[edit] Tabs und Notation

Alles über die klassischen Spielweisen

Moderator: RB

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Davanlo
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Beitrag von Davanlo »

Hast du einen Scan/Foto, einer solchen Tablatur ... ? Nur mal um zu sehen worüber wir reden ?
Bernd C. Hoffmann
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Beitrag von Bernd C. Hoffmann »

Davanlo hat geschrieben:Hast du einen Scan/Foto, einer solchen Tablatur ... ? Nur mal um zu sehen worüber wir reden ?
Ja. Du musst Dich ein paar Tage gedulden, da ich einen zweiten Rechner aufbaue, wo die Festplatte drin ist. Ich liefere das in Kürze nach. Wenn ich nicht ganz daneben liege, habe ich vor einigen Monaten hier schon mal ein Beispiel hochgeladen. Entweder finde ich es, oder ich stelle es noch mal rein.
Liebe Grüße
Bernd
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RB
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Beitrag von RB »

Was in aller Welt ist ein Tabulaturspieler ? Es gibt Tablaspieler, aber Tabulaturspieler ?
RAc
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Beitrag von RAc »

...
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http://soundcloud.com/rac-13" onclick="window.open(this.href);return false;
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Liederbolt
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Beitrag von Liederbolt »

Bernd C. Hoffmann hat geschrieben:
Festzuhalten bleibt für mich, dass ein Tabulaturspieler i. d. R. kein Stück spielen kann, wenn er es nicht vorher gehört hat.


Er [ein Tabulaturspieler] ist auch nicht in der Lage zu entscheiden, wie ein Stück klingt und ob er es technisch bewerten kann. Aber ein Notenspieler kann das.

Veto! Ich habe Lautenisten kennengelernt welche die Tabulatur dermaßen verinnerlicht haben, dass sie die Musik direkt aus der Tabulatur erschließen können. Es ist zwar ein Umweg, aber möglich. Die innerliche Klangvorstellung ergibt sich dann aus dem gedanklich dem Griffbrett abgriffenen Ton, welches wiederum so in Fleisch und Blut übergegangen ist, dass die rein kognitive Vorstellung vollkommen ausreicht.

Beispiele:

- die Oberstimme eines Lautensatzes ohne Instrument direkt aus der Tabulatur zu singen (hat mein erster Laute-Lehrer beim Unterricht des öfteren getan)

- ein unbekanntes, polyphones Lautenstück aus der Tabulatur zu spielen gelingt dann genauso gut wie aus der Klangnotation, da ebenso eine Klangvorstellung entsteht (Prof. Stephen Stubbs spielte ein von mir mitgebrachtes Stück von Francesco da Milano aus der Tabulatur eindrucksvoll ab - möglicherweise kannte er es, wusste aber zu Beginn nicht um welches seiner vielen Stücke es sich handelt, da es eine von mir von Hand verfertigte "Re-Tabulatur" aus einer Noten-Transkription war, die keine Überschrift hatte)

- ein Lautenstück direkt aus der Lautentabulatur auf dem Klavier/Clavecimbel zu spielen, ohne es vorher speziell dafür eingerichtet zu haben (...darauf hat sich Prof. Eugen Müller Dombois spezialisiert, seit er aufgrund eines handicap der rechten Hand nicht mehr richtig Laute spielen kann)

Es gibt wohl nur Wenige die sowas können, aber dass es möglich ist habe ich selber gesehen...
"Mit Harrfen und Lauten schönen Metzen hofieren, solches nimmt ein böses Ende"
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Davanlo
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Beitrag von Davanlo »

Amüsant ist das viele Stücke in der Notation nur spät in der Interpretation analysiert wurden, ohne das man eigentlich weiss wie der Komponist (inzwischen verstorben) und seine Interpreten es meinten.

Danach wird durch Musikgeschischte und Ruhm des Analysten diese eine Interpretation zum Dogma. Bis ein anderer Genie sie neu interpretiert.

