Aufbereitung einer alten archtop - erste Schritte

Hier zeigen die Laien, was sie trotz linker Hände drauf haben!
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Niels Cremer
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Aufbereitung einer alten archtop - erste Schritte

Beitrag von Niels Cremer »

Ich hatte unlängst vom lieben Frithjof hier über’s Forum eine alte, reparaturbedürftige thinline archtop bekommen (Danke nochmal!! :D ) die wahrscheinlich aus einer DDR Manufaktur stammt, für mich sieht sie aus wie eine Graubner “Rex”, sie hat aber auch Merkmale die für Heinz Seifert typisch waren, evtl wurde sie bei Seifert für Migma oder Marma gefertigt, ich hoffe das noch genauer herauszufinden. Auf jeden Fall war es eher eine günstige Einsteigergitarre die es nicht desto trotz verdient hat, wieder hergestellt zu werden.

Strukturell war sie bis auf ein Problem iO: die einzige (!) Beleistung die mittig bis kurz vor den Griffbrettansatz läuft hatte sich am oberen Ende gelöst. Ich hatte an den letzten Osterurlaubstagen noch etwas Zeit und habe eine Zwinge gebastelt mit der ich die Leiste wieder in ihre Position bringen konnte. Leim habe ich mit einem langen, flachen, biegsamen Stück Blech auf die Klebstelle aufgebracht das ich so gebogen habe, dass ich mit Hilfe eines kleinen Spiegels und einer Taschenlampe beide Klebeflächen mit Leim versehen konnte. Etwas hakelig, aber mit Geduld und Spucke ging’s. Ein floating PU ist auch schon bestellt, ich hoffe dass ich sie recht bald wieder zu alter Schönheit bringen kann!

LG,
Niels

Die gelöste Leiste (schlecht zu erkennen)
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Die gebastelte Zwinge
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Die Zwinge in action
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Niels Cremer
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Re: Aufbereitung einer alten archtop - erste Schritte

Beitrag von Niels Cremer »

Glue squeeze-out
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LG,
Niels
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RB
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Re: Aufbereitung einer alten archtop - erste Schritte

Beitrag von RB »

Das sieht so aus, als könnte es wieder interessant werden. Unermüdlich, der Kerl.
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Niels Cremer
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Re: Aufbereitung einer alten archtop - erste Schritte

Beitrag von Niels Cremer »

Danke dir RB, ich hab halt Freude am Basteln, was kann ich sagen … ¯\_(ツ)_/¯

Heute hab ich mich eine Stücks des Binding angenommen das am Halsfuß teilweise abgebrochen war. Bei meiner Suche nach passendem Material fiel mir ein Stück ungebleichter Knochen in die Hände das ich mal aufbewahrt hatte um mich an der Herstellung von Sätteln zu üben. Die Farbe ist schon sehr nah an dem vergilbten Ton des Plastik(?)-Bindings dran, also hab ich kurzerhand ein Stück passend gesägt und geschliffen. Die größte Herausforderung dabei war, dass ich versuchen wollte eine Lücke zwischen den beiden in 90 Grad aufeinander treffenden Bindings des Rückens in einem zu schließen, ich musste also an einem Ende des Knochenstücks einen kleinen Fortsatz herausarbeiten der in Dimension und Winkel genau passte. Ich habe mich langsam rangetastet und bin zufrieden mit dem Resultat, man hätte es wahrscheinlich noch genauer hinbekommen können aber mehr gibt auch meine Sehkraft nicht mehr her! :lol:

Ich hab etwas gezögert mit echtem, ungebleichten Knochen zu arbeiten weil es immer heißt dass dabei ein sehr unangenehmer Geruch entsteht, ich muss aber sagen dass sich das in Grenzen hielt.

Hier ein vorher/nachher Bild:
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LG,
Niels
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RB
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Re: Aufbereitung einer alten archtop - erste Schritte

Beitrag von RB »

Verblüffenden "vorher-nachher".
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berndwe
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Re: Aufbereitung einer alten archtop - erste Schritte

Beitrag von berndwe »

Das ist offensichtlich sehr gut gelungen, vor allem dieser kleine Fortsatz, der den Spalt füllt.

Inzwischen kommst du zu Arbeitsweisen und Methoden, die einem Restaurator antiker Kunstschätze gut zu Gesicht stehen würden. Respekt!
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Niels Cremer
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Re: Aufbereitung einer alten archtop - erste Schritte

Beitrag von Niels Cremer »

Danke euch! :D Ich hab das Stück anschließend noch mit fein>feiner>feinstem Schleifpapier geschliffen und poliert und jetzt sieht es fast aus als hätte es immer schon an dieser Stelle gesessen, bis auf einen leichten Farbunterschied halt.

