[edit] Tabs und Notation

Alles über die klassischen Spielweisen

Moderator: RB

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Davanlo
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Beitrag von Davanlo »

Ich habe was interessantes gelesen, Noten beschreiben die Musik und die Technik hat eine gewisse Freiheit (in den Grenzen des Genre), wobei Tabs die Technik gut beschreiben, jedoch die Musik nicht so präzise. Interessanter Standpunkt ... also ist die Mischung von beiden eher als Anreicherung zu sehen.
Ulrich Peperle
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Beitrag von Ulrich Peperle »

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RB
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Beitrag von RB »

Für die Antworten auf meine Frage darf ich danken, aber plausibel erscheint mir das nicht. Warum sollte ich mich um die Anfänge der Verbalkung bekümmern, wenn es die angesichts der vorkommenden Notenwerte Fähnchen und Balken nicht geben müßte ?

Die Verzahnung, von der Ulrich schreibt, sollte man anhand der Position der Noten ebensogut - oder besser - erkennen können, sofern der Notenstecher taugt. Sie besonders betonen zu wollen, erscheint mir ohnehin überflüssig, sie liegt doch dem Anhänger des fingerpickenden Gerupfes ohnehin im Blut und zwar ohne Zählen. Mit dem Zählen fange ich an, wenn ich ein vier 3/4 Takte und dann einen einzelnen 4/4-Takt spielen muß. Läuft das, hört die Zählerei wieder auf. Ultima ratio sozusagen.

Ich bin - das muß ich vielleicht dazu sagen - kein Blattspieler, sondern spiele alles auswendig. Dennoch orientiere ich mich gelegentlich vorübergehend an Noten oder der Tabulatur. Daher mag mein Unverständnis womöglich daher rühren. Jedenfalls erschiene mir das oben abgebildete Beispiel ohne den angesprochenen Kunstgriff erheblich klarer.

Vielleicht geht mir deshalb das notwendige Verständnis ab, ich wäre dankbar für einen weiteren Versuch der Erläuterung, vielleicht begreife ich es noch.
Bernd C. Hoffmann
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Beitrag von Bernd C. Hoffmann »

Liederbolt hat geschrieben:Es gibt wohl nur Wenige die sowas können, aber dass es möglich ist habe ich selber gesehen...
Das glaube ich gerne. Da ich selbst seit Jahrzehnten auch mit Tabulaturen zu tun habe, konnte ich bei mir selbst beobachten, dass ich Klangvortellungen aus unbekannten Tabulaturen entwickeln konnte (allerdings nur sehr eingeschränkt). Nur werden auch die von Dir genannten Musiker sehr viele Jahre gebraucht haben, um diese Fähigkeit bis zur Praxistauglichkeit zu entwickeln. Und da es sich nur um sehr wenige Leute handelt, ist diese Feststellung unerheblich. Es sind für mich Ausnahmen, die die Regel bestätigen.
Liebe Grüße
Bernd
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TorstenW
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Beitrag von TorstenW »

RB hat geschrieben: Warum sollte ich mich um die Anfänge der Verbalkung bekümmern, wenn es die angesichts der vorkommenden Notenwerte Fähnchen und Balken nicht geben müßte ?
Es ist einfach ein grundlegendes System.
Glaub mir einfach, dass es für jemanden, der viel nach Noten spielt, viel Sinn macht auf ein Blatt gucken zu können, und nicht überlegen zu müssen, wo die rhythmischen Schwerpunkte sind, Synkopen direkt zu sehen etc, und zwar ganz egal, ob das nun Achtel, Sechzehntel, punktierte, Triolen, oder sonstwas sind.
Ist ein bisschen wie mit Taktstrichen: man bräuchte sie auch nicht, man könnte ja immer durchzählen wo ein neuer Takt anfängt. Aber sie schaffen Übersichtlichkeit.

Dir mag das nun im ersten Moment bei diesem einen Stück unlogisch erscheinen, aber wenn du mal ein paar hundert Stücke vom Blatt gespielt hast, macht es Sinn ;-)
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RB
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Beitrag von RB »

Schluck ....

Also gut, ich will es glauben.
Bernd C. Hoffmann
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Beitrag von Bernd C. Hoffmann »

RB hat geschrieben:Kann mir einmal jemand erklären, warum das oben auschnittweise abgebildete Notenbeispiel von J. Stotzem Viertelnoten zu verlängerten Achteln macht und die auch noch mit der Halben (Bass) verbalkt ? Das ist doch nahezu unlesbar. Ich habe diese Schreibweise schon mehrfach gesehen und verstehe den Sinn nicht.
Dem Notatinsbeispiel liegt ein 4/4 Takt zu Grunde. Es kommen 2 Dinge zum Tragen. Bei den verlängerten Achteln handelt es sich um Synkopen. Im 4/4 Takt liegen die Betonungen auf dem 1. und 3. Schlag. Bei den Synkopen ändert sich das. Unter einer Synkope versteht man eine Verschiebung der Betonung gegen den Takt. Rein rechnerisch kann man für 2 Achtelnoten auch 1 Viertelnote nehmen. Vietelnoten (auch Halbe) platziert man aber am Besten auf einen der Taktschläge. So weiß man immer, wo man sich im Takt befindet. Die Synkope beginnt nicht auf den Schlag 3 sondern auf "3 und". Die vollen Schläge der Takte kann man sehr gut sehen: Schlag 1 und 2 fallen auf die gebundenen Viertelnoten, Schlag 3 und 4 sind als 2 Achtelgruppen dargestellt. Soviel zum ersten "Ding".

