Hallo alle, aber insbesondere Helene,
ich habe den Fred erst heute entdeckt - ist wohl in der Zeit entstanden, als ich ich anderweitig beschäftigt war (ok, ich schäme mich schon
)
Das Thema "Lieder machen, Texte zu Gefühlen finden und dann auch noch in Noten zu packen" ist so alt wie es Gefühle gibt. Und ich empfinde bei meinen Liedern immer die am besten, die einer Eruption gleich plötzlich aus mir herausbrechen - und wenn ich später dann darüber nachdenke, merke ich, dass meistens doch ein langer Weg vorher gegangen wurde. Irgendein Gefühl nagt an dir, egal aus welchem Grund. Vielleicht bist du sauer, traurig, glücklich - also egal. Dieses Gefühl quilt oder schwehlt in dir und weiß sich nicht so genau zu artikulieren, du bist dir wahrscheinlich deines Gefühls noch gar nicht so sicher. Wenn das Gefühl plötzlich so stark und sicher ist, dass du es verstehst und erklären kannst, dann bricht es raus und wenn du dann nicht den Fehler machst an schöne Formulierungen zu denken, dann kannst du es wie ein Diktat runterschreiben. Manchmal hapert es an Reimen, aber wenn das Gefühl groß genug ist, dann macht es nichts, wenn die Reime nicht passen - das kommt dann schon später, wenn aus dem Gefühl, aus der Emotion eine gesetzte Situation wird (vergleich mal mit dem Unterschied verliebt sein und lieben).
Lieder, die bei mir in der Schublade liegen und nicht fertig werden, sind meist Emotionen, die ich zu einem Teil nicht verstanden habe (z.B. war ich sauer, wußte aber eigentlich gar nicht warum und habe aber diese Erkenntnis nicht akzeptiert), die (noch) kein Ende haben, die nicht kanalisiert werden können. Das Gefühl eben das auszudrücken wird dann plötzlich ein neues, ganz anderes Lied, welches mit dem ursprünglichen Thema gar nichts mehr zu tun hat.
In diesem Sinne gibt es bei mir Lieder, die mit vier fünf Strophen innerhalb einer halben Stunde entstehen und andere Lieder, die mich über eine Anfangsemotion zum nachdenken bringen und erst nach Monaten fertig werden - und natürlich die große Menge an Liedern, die eine erste Strophe oder einen Refrain haben, aber keine Strophen in dennen das Gefühl beispielhaft erklärt werden kann.
Übrigens, Lieder, die ich rein "intellektuell" schreibe, also ich bekomme ein Thema und vielleicht sogar eine zeitliche Vorgabe, und muss daraus ein Lied machen - solche Lieder fnde ich im Ergebnis immer saublöd. Vielleicht liegt auch darin der große Unterschied, zwischen Schlagern und Liedermacherliedern.
Es gibt ein Forschungsprojektergebnis, welches vom Land Rheinland-Pfalz und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert wurde, dass sich mit der Systematik des Liedermachens (unterschiedliche Genre) beschäftigt. Ist als Kurs auf CD erhältlich. Wer eine haben möchte, bitte PN an mich.
Es gibt auch Liedermacher, die Workshops anbieten, in denen die Texterstellung eine Rolle spielt (einen findet man auf der angesprochenen
www.liedermacher-Forum.de) und es ist einfach sehr lehrreich (und noch spaßig dazu) mit anderen im Rahmen von Treffen, Festivals etc. einfach mal Lieder zu machen. Früher war es weit verbreitet sogenannte Rundgesänge (anstelle von Radio/ Fernsehberieselung) zu singen. Einer stimmte eine bekannte Melodie mit kurzen Textsätzen an und so ging es in der Runde weiter, jeder machte eine Textstrophe, meist zwei- dreizeiler, darauf.
So, jetzt habe ich aber viel geschrieben. Liebe Helene, wenn du dir einige Beispiel meiner Gefühlsausbrüche anhören möchtest:
www.dompke.eu
Gruß
Mario
P.S. zu dienem konkreten Text:
Bereits die zweite Strophe bricht aus der Syntax aus. Irgendwie erschleicht sich bei mir das Gefühl, dass deine Emotion sich dreht und die dritte Strophe zeigt mir plötzlich, dass das Gefühl aus dem Bauch heraus in den Kopf geklettert ist und - wie wir es alle in unserer geordneten Gesellschaft gelernt haben - dressiert wird.
Wenn ich mich in diese Zeilen versetze würde ich wahrscheinlich in folgende Richtung drifften:
Ich les' leise
les' dir vor
hauch die Worte
in dein Ohr
und lass mich tragen
vom Gefühl
Geh den Weg der
Eitelkeiten
will Gefühle
auch verwalten
schmeichle gerne
dir was vor
Will dir sagen
viel zu viel
aus Vergangenheit
und Ziel
Phantasie soll
bei uns bleiben
Kleine Zeilen
die ich schreib,
die beim lesen
meinen Leib
zu dir ziehen
jetzt und hier
ich möcht'
im Augenblick verweilen
jetzt und hier
und trotzdem eilen
in die Zukunft
nur mit dir.
Gerne will ich auch versuchen das Gedicht zu vertonen