Was macht gute E-Gitarren-Tonabnehmer aus?

Bretter, die manchen die Welt bedeuten....

Moderatoren: jpick, RB, Gitarrenspieler

Benutzeravatar
berndwe
Beiträge: 7944
Registriert: So Feb 20, 2005 3:38 pm
Wohnort: Dresden

Was macht gute E-Gitarren-Tonabnehmer aus?

Beitrag von berndwe »

Wenn über E-Gitarren gefachsimpelt wird, dann hört man nicht selten die Formulierung „die hat gute Pickups“.

Wenn das Gespräch darauf kommt, reagiere ich oft mit zustimmendem Nicken, aber - wenn ich ehrlich bin - ohne mir darüber im Klaren zu sein was die Aussage eigentlich genau bedeutet. „Gut“ ist ja doch etwas pauschal. Was macht nun einen guten Tonabnehmer aus, oder andersrum, wie macht ein Hersteller einen Tonabnehmer „gut“?

Welche Parameter kann man überhaupt beim Bau eines Tonabnehmers beeinflussen? Das Material des Magneten ist wählbar, ebenso die Form des Magneten. Man kann Kupferdraht unterschiedlicher Dicke nehmen und mehr oder weniger Wicklungen aufwickeln. Das war es aber im Grunde auch schon, oder?

Ein Thread zum Schwatzen und Fachsimpeln, vielleicht sogar einer, bei dem ich was dazu lerne.
Benutzeravatar
docsteve
Beiträge: 719
Registriert: Mo Okt 01, 2012 2:39 pm

Re: Was macht gute E-Gitarren-Tonabnehmer aus?

Beitrag von docsteve »

Kappe oder nicht und aus welchem Material, mit Wachs vergossen, einstellbare Pole Pieces, Reverse wound / recerse polarity, gleichmäßige Windungen oder "scattered" (Fachausdruck für schlampig 8) )

- mir fällt da eine Menge ein.

Viele Grüße Stephan
Benutzeravatar
Rumble
Beiträge: 3142
Registriert: Fr Jul 29, 2011 8:08 am
Wohnort: Wegberg

Re: Was macht gute E-Gitarren-Tonabnehmer aus?

Beitrag von Rumble »

Es ist sicher schon die sorgfälige Auswahl aller Materialen, viel Erfahrung, viel Testen, viele Versuche und die nötige Qualität in der Fertigung.

Was ja auch gegeben sein sollte, das ist die Reproduzierbarkeit der Pickups.
Also immer schön mit möglichst gleichen Materialien, gleichem Rezept und gleicher Qualität arbeiten

Das mit dem "gut" ist ja immer so ein Sache. :whistler:

Was ich ganz persönlich und wahrscheinlich auch jeder Andere auch feststelle (gerade neulich wieder) ist, dass es natürlich mitunter deutliche Unterschiede hinsichtlich der "Auflösung" der Transparenz (oder wie man das so beschreiben mag) gibt. Auch die ausgewogende Wiedergabe ist für mich noch objektiv fassbar. Oder natürlich auch die reine Signalstärke der Pickups. Aber vieles ist und bleibt halt auch subjektiv.

Davon abgesehen muss der Pickup halt auch zum "Rest" passen. ;-)

Ich habe recht preiswerte Pickups, die ich durchaus recht gefällig finde, aber auch deutlich teure, ebanfalls gut klingende Pickups.
Letzendlich orientiere ich mich am Gesamtergebnis. Gut beraten war ich allerdings immer mit Kloppman oder Häussel.

Eine E-Gitarre muss für mich sehr dynamisch auf den Anschlag reagieren, gut am Volume hängen und auch beim zurückregeln ohne Höhenverlust arbeiten. Das hängt nach meiner Wahrnehmung aber alles weniger vom Pickup ab. Die "Klangfarbe" selbst ist für mich dann eher eine subjektive Geschichte.
Eine Gitarre zu haben ist besser als eine Gitarre zu brauchen.
Benutzeravatar
Holger Hendel
Beiträge: 11923
Registriert: Do Feb 17, 2005 7:18 am
Wohnort: Soltau, Niedersachsen
Kontaktdaten:

Re: Was macht gute E-Gitarren-Tonabnehmer aus?