Bei der zweiten Sache mit der Halben Note, die nach oben am Achtelbalken angesetzt ist, handelt es sich um eine abgekürzte Schreibweise, die sich in der Gitarrenliteratur durchgesetzt hat. Anstelle des Aufwärtshalses und den Achtelbalken wäre die korrekte Schreibweise so, dass man über die Halbe Note eine Achtelpause notiert und aus dem nächsten Doppelklang der Synkope einen Achtelnotenwert mit Fähnchen verwendet. In der Notenschrift gibt eine bestimmte Regel: Der kürzeste rhythmische Wert - egal ob Note oder Pause - bestimmt, wann der nächste Ton erklingt. Das bedeutet in diesem Fall, dass die Halbe Note zwar 2 Schläge lang klingt, aber gleichzeitig beginnt mit ihr auch eine Achtelpause. Sobald diese Pause ihren Wert erreicht hat, erklingt die Synkope, während die Halbe Note noch klingt bzw. ihren Wert noch nicht erreicht hat. Das ist alles.
Liebe Grüße
Bernd
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RB
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Beitrag von RB »

Bernd, Du holst zu weit aus. Du kannst bei mir ein gewisses grundlegendes Verständnis unterstellen. Ich weiß was eine Synkope ist. Ich weiß auch, daß rein rechnerisch zwei Achtel ein Viertel ergeben.

Was ich nicht weiß, ist, daß man am besten Viertel oder Halbe auf die betonten Zählzeiten setzt. Angenommen, die "Daumen-Noten" werden - sofern Viertel oder größer - auf die betonten Zählzeiten gesetzt, sollte das doch als Orientierung reichen. Synkopierte Viertel oder Halbe wären dann doch deutlich erkennbar gegen die geraden - graphischen - Positionen verschoben und in einem gedachten Beispiel gegenüber den Daumengespielten leicht als Synkopen auszumachen.

Zwei: Warum nicht die Pause über der halben Note ebenso weglassen, wie die Balkenmäßige Verbindung mit dem Achtel ?

Fast habe ich das Gefühl, als hätten sich in der Gitarrennotation Unsitten und üble Usancen eingeschlichen, die eine Edition von der anderen ab-kolportiert, die zu einem Selbstläufer geworden sind und mir nun das Leben schwer zu machen drohen.

Mozart schrieb jedenfalls beispielsweise in der Symphonie No 25 folgendes:

Bild

Nun stelle man sich einmal vor, er hätte sich an die von Euch beschriebenen Regeln gehalten, wie grauslig wäre das denn gewesen:

Bild

Ich und Mozart sind der Meinung, daß seine Schreibweise zum einen die Synkopen bestens erkennen läßt und außerdem deutlich lesbarer ist.
TorstenW
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Beitrag von TorstenW »

RB hat geschrieben: Synkopierte Viertel oder Halbe wären dann doch deutlich erkennbar gegen die geraden - graphischen - Positionen verschoben und in einem gedachten Beispiel gegenüber den Daumengespielten leicht als Synkopen auszumachen.
Ich hab mal schnell ein kleines Beispiel gemacht:
Bild

In der unteren Reihe hab ich zweimal dasselbe aufgeschrieben.
Erst ohne Verbalkung, dann mit. Beim ersten Takt erkennt man eher schlecht, dass die Viertelnoten alle Offbeat sind. Beim Zweiten ist das (zumindest für mich) sofort erkennbar.

In der oberen Reihe hab ich ebenfalls (prinzipiell) immer dasselbe geschrieben. Alles Achtelnoten.
Wenn du die Takte aber mal (wiederholt) spielst, und jeden Balkenanfang betonst, wirst du merken, wie groß der Unterschied ist.
Do it! ;-)
RB hat geschrieben:Zwei: Warum nicht die Pause über der halben Note ebenso weglassen, wie die Balkenmäßige Verbindung mit dem Achtel ?
Oh. Das wäre ganz böse! Damit hättest du ein Vakuum erzeugt, quasi eine Achtel aus dem Takt entfernt.
Mach dir klar, dass du da mehrere Stimmen siehst. Die Bassnote ist mehreren Stimmen zugeordnet (mehrere Hälse an der Note!!). Wenn du nun die Zugehörigkeit zur Oberstimme entfernst (indem du den oberen Hals mit der Verbalkung wegnimmst), MUSS zwingend etwas in diese Lücke. Pause wäre hier angebracht, weil eben nix passiert. Die Zählzeit kann aber auf keinen Fall einfach verschwinden.

