Es muss nicht immer der Kanon sein

Alles über die klassischen Spielweisen

Moderator: RB

Ulrich Peperle
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Beitrag von Ulrich Peperle »

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jürgenM

Beitrag von jürgenM »

Hallo,
ich will mich mit meinem Geschreibsel ja etwas zurückhalten aber seid ihr auch sicher, daß ihr nicht etwas aneinander vorbeiredet?

Jesus meine Zuversicht...BWV 728
Jesus bleibet meine Freude...BWV 147

und BWV 127 ist doch : J.C. wahr Mensch und Gott

duck und weg J.
Ulrich Peperle
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Beitrag von Ulrich Peperle »

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rwe
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Beitrag von rwe »

tele hat geschrieben:Zudem ist durch die Popularmusik eine gewisse Aufweichung der strikt getrennten Taktarten hinzugekommen. Wo endet zum Beispiel ein triolischer Shuffle-Blues im 4/4 Takt und wo beginnt ein 12/8 Blues?
Ich denke beide Schreibweisen sind korrekt, da sie mathematisch die gleichen Verhältnisse darstellen.
Mathematisch sind es die gleichen Verhältnisse, klar. Aber trotz aller Gemeinsamkeiten sind Mathe und Musik nicht identisch;-)

Allerdings: Wir sind in einem Thread im *"Klassik"*-Bereich. Die schlechte Praxis im *"Populär"*bereich, notenlos tradierte (und konzipierte) Musik in ein Notengebilde zu pressen, argumentiert wird, hilft - denke ich - bei der Argumentation nicht weiter.
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tele
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Beitrag von tele »

Allerdings: Wir sind in einem Thread im *"Klassik"*-Bereich. Die schlechte Praxis im *"Populär"*bereich, notenlos tradierte (und konzipierte) Musik in ein Notengebilde zu pressen, argumentiert wird, hilft - denke ich - bei der Argumentation nicht weiter.
Die Grenzen zwischen Klassik und Popularmusik sind aber gerade beim Instrument Gitarre im Jahr 2015 fließend. Wie schon erwähnt, "Lettre noire" von Roland Dyens, ist im 12/8 Takt notiert.Dyens unterrichtet heute klassische Gitarre am Conservatoire National Supérieur de Musique in Paris und gibt Meisterkurse weltweit.
Er hätte das auch als Swing.mit dem Vorvermerk Achtel=Swingachtel und Achteltriolen notieren können.
https://www.youtube.com/watch?v=--phayFJIc0
Ich höre da keinen 12/8 Groove..
rwe
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Beitrag von rwe »

tele hat geschrieben: Die Grenzen zwischen Klassik und Popularmusik sind aber gerade beim Instrument Gitarre im Jahr 2015 fließend.
Ja klar, die Diskussion in diesem Thread startete bzw. "entzündete" sich aber mit der Spanischen Romanze, Tarrega und Bach.
tele hat geschrieben: "Lettre noire" von Roland Dyens, ist im 12/8 Takt notiert. <...> Er hätte das auch als Swing.mit dem Vorvermerk Achtel=Swingachtel und Achteltriolen notieren können.
Ja, wäre naheliegend gewesen. Ich habe die Noten zu "Lettre noire" nicht vorliegen: Hat Dyens einen Vermerk zum "Swing" gemacht? (Ich kenne nur wenige Noten von ihm, da sind die Spielvermerke aber immer sehr umfangreich, die Notation alleine ist oft nicht ausreichend.)
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tele
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Beitrag von tele »

Ja klar, die Diskussion in diesem Thread startete bzw. "entzündete" sich aber mit der Spanischen Romanze, Tarrega und Bach.
Wobei die spanische Romanze meine Wissens nach eine Volksliedmelodie ist, die Narcisso Yepes für den Soundtrack des Films "Jeux interdits" für klassische Gitarre arrngiert hat.https://www.youtube.com/watch?v=3U43J_dxpGk
Mireille Mathiueu hat die Melodie dann wieder ihrem eigentlichen Genre zugeführthttps://www.youtube.com/watch?v=rUu254fKx3M Diese Frisur, Wahnsinn. :wink:

