Blind Willie Johnson

Der Admin hat ein Herz für Blueser. Aber man kann doch auch Bluegrass damit machen, oder ?

Moderator: RB

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tomis
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Re: Blind Willie Johnson

Beitrag von tomis »

sorry
ich habe es nicht böse gemeint ->smilies!
ich habe mir vorhin nur mal alles ein bißchen durchgelesen
und dachte mir, da fängt es ganz locker und interessant an und dann gibt's gleich wieder gezanke
habe erstmal nen blues oder sowas gespielt und dann fußklopperei geguckt
und jetzt ist doch eh alles hinfällig
wir sind portugal
mit Blues und Gruß
Thomas
emptypockets
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Re: Blind Willie Johnson

Beitrag von emptypockets »

Das mag ja alles sein.

Aber glaubst Du tatsächlich, dass Deine kategorische Aussage "Blues ist für mich, wenn ich es fühle.", die Du später auch nie genauer spezifiziert hast, als Grundlage für eine wirklich sachliche Diskussion über die verschiedensten Aspekte des Blues taugt?

Eine Diskussion, die über das übliche "Man muss den Blues fühlen" hinaus geht und ein bißchen tiefer einsteigt?

Du hast völlig recht: es gibt nur noch sehr wenige Menschen, die sich wirklich intensiv mit Blues beschäftigen. Aber umso mehr sollte diese wenigen Menschen doch das Bedürfnis nach echten Informationsaustausch haben, der über das sich gegenseitige Versichern hinausgeht, dass man den Blues liebt und lebt.

Es gibt Menschen, die sich einen Film ansehen, ihn gut finden und damit zufrieden sind. Und es gibt Menschen, die Filmlexika wälzen, Bücher lesen, im Internet recherchieren und mit Leuten über Filme diskutieren.

So einer bin ich.

Und das auch beim Blues.

Und damit schließe ich das hier für mich ab.

Falls Du tiefer gehendes Interesse am "Blues - Austausch" hast, finden wir sicher früher oder später eine andere Gelegenheit dazu.
micha
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Re: Blind Willie Johnson

Beitrag von micha »

emptypockets hat geschrieben: Natürlich sind diese - teilweise sehr unterschiedlichen - Akkordprogressionen eine klares Zeichen eines Blues.

Und selbst wenn überhaupt keine Akkordwechsel vorkommen, z.B. in einem Boogie/ Blues ala John Lee Hooker, sind die Takte durch die Art des Gesanges, die Fill-Ins usw. der glasklar in Segmente geteilt, die in ihrer Abfolge und Gesamtheit einen Blues ausmachen.

Wenn ich ein Stück höre, weiss ich, wann der Akkordwechsel kommen muss, damit es meinem inneren Blues - Metronom entspricht. Manchmal trügt mich meinj gefühl eben auch.

Es liegt mir fern, hier jetzt einen Vortrag über die einzelnen Mosaiksteine zu halten, die letztlich ein Musikstück ohne jeden Zweifel als Blues indentifizierten oder eben nicht.
Die Feststellung, einen Blues vornehmlich über Akkordprogressionen einwandfrei als solchen erkennen zu können, ist aber eine sehr steile These...

Nehmen wir mal so einen "Boogie / Blues ala John Lee Hooker" und versuchen, ihn anders zu spielen. Anders in der Form, dass
1) die Betonung auf 1 und 3 liegt und nicht auf 2 und 4
2) alle Achtel straight auf den Punkt gespielt werden
3) wir alles weglassen, was auch und annähernd nach Blue Notes klingt
4) wir alles weglassen, was unter Synkope und Offbeat subsummiert wird
Wie wird das Resultat wohl klingen ? Richtig, eher an europäische Musik (Volksmusik mit leichtem Marschanklang) erinnernd als an "Blues".