Zu mehreren Stimmen in einer Notenzeile:
Guck dir die ganzen Bassnoten (Notenhälse nach unten!) an: Zwei gebundene Viertelnoten + eine Halbe (ergibt einen ganzen Takt) und im darauffolgenden Takt zwei Halbe Noten (ergibt auch wieder den ganzen Takt). Das ist die eine Stimme.
Die andere Stimme hat die Hälse nach oben, und da geht das Ganze genauso. Wobei man die oben angesprochene "Halbe" Note in diesem Fall als Achtel lesen muss (erkennbar eben am Achtelbalken!)
(wie in einem vorangegangenen Beitrag von mir bereits geschrieben, empfinde ich das an dieser Stelle auch eher unschön und hätte mir die Lösung mit der Pause gewünscht)
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RB
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Beitrag von RB »

Das Weglassen der Pausen, also das Vakuum, ist doch in der alten Gitarrennotation nicht unüblich gewesen, oder irre ich mich da ?

Die Synkopierung der Viertel in deinem "bösen Beispiel" ist auf einen Blick zu sehen. Unübersehbar eine Achtelnote am Anfang, damit muß die folgende Note mit der unbetonten Zählzeit beginnen und das setzt sich dann in der ganzen Viertelreihe fort. Es erschließt sich mir graphisch besser, als dieses Gewimmel und Gewusel von Achteln und Bögen.

Mozart war übrigens meiner Meinung, hatte ich das schon erwähnt ? Mit dieser Autorität im Rücken fühle ich mich gelassen und unangreifbar.
Bernd C. Hoffmann
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Beitrag von Bernd C. Hoffmann »

RB hat geschrieben:Es erschließt sich mir graphisch besser, als dieses Gewimmel und Gewusel von Achteln und Bögen.

Mozart war übrigens meiner Meinung, hatte ich das schon erwähnt ? Mit dieser Autorität im Rücken fühle ich mich gelassen und unangreifbar.
Dein Beispiel ist auch eine ganz einfache und nur einstimmige Melodie. Ich habe gelernt, dass ich weiß, wo ich mich im Takt befinde. Auf Grund der strukturellen Einfachheit weiß man das in Deinem Beispiel sofort. Es gibt auch Musik, die in 6er oder 12er Takten in komplexeren Strukturen mit polyphonen Einzelstimmen notiert ist. Oder ganz typisch eine 4stimmige Fuge; hierbei geht es darum, die einzelnen Stimmen entsprechend herauszuarbeiten. Sowohl bei längeren Taktmaßen als auch bei einer Fuge sorgt die einfache Unterteilung im Verhältnis 1:2 (zumndest für mich) für eine deutlich bessere Erfassung.

Ich erinnere mich, als ich als Kind im Blockflötenunterricht bei der Vorstellung der Synkope auch diese Struktur mit den Viertelnoten vor mir hatte. Die Blockflöte ist ein reines Melodieinstrument, die Gitarre ein Harmonieinstrument. Bei der Gitarrenliteratur ist die Notation von Synkopen durch korrekte "Platzierung" mittels kleinerer (oder abgekürzter) Notenwerte üblich. Und was Mozart betrifft, der hat die Gitarre nicht mehr kennengelernt ;-)
Liebe Grüße
Bernd
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flamenco matthias
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Beitrag von flamenco matthias »

[quote]Und was Mozart betrifft, der hat die Gitarre nicht mehr kennengelernt[/quote]

Naja, okay die heutige Gitarre.

Die spanische Vihuela aus der Renaissance ist die Vorform der heutigen Gitarre.
Daraus entstand im 17 JH dann die Gitarre espaniloa (Barrock- fünfchörig).
Die dürfte auch Mozart gekannt haben.

l.G. matthias
Ulrich Peperle
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Beitrag von Ulrich Peperle »

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Zuletzt geändert von Ulrich Peperle am Sa Apr 09, 2016 10:23 am, insgesamt 1-mal geändert.
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RB
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Beitrag von RB »

Ulrich, wenn Du Dir dieses Forum anschaust, wirst Du doch um die Erkenntnis nicht herumkommen, daß Gelassenheit immer angebracht ist. Auch muß ich möglicherweise einmal ganz ausdrücklich hervorheben, daß es ein großer Fehler wäre, jede meiner Äußerungen ernst zu nehmen.

Sei's drum, ich habe vorhin festgestellt, daß man sich an die überbundene Schreibweise offensichtlich durchaus gewöhnen kann, ich muß etwas anders schauen, mehr auf die Bögen, als ich das gewohnt bin. Eigentlich kann man von Gewohnheit bei mir gar nicht sprechen.

Außerdem hatte ich, das muß ich selbstkorrigierend anmerken, nach dem Grund für die Schreibweise gefragt und Ihr habt euch die Mühe gemacht, diese Frage zu beantworten. Inzwischen habe ich den Gedanken verstanden. Mangelndes Verständnis hat mich nicht davon abhalten können, in einer Mischung aus Ahnungslosigkeit und Arroganz herumzuschwadronieren. Ich bitte, mich als schlechtes Beispiel zu betrachten, damit das ganze einen sittlichen Nährwert bekommt.
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Davanlo
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Beitrag von Davanlo »

Auf jeden Fall lerne ich viel hier, und das freut mich ...
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