Beitrag von Holger Hendel »

Wenn ich zur E-Gitarre greife ist es idR schwermetallisch (Blind Guardian, Maiden, Metallica, gerne diese zweistimmigen Deathmetal-Sachen und Blackmetal-Geschrubbe über zwei Saiten...sowas halt), die PU müssen also zwangsläufig enorm nebengeräuscharm sein, sonst hat man bei der hohen Zerre keine Freude. Für mich also EMG 85 (Hals) und EMG 81 (Steg) bzw. Seymour Duncan'59 (Hals) / Seymour Duncan Custom5 (Steg). Damit und dem waves-plugin gtr3 bin ich hochzufrieden. Der Fokus liegt aber auch eindeutig auf der Akustikklampfe, wenn ich mehr E-Gitarre blasten würde hätte ich sicherlich längst einen Kemper oder so. :lol: :aua:

Ich werde dieses interessante Thema am Rande mitlesen. Für mich sind PU tatsächlich Magie. Ich habe schon als Teenager nicht kapiert wie man da einen echten Unterschied merken kann und verstehe das bis heute nicht. Für mich wird der Sound einer E-Gitarre überwiegend (und zwar klar überwiegend) durch Kemper, plugins etc. geschnitzt und weniger durch den PU.
www.holgerhendel.com | facebook | youtube | twitch | Heavy Silence - finest acoustic cover
Benutzeravatar
RolfD
Beiträge: 743
Registriert: Fr Dez 31, 2010 1:42 pm
Wohnort: Wetter/Hessen
Kontaktdaten:

Re: Was macht gute E-Gitarren-Tonabnehmer aus?

Beitrag von RolfD »

na ja Holger, der olle Jimi würde dir da jetzt bestimmt was sagen können dazu......
Benutzeravatar
Holger Hendel
Beiträge: 11923
Registriert: Do Feb 17, 2005 7:18 am
Wohnort: Soltau, Niedersachsen
Kontaktdaten:

Re: Was macht gute E-Gitarren-Tonabnehmer aus?

Beitrag von Holger Hendel »

RolfD hat geschrieben:
Fr Mär 12, 2021 4:04 pm
na ja Holger, der olle Jimi würde dir da jetzt bestimmt was sagen können dazu......
Ach, man kann solche Diskussionen auch direkt umgehen und sich auf sowas wie "...der sound kommt aus den Fingern..." einigen, das nicken idR immer alle ab. ;)
www.holgerhendel.com | facebook | youtube | twitch | Heavy Silence - finest acoustic cover
Benutzeravatar
RolfD
Beiträge: 743
Registriert: Fr Dez 31, 2010 1:42 pm
Wohnort: Wetter/Hessen
Kontaktdaten:

Re: Was macht gute E-Gitarren-Tonabnehmer aus?

Beitrag von RolfD »

so nachdem was ich in aller Bescheidenheit drüber weiß waren es die speziell gewickelten Single Coils seiner Stratokasten die - neben den Flitzefingern und allerlei Chemie zwischen den Ohren - den Sound ausgemacht haben.
Ich kann mich an die Abhandlungen in diversen Fachzeitschriften erinnern, die es damals gab.
Aber da hörts bei mir schon auf, denn mein Interesse galt schon seinerzeit eher den akustischen Sachen.
Benutzeravatar
fingerstricker
Beiträge: 1360
Registriert: Fr Sep 11, 2015 6:14 pm
Wohnort: BaWü

Re: Was macht gute E-Gitarren-Tonabnehmer aus?

Beitrag von fingerstricker »

