Es muss nicht immer der Kanon sein

Alles über die klassischen Spielweisen

Moderator: RB

Es335
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Beitrag von Es335 »

tele hat geschrieben:Ich denke auch, dass es notationstechnische Gründe hat, wenn die Romanze in den Tabs als 9/8 notiert ist. Man schreibt das einmal vor das Stück und kann sich dann die Triolenzeichen sparen. :wink:
Beim 9/8 Takt hat jede einzelne Achtel wohl eine stärkere Betonung , so wie bei diesem Slip Jighttps://www.youtube.com/watch?v=rvLgfObsJIk
Ich denke dass dieses Beispiel doch eigentlich bestens belegt, wie wenig die Spanische Romanze mit einem 9/8 Takt gemein hat und wie falsch dieser eigenwillige Eingriff ist! :wink:

Die Unterschiede im Genre ändern daran übrigens überhaupt nichts! :D
Ulrich Peperle
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Beitrag von Ulrich Peperle »

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tele
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Beitrag von tele »

"Jesus ..." BWV 127 ist ein 9/8-Takt, kein triolischer 3/4. Und die Romanze ist ein triolischer 3/4, kein 9/8. Dieser Unterschied macht sich übrigends auch kompositionstechnisch bemerkbar, so dass eine Verwechslung von 9/8 und 3/4 in Achtel-triolen eigentlich ausgeschlossen ist.
Wem soll ich jetzt glauben? Martin Hegel und dem Schott Verlag, die das Stück als 3/4 mit Triolen notieren oder Ulrich Peperle? Im Gegensatz zur Romanze haben die einzelnen Noten der Dreiergruppen ja melodische Bedeutung, deshalb würde ich sagen: Schott irrt. Muss ich gleich mein Geld zurückverlangen. :wink:
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Holger Hendel
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Beitrag von Holger Hendel »

Was irgendeine musikalische Kurzmensur in einem Wikibook für gitarristische Dünnbrettbohrer notiert, ist ohne Belang.
Gewiss. Doch scheint nicht nur hier große Verwirrung über dieses Phänomen zu herrschen:
Ein 9/8-Takt entspricht einem 3/4-Takt mit Achtel-Triolen.
(--> http://www.lehrklaenge.de/HTML/eigensch ... arten.html etwas herunterscrollen).

Der 3/4-Takt hat drei schwere / fixe Zählzeiten, einen 9/8-Takt kann ich z.B. 3+2+2+2 oder in sonst. Aufteilungen (z.B. auch 3+3+3) spielen. Doch ich glaube, das ist Haarspalterei.
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tele
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Beitrag von tele »

Bevor das ganze in Haarspalterei ausartet ein Vergleich mit 12/8 vs 4/4 mit Triolen:
Normalerweise wird ein Blues ja als 4/4 notiert und dann steht "Swing Feeling" drüber
wodurch klar ist, dass Achtel triolisch gespielt werden und Triolen in den Rhythmus passen.
Roland Dyens hat seine Komposition "Lettre noire" aber als 12/8 notiert. Hört man das? Wenn es mit dem richtigen Bluesfeeling gespielt wird wohl kaumhttps://www.youtube.com/watch?v=--phayFJIc0

Klingt doch nach swingendem 4/4 Takt.
Fazit: Nicht nur Schott sind kurzmensurige Dünnbrettbohrer, auch Roland Dyens :wink:
so dass eine Verwechslung von 9/8 und 3/4 in Achtel-triolen eigentlich ausgeschlossen ist.
Sicher?
http://www.google.de/imgres?imgurl=http ... J6nDVRQW8M

http://www.google.de/imgres?imgurl=http ... q0FQpnTCTM

Gleicher Song, unterschiedlieche Taktnotation.Irgendjemand hat da wohl was verwechselt. :wink:
Ulrich Peperle
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Beitrag von Ulrich Peperle »

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tele
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Beitrag von tele »

Ich denke, ein Forum, das überwiegend von eher aus der Hörerfahrung musizierenden Steelstring-Gitarristen besucht wird, ist nicht der richtige Ort um musikwissenschaftliche Spitzfindigkeiten zu diskutieren. Beide Notationsvarianten bieten die Möglichkeit, die nötigen Informationen zu vermitteln, und was daraus wird bleibt letztlich der Fantasie des Spielers überlasen.