Persönnlich habe ich oft beim Lesen schon eine Ahnung wo es langgeht, auch bei einer Tablatur. Stilistisch hat man auch Anhaltspunkte besonders in definierten Zeiten oder Formen, wie z.B. Ragtime, oder wenn man sich an Werke eines selben Komponisten wagt.

Nichts ist "natürlich" ... alles ist erlernt und unser Gehirn passt sich an, von beiden Seiten.

In den ersten Bünden kann ich sie manchmall singen (aber das arbeite ich nicht). Ich kann beurteilen ob das Stück technisch herausfordernd ist oder nicht.

Am liebsten möchte ich beides beherschen, aber als ich jung war wurde die Notenlehre als Hürde VOR dem Instrument gebraucht.
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tired-joe
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Beitrag von tired-joe »

Eins vorweg: Ich kann mit meinen Vorrednern (bzw. -schreibern) nicht in musikhistorischen, musikheoretischen oder gar musikpsychologischen Wissen mithalten.

Vielleicht erinnern sich noch manche an die fruehen Schallplatten von Grossmans Kickin' Mule Label, oder an die ersten Schallplatten von Marcel Dadi, bei denen ein Faltblatt mit den Tabulaturen zu den aufgenommenen Stuecken beilag. Das waren handgeschrieben Tabulaturen, weitab von der Exaktheit herkoemmlicher Notation, oder von Tabulaturen, wie man sie heute findet. Es war anstrengend, die zu lesen. Grossman hatte z.B. anfangs die Angewohnheit, die Saiten zwischen die Linien zu legen. Die Intention war auch nicht, eine "stand alone" Version auf Papier zu liefern, sondern eine Gehhilfe, die am besten funktioniert, wenn man das Stueck solange hoehrt, bis man es im Ohr hat. Ich fand das klasse, viel besser als sorgfaelltige, computergesetzte und moeglichst exakte Notation (seien es Tabs oder Noten). Denn es zwang einen, die Ohren zu benutzen, und sich nicht zu sehr auf die Augen zu verlassen.

Ich wuerde sagen, dass war paedagogisch sehr wertvoll. Auch wenn es damals wohl mehr aus Not als aus Tugend entstand.

Joe
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Ulrich Peperle
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Und genau deswegen widerspreche ich, dass sich Musik nur übe

Beitrag von Ulrich Peperle »

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docsteve
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Re: Und genau deswegen widerspreche ich, dass sich Musik nur

Beitrag von docsteve »

Ulrich Peperle hat geschrieben:
NB 1: Das "Notisten" im Gegensatz zu "Tabbies" technisch und musikalisch immer wissen, was sie tun, ist frommes Wunschdenken: Klassiker-Foren und YT-Darbietungen bieten da ein eher desillusionierendes Bild.
NB 2: Auch der "klassische" Repertoire-Kanon ist eine Folge "hörender" Werkerarbeitung. Was nicht von möglichst prominenten Vorbildern auf Tonträgern vorgekaut wurde, hat kaum eine Chance, sich im Repertoire zu etablieren!

mfG
Ulrich
Genau! Auch die Interpretation eines klassischen Musikstücks erfordert Fertigkeiten, die nur übers Hören kommen - Phrasierung, Tonbildung, Klangfarben, Agogik; überhaupt die grundsätzliche Vorstellung davon, wie ein Instrument klingen kann.

Tonträger sind dabei übrigens sekundär. Vor der Erfindung der Schallplatte wurde ein Hit über verkaufte Noten gemacht. Und bevor sich Noten auf breiter Front durchsetzten, über verkaufte oder abgeschriebene Tabulaturen (siehe diesen Beitrag)...

Ich glaube aber schon, dass Noten das bessere Aufschreibesystem sind, weil sie mehr Informationen vermitteln können als Tabulaturen; und sei es nur die exakte Dauer eines zu spielenden Tons. Das Stotzem-Bild weiter oben macht das sehr deutlich: in den Noten ist der Basston eine Halbe, in der Tabulatur bleibt davon eine Achtel übrig. Im übrigen hat es schon seinen Grund, dass alle Welt nach Noten spielt, nur Gitarristen und Lautenisten sich ein eigenes System leisten - die praktischen Vorteile der Tabulatur für ein Instrument, das denselben Ton auf sechzehn verschiedene Arten greifen kann, sind ja nicht von der Hand zu weisen.

