Teilecaster

Hier zeigen die Laien, was sie trotz linker Hände drauf haben!
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RB
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Re: Teilecaster

Beitrag von RB »

Ja, ich wollte einmal wissen, ob ich die Mensur überhaupt hingeschraubt bekomme oder etwa das ganze Teil verpflanzen muss. Während die Lackschichten vor sich hin trocknen, kann ich heute abend nachmessen und, mit Zahlen versehen, vergleichen.
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bastian a.
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Re: Teilecaster

Beitrag von bastian a. »

berndwe hat geschrieben: Sei froh, dass Du nicht verleitet worden bist, sie auseinander zu schrauben und die Einzelteile mit anderen Gitarrenfragmenten zu etwas Neuem zusammen zu setzen.
Wenn ich eine Telecaster hätte, würde sie den heutigen Abend vermutlich nicht in ihrer bisherigen Gestalt überleben.
Das würde ich meiner Tele nie antun :shock:
Ich habe sie mit 14 neu für einen für mich damals horrenden DM-Betrag von meinem Konfirmationsgeld gekauft. Da wird nichts auseinandergeschraubt und anderweitig verwertet :wink: Sie wurde viel gespielt, hat jetzt lange geschlafen und wird sicher wieder viel gespielt werden ...
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RB
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Re: Teilecaster

Beitrag von RB »

Messungen hin oder her, nachdem der Lack trocken ist, muß es doch weiter gehen. Das muß doch ein jedes einsehen.

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Teilecaster Kopfplatte vor dem "Besatz",

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ein nettes Deteil: Die Bohrlöcher passen, der "Footprint" scheint identisch. Wie ein Bausatz.

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Dazu kommen noch zwei String-Retainer mit Rollen für D bis e, die so beschaffen sind, daß ich als junger Mensch vermutlich "cool" dazu gesagt hätte. Meinem technisch angehauchten Gemüt kommt die Vorstellung sehr entgegen, daß die Saiten beim Stimmen und Ziehen sanft über Rillen runder Rollen rollen.

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Mit vollem Besatz sieht das schon einmal sehr gut aus,

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selbst wenn man näher hinschaut, behaupte ich einmal kühn.

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Und: Ready to rumble, ganz dekadent mit Bosch-Hilfe .....

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Der Laie ahnt es, die Fachperson weiß es: In diesem Bild liegt ein schöner Bildschirm-Hintergrund begraben.

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Und da stehen die beiden preisgünstigen Tele-Clone nebeneinander. Klar ist eines, die selbstgeschraubte war teuerer.

Die Saiten lagen korrekt hinsichtlich der seitlichen Ausrichtung, immerhin. Die Wurschtkordel hatte das schon nahegelegt. Allerdings war die Saitenlage doch recht hoch und der Hals zu krumm. Bei einer Tele kann er nach meinem Geschmack fast gerade sein, denn die Lautstärke kommt nicht aus der Kraft der Finger, sondern aus der Steckdose. Also muß man auch nicht so zulangen. Also habe ich dem Hals 120 Grad auf dem Trussrod gegeben und die Saitenreiter ziemlich weit heruntergedreht.

Die Oktavreinheit war so gut wie perfekt, keine Längeneinstellung war erforderlich und das, obwohl (1) die Brücke fremd ist, (2) der Hals einen leicht gerundeten Abschluß hat, der nur an seiner höchsten Vorwölbung an die Vorderkante der Ausnehmung im Korpus stößt und (3) die Brücke vielleicht zehn Jahre lang in einer stark frequntierten Schublade gelegen hatte, wo sie bei der Suche nach Stiften, Schraubenziehern oder Kleber immer wieder einmal herumgewühlt worden ist.

Danach bleibt nur, die seitlich teilweise etwas herausragenden Bund-Enden zu versäubern.

Rein akustisch mit .011ern klingt die Teilecaster ganz ansprechend. Das erste, das ich auf dem zusammengeschraubten Instrument - ja, jetzt muß man es so nennen - skizzengelmpft habe, ist ausgerechnet Johnny B Goode. Ich habe das einmal aufgezeichnet, Zoom H1, Tischmethode, das zweite war so ein Rhythmntnennnn Blues oder wie man das nennt, Chicken-Picking-artig angerissen, ebenfalls hier vorab zu hören.

Chicken Slab

Johnny B Goode

Danach wird es elektrisch und die Löterei wird die ganze Wahrheit ans Licht bringen. Das kommt in der nächsten und letzten Folge dieser Fortsetzungsgeschichte.
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Niels Cremer
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Re: Teilecaster

Beitrag von Niels Cremer »

Das heißt du brauchst die Maße der original Bridge nicht mehr? Umso besser ...

