionen kenne, die sich damit auseinandersetzen, dass man Dinge „falsch“ im Gehirn abspeichert, quasi auch die Fehler verinnerlicht.

Und ja: Ich kann meinen Lehrer fragen, aber erst nach dem WE :D
Von daher freue ich mich vor dem WE auf Eure Meinungen und ggf. Tipps.

Vielen Dank und einen schönen Freitag
Kerstin
rwe
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Beitrag von rwe »

Lernstrategien sind individuell unterschiedlich, das bekomme ich auch regelmäßig in Didaktik-Seminaren zu hören... Wenn das Lernen bei Dir recht als "Technikerin" stark über den Kopf läuft (das meine ich, in Erinnerung zu haben), dann könnte Dir das Vorgehen helfen, was sich bei mir als recht sinnvoll herausgestellt hat:

Bei den ersten Durchgängen kurz vor der "verunglückten" Stelle wieder anfangen, diese üben, aber dann nach vielleicht 2, 3 Durchläufen dieser Stelle von vorne anfangen. Das Vorgehen muss aber nicht bei jeder Person klappen.

Ich glaube, dass es Ulrich war, der darauf hinwies, dass - von mir jetzt aus der Erinnerung und verkürzt wiedergegeben - langsames Üben (im Vergleich zum Originaltempo) nicht nur "langsamer" ist, sondern eigentlich ein "anderes Stück", weil die Abläufe anders trainiert werden. Hier geht es aber m.E. erst einmal um das Kennenlernen des Griffbretts.
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Davanlo
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Beitrag von Davanlo »

Mann muss beides trainieren ...

- Fehlerstellen einzeln bearbeiten (Perfektion)
aber auch
- über Fehler durlaufen auch üben (Konstanz)

und langsam üben (die langsamste Geschwindigkeit ohne Fehler)

Aktionen-lernen geht über vier Hürden:
  • Unbewusste Inkompetenz (nicht wissen das es nicht geht)
    bewusste Inkompetenz (wissen das es nicht geht)
    bewusste Kompetenz (es geht aber es braucht viel mentale Energie)
    Unbewusste Kompetenz (es geht und forder wenig mentale Energie)
arbeitet man nur Perfektion, bleibt der Gebrauch an Energie zu hoch, arbeitet man nur durchläufe dann brauch man zwar minder Energie, aber die Aktion ist nicht zufriedenstellend.
Kerstin Muc
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Beitrag von Kerstin Muc »

Davanlo hat geschrieben:Mann muss beides trainieren ...

- Fehlerstellen einzeln bearbeiten (Perfektion)
aber auch
- über Fehler durlaufen auch üben (Konstanz)

und langsam üben (die langsamste Geschwindigkeit ohne Fehler)

Aktionen-lernen geht über vier Hürden:
  • Unbewusste Inkompetenz (nicht wissen das es nicht geht)
    bewusste Inkompetenz (wissen das es nicht geht)
    bewusste Kompetenz (es geht aber es braucht viel mentale Energie)
    Unbewusste Kompetenz (es geht und forder wenig mentale Energie)
arbeitet man nur Perfektion, bleibt der Gebrauch an Energie zu hoch, arbeitet man nur durchläufe dann brauch man zwar minder Energie, aber die Aktion ist nicht zufriedenstellend.
Tolle Erklärung! Danke!
Ich habe diese Info auch gleich mal in einem anderen Thread gepostet, wo ich denke, dass ein Mitglied mit ähnlichen Problemem zu kämpfen hat. Ich hoffe es war in Ordnung, denke aber es trifft bei besagtem Problem auch zu.

Grüße Kerstin
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docsteve
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Beitrag von docsteve »

Interessantes Konzept, den Namen der Noten gleich mit zu sagen – wobei das Geheimnis beim Lernen von „Patterns" gerade darin besteht, dass man die auf dem Gitarrenhals beliebig verschieben kann. Eine Dur-Tonleiter ohne offene Saiten ergibt in jeder Lage eine andere Tonart bei gleichbleibendem Fingersatz. Ob man dann unbedingt wissen muss, ob der Zeigefinger gerade ein A oder ein E greift, ist eine andere Frage. Hier sind aber kognitive und motorische Prozesse voneinander zu unterscheiden – der motorische Prozess kann auch ablaufen, ohne dass man überhaupt weiß, dass Töne einen Namen haben.

Zum Improvisieren muss man z.B. die Notennamen nicht kennen, die man gerade spielt, die Patterns sollten aber in den Fingern liegen - soweit meine Erfahrung. (Wichtiger als der Name ist beim Improvisieren die Stufe. Die Frage ist also nicht "passt ein F über einen C-Dur", sondern "passt die 4. Stufe der Leiter über den Grundakkord" - Antwort: wenn sie richtig aufgelöst wird.)

Viele Grüße, Stephan
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Brokenstring
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Beitrag von Brokenstring »

Das mit den Namen finde ich gut, ich ersetze aber C,D,E... durch Do,Re,Mi...
Für mich persönlich ist das geeigneter, wenn es um das verschieben der Tonart geht. Letztlich ist es aber egal.
Zur Thematik: Mein Lehrer sagt, vieles Lernen beim Gitarrenspielen lässt sich mit Langlaufen vergleichen. Die Abfolge der Töne ist eine Skispur, übertragen folgen die Finger dieser Spur. Ist der Fehler erst drin, ist die Spur nur sehr schwer neu zu erlernen. Er empfiehlt mir daher, bei Fehlern immer wieder neu anzufangen. Die kann bei Abschnitten oder auch längeren Stücken gemacht werden. Sein Rat ist nie weiterzuspielen, um die Spur nicht falsch zu legen. Dies gilt natürlich für die Lernphase. ZUm Tempo siehe oben.
Deerbridge Hare's Bell
Kerstin Muc
Beiträge: 281
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Beitrag von Kerstin Muc »

Hallo,

nun es stimmt wohl, dass es bei Patterns um die veränderbare Position geht. Mein Lehrer empfielt das Ansagen der Noten, um im Kopf eine Verbindung herzustellen im Sinne von C-klingt so und D-klingt so etc.pp.