Viele Grüße, Stephan
(spielt nach Noten, Tabs, Leadsheets...)
Ulrich Peperle
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Beitrag von Ulrich Peperle »

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RB
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Beitrag von RB »

Kann mir einmal jemand erklären, warum das oben auschnittweise abgebildete Notenbeispiel von J. Stotzem Viertelnoten zu verlängerten Achteln macht und die auch noch mit der Halben (Bass) verbalkt ? Das ist doch nahezu unlesbar. Ich habe diese Schreibweise schon mehrfach gesehen und verstehe den Sinn nicht.
TorstenW
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Beitrag von TorstenW »

RB hat geschrieben: Das ist doch nahezu unlesbar.
Im Gegenteil ;-)

In der Notenschrift sind alle Balken-Anfänge auf Viertelschlägen, sprich auf 1 2 3 4.
Durch diese Art des Aufschreibens lässt sich ein Rhythmus sehr schnell erfassen.
Die "Verlängerung" ist dann da, um die Länge des Tons korrekt auszudeuten.
(über den Takt hinweg muss das sowieso so geschehen)
Ein halbwegs geübter Notenleser sieht hier also direkt auf den ersten Blick, dass viel offbeat gespielt wird.

Die Halbe im Bass hätte man nicht umbedingt mitverbalken müssen.
Die Alternative wäre gewesen die halbe Note zu schreiben und darüber eine Pause zu notieren, damit die Stimmtrennung klar wird.
Der Autor hat sich hier dafür entschieden es mitzuverbalken. Kann man so machen. Im Grunde suggeriert es aber, dass das H mit zur Melodie gehört, was ich eher fragwürdig empfinde, zumal er das bei den anderen Bassnoten nicht macht.
Ich finde bei dem Beispiel auch die beiden verlängerten Viertel am Anfang des Taktes seltsam..
Aber mag sein, dass er einen bestimmten Puls darstellen wollte, des charakteristisch für das Lied ist. Kann man an so einem Ausschnitt nicht beurteilen. Empfinde ich aber auch eher untypisch.
Ulrich Peperle
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Beitrag von Ulrich Peperle »

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Liederbolt
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Beitrag von Liederbolt »

Ulrich Peperle hat geschrieben: ...die übrigends im Bereich der deutschen Tabulaturpraxis zur Etablierung der Tonbuchstaben B und H (zur Unterscheidung von "B flat" und "B natural") geführt haben!

mfG
Ulrich
Nun, ist zwar jetzt off topic, aber da kenn ich 'ne andere Geschichte. Sind schon viele Mythen drüber entstanden, wie z.B. der oft zitierte angebliche Schreibfehler eines Mönches.

Die Leseart h und b meint aber nur die Unterscheidung von "b-quadratum" = "h" und "b-rotundum" = "b". Es handelt sich um die gleiche Tonstufe, die aber je nachdem in welchem Hexachord man sich befindet als B-natural, oder. B-flat gespielt wird. Es lag nicht fern diese Töne dann h und b zu nennen.

Siehe auch:

http://de.wikipedia.org/wiki/Hexachord
"Mit Harrfen und Lauten schönen Metzen hofieren, solches nimmt ein böses Ende"
Reformator Johann Mathesius 1560
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Davanlo
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Beitrag von Davanlo »

TorstenW hat geschrieben:
RB hat geschrieben: Das ist doch nahezu unlesbar.
Aber mag sein, dass er einen bestimmten Puls darstellen wollte, des charakteristisch für das Lied ist. Kann man an so einem Ausschnitt nicht beurteilen. Empfinde ich aber auch eher untypisch.
So ein Puls ?

http://www.youtube.com/watch?v=-LK3hlh0h9s
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