Welche Parameter kann man überhaupt beim Bau eines Tonabnehmers beeinflussen? Das Material des Magneten ist wählbar, ebenso die Form des Magneten. Man kann Kupferdraht unterschiedlicher Dicke nehmen und mehr oder weniger Wicklungen aufwickeln. Das war es aber im Grunde auch schon, oder?
jep, alleine durch die von dir genannten Parameter ergibt sich schon eine ganz schön große Varianz. Bei der Form des Magneten spielt z.B. die Phase bzw. Gratung eine Rolle usw.
Der Begriff "gut" passt aber meines Erachtens nicht so recht zum PU alleine, - ein PU alleine ist nur ein Teil der Kette, und ein "guter" PU kann plötzlich mit einem "schlechten" Kabel (da mag ich den Begriff genau so wenig) an einem Fender Deluxe Reverb shice klingen und am 18W Marshall genau richtig, - das ist letztlich einfach Elektrotechnik und weniger Voodoo.
Und wenn dann die Psychoakustik noch mit reinspielt ist es sogar für den Klang relevant, ob da eine betagte Dame auf dem grey Bobbin unterschrieben hat und mit welchem Stift das geschah :wink:
Zuletzt geändert von fingerstricker am Fr Mär 12, 2021 4:53 pm, insgesamt 1-mal geändert.
Benutzeravatar
Rolli
Beiträge: 5689
Registriert: Do Sep 21, 2006 1:48 pm
Wohnort: Zwischen Alzey und Mainz
Kontaktdaten:

Re: Was macht gute E-Gitarren-Tonabnehmer aus?

Beitrag von Rolli »

Bernd, das kann man gar nicht generell beantworten.
Meine Kriterien sind
- nicht mikrophonisch
- nicht zuviel Output
- dynamische Umsetzung der Saitenschwingung

Viel mehr kann ich dazu nicht sagen.
Meine Favoriten bisher sind bei Humbuckern Tom Holmes Vintage, Amber Spirit of 59, Gibson 57er und Ibanez Super 58, Seymour Duncan Antiquity oder so ähnlich. Bis auf den Ibanez alles recht normale Humbucker die versuchen wie alte Gibsons Pickups zu klingen :)

Mit Single Coils hatte ich nie groß experimentiert, da blieben immer die Fender drin. Einmal hatte ich irgendwelche Kinman wegen weniger Störgeräuschen probiert aber dann doch lieber die ollen Fender genutzt.

Wie immer wird viel Bohai drum gemacht.
Schöne Grüße, Rolli
www.daskulturgut.de - KulturGUT
www.rolandkalus.de - Gitarrencoaching
Benutzeravatar
Niels Cremer
Beiträge: 8473
Registriert: Mo Sep 26, 2011 8:32 pm
Wohnort: Greater Munich
Kontaktdaten:

Re: Was macht gute E-Gitarren-Tonabnehmer aus?

Beitrag von Niels Cremer »

Was der Rolli sagt, nur würde ich noch hinzufügen dass PUs nicht zu viel eigene Färbung des Klangs mitbringen sollten, damit meine ich zB solche, meist aktiven, high-gain Teile denen es eigentlich egal ist auf welches Stück Brett sie geschraubt werden, sie klingen immer gleich.

LG,
Niels
Benutzeravatar
berndwe
Beiträge: 7944
Registriert: So Feb 20, 2005 3:38 pm
Wohnort: Dresden

Re: Was macht gute E-Gitarren-Tonabnehmer aus?

Beitrag von berndwe »

Danke für Eure Beiträge.

Es scheint mir viel mit individuellen Einschätzungen und Vorlieben zu tun zu haben ob ein Tonabnehmer „gut“ ist.
tbrenner
Beiträge: 3688
Registriert: Mi Mai 02, 2007 12:26 pm
Wohnort: Mötzingen
Kontaktdaten:

Re: Was macht gute E-Gitarren-Tonabnehmer aus?

Beitrag von tbrenner »

Ich hatte seinerzeit Gelegenheit beim Bau meiner Formentera-Gitarre mir die gewünschten P 90-PU´s selber zur wickeln. Das gehört da zum Pflichtprogramm eines jeden Kursteilnehmers und unter Anleitung gelingt da i.d.R. auch gleich was ganz Brauchbares. Das hauptsächliche Mysterium , was für mich danach übergeblieben ist, war die Frage wie man es schaffen kann, konservativen E-Gitarristen für ein Bauteil mit wenigen $ Materialwert und einer Fertigungszeit von etwa 20 -25 min (für geübte PU-Manufakteure...) 150, 180 oder auch mal mehr als 200 € aus der Tasche zu leiern.... :roll:
Im Ernst, die Kunst wird darin bestehen, die Dinger recht konsistent herzustellen und sicher haben da einige Profis den Bogen besser raus als andere. Aber imho jede Menge Vodoo dabei, wie im Übrigen auch bei den soo beliebten Bodentretern, die ja ähnlich massig Geld in die Kassen spülen.