Ein weiteres nicht allzu anspruchsvolles Stück ist "Packington's Pound", das wohl ursprünglich eine Renaissance-Ballade war, und als solche auch noch daegeboten wirdhttps://www.youtube.com/watch?v=HhtBWour9nI

Bekannter ist aber die Lautenfassunghttps://www.youtube.com/watch?v=cZiiCu4GHw8

Klassikgitarrehttps://www.youtube.com/watch?v=5Ph-BZCfDXI

Steelstringhttps://www.youtube.com/watch?v=Nc6TDNptpgw

Ich habe das Stück genutzt, um meine Terzgitarre auszuprobierenhttps://www.youtube.com/watch?v=Dxe1UtuEXaU

Hier gibt' Noten und Tabs für 99 Centhttp://www.sheetmusicdirect.com/de-DE/s ... oduct.aspx
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tele
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Beitrag von tele »

Ich wollte jetzt auf keinen Fall die in der Theorie sehr interessante Diskussion über die Notation von Dreiergruppen in ungeraden Taktarten abwürgen, ich denke nur, wer sich entschließt die spanische Romanze zu üben, der hat sie vorher schon mal gehört, und dem ist es dann ziemlich gleich , ob sie im triolischen 3/4 oder im 9/8 notiert ist, also für die Praxis ist die Bedeutung nicht so riesig.

Aber aus Interesse.Habe ich das richtig verstanden?
Beim 3/4 Takt werden die Zählzeiten 1,2 und 3 betont und die Triolen sind nur leicht dahinfließendes Füllwerk.
Beim 9/8 werden zwar auch die Zählzeiten 1,4 und 7 betont, daneben haben die Achtel auf 2,3.5,6.8 und 9 aber eine stärkere Gewichtung.

Ich habe mal ganz auf die Schnelle den Anfang der Romanze aufgenommen, zuerst als triolischer 3/4 dann als 9/8. Kommt der Unterschied rüber?https://soundcloud.com/tele1310/34-vs-98
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RB
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Beitrag von RB »

Ich finde die Kontroverse hilfreich und interssant.
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tele
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Beitrag von tele »

Wobei es sich ja nicht wirklich um eine Kontroverse, sondern lediglich um eine kleine Begriffsunklarheit handelt.
In praktischer Hinsicht bin ich der Auffassung, dass eine strikte Trennung von 3/4 mit Triolen und 9/8 dann Sinn macht, wenn ein formal geschulter Vollblutklassiker sich ein Musikstück einzig vom Notentext her erarbeitet.
Für eher aus der Hörsphäre heraus musizierende Gelegenheitsklassiker, wie sie sich in diesen Breiten tummeln, spielt es aber eigentlich keine Rolle ob 3/4 oder 9/8 am Anfang steht, Hauptsache die Dreiergruppen sind zu erkennen.
Trotzdem wäre ich daran interessiert zu erfahren, wie sich die zwei Varianten klanglich unterscheiden, und ob ich mit meiner Vermutung richtig liege.
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Holger Hendel
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Beitrag von Holger Hendel »

Trotzdem wäre ich daran interessiert zu erfahren, wie sich die zwei Varianten klanglich unterscheiden, und ob ich mit meiner Vermutung richtig liege.
Meine Vermutung: Sofern der Notierende keine Akzente / Dynamikanweisungen explizit vorgibt ist es allein Ermessenssache des Interpreten.
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Hanjo

Beitrag von Hanjo »

Tele natürlich unterscheiden sich die Versionen.

@ Holger
Man mag als Gelegenheitsklassiker alles in Frage und in Ermessen stellen.
Dadurch wird es aber nicht richtig.

Man könnte doch auch House of the Rising Sun statt in 6/8 in 3/4 Takt
oder als 2/4 Takt mit 2 Achteltriolen notieren. Im gleichen Moment wo Du den anderen Takt denkst u d fühlst akzentuierst Du doch automatisch anders und es kommt beim Zuhören was anderes an. Takte sind doch nicht nur ein mathematischer Bruch. Die Unterschiede die bei einem Pop Stück guten Groove oder fades Geschrammel ausmachen sind doch genau so winzig. Trotzdem entscheiden sie letztlich darüber wie es überkommt.