Um Blues in der Theorie zu verstehen und zu versuchen, ihn zu definieren, muss man sich m.E. mit diesen Begriffen wie Synkopen, Offbeat, Blue Notes und Call and Respond-Mustern etc. beschäftigen, also das, was zu dieser europäischen Musik an afrikanischen Einflüssen dazukam und was dann letztlich den Unterschied ausmacht.
Der Vollständigkeit halber muss natürlich darauf hingewiesen werden, dass sich die Musiktheoretiker nicht ganz drüber einig sind, welche der og. Einflüsse wirklich aus Afrika kommen.
Bez. Blue Notes: hier Is there such a thing as the "blue note" ? wird versucht zu belegen, dass Blue Notes nicht afrikanischen Ursprungs sind.
Bez. Call and Response: In seinem Buch "Vorgeschichte des Jazz" (Akademische Druck- u. Verlagsanstalt Graz, 2008) beschreibt Maximilian Hendler, dass sich solche Strukturen auch in der Voksmusik Südeuropas (Portugal etc.) finden lassen...
Man kann aber wohl durchaus feststellen, dass eine Musik, in diese o.g. Begriffe einfliessen, durchaus als "Blues" bezeichnet werden kann, völlig losgelöst von irgendwelchen Akkordfolgen. Die machen es nur einfacher, miteinander zu improvisieren...
Hat übrigens schon Ravel so gehalten. Den Mittelteil seiner Violinsonate Nr 2 (entstanden zwischen 1923-27 und beeinflusst durch den amerikanischen Jazz, der damals auch in Europa immer mehr Zuhörer fand) hat er "Blues" genannt. Hier gespielt von Itzhak Perlman Ravel Violin Sonata - Blues.
Alle diese Ingredienzien des Blues (Blue Notes, Synkopen etc.) findet man in diesem Teil. Nur: Hardcore-Blueser und solche, die sich dafür halten, dürften hier in Schnappatmung verfallen :whistler:



PS: Die Beschäftigung mit diesem Themenkomplex (in Theorie und Praxis) geht bei mir mittlweile zurück bis in Jahr des Herren 1966, als der kleine Steppke zufällig das Kofferadio des Vaters anstellte und ein Mitschnitt des American Folk Blues Festivals aus der Stuttgarter Liederhalle zu hören war. Da wusste ich: das isses, ohne damals natürlich auch nur ansatzweise zu kapieren, was das überhaupt war... :guitar1:
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landmesser
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Re: Blind Willie Johnson

Beitrag von landmesser »

Moin allerseits,

bitte probiert nicht, Blues zu definieren. Das ist immer eine Verkleinerung. Schon die zeitgleichen Erscheinungen "Bentonia Blues" und Piedmont Blues" haben derartige Unterschiede, dass sie kaum auf einen Nenner zu bringen sind - Beispiele sind Skip James und Blind Blake. Beide waren sicher Bluesmusiker ...

Informationen kann man sicher austauschen und diskutieren.

Viele Grüße
landmesser
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Gitarrenmacher
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Re: Blind Willie Johnson

Beitrag von Gitarrenmacher »

Da die Ursprungsfrage ja auf B.W. Johnson abzielte, sich die Sache aber dann ja in eine andere Richtung entwickelte, schlage ich jetzt noch einen Haken.
EINS VORWEG
Ich finde das lustig , nicht mehr und nicht weniger, ohne Hintergedanken und ohne jegliche Informationsabsicht.ber die meisten Bluesaficinados werden diese hörenswerte Reportage eh kennen.
Viel Spaß
https://drive.google.com/file/d/0B2Ksp5 ... ef=2&pli=1" onclick="window.open(this.href);return false;
Bier ist der Beweis, dass Gott uns liebt und will, dass wir glücklich sind.
-Benjamin Franklin- *1706 t 1790-
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tired-joe
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Re: Blind Willie Johnson

Beitrag von tired-joe »

Gitarrenmacher hat geschrieben: Ich finde das lustig , nicht mehr und nicht weniger, ohne Hintergedanken und ohne jegliche Informationsabsicht.
Ich lach' mich weg. Fast wie im richtigen Leben. Eine Realsatire, sozusagen.