Zur eigentlichen Frage: Ein Jazzer wird den Sound des Charlie Christian-PU als state of the Art sehen, der Classic Rocker irgendwelche alten Gibson PAF´s und der Heavy Metal Freund möglicherweise aktive EMG´s.
Für mich selbst haben sich eher gemäßigte Outputs in Verbindung mit Alnico-Magneten als das Ideale herausgestellt, da ich viel clean oder mäßig angezerrt spiele und für mich das facettenreicher rüberkommt. Jmd. der Steve Vai oder Satriani nacheifert, könnte damit aber wohl gar nix anfangen.

Grüssle,

tbrenner :wink:
http://www.souled-out-band.com" onclick="window.open(this.href);return false;
Benutzeravatar
woodder
Beiträge: 539
Registriert: Fr Nov 25, 2011 7:47 pm
Wohnort: Erkelenz

Re: Was macht gute E-Gitarren-Tonabnehmer aus?

Beitrag von woodder »

Hallo
Habe erst eimal ein Pickup getauscht, und das war ein Hals Humbucker meiner Asat Bluesboy zu einem
Domino P90. Das sind jetzt natürlich auch verschiedene Bauweisen und klingen schon unterschiedlich.

Und wie möglicherweise bekannt, bin ich ja eh der Meinung, daß der Lautmacher großen Anteil am Klang hat.
Aber ich bin auch ein Freund des subtilen Tons und ein bißchen Klangfetischist, so daß ich mir schon vorstellen
könnte, wenn ein adäquater Amp und eine passable E-Gitte vorhanden sind, ein Feintuning über die Pickups
möglich ist.
Die ist aber ein sehr subjektiver Vorgang und da nicht in irgendwelche Selbstbetrügereien zu verfallen ist auch
nicht leicht.
Noch eine kurze Anekdote von Robert Smith(Cure): Seine erste E-Gitarre war ein Billigkaufhausteil(glaube auch
mit Shadows-Tonabnehmern)
Als der Erfolg kam, sollte er sich vom Management eine anständige Klamfe holen, und es wurde eine weisse
Jazzmaster.
Aber das erste was er machte war, sich ein Pickup von der Billigen zwischen die beiden P90 der Fender bauen zu lassen :D

Grüsse
Benutzeravatar
woodder
Beiträge: 539
Registriert: Fr Nov 25, 2011 7:47 pm
Wohnort: Erkelenz

Re: Was macht gute E-Gitarren-Tonabnehmer aus?

Beitrag von woodder »

Die Gitarre ist hier zu sehen

https://www.youtube.com/watch?v=SXgN-7A1MXM
Benutzeravatar
berndwe
Beiträge: 7944
Registriert: So Feb 20, 2005 3:38 pm
Wohnort: Dresden

Re: Was macht gute E-Gitarren-Tonabnehmer aus?

Beitrag von berndwe »

tbrenner hat geschrieben:
Mo Mär 15, 2021 4:29 pm
Ich hatte seinerzeit Gelegenheit beim Bau meiner Formentera-Gitarre mir die gewünschten P 90-PU´s selber zur wickeln. Das gehört da zum Pflichtprogramm eines jeden Kursteilnehmers und unter Anleitung gelingt da i.d.R. auch gleich was ganz Brauchbares. Das hauptsächliche Mysterium , was für mich danach übergeblieben ist, war die Frage wie man es schaffen kann, konservativen E-Gitarristen für ein Bauteil mit wenigen $ Materialwert und einer Fertigungszeit von etwa 20 -25 min (für geübte PU-Manufakteure...) 150, 180 oder auch mal mehr als 200 € aus der Tasche zu leiern.... :roll:
Im Ernst, die Kunst wird darin bestehen, die Dinger recht konsistent herzustellen und sicher haben da einige Profis den Bogen besser raus als andere. Aber imho jede Menge Vodoo dabei, wie im Übrigen auch bei den soo beliebten Bodentretern, die ja ähnlich massig Geld in die Kassen spülen.
Das wäre jetzt auch meine laienhafte Einschätzung gewesen.

...Gitarristen zum Kauf relativ hochpreisiger Produkte zu bewegen ist vielleicht sogar einfacher als das Wickeln eines Tonabnehmers? :mrgreen:
Antworten