Bei der Aussage bzgl. Restaurator wäre ich etwas zurückhaltender, ich verfolge zB seit einiger Zeit den Restaurator Julian Baumgartner auf YT, das ist schon faszinierend was es da alles zu wissen und zu beachten gibt, und vor allem in welchen minutiösen Schritten da gearbeitet wird, im Vergleich gehe ich gefühlt meist mit der Brechstange vor.

Ich würde gerne einige Stellen im Lack ausbessern, da der aber bereits starkes "weather checking" aufweist bin ich da etwas ratlos wie ich's angehen soll,jedes Schleifen etc.treibt ja nur Schleifstaub in die feinen Lackrisse, mal überlegen ...

LG,
Niels
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Niels Cremer
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Re: Aufbereitung einer alten archtop - erste Schritte

Beitrag von Niels Cremer »

Dieses Bild das ich bei der (vorläufigen) Montage der Gitarre aufgenommen hatte hab ich heute auf FB mit dem Kommentar “ This guitar practically plays itself once it’s properly wound up!” gepostet: :D
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Ich warte aktuell auf den PU und andere Kleinteile bevor ich sie fertig machen kann, was ich optisch mit ihr mache weiß ich noch nicht, würde sie gerne zumindest irgendwie polieren (grundgesäubert ist sie schon), aber da der Lack starkes “laquer cracking” aufweist (das ich bewahren möchte) hab ich Angst dass ich mir Poliermittel in die feinen Haarrisse im Lack reibe … hmm.

LG,
Niels
gruhf
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Re: Aufbereitung einer alten archtop - erste Schritte

Beitrag von gruhf »

Ist das der originale Schlüssel von der Halsverschraubung? Die Gitarre ist bestimmt eine "Reise-Archtop"... :wink:
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Niels Cremer
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Re: Aufbereitung einer alten archtop - erste Schritte

Beitrag von Niels Cremer »

Hahaha, bestimmt! Auf jeden Fall ist der Hals sehr flott abgenommen! Nein, der Schlüssel stammt von einer antiken Englischen Uhr die meine Eltern mir zum Uni-Abschluß geschenkt haben, passt aber wunderbar, sonst wär ich aufgeschmissen gewesen … :wink:

LG,
Niels
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Re: Aufbereitung einer alten archtop - erste Schritte

Beitrag von gruhf »

Niels Cremer hat geschrieben:
Di Mai 17, 2022 11:29 am
Nein, der Schlüssel stammt von einer antiken Englischen Uhr...
Dann bin ich beruhigt, so abgegriffen wie der Schlüssel aussieht (Sorry!) hatte ich schon Sorgen um die Halskonstruktion der Gitarre. :wink:
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Niels Cremer
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Re: Aufbereitung einer alten archtop - erste Schritte

Beitrag von Niels Cremer »

Hier mal eine weitere Fortschrittsdokumentation. Ich hatte vorletzte Woche am Vorbild des Originals aus einem alten Telecaster Schlagbrett ein passendes Brettl geschnitten, die Oberfläche leicht mit feinem Schleifpapier angerauht und einige Tage in schwarzen Tee gelegt, das Ergebnis war eine deutliche Einfärbung ins gelb-bräunliche, vom Ton her genau richtig, nur nicht ganz so intensiv wie die vergleichbaren Teile an der Gitarre selbst, aber dunkler wollte es einfach nicht werden, ich denke aber es geht auch so. Dann kam vor ein paar Tagen der PU an und ich hab heute mal alles montiert, schaut recht gut aus finde ich. Die Klinkenbuchse kommt an den end-pin, unter das Schlagbrett kommt ein Volumenregler in Form eine kleinen Rädchens (muss noch rausfinden wie ich das verlöte), dann ist sie eigentlich fertig.
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LG,
Niels
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Re: Aufbereitung einer alten archtop - erste Schritte

Beitrag von Gitarrenspieler »

Sieht gut aus! Glückwunsch.
Gruß Wolfgang Hemd aus der Hose macht noch keinen Varoufakis
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HR
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Re: Aufbereitung einer alten archtop - erste Schritte

Beitrag von HR »

Ja! Sieht echt gut aus. :bide:
Kleine Anregung: die vordere Kante des Schlagbrettes würde ich etwas an die Kontur des Cutaway anpassen.
lg
HR

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Niels Cremer
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Re: Aufbereitung einer alten archtop - erste Schritte

Beitrag von Niels Cremer »

Danke euch! Das ist die original Form, wenn ich einfach irgendein Schlagbrett gemacht hätte hätte ich auch eine andere Form gewählt … :wink:

LG,
Niels
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