Betreutes Löten

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berndwe
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Betreutes Löten

Beitrag von berndwe »

Ich mache einen Thread auf, in dem sich die Löt-Analphabeten bei den Profis Rat holen können.

Heute habe ich in meinen Harley-Benton Tele-Bausatz die von Bookwood erworbenen Tonabnehmer eingebaut und bin dabei auf Schwierigkeiten gestoßen: Ich habe es nicht geschafft, die Anschlusskabel der alten Pickups vom 3-Weg-Schalter abzulöten. Hier die Ausgangssituation:

Bild

Die Lötstellen an der Platine oben sind nicht von mir, sondern von den Harley-Benton-Chinesen. Ob die (die Lötstellen, nicht die Chinesen) jetzt schlimm aussehen oder nicht, soll hier nicht bejammert werden, aber was mir nicht gelungen ist, ist das Ablöten der Kabel vom der Platine. Dieses Metall schmilzt nämlich nicht - auch nicht wenn der Lötkolben auf volle Kanne gedreht ist (450 Grad C).

Kann sich jemand einen Reim darauf machen? Benutzt man in China unschmelzbares Lötzinn? Gibt es irgendetwas anderes was ich hier nicht beachtet habe?

Ich habe meine Tonabnehmer dann am Ende doch noch angeschlossen bekommen (improvisiert - wie ich es gemacht habe verschweige ich hier).
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Rainer H
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Re: Betreutes Löten

Beitrag von Rainer H »

Du brauchst Lötfett um den wärmeübergang her zu stellen, hast Du das?
Gruß Rainer
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Gitarrenmacher
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Re: Betreutes Löten

Beitrag von Gitarrenmacher »

1. Lötspitze auf einem feuchten Naturschwämmchen abstreifen (Ein grobes Leinentuch geht zur Not auch)
2. Die heiße Lötspitze mit Lötzinn benetzen und dann sofort auf die abzulötende Lötfahne drücken.

So sollte sich die Geschichte gut erledigen. 450°C ist zu heiß. bei den älteren Zn/Pb Legierungen liegt die Lötkolbentemperatur bei etwa 270°C, bei den neuen, bleifreien bei 330°C. Bei zu hoher Temperatur verbrennt das Lot und es kommt oft zu "kalten Lötstellen"

Wieder Anlöten.
1. Draht abisolieren. Freigelegte Adern zwischen Daumen und Zeigefinger leicht zusammendrehen.
2. Drahtspitze gut verzinnen.
3. Lötfahne gut verzinnen
4. Draht und Lötfahne aneinander legen
5. Lötspitze säubern, frisch verzinnen und an die Lötstelle halten, so dass das Lot an der Fahne und am draht in einander laufen.

Bevor du die Mehrwegschalter verkokelst oder anderen Schaden machst, würde ich mal so 10-20 Probelötungen machen.
Viel Erfolg
Christian
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fingerstricker
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Re: Betreutes Löten

Beitrag von fingerstricker »

Hallo Bernd,
Christian hat ja eigentlich schon alles erklärt, daher bleibt mir fast nur noch ein "Willkommen im Club" und viel Spaß beim Löten.
Lötfett... hm, ich habe diese Pampe in den letzten 25 Jahren weder verwendet noch vermisst. Besorg dir einfach eine kleine Rolle Lötzinn mit integrierter Flussmittelseele dann wird das schon.
Ansonsten ist das mit dem Löten so ein bisschen wie mit dem Feilen - Übung macht den Meister; und die Meister wissen schon warum sie den Lehrling erstmal einen U-Stahl feilen lassen oder eine Lötübung machen lassen.
Wir haben in unserer Elektroniker-Lehre damals (nach dem U-Stahl) folgende Lötübung gemacht, - wäre das nichts für dich ? :whistler:
http://www.abmh.de/wb/sw.wb.2.48.99.txt
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Gruß
fingerstricker
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landmesser
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Re: Betreutes Löten

Beitrag von landmesser »

Moin,

ich löte zwar kaum noch, aber Lötfett ist dürfte das Zauberwort sein. Heutzutage in jeder normalen Lötdrahtrolle enthalten.