Klar man kann auch Agogik als "der kann das Tempo nicht halten" interpretieren, musikalische Phrasen "steht doch nicht in den Noten" missachten. Aber ich denke, so ein kleines bisschen drauf einlassen sollte man sich auf die klassik schon, wenn man sie spielen möchte.
Ulrich Peperle
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Beitrag von Ulrich Peperle »

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tele
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Beitrag von tele »

Und wenn jemand ein 3/4-Stück, das mit seinen Akkordzerlegungen durchgehend aus rein figurativen Triolen besteht, als 9/8 notiert, dann verstößt er gegen Notationskonventionen, bei denen es einen historisch gewachsenen Zusammenhang zwischen Kompositionstechnik und Schriftbild gibt.
Das meinte ich doch mit:
Im Gegensatz zur Romanze haben die einzelnen Noten der Dreiergruppen ja melodische Bedeutung ...
Mich auf Bachs "Jesus meine Zuversicht" beziehend, weil die Triolen hier mehr als rein figurativ sind.
Worauf du geantwortet hast:
Was kein Kriterium für oder gegen Triolen ist.
Was ist dann letztlich das Kriterium?
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tele
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Beitrag von tele »

Zitat:
In praktischer Hinsicht bin ich der Auffassung, dass eine strikte Trennung von 3/4 mit Triolen und 9/8 dann Sinn macht, wenn ein formal geschulter Vollblutklassiker sich ein Musikstück einzig vom Notentext her erarbeitet.

Ein "formal geschulter Vollblutklassiker" kommt zur Not auch mit unmensurierten Neumen oder linienloser Gotischer Hufnagel-Notation klar. Wir reden hier aber nicht vom Erarbeitungsprozess, sondern vom Notationsprozess.
Die Möglichkeit des Zitierens verleitet dazu, sich Aussagen des virtuellen Gegenübers rauszupicken, die man leicht ins Lächerliche ziehen kann, sich möglicherweise über seine Wortwahl zu mockieren und mit einer kernigen Antwort auf dieses eine willkürlich rausgesuchte Zitat zu reagieren, anstatt sich die Mühe zu machen, zu versuchen zu verstehen wo seine Hauptaussage liegt und möglicherweise in einigen Punkten beizupflichten oder eine umfassende gegensätzliche Meinung zu formulieren.
Diese Art der virtuellen Gesprächsführung ist für mein Empfinden bedenklicher als der Verzicht auf die Konventionen der Groß-und Kleinschreibung.

Deshalb möchte ich in einem kurzen zusammenhängenden Text ohne Zitate oder markige Ausdrücke meine Meinug zu dem Thema formulieren.
Da ich nur wenige Beispiele von 9/8 und triolischem 3/4 kenne möge man mir eine Analogie mit 12/8 und triolischem 4/4 verzeihen.
Die strikte Unterscheidung der beiden Varianten hatte sicher ihre Berechtigung zu einer Zeit, als Noten noch weitestgehend für sich selbst sprechen mussten, da verbale Hinweise zur Ausführung in den Noten oder Tonträger noch nicht üblich waren.
Zudem ist durch die Popularmusik eine gewisse Aufweichung der strikt getrennten Taktarten hinzugekommen. Wo endet zum Beispiel ein triolischer Shuffle-Blues im 4/4 Takt und wo beginnt ein 12/8 Blues?
Ich denke beide Schreibweisen sind korrekt, da sie mathematisch die gleichen Verhältnisse darstellen.
Was mir gegen den Strich geht ist die Unsitte in deutschen Bluesausgaben Swing-Achtel als punktierte Noten darzustellen. Das ist mathematisch schlichtweg falsch, da punktierte Achtel und darauffolgende Sechzehntel ein Verhältnis von 3 zu 1 haben, die erste und die zweite Swingachtel aber ein Verhältnis von 2 zu 1.
Eine Notation von 9/8 und triolischem 3/4 stellt aber die gleichen Längenverhältnisse dar, und besondere Phrasierungswünsche können durch Akzentuierungszeichen oder verbale Hinweise des Komponisten im Notenbild vermerkt werden. Bei der Romanze könnte zum Beispiel im 9/8 ein Akzent auf den Zähzeiten 1,4 und 7 für die Hervorhebung der Melodietöne stehen und der Hinweis "Fluente" für den nötigen Fluss sorgen.
Daher hat ein Bestehen auf einer strikten Trennung der beiden Schreibweisen für mein Empfinden leicht haarspalterische Tendenzen.

isch habe fertig :wink:
Zuletzt geändert von tele am Sa Mai 30, 2015 8:22 am, insgesamt 3-mal geändert.
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