Klassik auf Stahlsaitengitarre - geht das?

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Moderator: RB

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tele
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Re: Klassik auf Stahlsaitengitarre - geht das?

Beitrag von tele »

Ich muss dir da zustimmen: Jens Kommnick klingt wirklich ein bisschen nach Fingerpicking.
Und für mich war das halt ein Experiment, ich werde Renaissance wohl doch überwiegend auf Nylon spielen. Oder auf Fluorcarbon.
Dem Orpharion ziehe ich klanglich eine Laute vor.
Bei MacKillop rührt der passende Klang wohl hauptsächlich daher, dass er ohne Nägel spielt.

Auf deiner Soundcloud-Aufnahme, das ist aber keine mit Plektrum gezupfte Martin, oder?
Auf jeden Fall wünsche ich dir für Freitag Hals-und Bundbruch !
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dominik
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Re: Klassik auf Stahlsaitengitarre - geht das?

Beitrag von dominik »

Hallo,
Rolf Lislevand , ein Top-Lautenist, hat auf einem Meisterkurs mal allen Konzertgitarristen empfohlen, sich ausgiebig mit der Stahlsaitengitarre auseinanderzusetzten, da er in diesen Instrumenten ein großes Potential für die "Alte Musik" sieht.
Ich denke ein Fingerpicker wird erstmal immer nach "Fingerpicking" klingen (was ja auch nicht schlimm ist), und ein Lautenist, wie Mckillop, wird immer mehr nach Laute klingen.
Ein schönes Beispiel von gelungener Dowland-Interpretation auf Stahl liefert für mich Clive Caroll auf einer seiner älteren CDs (kann sie gerade nicht finden, und habe auch den Titel vergessen). Hier hört man aber eindeutig, dass er sich intensiver mit dieser Musik beschäftigt hat..............meiner Meinung nach.
Ich finde, dies ist ein sehr spannendes Thema...Habe im Oktober diesbezüglich einen Aufnahmetermin, und würde das Material gerne anschließend hier zur Diskussion stellen.

Viele Grüße,
Dominik
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docsteve
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Re: Klassik auf Stahlsaitengitarre - geht das?

Beitrag von docsteve »

tele hat geschrieben:Ich muss dir da zustimmen: Jens Kommnick klingt wirklich ein bisschen nach Fingerpicking.
Und für mich war das halt ein Experiment, ich werde Renaissance wohl doch überwiegend auf Nylon spielen. Oder auf Fluorcarbon.
Dem Orpharion ziehe ich klanglich eine Laute vor.
Bei MacKillop rührt der passende Klang wohl hauptsächlich daher, dass er ohne Nägel spielt.

Auf deiner Soundcloud-Aufnahme, das ist aber keine mit Plektrum gezupfte Martin, oder?
Auf jeden Fall wünsche ich dir für Freitag Hals-und Bundbruch !
Danke schön! Der Nagel ist schon gebrochen :roll:

Nein, das ist eine ganz normale Klassische aus Fichte und Palisander. Die Saiten sind im Moment (wegen einer Fehllieferung) aus Nylon. Ich habe sogar ausprobiert, ob das Stück auf Stahl klappt. Die schnellen einstimmigen Passagen bieten sich ja geradezu an, mit Plek gespielt zu werden, im ganzen war es aber nicht überzeugend.

Ich habe mir deine beiden Aufnahmen von Dowland's Midnight nochmal im Vergleich angehört. Kann es sein, dass du bei der Carbon-Variante recht großzügig mit dem Hall umgegangen bist? Ich bleibe aber dabei, dass ich die Plastiksaiten den stählernen vorziehe. (Besser als die Guitarlele klingt die Furch aber allemal.)

Re Clive Caroll: Du meinst so etwas, von der CD "Life in Colour"? Schön gespielt; der Capo hilft natürlich mit, wenn es um den Lautenklang geht. Höre ich mir heute abend mal genauer an.

@Tele - Furch mit Capo wäre dir vielleicht auch einen Versuch wert? Eines meiner Lautenstücke spiele ich auch mit Capo am 2. Bund, die (Konzert-)Gitarre klingt dann einfach luftiger und lautenartiger.

Viele Grüße, Stephan
dominik
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Re: Klassik auf Stahlsaitengitarre - geht das?

Beitrag von dominik »

Ja, die Aufnahmen von Clive Caroll meinte ich.
Gruß, Dominik
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tele
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Re: Klassik auf Stahlsaitengitarre - geht das?