Sieht schön aus, das pick-guard passt nicht so recht auf das "Horn" des cut-aways, oder liegt das an der Perspektive? Aber insgesamt sehr ordentlich, bin gespannt auf elektrifizierte sound-samples!

LG, Niels
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Orange
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Re: Teilecaster

Beitrag von Orange »

Saubere Arbeit ! Soviel handwerkliches Geschick ist zu beneiden, ich konnte bei meiner Tele nur die Mechaniken tauschen,
alles andere liegt außerhalb meiner Range. :oops: Aber dafür gibt es ja den Jab ! :mrgreen:

Und jetzt ? Strat ? :whistler:
Zuletzt geändert von Orange am Mi Jan 20, 2016 8:51 pm, insgesamt 1-mal geändert.
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RB
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Re: Teilecaster

Beitrag von RB »

Gut beobachtet, es passt nicht zu 100 Prozent. Das muss ich vernachlässigen.
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Niels Cremer
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Re: Teilecaster

Beitrag von Niels Cremer »

Nee, is ja auch nicht schlimm. Ich finde das tortoise-artige pick-guard und das dunkle (Palisander?) Griffbrett passen sehr gut zueinander!

LG, Niels
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RB
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Re: Teilecaster

Beitrag von RB »

Eigentlich wollte ich einen skunkstripe-Hals haben, aber die waren alle so teuer. Vielleicht ist das ja nicht das letzte Basteln.
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Niels Cremer
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Re: Teilecaster

Beitrag von Niels Cremer »

RB hat geschrieben:Vielleicht ist das ja nicht das letzte Basteln.
Vielleicht ... ;-)
tbrenner
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Re: Teilecaster

Beitrag von tbrenner »

Gute Arbeit + zumindest schonmal optisch tolles Ergebnis der Arbeit mit den zusammengewürfelten Brocken.
Bin mal auf die el. Sounds gespannt - die Wahrheit liegt ja bekanntermassen auf dem Platz....

(Habe btw. gerade auch eine schon länger vorhandene Thinline-Tele mit gretschartigen Filtertrons bestückt + damit vorhin eine vergnügliche Stunde im Musikkeller verbracht;
muß ich bei Gelegenheit auch mal fotografieren + dem Telecaster thread zufügen. In jedem Fall auch eine reizvolle Variante zum Thema Telecaster)

Grüssle,

tbrenner :wink:
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woodder
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Re: Teilecaster

Beitrag von woodder »

Finde auch, das die echt nett aussieht, schonmal akustisch net schlecht klingt und bin natürlich auch auf den elektrifizierten Klang gespannt.
Macht irgendwie Lust, sowas auch mal zu probieren, ich weiß ja, wo ich Rat kriegen kann :D
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RB
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Re: Teilecaster

Beitrag von RB »

Hier also nun der letzte Teil der Serie, die Sache mit dem Blödzinn

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Hier die Lage: Wuchtig dimensionierte Teile. Überdimensioniert, denn die Kondensatoren sind solche für 100 V.

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Wuchtige Drehpotentiometer

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Der Laie ahnt es, der Fachmann sieht es: Die Löcher in der Platte sind zu klein für diese Monsterteile

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Die sind 9,5 mm, die Löcher nur 8,0. Also muß aufgebohrt werden.

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Danach passen die Dinger einigermaßen.

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Die Grate müssen entfernt werden, das ich mit der mir eigenen feinfühligen Geschicklichkeit erledige, ist innen, sieht ja keiner...

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und so sieht die Platte dann aus, wenn die Stücker angschraubt sind, hier innen,

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dort die Außenseite.

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Doch wie es eben immer ist: Eine Schwierigkeit beseitigen bedeutet, die nächste zu produzieren. Das eingeklebte Stück Besenstiel ist dem Potentiometer im Wege.

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Von oben sieht das so aus. Die Trägerplatte ist circa 8 mm in Richtung Cut verschoben, daher der Aufwand, siehe ganz oben im Thread.

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Also nehme ich den 10er Bohrer und trage beherzt Material ab .....

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und breche mit dem Stemmeisen einen weiteren Span heraus,

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so daß dieses dreidimensional äußerst komplexe Gebilde entsteht.

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Damit paßt die Platte nebst Bestückung aber in die Ausnehmung hinein.

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Erst eimal die Kabel von den Pickups verlängern. Die hat der liebe Niels nicht etwa abgelötet, sondern beim Ausschlachten abgeknipst. Das geschah aber nicht etwa unter Erhaltung der größtmöglichen Länge der abgeschirmten Kabel, sondern recht großzügig. Niels, das müssen wir noch üben. Stichwort: Entlötpumpe.