Tarrega war, wenn ich richtig informiert bin, auch kein akademisch geschulter Komponist, sondern komonierender Gitarrist, in dessen Werken folkloristsiche Melodik eine größere Rolle spielte, als akademische Kompositionstechniken.
https://www.youtube.com/watch?v=SHNOUPmkFlI
Hier ist es der Firma Nokia zu veradnken, dass sein Schaffen, die notwendige popularmusikalische Aufmerksamkeit bekam.https://www.youtube.com/watch?v=u03Wi2LqHF0

Und Bachs "Jesu Joy of Man's Desiring " war wohl eine Auftragskomposition für die Celtic Women. Irgendwie musste er seine große Familie ja durchfüttern. :wink: https://www.youtube.com/watch?v=iPeVIuRjUi4

Nein, im Ernst, ich habe ja schon im Bachthread meine Meinung geäußert, dass wir Klassik-Gitarristen nicht gut daran tun, uns zu sehr von der Popularmusik absetzeen zu wollen, weil von der Renaissance bis in unsere Zeit folkloristsche, tänzerische oder auch in unserem Jahrhundert jazzige Elemente immer wieder Eingang auch in das klassisch komponierte Repertoire gefunden haben.


Hat Dyens einen Vermerk zum "Swing" gemacht?
"Swinging, of course"
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docsteve
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Beitrag von docsteve »

Tele, du verkaufst dich echt unter Wert. Bloß weil heute nur noch Spezialisten den Unterschied zwischen 9/8 und triolischem 3/4-Takt kennen, den Ulrich mit einem historischen Zitat sehr schön benannt hat, heißt das nicht, dass man sich einfach mit der Begründung "Das war damals und heute ist jetzt" darüber hinwegsetzen kann und - schlimmer - ihn bewußt ignorieren und wegdiskutieren will.

Wenn jemand den Unterschied nicht kennt, ist das nicht tragisch. Die meisten hier sind keine Klassik-Spezialisten. Ich hatte mir auch vorher keine Gedanken darüber gemacht und "Jesus bleibet meine Freude" quasi als triolischen Dreier betrachtet. Jetzt weiß ich es besser. Du könntest es jetzt auch besser wissen, willst es aber nicht. Si tacuisses...

Stephan
Hanjo

Beitrag von Hanjo »

Stephan das hast Du sehr präzise auf den Punkt gebracht. :)
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tele
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Beitrag von tele »

Ich wollte den Unterschied nicht wegdiskutieren, ich meinte nur, dass er für die Spielpraxis des hier hauptsächlich verkehrenden Publikums so gering ist, wie wenn man, um bei Ulrichs Rechtschreibanalogie zu bleiben, mal ein komma vergisst: :wink:

Aber vielleicht können wir ja zusammen eine Differenzierung erarbeiten, die korrekt genug für den Spezialisten, aber trotzdem verständlich für den Laien ist.
Rohmaterial haben wir ja dank des beherzten Einschreitens von Herrn Sulzer genug.

Das Folgende hatte ich übrigens im Verlauf der Diskussion mal zur Diskussion gestellt.
Aber aus Interesse.Habe ich das richtig verstanden?
Beim 3/4 Takt werden die Zählzeiten 1,2 und 3 betont und die Triolen sind nur leicht dahinfließendes Füllwerk.
Beim 9/8 werden zwar auch die Zählzeiten 1,4 und 7 betont, daneben haben die Achtel auf 2,3.5,6.8 und 9 aber eine stärkere Gewichtung.

Ich habe mal ganz auf die Schnelle den Anfang der Romanze aufgenommen, zuerst als triolischer 3/4 dann als 9/8. Kommt der Unterschied rüber?https://soundcloud.com/tele1310/34-vs-98
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Ulrich Peperle
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Beitrag von Ulrich Peperle »

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tele
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Beitrag von tele »