Beitrag von tele »

Ich habe bei beiden Aufnahmen die gleiche Halldosierung, so etwa die 14 Uhr-Stellung.
Vielleicht reicht aber auch 13 Uhr. :wink:
Außer der Furch habe ich noch eine Mahagoni Recording King.
Die ist für Fingergezupftes vielleicht passender.
Dafür habe ich mir jetzt Phillipe Bosset Saiten, wie Rob MacKillop sie spielt, bestellt.
Wird mich seinem Klang wohl kaum näherbringen, aber schaden kann's ja nicht, sind auch recht günstig.
Ich spiele Dowland übrigens sowohl auf der Konzertgitarrre als auch auf der Steelstring mit Kapo am 3. Bund.
Ich finde, dies ist ein sehr spannendes Thema...Habe im Oktober diesbezüglich einen Aufnahmetermin, und würde das Material gerne anschließend hier zur Diskussion stellen.
Das wäre sicherlich interessant, ich finde das Thema auch sehr spannend.
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tele
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Re: Klassik auf Stahlsaitengitarre - geht das?

Beitrag von tele »

So, gestern bin ich endlich dazu gekommen, die Phillipe Bosset 11er Bronze Saiten auf meine Vollmahagoni Recording King aufzuziehen und Mr. Dowland's Midnight aufzunehmen.
Ich finde, das klingt überzeugender als die Aufnahme mit der Furch Dreadnought.
Liegt vielleicht aber auch daran, dass das eine 12-Bund-Gitarre ist, die nicht viel größer als eine Konzertgitarre ist, und die ich deshalb in der klassischen Haltung mit Fußbänkchen unter dem linken Bein gespielt habe.
Dadurch war der Anschlag sul tasto leichter zugänglich.
Also, Klassik auf Stahlsaiten geht auf jeden Fall, aber Klassik in der "Folkhaltung"?
Hmm... :wink:
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bookwood
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Re: Klassik auf Stahlsaitengitarre - geht das?

Beitrag von bookwood »

Volle Zustimmung, das geht auf Stahl so sehr gut. Und klingt sogar über die mikroskopisch kleinen Lautsprecher meines Notebooks mehr als passabel. :bide:
Gruß
von
Ralf
rwe
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Re: Klassik auf Stahlsaitengitarre - geht das?

Beitrag von rwe »

tele hat geschrieben:Also, Klassik auf Stahlsaiten geht auf jeden Fall, aber Klassik in der "Folkhaltung"?
Why not? https://biedermeiergitarre.jimdo.com/hi ... lfsmittel/" onclick="window.open(this.href);return false;
Die heute aktuelle Haltung ist ja auch erst im 19. Jh so richtig zum Standard geworden. Und Dowland ist eh kleine "Klassik", sondern älter.
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tele
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Re: Klassik auf Stahlsaitengitarre - geht das?

Beitrag von tele »

Die heute aktuelle Haltung ist ja auch erst im 19. Jh so richtig zum Standard geworden.
Die heutige Haltung ist ja so einheitlich nicht. Fußbänkchen, Dynarette, Guitarlift...
Aber was allen gemeinsam ist, genau wie Sors Tischplatte, Aguados Tripodium, oder dem Band, mit dem man sich eine Biedermeiergitarre umhängt, ist doch, dass die Gitarre eher diagonal gehalten wird, um die Geschicklichkeit beider Hände zu optimieren.
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dominik
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Re: Klassik auf Stahlsaitengitarre - geht das?

Beitrag von dominik »

Hallo Tele,

das klingt doch richtig gut!
Mir hat auch der Wechsel auf eine kleine Gitarre (Launhardt O28) sehr geholfen.
Musik wird doch schon seit Jahrhunderten auf Darm- oder Stahlsaiten gespielt...eigentlich sind die Nylonsaiten "Fremdkörper", die gibt es ja erst seit den 1940er Jahren und mit dem Klang von Darmsaiten sind sie wirklich nicht zu vergleichen. Aber die "klassische Gitarre" hat diese Musik seit dem Großwerden der Phonoindustrie für sich in Besitz genommen, und seither glauben viele, die Musik müsse so klingen.
Das es auch anders geht zeigt z.B. Pal Paulikovics mit seiner CD "Strings of steel" und auch Michael Chapdelaine (tourt gerade durch Deutschland) mit einigen sehr schönen Aufnahmen (wie immer hilft YouTube weiter).

Schönen Gruß,
Dominik
rwe
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Re: Klassik auf Stahlsaitengitarre - geht das?

Beitrag von rwe »

tele hat geschrieben: Die heutige Haltung ist ja so einheitlich nicht. Fußbänkchen, Dynarette, Guitarlift...
Aber was allen gemeinsam ist, genau wie Sors Tischplatte, Aguados Tripodium, oder dem Band, mit dem man sich eine Biedermeiergitarre umhängt, ist doch, dass die Gitarre eher diagonal gehalten wird, um die Geschicklichkeit beider Hände zu optimieren.
Ja, aber - das meinte ich - heute ist es üblich(er), dass das Instrument auf dem linken Oberschenkel aufliegt, unabhängig davon, wie es da in die Haltung gebracht wird. Das war ja in den alten Beschreibungen auch nicht so. Die Diagonale ist das allgemein Verbindliche, richtig.
stringbound
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Re: Klassik auf Stahlsaitengitarre - geht das?