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Das Verlängern abgeschirmter fipseliger Kabel ist eine Betätigung,

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welche die Geschichklichkeit eines Neuro-Chirurgen erfordert.

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Zum Glück gibt es so etwas wie Schrumpfschlauch und ich habe davon etwas in der Wühlkist liegen.

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Das ist der Plan, standard-"CBS-Schaltung". Links: Hals-PU, Mitte beide, rechts: Steg-PU. Es gibt da ein Buch, das behauptet, sämtliche Tele-Schaltungen zu beinhalten, die weltweit bekannt sind. Das hat demzufolge deutlich über 250 Seiten und das ist die Seite, die zu brauchen ich glaubte.

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Die Einzelheiten des Lötens der Lötstellen habe ich mir und euch erspart, hier das Ergebnis....

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nach dem Verlöten sämtlicher Kabel und kondensatoren, die von den Amis in ihrer Abkürzungsliebe einfach "caps" genannt, von
capacitor abstammend.

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Die Kabel sind eine Seuche, brechen nach einigen hin- und her- Bewegungen einfach ab. Da freut sich der Bastler: EInmal entlöten, einmal neu anlöten.

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Aber schließlich geht es dem Ende zu. Ein Klopftest hat bestätigt, daß die Tonabnehmer am Leben sind.

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Der Halstonabnehmer geht, der Stegtonabnehmer geht. Die mittlere Schalterstellung ist stumm.

Also den Schalter anschauen und messen. Da stellt sich heraus, daß entweder die Schalter im erwähnten Buch anders funktionieren oder das Buch einen Fehler enthält. Ich mußte nämlich die von mir mit 1 und 2 markierten Kontakte verbinden, desgleichen 3 und 4. Dann ging auch die mittlere Schalterstellung.


Klangbilder
Ich habe dann einige kurze Klangbilder aufgenommen, die zeigen, daß die Teilecaster funktioniert. Dabei habe ich allerdings nur einen bestimmten Stilistik und nur unverzerrt oder leicht angezerrte Klänge aufgenommen, nämlich Country in Richtung Rockabilly, eben das, was ich ohne nachzudenken spielen kann. Es handelt sich außerdem um Spieltechniken, die sowohl auf der akustischen, als auch auf einer Tele mit clean-sound einigermassen funktionieren.

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Halstonabnehmer
Steg-Tonabnehmer
Hals und Steg zusammen


Fazit und Zwischenergebnis
Es hat Spaß gemacht. Die Teilecaster ist aber alles andere als perfekt. Der Halswinkel könnte zwei, drei Grad nach hinten gelegt werden, damit die Reiter höher kommen und der break-angle der Saiten besser wird. Die Reiter müssen im derzeitigen Zustand schräg stehen, damit die weniger belasteten Madenschrauben überhaupt genug Widerhalt finden. Das sieht nicht gut aus und es fürfte dem Klang auch abträglich sein. Als muß der Hals noch einmal herunter und ordentlich unterlegt werden. Der Halstonabnehmer bringt die hohe e-Saite viel leiser, als die anderen Saiten. Aber einen PU-Austausch ziehe ich ja ohnehin in Erwägung. Einige Bundstäbchen schauen - wohl infolge zu trockener Lagerung - seitlich heraus und müssen befeilt werden.
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berndwe
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Re: Teilecaster

Beitrag von berndwe »

Glückwunsch! Passt ideal zum Teppich (ich hoffe der Hintergrund ist nicht Deine Tapete?)
;-)

Im Ernst, das hast Du schön hinbekommen. Bei der Herstellung der Schaltung ging es wieder in Richtung Herzchirurgie. Die Sounds höre ich mir heut Abend zu Hause über vernünftige Boxen an.

Viel Spaß und Freude mit dem neuen Instrument
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RB
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Re: Teilecaster

Beitrag von RB »

Versprich dir nicht zuviel von den Clips. Die sind nur schnell hingerotzt, in einem Haufen von Kabelresten und Werkzeugen auf die Schnelle. Ich mache noch einmal ordentlichere.

Inzwischen gemessen: Die Saitenhöhe über dem Korpus liegt beim Steg bei 8 mm. Normalerweise müßten das um die 12 mm sein. Also wird der Halswinkel die nächste Betätigung sein. Ich überlege, eine Herz Dame als Unterlegscheibe zu verwende, des Stils wegen.
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sowatt
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Re: Teilecaster

Beitrag von sowatt »

Die ist sehr chic geworden, keine Frage.
Und der Baubericht liest sich sehr unterhaltsam. :r:
Gruß sowatt
_________________
"Was sagen Sie zu den ganzen Flüchtlingen hier?"
"Moin!"
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