Joe
---
I'm a simple man. In the morning I listen to the news. At night I listen to the blues
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Angorapython
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Re: Blind Willie Johnson

Beitrag von Angorapython »

Jetzt muss ich wieder den ganzen Tag Stenkelfeld anhören. Wie soll man denn da arbeiten?
FCK-NZS
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DiSt
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Re: Blind Willie Johnson

Beitrag von DiSt »

landmesser hat geschrieben: bitte probiert nicht, Blues zu definieren...
Dazu passt:
The earliest statement that QI has located that discusses the inherent difficulty of writing about music and compares it to singing about something is dated February 9, 1918 in the New Republic [NRSE]:

Strictly considered, writing about music is as illogical as singing about economics.

Ähnliche Zitate (...dancing about architecture...) wurden später Frank Zappa, Elvis Costello und allen möglichen anderen zugeschrieben.
Dieter
emptypockets
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Re: Blind Willie Johnson

Beitrag von emptypockets »

Ich werde mich hüten, noch einmal irgendetwas zum Blues zu äußern, möchte allerdings die Frage in der Raum werfen, ob meine Eindruck falsch, dass solche Zitate ganze Bibliotheken und nicht zuletzt auch dieses und alle anderen Foren ab absurdum führen?

Klingt lustig und zugleich tiefsinnig, ist aber kompletter Schwachsinn, wenn man nur ' mal 2 Sekunden darüber nachdenkt, auch wenn Frank Zappa oder Elvis Costello sowas ablassen......
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wuwei
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Re: Blind Willie Johnson

Beitrag von wuwei »

Der einzige Schwachsinn liegt mMn darin, alles und jedes zu einer letztgültigen Seinsfrage hochzustilisieren; religiöser Eifer und Abstecken der Kampffront inbegriffen, versteht sich. Gerade das Beispiel Zappa zeigt doch, daß hier eine gute Portion Selbstironie, ein großes Gelächter über sich und die Welt, mit im Spiel ist. Denn es dürften sich im 20. Jhdt. nur wenige Menschen finden lassen, die intensiver und fruchtbarer über Musik nachgedacht haben als eben Frank Zappa.

Nicht von der Hand zu weisen ist jedoch der Verdacht, es gäbe einen weitverbreiteten Vorbehalt gegenüber musikalischer Reflexion; gerade unter Freizeitmusikern. Der Umgang hier im Forum mit Ulrich Peperle spricht Bände...

Herzlichen Gruß, Uwe
"A Harf’n g’hert in ka Symphonie;
i’ hab’ ma nöt helf’n könna."
(Anton Bruckner über seine 8.)
emptypockets
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Re: Blind Willie Johnson

Beitrag von emptypockets »

Bluesopa hat geschrieben: Sich ernsthaft und intensiv mit etwas zu beschäftigen schließt ja Humor nicht aus ... Lachen ist allemal besser als sich die Köpfe einzuschlagen ... :D
Das ist völlig richtig.

Ändert aber nichts daran, dass es Dinge gibt, die "richtig" sind, und Dinge, die "falsch" sind. Und durch noch so viel Humor wird falsches nicht richtig. Blödsinn nicht zur Weisheit.
mass
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Re: Blind Willie Johnson

Beitrag von mass »

Moin,

Um mal auf die anfangsfrage zurückzukommen,

Ja, ich Spiel "keep your lamp trimmed and burning" in dm tuning, standard. angelehnt an Rev. Gary Davis version.schöne nummer auch in fingerstyle für gaaanz besondere momente. wie jede Gospel!
aber auch ne ganz harte nuss.

ich muss jetzt gucken ob ich die Blind Willie Johnson-version auf scheibe habe?!
irgendwo hab ich noch ne orginalscheibe von Blind Willie mit interview mit ihm!!

gruss

mass
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