Ich verwende immer eine 100 W Lötpistole für solche Verbindungen.

1. Lötstelle kurz anheizen (warmmachen, mehr nicht).
2. Lötzinndraht an die Stelle halten und den alten Lötpunkt zusammen mit einem halben Zentimeter Lötdraht zum Schmelzen bringen, dabei das alte Kabel wegziehen.
3. Neues Kabel nach Methode zwei anlöten. Dabei darauf achten, das für einen Moment wirklich alles zusammen flüssig ist.

Am besten ein paarmal an Dummies üben ;-)

Viele Grüße
landmesser
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berndwe
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Re: Betreutes Löten

Beitrag von berndwe »

Danke erst einmal für die Hilfe. Hab ich das richtig verstanden - wenn diese Lötstellen mit geschmolzenem Lötzinn in Kontakt kommen, würden sie ebenfalls schmelzen?

@fingerstricker: für diesen Gittermast muss eine Oma lange stricken - ähm löten.

Davon abgesehen, bevor ich mich an die Tonabnehmer gemacht hab, habe ich mit einem Anfänger-Set von Conrad einige Übungen gemacht, die schon ganz gut klappten. Dass ich in den Eingeweiden der Gitarre auf Lötstellen treffe, die beim Kontakt mit dem Lötkolben nicht schmelzen, habe ich dann nicht erwartet.
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fingerstricker
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Re: Betreutes Löten

Beitrag von fingerstricker »

Moin,
berndwe hat geschrieben:Danke erst einmal für die Hilfe. Hab ich das richtig verstanden - wenn diese Lötstellen mit geschmolzenem Lötzinn in Kontakt kommen, würden sie ebenfalls schmelzen?
ja genau so ist es.
Wenn du etwas entlöten möchtest, musst du die Lötstelle auf Schmelztemperatur des verwendeten Lötzinns bringen, - da führt kein Weg dran vorbei.
Dieser Vorgang sollte relativ schnell gehen und sich nicht ewig in die Länge ziehen, denn sonst brutzelst du alles mögliche weg ... Isolierung des Kabels, Platine... Wenn es ganz dumm läuft löst sich sogar die Kupferleiterbahn von der Platine.
Die Kollegen in China haben sicherlich bleifreies Lot verwendet, denn mittlerweile gibt es hierfür eine RoHS Richtlinie. Der Schmelzpunkt liegt hier etwas höher.
Daher ja, ein klein wenig Lötzinn auf der Lötspitze hilft um einen guten Wärmekontakt zwischen Lötspitze und der "zu entlötenden Stelle" herzustellen.
berndwe hat geschrieben:@fingerstricker: für diesen Gittermast muss eine Oma lange stricken - ähm löten.
:lol:

Ich jedenfalls finde es prima, dass du dich mit dem Thema "ernsthaft beschäftigst". Viele tun das nicht, zumindest habe ich schon einige sehr sehr bizarre "Musiker-Lötstellen" gesehen.

Gruß
fingerstricker
Zuletzt geändert von fingerstricker am Mo Okt 31, 2016 10:08 am, insgesamt 1-mal geändert.
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thust
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Re: Betreutes Löten

Beitrag von thust »

Lötfett ist etwas für Dachrinnen, aber nicht für Elektronik, da es Säure enthält. Da kann es zu Spätfolgen kommen. Ich benutzt zusätzlich zum Lötzinn immer Kolophonium. Das ist das gleiche Zeug welches Geiger an Ihren Bogen schmieren und ist auch als Flussmittel im Lötzinn enthalten. Gibt es bein zB.bei Conrad in einer kleinen Dose und reicht ewig.