Ich wollte lediglich ausdrücken, dass das klassische Gitarrenrepertoire eine größere Nähe zu folkloristischen Stilen hat, als etwa das Klavierrepertoire. Vielleicht waren meine Beispiele unglücklich gewählt, aber insgesmt wird das doch niemand bestreiten, oder?
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tired-joe
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Beitrag von tired-joe »

tele hat geschrieben:Ich wollte lediglich ausdrücken, dass das klassische Gitarrenrepertoire eine größere Nähe zu folkloristischen Stilen hat, als etwa das Klavierrepertoire. Vielleicht waren meine Beispiele unglücklich gewählt, aber insgesmt wird das doch niemand bestreiten, oder?
Doch, ich :wink:. Es gibt einige "klassiche" Komponisten, die die Volksmusik ihres Landes sehr genau studiert haben, was sich in ihren Kompositionen, auch fuer Klavier, widerspiegelt. Als Besipiel seinen Bela Bartok und Leos Janacek genannt. Ansonsten erinnere ich an die Musik, u. a. auch fuer Klavier, von Albeniz, Brahms, Vaughan-Williams, um mal verscheiden Nationalitaeten zu nennen. Da tauchen immer wieder folkloristische Elemente auf. Also ich sehe nicht, dass die klassische Gitarre da eine Sonderstellung hat.

Joe
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docsteve
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Beitrag von docsteve »

Wenn man die Ecossaisen, Polonaisen, Slawischen Tänze, Ungarischen Tänze den ganzen Grieg, Louis Moureau Gottschalck und und und wegdenkt, könntest du vielleicht Recht haben. Und das ist alles genauso Kunstmusik wie der Lettre Noir, oder Dusan Bogdanovic's Blues and Variations. Versuch mal auf die Ungarischen Tänze von Brahms einen Csardas zu tanzen, oder einen Tango auf Tango en Skai.

Stephan
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wuwei
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Beitrag von wuwei »

tele hat geschrieben:[...] dass wir Klassik-Gitarristen nicht gut daran tun, uns zu sehr von der Popularmusik absetzen zu wollen, weil von der Renaissance bis in unsere Zeit folkloristsche, tänzerische oder auch in unserem Jahrhundert jazzige Elemente immer wieder Eingang auch in das klassisch komponierte Repertoire gefunden haben.
Dieser Gedanke scheint mir bereits im Ansatz verfehlt, tele, denn es kommt doch nicht darauf an, woher ein Komponist sein Tonmaterial bezieht, sondern darauf, wie er damit umgeht; mit welchem kompositorischen Verständnis und Background er sich also dem Material annimmt. Oder mutiert Debussy etwa durch ein Stück wie Golliwogg’s Cake-walk plötzlich zum Jazz- oder Ragtimekomponisten?
tele hat geschrieben:[...] "Lettre noire" von Roland Dyens, ist im 12/8 Takt notiert. [...] Er hätte das auch als Swing.mit dem Vorvermerk Achtel=Swingachtel und Achteltriolen notieren können.
https://www.youtube.com/watch?v=--phayFJIc0
Ich höre da keinen 12/8 Groove..
Ich schon. Zumindest entspricht das genau meinem ganz und gar unakademischen Verständnis von einem 12/8 Takt => 1 ta ta 2 ta ta 3 ta ta 4 ta ta, 1... Dieses rhythmische Grundgefühl stellt sich doch bei dem Stück schon im ersten Takt ein und bleibt bis zum Schuß durchgehend präsent, oder nicht?

Im ternär phrasierten (mit Swingfeeling(???) gespielten) 4/4 Takt ist der rhythmische Puls jedoch 1 ta 2 ta 3 ta 4 ta, wobei Triolen auch als solche wahrgenommen werden (wenn auch nicht mit der Schärfe, wie in einem binären (= gerade gespielte Achtel) Kontext), das rhythmische Grundgefühl also nicht verändern.

Btw finde ich bedenkenswert, daß Takt grundsätzlich etwas der Musik Wesensfernes ist, da er ihr nicht wie Rhythmus, Melos oder harmonische Wirkung immanent, sondern ein von Außen, nachträglich Hinzugefügtes ist. Ihren Sinn und Zweck (das Erkennen und die Lesbarkeit rhythmischer Zusammenhänge zu erleichtern) kann eine Taktangabe aber natürlich nur erfüllen, wenn man sich auch konsequent an die Konventionen hält...

Herzlichen Gruß, Uwe
"A Harf’n g’hert in ka Symphonie;
i’ hab’ ma nöt helf’n könna."
(Anton Bruckner über seine 8.)
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