Schlichte Gedichte Kleine Gitarre Martin 0-15 Style

[Gitarrenmacher]

Vor einiger Zeit wurde hier im Forum nach einer Martin 0-15S Customshop gefragt.
In Europa war so ein Instrument nicht zu bekommen, der USA Händler, der eine Kleinserie angeboten hatte, war ausverkauft, und so eine Gitarre im Martin&Co. custom shop zu bestellen, hätte wahrscheinlich jeden vernünftigen Preisrahmen gesprengt, und ich hatte Lust, so eine Bluesbox zu bauen. So kam es zum Werkstattbesuch Frithjof´s, um die Einzelheiten zu besprechen und auch Eva meinte, dass wir „so´n Ding“ noch dazwischenschieben könnten.

Das Für und Wider so einer, an Schlichtheit kaum mehr zu unterbietenden Gitarre, wurde kontrovers diskutiert, und in unserer Zeit, mit dem vielen guten und sehr guten Gitarren, die man von der Stange für etwa 2.000,-€ kaufen kann, ist so eine Diskussion nicht unangemessen. Zu der Zeit, als Martin & Co. diese Instrumente auf den Markt brachte, hatten sie ohne jeden Zweifel ihre Berechtigung. Auch eine 0-18 oder 0-28 war damals ein teures Instrument und um sich während der Weltwirtschaftskrise gegen Mitbewerber wie STELLA, HARMONY, WASHBURN etc. und nicht zuletzt gegen Billigimporte aus dem Vogtland zu behaupten, kamen diese sehr schlichten, aber robust gebauten Instrumente auf den Markt. Quellen sagen etwa 1940.
Schon vor der großen Depression baute man Gitarren mit Mahagoni bzw. Koa Korpus, das hatte aber eher den Grund in der Popularität der hawaiianischen Musik.

Okay okay…Opa erzählt vom Krieg.
Nun zum Baubericht.

[Gitarrenmacher]

Phase 1 Materialbeschaffung. Die Originale sind aus kubanischem oder südamerikanischem Mahagoni gebaut. Kubanisches ist strengstens geschützt, die Bestände sind erschöpft, altes Swietenia habe ich, aber nicht als Boden / Decke / Zargenset. Das Holz soll ja farblich zu einander passen. Einen Swieteniarohling für einen einteiligen Hals hatte ich nicht.
Also in Tübingen angerufen, und Willi hat prompt ein Paket gepackt. Neben dem wunderschönen, leichtem aber steifen Mahagoni habe ich noch eine Menge tolles Leistenholz bekommen. Für die Meisten Feuerholz, für Instrumentenbauer ein Schatz.
Wie schön, wenn man solche Gitarrenbauerfreunde hat.

[bookwood]

Schöner Start, Christian, der macht Lust auf mehr. Also nur weiter so...

[L1]

Bin gespannt!
Ich mag solche schlichten kleinen Gitarren total gern, hab auch selber mal längere Zeit nach genau so einer kleinen Mahagoni gesucht, aber nie eine gefunden

[JazzDude]

Ich liebe meine Mahagoni 00-12, die mir Martin Wieland gebaut hat (sogar mit Cut!).

[L1]

Igitt ...

[Niels Cremer]

Hättest ja von mir den Mahagoni Hals-Kantl zurückkaufen können, der ist noch unberührt!

Das wird interessant, bitte weiter berichten!

LG,
Niels

[Gitarrenmacher]

Hättest ja von mir den Mahagoni Hals-Kantl zurückkaufen können, der ist noch unberührt!

LG,
Niels

Nee, der passt farblich ja gar nicht. Das Swietenia, das mir Willi geschickt hat, ist sehr hell.

[Gitarrenmacher]

Heute habe ich den Boden und die Decke gefügt.
Zunächst schleife ich alle Teile mit 0,3-0,5mm Übermaß auf Dicke. Mit einem frisch geschärften Hobel, hier ein Flachwinkelhobel mit 35cm Sohlenlänge wird in der Stoßlade eine absolut gerade Kante an die Bodenhälften gehobelt. Die beiden Hälften liegen dabei "bookmatched" aufeinander. Der Spalt soll idealerweise lichtdicht sein, das garantiert eine hauchdünne Leimfuge. Bei absolut parallel laufenden Fasern wird die Fuge unsichtbar.
Im Leimhimmel werden die Hälften unter Druck, von oben mit Eschen-Spannstäben, von der Seite mit Excenterzwingen, zusammengeleimt. Durch diese Methode bekomme ich eine absolut stufenfreie Verleimung. Ist vielleicht ein bisschen Zeitaufwendiger, aber das holt man im Nachgang wieder raus.

[Frithjof]

"Schlichte Gedichte" finde ich einen sehr ansprechenden Arbeitstitel für die kleine Mahagoni-Gitarre und vermutlich bin ich am Meisten gespannt auf die Dokumentation weiterer Bauabschnitte und am Allermeisten natürlich dann auf das Endergebnis: klanglich, haptisch und optisch - in dieser Reihenfolge.
Ansonsten werde ich mich in diesem Thread zurückhalten, es ist Christians, dem ich ein frohes Schaffen mit Eva an der kleinen Gitarre wünsche.

Schöne Grüße

Frithjof

[Gitarrenmacher]

Phase 3 Boden und Leisten vorbereiten.
Der Boden ist gefügt, nun wird die Kontur mit 5mm Überstand ausgesägt. Und wenn man schon mal dabei ist…….
Der Boden wird dann mit Korn 150 auf Endmaß geschliffen.
Aus Fichtenblöcken, die von gespaltenen Keilen zugerichtet wurden werden Bodenleisten gesägt. Für den Unterbug flach und breit, für den Oberbug hoch und schmal.
Zwischendurch noch einen defekten Pickup ausgebaut, und die 12.Bund Dread geschliffen und das 6te mal geduscht.

[Gitarrenmacher]

Phase 4 Fugnahtfutter aufleimen.
Aus Decken-sehr selten Bodenresten habe ich mir Fugnahtverstärkungen gemacht.
Und weil ich gerade so im Flow war, sind es gleich genügend für Eva und mich geworden, für ca. 3-5 Jahre.
Ein rostfreies Lineal dient als Leimanschlag, so kann die Verstärkung passgenau aufgeleimt werden.
Dann wird die Verstärkung leicht gerundet und die Aussparungen für die Bodelleisten ausgestochen.











Weiter geht es dann mit der Beleistung des Bodens.

[Gitarrenmacher]

Phase 5 Leisten vorbereiten
An die vorbereiteten Leisten würd im Wölbungsteller die Bodenwölbung angeschliffen.
Die Federn werden angezeichnet, an der Bandsäge vorgeschnitten und am Band/Zylinderschleifer endbearbeitet. Die Federn lasse ich auf 3,5mm auslaufen.
Dann werden die Leisten leicht vorgerundet, die Feinarbeit passiert dann nach dem Aufleimen.

[Frithjof]

Es ist so schön, zu sehen wie Stück für Stück diese kleine Gitarre entsteht, die in meinem Kopf schon ganz lange fertig ist.
Schöne Ostern, Christian!

[Gitarrenmacher]

Phase 6 Boden beleisten.
Die Leisten werden im Leimhimmel (jajaja, das ist eine gängige Bezeichnung für die „Vorrichtung“), auf dem Wölbungsteller aufgeleimt. Nach dem sicheren Abbinden des Leims, etwa 2 Stunden, wird dann das endgültige Profil auf die Leisten gehobelt, dann alles verschliffen, FERTIG.
Gut erkennbar, die Bodenwölbung von R=15Ft.