LG Andreas
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Gitarrenmacher
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Re: Betreutes Löten

Beitrag von Gitarrenmacher »

fingerstricker hat geschrieben: Lötfett... hm, ich habe diese Pampe in den letzten 25 Jahren weder verwendet noch vermisst......................................................und die Meister wissen schon warum sie den Lehrling erstmal einen U-Stahl feilen lassen oder eine Lötübung machen lassen.
...............................
Gruß
fingerstricker

Gib´s zu. Du hast Energieanlageninstalateur/elektroniker oder etwas in der Richtung gelernt. Der gute alte Messzeughalter aus U-Stahl. Ich habe meinen noch irgendwo rumliegen
thust hat geschrieben:Lötfett ist etwas für Dachrinnen, aber nicht für Elektronik, da es Säure enthält. Da kann es zu Spätfolgen kommen. ..........
LG Andreas
Es gibt säurefreie Lötpasten, die können nützlich bei großflächigen verzinnungen (Massebleche) oder schwierigen oxidierten Materialien wie Nickel, verzinkte Sachen...... sein.
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Kingfrog
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Re: Betreutes Löten

Beitrag von Kingfrog »

thust hat geschrieben:Lötfett ist etwas für Dachrinnen, aber nicht für Elektronik, da es Säure enthält. Da kann es zu Spätfolgen kommen. Ich benutzt zusätzlich zum Lötzinn immer Kolophonium. Das ist das gleiche Zeug welches Geiger an Ihren Bogen schmieren und ist auch als Flussmittel im Lötzinn enthalten. Gibt es bein zB.bei Conrad in einer kleinen Dose und reicht ewig.LG Andreas
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fingerstricker
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Re: Betreutes Löten

Beitrag von fingerstricker »

Gitarrenmacher hat geschrieben:Gib´s zu. Du hast Energieanlageninstalateur/elektroniker oder etwas in der Richtung gelernt. Der gute alte Messzeughalter aus U-Stahl. Ich habe meinen noch irgendwo rumliegen
ts ts .. jetzt musste ich erstmal meinen Zeugnisordner suchen und ziemlich weit zurückblättern.
Das nannte sich damals Stufenausbildung zum Elektrogerätemechaniker und anschließend dann zum Energiegeräteelektroniker.
Danke für die kurze Zeitreise :mrgreen:
Gruß
fingerstricker
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Gitarrenmacher
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Re: Betreutes Löten

Beitrag von Gitarrenmacher »

HA. :guitar1:
1997 habe ich meinen Arbeitsplatz auf/ausgeräumt. Seit dem ist die Büchse nicht mehr geöffnet worden.
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"Brat fettlos mit Salamo ohne"
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berndwe
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Re: Betreutes Löten

Beitrag von berndwe »

fingerstricker hat geschrieben:... zumindest habe ich schon einige sehr sehr bizarre "Musiker-Lötstellen" gesehen.

Gruß
Solche bizarren Lötstellen würdest jetzt auch in meiner Tele finden. Aber die Gitarre funktioniert und so habe ich ihren Bauch wieder zugenäht, so dass meine Speziallötstellen bis auf weiteres sachkundigen Blicken verborgen bleiben werden.

Wie ich mit unschmelzbarem Lötzinn umzugehen habe weiß ich für die Zukunft. Nochmal danke an alle.
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fingerstricker
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Re: Betreutes Löten

Beitrag von fingerstricker »

...Speziallötstellen bis auf weiteres sachkundigen Blicken verborgen bleiben werden
ha ha ... kalte Lötstellen machen den warmen Sound - hau rein :guitar1:
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scifi
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Re: Betreutes Löten

Beitrag von scifi »

So kriege ich also die Masse von den Potis abgelötet ohne diese durchzukokeln. Dachte immer es läge an zu wenig Temperatur des Kolbens.
Hätte ich statt berndwe die Frage vor 2 Monaten gestellt, hätte ich meinem Bass einiges erspart.... :aua:

Danke auch von meiner Seite für die hilfreichen Antworten.
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