Klar läuft das beim Üben von Patterns anders, aber trotzdem bin ich immer beeindruckt, wenn jemand die Noten hört und erkennt die gespielt werden.

Grüße Kerstin
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Brokenstring
Beiträge: 831
Registriert: Mi Jun 02, 2010 11:07 am

Beitrag von Brokenstring »

Das geht absolut und relativ. Für ein absolutes Gehör, dürftest Du zu alt sein, entweder Du hast es schon, oder Du wirst es nie mehr lernen. Was aber auch im Alter (ab der Kindheit!) erlernbar ist, ist ein relatives Gehör, d.h. die Abstände im Verhältnis zum Grundton. Auch da passt dann wieder logischerweise das Do, Re, Mi besser... Du kannst also mit der Methode Ganzton Terzen Quarten Quinten unterscheiden lernen, besonders wenn du Dich bei deinen Studien auch nicht nur auf Tonleitern beschränkst, sondern definitiv Terz, Quarten etc. vom Grundton aus übst. Dann funktioniert das auch irgendwann mit dem relativen Gehör. Zur Gehörbildung gibts auch gute Apps fürs Iphone, wahrscheinlich auch für Android Smartphones.
Deerbridge Hare's Bell
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Pida
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Beitrag von Pida »

Ich habe da ähnliche Zweifel wie Brokenstring, auch wenn es Leute geben soll, die sich als Erwachsene ein absolutes Gehör antrainiert haben (bei jeder Gelegenheit einen Referenzton abspielen lassen o.ä.).

Dennoch finde ich es sinnvoll, beim Lernen der Skalen die bei uns gebräuchlichen Tonnamen zu verwenden, und keine relative Solmisation (do ist immer der Grundton, re einen Ganzton höher usw.). Zumindest, bis man die Töne auf dem Griffbrett kennt.

Gehörbildung finde ich auch wichtig, aber meiner Erfahrung nach ist es zumindest für erwachsene Anfänger in diesem Bereich nicht hilfreich, sich gleich mit ganzen Skalen auseinanderzusetzen. Lieber mit einzelnen Intervallen anfangen.
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Rolli
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Beitrag von Rolli »

Hi Kerstin,
ich empfehle alles mitzusingen und dann vorallem nicht nur die Skalen sondern auch Intervalle und diese am besten gleich mit Liedern verbinden. Also kleine Sekunde = Weisser Hai etc (siehe http://maciek.piranho.de/intervalle.htm )
Dann prägst sich das schnell ein. Zu den Skalen ist zu sagen, dass wichtig ist die Struktur in Tonschritten zu begreifen (1 = Ganzton, ½ = Halbtonschritt also Dur = 1-1-½-1-1-1-½ ).

Dann empfehle ich die einzelnen Skalenpattern auch den verschiedenen Akkordtypen zuzuordnen und dies in Zusammenhang zu setzten.

Also dem C-Dur Akkord in der 1. Position die Skala mit Leersaiten, dem im E-Typ Barrée gegriffenen C-Dur am 8. Bund entsprechend etc pp, siehe Notenbeispiel!
Bild
Später solltst Du dazu übergehen, alle Pattern miteinander zu verbinden, Ein langer Weg, der sich aber lohnt!
Schöne Grüße, Rolli
www.daskulturgut.de - KulturGUT
www.rolandkalus.de - Gitarrencoaching
Highlaender
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Beitrag von Highlaender »

mal Off topic ..

das schöne an Rollis Beispiel -> man erkennt die Vorteile der Tabulatur.

Dort steht eindeutig wo welche Töne gespielt werden sollen. Die Noten sind immer gleich (ok, sind ja auch immer die gleichen Töne :D ), aber wo man dies spielt steht eindeutig in den Tabs.

Ja, geht auch mit Noten, doch jetzt setzt Ihr irgendwo einen Capo und spielt das Schema von Rolli in einer anderen Tonart (oder kein Capo, dann müsst Ihr das erste Schema allerdings weglassen und an einer anderen Stelle die Läufe spielen).

Am besten kann man beides :D :D
Signatur ist, wenn hier etwas steht
annajo
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Beitrag von annajo »

Highlaender hat geschrieben: [gelöscht]
Dort steht eindeutig wo welche Töne gespielt werden sollen. Die Noten sind immer gleich (ok, sind ja auch immer die gleichen Töne :D ), aber wo man dies spielt steht eindeutig in den Tabs.
[gelöscht]
Naja, bei Noten würde man dann die sogenannte "Lage" angeben, was in der klassischen Gitarrenliteratur üblich ist, also keinen Vorteil für die Tabs.

Glückauf,
Edwin
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Ricardo Moreno Estudio 1
Höfner Verythin Semi-Acoustic Contemporary
Kerstin Muc
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Beitrag von Kerstin Muc »

Ganz lieben Dank für die Impulse und das PDF, kommt soeben aus dem Drucker.

Naja ob Tabs oder Noten, mit Angabe der Lage wie erwähnt auch reine Übungssache. Ohne geht es bei beiden Methodiken nicht und wenn ich ehrlich bin - ich stehe auf Noten. Auch wenn diese verflixten kleinen Scheißerchen :heul2: mich manchmal in den Wahnsinn treiben.

Danke kerstin
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