Beitrag von stringbound »

tele hat geschrieben:Wie zum Beispiel bei Andrew Yorks Sunburst.
Andrew York scheint im Gegensatz zu den meisten Klassikern keine Berührungsängste zu anderen Saitenmaterialien zu haben, und hält selbst eine sperrige Dreadnought in klassischer Haltung.
Andrew York hat Introduction to Sunburst (Jubilation) und Sunburst auf einer Martin Dreadnought komponiert und gespielt.
Erst nachdem John Williams die Stücke bei Konzerten aof die klassische Gitarre übertragen hat, begann Andrew York die Stücke auf der klassischen GItarre zu spielen.

Classical Guitar Magazine: Composers on composing - Andrew York
dominik
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Re: Klassik auf Stahlsaitengitarre - geht das?

Beitrag von dominik »

Frank Bungarten hat sich von Gary Southwell u.a. eine Steelstring bauen lassen http://www.frankbungarten.de/#guitars" onclick="window.open(this.href);return false; , bin mal gespannt was er damit vor hat.
Ich meine auch mal ein Interview von David Tannenbaum gelesen zu haben, wo er von einem Konzert für Steelstring und Orchester sprach, und in diesem Zusammenhang sein Leid über ständig abgespielte Fingernägel klagte.... finde aber hierzu keine Infos mehr.
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tele
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Re: Klassik auf Stahlsaitengitarre - geht das?

Beitrag von tele »

Ich finde, dies ist ein sehr spannendes Thema...Habe im Oktober diesbezüglich einen Aufnahmetermin, und würde das Material gerne anschließend hier zur Diskussion stellen.
Hallo Dominik, der Oktober ist vorbei, sind die Aufnahmen im Kasten?

Erst mal Danke! an alle, die sich meinen Dowland angehört haben und Danke! für die positiven Kommentare.
Und Danke! rwe für den Link zu den schönen Biedermeiergitarren.
Ich habe mir auch auf Youtube Pal Paulikovics und Michael Chapdelaine angehört.
Am überzeugendsten finde ich Stahlsaiten bei Bach von Paulikovics.
Überhaupt findet man reichlich Bach auf Stahlsaiten.
Bachs Musik scheint nicht an einen bestimmten Klang gebunden zu sein, sondern unabhängig davon zu funktionieren.
Und noch einmal "Sunburst" von Andrew York habe ich mir angehört. Das klingt ja eher etwas folkig, passst also auch gut auf Stahl.
Michael Chapdelaine spielt aber zum Beispiel auch Villa-Lobos auf Stahlsaiten, da fehlt mir ein bisschen die Wärme.
Oder beim Capriccio Arabe von Tarrega.
Oder auch beim guten Fernando auf 'ner Westernklampfe.
Den habe ich auf meiner Terzgitarre geübt, und dann als Zugabe noch mit meiner Recording King aufgenommen.
Also, mir gefällt Sor auf Nylonsaiten schon besser, liegt aber vielleicht auch daran, dass die Recording King eher eine preiswerte Bluesgitarre ist.
Da müsste für eine anspruchsvolle Klasssikinterpretation vielleicht doch eine hochwertige Lowden oder was in der Art her.
Aber so überzeugend wie die Songs von Lyle Lovett werden Klassiker wohl selbst auf einer Colllings Dreadnought nicht klingen.
Heißt ja nicht umsonst auch Western-Gitarre, so 'ne Stahlsaitenklampfe...
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Re: Klassik auf Stahlsaitengitarre - geht das?

Beitrag von dominik »

Hi tele,

danke der Nachfrage!
Den Aufnahmetermin habe ich verschoben, da im November Einiges zu spielen ist und war, und ich genügend Zeit und "freien Kopf" für die Konzertvorbereitungen benötigte. Hier sind ein paar ältere Aufnahmen von mir zu hören: https://soundcloud.com/user-595441045" onclick="window.open(this.href);return false; .
Außerdem habe ich noch einmal , nach der hilfreichen Diskussion hier im Forum, über das Konzept der CD nachgedacht. Ich werde jetzt eine Art "worldtour" , mit Musik von allen Kontinenten, quer durch die Jahrhunderte, auf Stahlsaiten aufnehmen. Neuer Aufnahmetermin ist zwischen Weihnachten und Neujahr.
Sor und Tarrega auf Stahl halte ich auch für kritisch, da diese Musik tatsächlich für die "Konzertgitarre" von Gitarristen komponiert wurde. Bei Villa-Lobos bin ich etwas unschlüssig- mMn funktionieren die folkloristischen Stücke wie etwa der "Choro No.1" sehr gut auf Stahl, die progressiveren, wie etwa die Etüden, weniger.

LG Dominik
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